RAVEN, EAT THE GUN, NATOR - München

05.10.2015 | 21:54

01.10.2015, Backstage

Die (erneute) Rückkehr der verrückten Wahl-Amerikaner!

RAVEN kommt, also gehen wir hin. Das ist tatsächlich so einfach, Rüdiger und ich sind unterwegs, um die aktuelle Tour der NWoBHM-Urgesteine anzusehen. Allerdings steht der Abend wohl erst einmal nicht unter dem besten Stern. Eigentlich sollten zwei Konzerte parallel stattfinden, aber die Vorverkäufe waren wohl eher übersichtlich, anders kann ich mir nicht erklären, dass beide Gigs kurzerhand zusammengelegt wurden und dennoch in der kleinsten der drei Veranstaltungshallen des Backstage in München stattfinden.

Den Anfang macht NATOR aus Schwabhausen. Die Deutschen konnten bereits 2008 mit ihrem Erstling "Evil Or Divine" aufhorchen lassen und wollen die Chance, vor einem etwas größeren Publikum aufzuspielen, nutzen und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen. Immerhin, geschätzte vierzig Besucher sind bereits da, als NATOR pünktlich um 20.00 Uhr loslegt. Die Band spielt einen schönen Heavy Metal mit deutlicher Thrash-Schlagseite, einige der Lieder haben beachtliche Riffs, was mir aber nicht so zusagt sind die Gesangsmelodien. Zwar wechselt Sänger und Rhythmusgitarrist Peter Lachner zwischen Thrash-Shouts und melodischem Gesang, allerdings kommt bei mir davon nicht allzu viel an. Das liegt sicher am Sound, aber schmälert den Gesamteindruck dennoch. Zusätzlich gibt es noch Growls von Bassist Thomas Weber, sodass es in diesem Bereich nicht an Abwechslung mangelt. Dazu kommen filigrane Soli des Leadgitarristen Michael Bachmann, die auch sehr ordentlich klingen. Die Band, die ihr neues Album fertig aufgenommen hat und auf Labelsuche ist, vermag daher durchaus mehr als wohlwollendes Kopfnicken zu ernten. Trotzdem bräuchte der Auftritt einen besseren, saubereren Sound, so fühle ich mich zwar gut unterhalten, aber nicht mitgerissen.

Danach kommt EAT THE GUN. Diese Band sollte eigentlich parallel zu RAVEN spielen und ist jetzt in das Sandwich der ursprünglich vorgesehenen Künstler gerutscht. Die Münsteraner spielen einen sehr ansprechenden Hard Rock mit viel Spaß in den Backen. Die Jungs wissen, dass sie einen schweren Stand haben, denn das Publikum ist doch hauptsächlich wegen RAVEN hier. Aber ein paar ausgewiesene Fans sind da, und ich kann vorweg nehmen, dass es am Ende des Abends sicher nicht weniger geworden sind. Zehn Lieder lang rockt EAT THE GUN, dass die Schwarte kracht. Da wird gepost und mit dem Publikum geschäkert, das sich wie so häufig erst einmal in den hinteren Bereich der Halle einsortiert hat. Durch gezieltes Auffordern und Herauspicken einzelner Anwesender schafft es der sympathische Lockenkopf Hendrik Wippermann, die leere Fläche vor der Bühne ein wenig zu füllen. Überhaupt lässt der Frontmann den Anwesenden gar keine Möglichkeit zu Langeweile. Entweder man kann überhaupt nichts mit dem coolen Rock der Norddeutschen anfangen, was dann bedeutet, dass sich einige der Anwesenden lieber nach draußen begeben und unterhalten, oder aber man bleibt in der Halle und lässt sich mitreißen. Die Band lässt sich von der Tatsache, dass sich die Halle im Laufe des Sets beinahe zur Hälfte leert, überhaupt nicht beeindrucken. Ob dieser Professionalität muss ich mal meinen imaginären Hut ziehen. Höhepunkte des fast 45-minütigen Sets sind 'Apocalyptic Blues' und 'Loner', die selbst von einigen, die die Band vorher noch nicht kannten, nach kurzer Anleitung mitgesungen werden. Härterer Party-Rock mit Spaßgarantie. Ab jetzt werde ich die Band wohl mal dringend auf dem Radarschirm behalten müssen. Ich habe mir auch gleich eine CD mitgenommen, damit ich den 'Apocalyptic Blues' auch zuhause nochmal nachhören kann.

Dann ist es Zeit für die verrückten Gallaghers und RAVEN. Seit Ewigkeiten im Musikzirkus unterwegs, sind die Jungs mit der Unterstützung ihres langjährigen Schlagzeugers Joe Hasselvander (ex-PENTAGRAM) einfach eine Bank. Und das ist auch heute nicht anders. Kaum auf der kleinen Bühne pfeffern sie 'Destroy All Monsters', 'Hard Ride' und ‚'Live At The Inferno' in den Saal! Von null auf hundert in wenigen Sekunden! Etwa 80 Leute im Raum sind begeistert und gehen von Beginn an mit. Aber man kann auch gar nicht anders. John Gallagher malträtiert seinen Bass aber vor allem auch seine Stimmbänder, wie man es kennt und entweder liebt oder hasst. Dazu Grimassenkönig Mark Gallagher, der weder stillstehen noch normal gucken kann, und eine ganze Reihe der im schwermetallischen Untergrund unsterblichen Hymnen, und der Abend ist natürlich nicht nur gerettet, sondern denkwürdig. 'All for One' ist selbstverständlich, und die Aufforderung 'Rock Until You Drop' kann man natürlich auch wörtlich nehmen und versuchen, bis zur Erschöpfung mitzugehen.

Der Gig der vorhergehenden Tour in Memmingen war im Vergleich zu dem Münchner Auftritt besser besucht, und obwohl er auch großartig gewesen war, kommt RAVEN der kleinere Club zugute, denn die Atmosphäre ist sogar noch besser, obwohl natürlich ansonsten nichts Neues zu erwarten ist. Die Show besteht eben aus Gitarrenkapriolen Marks, gekreuzten Saiteninstrumenten und mitsingbaren Metalrefrains. Das können sie, und genau das machen sie auch. Wobei als nächstes zunächst ein langes Gitarrensolo folgt. Oder besser, ein Gitarren-Geräusch-Orkan. Das ist kurzzeitig ganz witzig, aber insgesamt dann doch viel zu lang. Ich bin dankbar, als das Krachintermezzo beendet ist und 'Speed Of The Reflex' und 'Mind Over Metal' wieder Musik in den Mittelpunkt stellen. Nach dem Opener folgen nun auch ein paar Lieder vom aktuellen Album "Extermination", die sich nahtlos in die Setliste integrieren.

Einen weiteren überflüssigen Teil gibt es noch in Form eines ausgedehnten und viel zu langen Basssolos, das ebenfalls zu einem erheblichen Teil daraus besteht, dass John versucht, seinem Instrument möglichst wilde Geräusche zu entlocken, wobei ich schon dankbar bin, dass nicht auch noch Hasselvander mit einem Drumsolo angeben muss. Ich hätte statt der Gallagher-Eskapaden lieber noch fehlende Lieder wie 'Wiped Out', 'Tyrants Of The Airwaves' oder vielleicht einfach etwas Unerwartetes gehört. Aber insgesamt kann auch dieses Gehampel den starken Auftritt RAVENs nicht nachhaltig trüben. Einzig die Wies’n Besucher, die kurz nach 23 Uhr in den Laden stürmen und sich benehmen wie die Vollidioten, stören den Eindruck, und für den kann die Band ja nichts. Übrigens möchte ich einigen Metallern im Pit meine Hochachtung aussprechen, dass der rempelnde Vollpfosten keine Schellen gefangen hat. Was immer der intus hatte, wäre bei vielen anderen Konzerten, die ich gesehen habe, nach der Hälfte seines Auftrittes schon in verdiente Kopfschmerzen gemündet.

Natürlich gibt es zum Abschluss wieder das traditionelle 'Break The Chains' in der Langversion mit eingeschobenen Klassikern und einem letzten, euphorischen Aufbäumen des Publikums. Im Anschluss an den Gig ist die einhellige Meinung, dass RAVEN heute restlos abgeräumt hat. Das kommt nicht unerwartet, aber ist dann doch noch ein klein wenig besser, als ich es erhofft hatte. Die Burschen sind live einfach eine Bank. Sollte man sich nicht entgehen lassen. Umso mehr wundere ich mich über die recht geringe Zahl an Zuschauern, was dem Enthusiasmus der Band einfach nicht gerecht wird. RAVEN sind nun einmal nie besser als live. Live At the Inferno eines RAVEN-Gigs.

Redakteur:
Frank Jaeger

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