RISE AGAINST / THURSDAY / POISON THE WELL - Offenbach

17.12.2009 | 09:59

08.11.2009, Stadthalle

RISE AGAINST, THURSDAY und POISON THE WELL heizen den Offenbachern ein.

Ein Jährchen hat die aktuelle RISE AGAINST Platte "Appeal To Reason" zwar schon auf dem Buckel, dennoch sind die Amis um Sänger Tim McIlrath momentan auf Tour, um die Fans mit Ihrer Anwesenheit zu beglücken und vielleicht auch um das ein oder andere politische Zeichen zu setzen. So finden sich die Jungs am 8. November mit POISON THE WELL und THURSDAY im Gepäck in der Stadthalle in Offenbach ein, um vor ausverkauftem Haus die Teens zum ausrasten zu bewegen.

Tja, und was soll man sagen, zumindest dies gelingt RISE AGAINST auch hervorragend. Wobei ich ehrlich schockiert bin, dass das Publikum der Amis SO jung ist. Das Durchschnittsalter der Zuschauer bewegt sich irgendwo zwischen 16 und 19, und ich komme mir mit meinen 26 Jahren tatsächlich wie ein alter Mann vor, während um mich herum mitkreischende Mädels ausrasten. Bevor es nun losgeht, bitte ich zu entschuldigen, dass es diesmal keine Fotos gibt, die Kamera meiner Fotografin ist vor Ort kaputt gegangen. Was aber weniger schlimm sein sollte, denn es gibt keine Band mit dickem Label ohne bescheuerte Regeln: Der Headliner und THURSDAY hätten sowieso nicht fotografiert werden dürfen.

Als Erstes betreten POISON THE WELL die Bühne, die, um ehrlich zu sein, der Hauptgrund sind, warum ich mich nach Offenbach begeben habe. Glücklicherweise soll ich auch nicht enttäuscht werden: PTW knallen der Halle bei hervorragender Soundqualität eine starke Setlist um die Ohren, die sich primär aus Songs der letzten drei Platten zusammensetzt.  Der erste Höhepunkt ist dann das geile 'Zombies Are Good For Your Health' dem der neue Song 'Antarctica Inside Me' folgt. Dabei weiß Sänger Jeffrey Moreira vollkommen zu überzeugen, sowohl die Screams als auch die cleanen Vocals klingen wie auf Platte. Alles in Allem legen POISON THE WELL eine starke Show ohne Fehler hin; die Probleme, die dieser Auftritt dennoch haben soll, liegen eher beim Publikum. So kommen die Fans scheinbar mit der Musik der Amis nicht wirklich zurecht - der Großteil der Zuschauer beschäftigt sich während des Auftritts mit Zuschauen ohne sich zu bewegen. Dem kann auch das Rumgehüpfe von Sänger Jeffrey keine Abhilfe schaffen, erst beim letzten Song 'For A Bandaged Iris' kommt ein wenig Bewegung in die Massen, was bei den 4000 Zuschauern in der Stadthalle aber eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirkt. Das ist sehr schade, hätte man aber erwarten können, da die Musik von RISE AGAINST doch einfach völlig andere Leute anspricht als der progressive Metalcore von POISON THE WELL.


Setlist:
Botchla
Zombies Are Good For Your Health
Antarctica Inside Me
Prematurito El Baby
Apathy Is A Cold Body
Sparks Will Rain
Letter Thing
For A Bandaged Iris



Nach POISON THE WELL sind nun THURSDAY an der Reihe, sich vor dem Publikum zu beweisen. Auch wenn mir persönlich der Metal- beziehungsweise Emocore der Jungs nicht so gut gefällt wie PTW vorher, muss man den Amis zugestehen, dass das wohl beim Großteil der Massen anders aussieht. Wo bei POISON THE WELL vorher noch müde zur Bühne geschaut wurde, ist nun wesentlich mehr Bewegung im Publikum, auch wenn man vom kollektiven Ausrasten noch weit entfernt ist. Der Sound ist schlechter als bei der Band vorher, besonders die Bassdrum erscheint etwas zu laut. Dennoch wäre es übertrieben, hier von einer Soundkatatstrophe zu sprechen - das Ganze ist auf jeden Fall erträglich. Die Setlist setzt sich aus altem bis neuem Material zusammen, wobei natürlich anzumerken ist, dass THURSDAY noch nicht auf allzuviele Langrillen zurückblicken können. Wir hören Titel wie 'Paris In Flames', 'Division St.' und als Höhepunkt dann 'The Suffocation Of A Dead Man', bei dem plötzlich RISE AGAINST  Frontmann Tim McIlrath mit auf der Bühne steht und so aus dem Titel ein Duett wird. Die Massen sind kollektiv aus dem Häuschen und stimmen sich gebührend auf den Headliner ein, der eine gute halbe Stunde später die Bühne betritt.

Um Punkt zehn Uhr verdunkelt sich der Saal, auf der Bühne werden Nachrichtenbilder, USA Flaggen etc. auf zwei Leinwände projiziert. Schon vorher war die Stimmung sehr gut, immer wieder erheben sich Sprechchöre, die die Band auf die Bühne fordern. Die Amis eröffnen nach dem Intro mit 'Collapse (Post America)', dem Opener des aktuellen Albums. Die Teenager um mich herum rasten vollkommen aus und beginnen sofort, wie verrückt in der Gegend herumzuhüpfen. Der Sound bei RISE AGAINST ist gut, kommt aber nicht ganz an POISON THE WELL ran. Die Band selbst scheint von Beginn an viel Spaß bei der Arbeit zu haben, zumindest erscheinen alle Bandmitglieder ziemlich fröhlich auf der Bühne. Die Massen lechzen nach mehr und werden - dem Gekreische und Abdrehen nach - mit 'Re-Education (Through Labor)', 'Long Forgotten Sons' einem ganz coolen 'The Good Left Undone' und dem darauf folgendem 'Injection' ordentlich bedient.

Dabei kommen wir aber auch ganz klar zum Problem des heutigen Gigs: Die Setlist. RISE AGAINST konzentrieren sich primär auf Songs des aktuellen Outputs, wir hören fast alle Titel von "Appeal To Reason". Die meisten Songs, die von der starken "The Sufferer And The Witness" oder älteren Platten stammen sind entweder die bekannten Singles oder Songs, die in eine ähnliche Blink-182-Highschool-Punk-Kerbe schlagen wie "Appeal To Reason". Klar, RISE AGAINST verarbeiten dabei wesentlich anspruchsvollere Themen, aber auch hier muss gesagt werden, dass Ansagen mit Statements wie "Krieg ist echt doooooof! Findet ihr das auch?" nicht mehr als Phrasen sind. Klar findet jeder Krieg blöd, aber vielleicht gibt's da etwas mehr drüber zu diskutieren als nur einer Meinung zu sein und dann Applaus zu ernten. Insgesamt schlagen RISE AGAINST einen vermeintlich politischen Grundton an, driften meiner Meinung nach aber viel zu sehr in seichten Populismus ab. Dieselbe Schlagseite nimmt die erste Zugaberunde ein, die aus zwei Balladen gegen Krieg und Ähnlichem ('Swing Life Away', 'Hero Of War') nacheinander besteht und so das komplette Tempo aus dem Auftritt nimmt.  So ist die Stimmung bei den letzten beiden Songs 'Give It All' und 'Ready To Fall' zwar immer noch gut aber nicht mehr so ausgelassen wie beim Rest des Konzerts. Irgendwie ist dies nach eineinhalb Stunden aber auch verständlich und daher nicht weiter schlimm, über die meiste Zeit haben es RISE AGAINST wirklich geschafft, die Kids am Limit zu bewegen.

Zusammenfassend legen RISE AGAINST eine solide Show hin und treffen mit ihrer Songauswahl und dem Stageacting offensichtlich den Nerv der Kids. Ich persönlich habe mir von einer Band, die so massiv Werbung mit ihrer politischen Einstellung macht, etwas weniger Populismus erwartet; ich dachte, die wissen wirklich wovon sie sprechen und es ist nicht "nur" ihre Masche. Dieser Eindruck drängt sich mir bei der Phrasendrescherei leider auf, auch wenn ich schon glaube, dass RISE AGAINST überzeugt sind von dem was sie tun. Aber vielleicht sollte man dies weniger auf unterstem Niveau ausleben.

Redakteur:
Hagen Kempf

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