ROCK MANIA 2003 - Marktsteft

27.05.2003 | 11:26

16.05.2003, Festzelt

Samstag
17.05.2003

Am Samstag dann fanden Kathy und ich selbst uns im Festzelt ein, um schockiert festzustellen, dass wir im King Size-Bierzelt fast allein waren. Zu unserer allergrößten Beruhigung stellten wir allerdings fest, dass die von uns für den Beginn gehaltene Uhrzeit, 19 Uhr, vielmehr den Einlass darstellte... .
... als dann allerdings um 20.30 Uhr tatsächlich MADOG aus Österreich zu spielen begannen, hatte sich die Halle noch nicht signifikant weiter gefüllt, erschwerend kam hinzu, dass die absolute Mehrheit der zu diesem Zeitpunkt vielleicht vierzig Anwesenden sich lieber um die Bierzeltbänke im hinteren Teil des Bierzeltes gruppierte, während vor der Bühne maximal ein halbes Dutzend Zuschauer den Klängen von MADOG lauschte.


MADOG

MADOG nun erscheinen, obwohl erst Anfang der Neunziger gegründet, sowohl vom Sound als auch von der Optik (komplett mit Minipli und Oberlippenbart!), als wären sie in den Achtzigern hängengeblieben und spielen 80er-Power Metal der weicheren Sorte, fast schon mit Anklängen in Richtung Classic Rock. Da MADOG, wie bereits erwähnt, quasi allein gelassen auftraten, möchte ich mich nicht darüber beschweren, dass der Funke nicht übersprang und ich das Konzert als eine ziemlich langweilige Angelegenheit empfand, da eine Band, die von ihrem potentiellen Publikum dermaßen sträflich ignoriert wird - und noch dazu von der Haustechnik mit einem derart schlechten Sound abgestraft wird - nie eine Chance hat, irgendetwas zu reißen.
Vor diesen wenigen und noch dazu komplett desinteressierten Zuschauern hätte Rob Halford sein Reunionkonzert mit JUDAS PRIEST geben können, ohne dass es irgendjemanden gejuckt hätte. MADOG sind da eher zu bemitleiden und gleichzeitig dafür zu bewundern, mit welcher frustresistenten Professionalität sie ihren Gig durchzogen.
Dass die Mucke mir persönlich etwas zu altbacken und eintönig vorkam, muss ich an dieser Stelle zwar anbringen, aber über die grundsätzlichen Qualitäten von MADOG als (Live)band möchte ich mir von diesem Konzert her kein Urteil bilden. Einzig und allein, dass MADOG ihr zu diesem Zeitpunkt knapp im zweistelligen Bereich angekommenes Publikum mit einem "Danke, ihr wart GEIL!" verabschiedeten, verwunderte mich doch sehr - ob es sich hierbei um Professionalität jenseits des Realitätsverlustes oder bittersten Sarkasmus handelte, sei dem einzelnen zur Entscheidung überlassen.
[Philipp]

MAJESTY

In einem typischen Fall von plötzlicher Menschenvermehrung auf Rockkonzerten fanden sich nach nicht einmal 20minütiger Pause sicher um die siebzig Menschen vor der Bühne ein, als MAJESTY antraten, um dem True Metal in seiner reinsten Form zu huldigen. Selbstverständlich gilt für MAJESTY, was auch für MANOWAR und alle anderen "truen" Metalbands gilt: Man muss sie lieben oder hassen, Pathos wird tonnenweise angebracht, ernstnehmen kann man sie keinesfalls und so weiter. Trotzdem aber - das möchte ich gleich als Erstes anmerken - habe ich seit langem nicht mehr so viel Spaß an einem Gig gehabt wie an diesem Auftritt von MAJESTY. Mögen sie auch (wie von Kathy scharfsinnig bemerkt) rasierte Achseln haben, was eher unmännlich ist, hat True Metal, wenn er dermaßen gut gemacht ist wie jener von MAJESTY, einfach ein Abgeh-, Mitgröhl- und Feierpotential, das nicht nur den meisten "ernsthaften" Metalspielarten abgeht. Außerdem ist ein truer Metaller wie MAJESTYs Tarek immer noch glaubwürdiger als die ach so bösen, bunt bemalten Clowns der Black Metal-Fraktion, die sich ja beinahe NOCH schmerzhafter ernst nehmen.
Aaaaber zurück zum Konzert: Mit Songs wie 'Hail To Majesty', 'Fields Of War', 'Son Of Metal', 'Heavy Metal' und selbstverständlich der Band-Zweithymne 'Keep It True' begeisterten MAJESTY zumindest das vor der Bühne stehende Publikum, es wurde gut gebangt, die sich wie selbstverständlich anbietenden Mitsingspielchen wurden zu Tareks vollster Zufriedenheit ausgeführt und auch auf der Bühne gab es einiges zu bewundern. Von herrlich selbstironischem Einhandbasspiel (geht auf "E") über das beinahe an Hansen erinnernde Grinsen des neuen Gitarristen Rolf Munkes und Synchronbangen von Basser und beiden Gitarristen bis hin zum meisterhaften Posen von Tarek - eine True Metal-Show der Luxusklasse! Loben muss ich außerdem, dass MAJESTY tatsächlich über die volle Zeit Musik boten und nicht mit überflüssigen Soli oder einer peinlichen True Metal-Testosteron-Rede a la Joey DeKetchup nervten.
Alles andere als selbstverständlich bei Vorbands und auf Festivals war, dass die Veranstalter MAJESTY gegen den Zeitplan für eine Zugabe zurück auf die Bühne ließen. Dies ist nicht nur ein weiteres Indiz dafür, wie überwältigend gut MAJESTY ankamen, sondern gab auch noch die seltene Gelegenheit, einen arbeitslosen Keyboarder beim Einreihen in die Gitarrenformation zu beobachten, fachkundig und sehr kompetent die Luftgitarre bedienend.
[Philipp]

Nach dem Auftritt von MAJESTY stellt ich schockiert fest, dass das Zelt langsam aber sicher ernsthaft voll wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, welchen Status JUSTICE offensichtlich in der fränkischen Musikszene einnehmen. Doch nicht nur die Anzahl, auch die Zusammensetzung des Publikums verwunderte mich, war doch neben Metallern auch das typische Zeltdisco-Publikum aus Dorfjugend und in Ehren alt gewordenen Dorfbewohnern in großer Anzahl vertreten.

JUSTICE

JUSTICE haben, wie schon von Kollege Phil bemerkt, deutlich eine Ausnahmestellung in fränkischen Landen inne, anders lässt sich der rasante Anstieg des Publikums und parallel dazu die Stimmung im Festzelt wohl kaum erklären. Und das, obwohl sich JUSTICE in ihrer nunmehr 15jährigen Karriere eher durch ihre Coverversionen aktueller Rock- und Metalhits sowie Evergreens als mit eigenen Stücken einen Namen gemacht haben. Aber gerade das scheint es zu sein, was die Leute an der Band lieben, zumindest fuhren Mitch und seine Mannen auch an diesem Abend mehr Begeisterung und Applaus für ihre Covertätigkeiten ein: Die Eröffnung des Auftritts mit einigen Eigenkompositionen der härteren Metal-Gangart wärmte die Zuschauer zwar gut auf, richtig abgehen hieß es dann aber erst, als mit 'Follow The Hollow' von SOILWORK und 'Only For The Weak' sowie 'Cloud Connected' von IN FLAMES die Melodic Death-Schmankerln ausgepackt wurden - besonders letztgenanntes brachten JUSTICE schön fett und erstaunlich nah am Original rüber, alle Achtung. Und wer die Truppe schon ein bisschen kennt, der weiß, dass auf ihren Konzerten stilistische Vielfalt großgeschrieben wird, so kam neben weiteren pushenden Vertretretern wie STATIC-X ('Push It'), SLIPKNOT ('Wait And Bleed') und SYSTEM OF A DOWN ('Toxicity', 'Chop Suey') auch Melodisches des Schlags SAVATAGE ('Gutter Ballet') oder ICED EARTH ('Watching Over Me') diesen Abend nicht zu kurz - allerdings muss man dazu sagen, dass die todes- und neumetallischen Songs der Band deutlich mehr lagen und entsprechend auch mehr Stimmung erzeugten. Nichtsdestotrotz: Spaßbremsen fehlt am Platz, da war für jeden im Publikum etwas dabei und folglich hielt sich die gute Laune konstant im rustikalen Marktstefter Festzelt - ein weiterer erfolgreichen Gig, den JUSTICE in ihrer Heimatregion verbuchen konnten. Einziger nerviger Punkt des Auftritts: Auf der Bühne Faxen machen und kichernd mit ulkigen Sprüchen um sich werfen mag in Maßen ja ganz lustig sein, führt bei Übertreibung aber zu Entnervung des Publikums, davon beim nächsten mal also bitte etwas weniger ;-).
[Kathy]

Soweit das ROCK MANIA 2003, trotz der für Stadtmetaller seltsamen Bierzeltathmosphäre ein schönes kleines Festival, bei dem mich persönlich vor allem der enorme Status von JUSTICE sowie die Tatschache, das "Coverband" nicht zwingend "olle Kammellen" bedeuten muss, beeindruckte.

Redakteur:
Philipp von dem Knesebeck

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