ROCK OUT FESTIVAL - Augsburg

15.12.2024 | 14:48

14.12.2024, Schwabenhalle

Deutsch-schwedischer Melodienwettbewerb der härteren Art.

Ein Festival in Augsburg, also quasi beinahe vor meiner Haustür, darüber müssen wir natürlich berichten. Im letzten Jahr musste Andre noch beides erledigen, Text und Bilder, aber im diesem Jahr sind wir zu zweit am Start. Das Festival gehört zu der HARD CIRCLE-Reihe, die noch das POTT OUT, das am letzten Wochenende stattfand, und das KNOCK OUT, am Samstag, den 14.12.2024 in Karlsruhe, umfasst. Alle drei haben das gleiche Billing mit einem Schwerpunkt im Hardrock, so wie auch im letzten Jahr. Klar, das Festival wird an jedem Ort von einem Rock-Radiosender präsentiert, da muss die Musik schon wellenkompatibel sein. Hier in Augsburg ist es übrigens Radio Rock Antenne.

Als wir eintreffen, ist die Halle schon ziemlich gut gefüllt, es ist immerhin erst kurz vor 17 Uhr an einem Freitag, aber der Anheizer, hier Special Guest genannt, ist auch kein geringerer als AXXIS. Seit 1989 machen die Burschen unter diesem Banner Lärm. Aber nach fünfzehn Studioalben gibt es für die Fans auch eine schlechte Nachricht, denn Harry Oelers, der AXXIS-Tastenmann, wird sich in die Rente verabschieden, er verlässt das Musikgeschäft. Das bedeutet nach heutigem Stand auch, dass AXXIS bald Geschichte sein wird. Nur, wenn man die Band heute sieht, kann man das gar nicht glauben! Vielleicht sollte man nicht gleich jede Hoffnung fahren lassen.



Denn so rockt keine Band, die keinen Bock mehr hat, sondern maximal eine, die berechtigterweise den Umgang mit Kultur in Deutschland kritisiert, nachdem wir alle während der Corona-Zeit bemerkt haben, dass Kunst und Kultur bei uns leider durch keinen doppelten Boden aufgefangen wird. Doch von Frust ist bei 'Little Lock Back' nichts zu spüren. Sänger Bernhard Weiß ist natürlich weiterhin der Mittelpunkt, erzählt auch gerne mal ein bisschen, wobei er sich mit seiner "Definition" von Jungs und Mädchen unnötigerweise auf trügerisches Terrain begibt, das er eventuell besser nicht betreten hätte. Okay, in bayrisch Schwaben ist man da möglicherweise mit geringem Risiko unterwegs, hier gilt "modern" eher als Schimpfwort.

Aber bei AXXIS brennt nichts an. Zwar muss das Publikum erst warm werden, aber Faxenmacher Weiß sorgt immer für Grinsen und die eingängigen Lieder lassen auch diejenigen Mitwippen, die nicht explizit wegen AXXIS da sind. Wobei schon durchaus erheblich viele Anwesende mindestens die Refrains mitsingen können,egal ob es neue Dinger sind wie 'Coming Home' und 'Moonlight Bay', das sich auch als Schlager ganz gut machen würde, das nette 'Heaven In Black' aus dem Jahr 2000 oder bandhistorische Granaten wie 'Touch The Rainbow', 'Living In A World' und natürlich 'Kingdom Of The Night'.Der Hintergrund der Bühne wird übrigens durch ein Backdrop gebildet, auf dem das aktuelle Cover abgebildet ist. Ich mag ja den Künstler Thomas Ewerhart, aber das neue AXXIS-Bildchen ist schon sehr merkwürdig. Ich kann den Sinn in einem engelsgeflügelten Wolf, der mit einem Baby auf dem Arm auf Schädeln und Treibgut einer zerstörten Erde steht, während er mit der babyfreien Hand ein Banner hält, nicht ergründen. Vielleicht bin ich dafür einfach zu doof. Ist aber auch egal, musikalisch ist das der beste Warmmacher für das ROCK OUT, den ich mir denken kann.

 

Nach fünfundvierzig Minuten ist der Auftritt vorbei und das Publikum warmgesungen. Nach nur einer sehr kurzen Umbaupause folgt die erste schwedische Band, DYNAZTY, die den Feder-Wolf durch ein Bandlogo ersetzt. Der Kontrast zu AXXIS ist erheblich, der Sound ist viel fetter und bombastischer. Das liegt in der Musik begründet, denn DYNAZTY arbeitet viel mit dominanten Keyboards und Samples, wo AXXIS eben auf Handarbeit setzt. Den größten Eindruck bei den Stockholmern macht Sänger und AMARATHE-Frontmann Nils Molin, der wirklich eine beachtliche Stimme sein Eigen nennt und die Stücke viel kraftvoller und mitreißender macht, als sie es sonst wären.

Dabei hat die Band, die schon mehrfach versucht hat, als schwedischer Vertreter in der Endrunde des Eurovision Songcontest ausgewählt zu werden,keine Berührungsägste mit dem Mainstream. Ich bemerke, dass eines der Stücke auch locker gesellschaftstanzfähig wäre, 'Devilry Of Ecstasy' hat einen Dancefloor-Touch, aber Gassenhauer wie 'Waterfall' nehmen die Anwesenden gut mit. Dabei bangen und posen die Gitarristen, als ob es hier echt harten Metal gäbe, aber hey, das gehört zum Handwerk. Überrascht bin ich, als ich feststelle, dass ich das letzte Stück des Sets, 'Heartless Madness', sogar kenne und nicht übel finde. Sollte unsere liebe Hanne mich irgendwie angesteckt haben? Aber bei dem Mitsingspielchen mache ich trotzdem nicht mit.

Setliste: Fortune Favors The Brave; Game Of Faces; Natural Born Killer; Waterfall; Devilry Of Ecstasy; Presence Of Mind; The Human Paradox; Heartless Madness


Jetzt gibt es eine längere Umbauspause zu H.E.A.T., obwohl ich nicht recht weiß, wozu. Eigentlich geht das alles ziemlich zügig, aber wahrscheinlich soll es auch mal etwas Zeit zur Nahrungsaufnahme geben. Das werde ich etwas später tun, jetzt aber möchte ich die zweite Band des Schwedendoppels sehen. Die Band ist wieder mit ihrem Originalsänger unterwegs, Kenny Leckremo, der Erik Grönwall nach dessen Ausstieg ersetzt hat. Grönwall war danach übrigens Sänger von SKID ROW. Hier jedoch beginnt der Auftritt mit Glenn Freys 'The Heat Is On', das wir aus dem Soundtrack zu dem Film "Beverly Hills Cop" kennen. Hey, das war 1984, so alt ist die Kapelle doch noch gar nicht!

Ich bin ja ein großer Fan von melodischem Hardrock, aber für mich steht und fällt die Qualität mit dem Sänger. Es gibt unzählige Bands in diesem Genre, viele davon wissen, wie man starke Songs schreibt, aber die endgültige Qualität entscheidet sich am Mikrophon. Da ist Kenny Leckremo zweifellos nicht zu kritisieren, der kleine Langhaarige mit der großen Stimme pest über die Bühne, scheint kaum stillstehen zu können und übertrifft damit sogar noch seine ebenfalls agilen Bandkollegen. Er schließt auch die Lücke zum Intro, dennseine hohen Sportschuhe sind schon aus dem letzten Jahrtausend rübergebeamt, oder? Dazu eine schwarze Lederhose, Ketten am Hosenbund, er hätte auch Mitte der Achtziger BON JOVI, DOKKEN oder EUROPE Konkurrenz machen können.

H.E.A.T. nimmt das Publikum durch den ganzen Gig mit. Ständig gibt es Mitsingpassagen, Leckremo am Mikro interagiert dauernd mit den Fans und scheint dabei viel Spaß zu haben, so viel Spaß, dass man unwillkürlich grinst und mitmacht. Alle neun Lieder sind kleine Hits, die von den ersten drei und den letzten drei Alben stammen, sodass immerhin sechs der acht Studioscheiben bedacht werden. Nett, da ich leider von den Jungs noch nichts im Schrank stehen habe, weiß ich nun, dass ich die Platten wohl alle eintüten kann, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Starker Auftritt.

Setliste: Back To The Rhythm; Rock Your Body; Hollywood; Downtown; One By One; Beg Beg Beg; Living On The Run; 1000 Miles; Dangerous Ground


Die nächste Band ist GAMMA RAY. In unserer internen Chatgruppe sind da alle total aus dem Häuschen. Alle bis auf mich. Ich kenne HELLOWEEN noch mit Hansen, habe auch GAMMA RAY versucht, das Debütalbum gekauft und für okay befunden, aber schon bei 'Sigh No More' war ich raus. Natürlich habe ich über die Jahre immer wieder reingelauscht, aber zum Fan wurde ich nie. Umso erstaunter bin ich, dass Andre einem Kollegen von POWERMETAL.DE sogar ein T-Shirt mitbringen soll. Na gut, immerhin ist dies das erste Live-Lebenszeichen der Band seit Hansens Wiedereinstieg bei HELLOWEEN, falls ich mich nicht irre. Da darf man als Fan schon mal euphorisch sein.

Schauen wir mal, vielleicht schafft es GAMMA RAY heute, mich mitzureißen. Die Voraussetzungen sind bestens, denn mit dem Titelsong des 1995 erschienenen "Land Of The Free"-Albums, das immer wieder als das Referenzwerk angepriesen wird, setzen Hansen und Co gleich mal den Ton und das Publikum ist sofort in Feierlaune. Im Gegensatz zu den Bands zuvor geizen die Norddeutschen auch nicht mit Geschwindigkeit, das müsste mir ja liegen.Natürlich ist es schwer, nach einer so aktiven Band wie H.E.A.T., Show zu machen, aber der Gegensatz ist dann doch recht deutlich sichtbar. An der Gesangsfront wird Kai Hansen, der für mich immer schon nur ein mittelmäßiger Sänger war, seit einem Jahrzehnt durch Frank Beck unterstützt, was ich für einen cleveren Schachzug halte. Ich habe den Eindruck, dass die beiden ihre Sache ordentlich machen, aber eine echte Chemie scheint sich nicht einzustellen. Es ist in jedem Fall gut, dass Hansen nicht immer am Mikro stehen muss, nur: Warum tut er es dann doch die meiste Zeit? Bald fällt mir auf, was der Grund dafür sein könnte: Während der meisten Refrains hat die Gitarrenfraktion kaum etwas zu tun. Hier mal ein kleiner Akkord, da mal zwei, aber Hansen hat immer die Zeit, die Arme hochzureißen und das Publikum anzufeuern. Das ist weniger Gitarrenarbeit als, sagen wir mal, SAXON, aber die Briten sind in einem ganz anderen Genre unterwegs.

Ich versuche es wirklich und muss zugeben, das ist ja auch alles nicht schlecht, trotzdem schweifen meine Gedanken immer wieder ab, neben der Beobachtung der Gitarristen formt sich in meinem Kopf die Frage,was für ein Pelztier sich auf Kai Hansens Kopf niedergelassen hat. Der sympatische Flitzefinger, der übrigens tolle Soli in die Runde feuert, hat immer noch seine Frisur aus der Frühzeit, das sieht aber nicht unbedingt vorteilhaft aus. Was früher als Jugendsünde durchging, hätte vielleicht im letzten Jahrtausend bleiben sollen, auch wenn es lustig aussieht. Aber das ist ja kein Catwalk, sondern die Bretter, die die Metalwelt bedeuten, und die Wahrheit liegt eben auf dem Platz. Und die ist so, dass ich mir auch 'Last Before The Storm' mit gutmütiger Annerkennung anhöre. Bei 'Empathy' beschließe ich, mal die Food Area aufzusuchen. Wir verlassen also für einen Moment den Ort des musikalischen Geschehens.

 

Die Food Area ist eine separate Halle. Das ist schade, weil ich dadurch GAMMA RAY nicht weiter sehen und hören kann, andererseits könnte man da mal ein bisschen Ruhe tanken. Aber da habe ich die Rechnung ohne die Rock Antenne gemacht, die dort nämlich Werbung macht und die Halle beschallt. Leider ziemlich laut, sodass die Verkäufer an den Essensstationen dazu übergehen, Bestellungen in Zeichensprache anzunehmen. Ich bin ein bisschen genervt. Na ja, mal sehen, was es zu essen gibt, Kollege Timo, der auch hier ist, hat mich neugierig gemacht, er hat erzählt, dass es zum Konzept gehört, nicht nur den typischen Festival-Fraß anzubieten wie Bratwurst und Steak.

Cool also, mal sehen. Erst kommt ein Getränkestand, da links gibt es Pizza, daneben gibt es einen gebackenen Spieß vom Landhuhn, dann Cocktails, neben diesem kann man sich an Käsespätzle oder Maultaschen laben und dann kommt ein Burger-Stand. Und nochmal Getränke. Das ist aber übersichtlich für was, 3500 bis 4000 hungrige Headbanger? Aktuell steht ja mit GAMMA RAY immer noch ein hochkarätiger Act auf der Bühne, doch die Schlangen vor der Pizza und vor allem vor dem Burger-Stand sind mir viel zu lang. Käsespätzle mag ich nicht, also das Huhn. Da stehen auch nur ein Dutzend Leute.

Ich brauche fünfzehn Minuten. Mit dem hungrigen Metalfan hinter mir schaffe ich es, die Situation mit Fassung zu tragen. Denn in den Ofen passen immer nur zwei Bleche, darauf sind jeweils acht solche Spieße, die brauchen aber deutlich länger zum Garen, als die junge Dame zum Verkauf. Zusätzlich ist der Ofen innen nicht beleuchtet, es wird also dauernd die Tür geöffnet. Zudem scheint der Ofen nicht ganz gleichmäßig zu heizen, man müsste die Bleche wohl mal umdrehen. Aber die beiden Gastronomie-Genies an dem Stand entscheiden sich ob der langen Schlange an Hungrigen, den Ofen zu öffnen und mal zu schauen, welche Spieße denn schon gut sein könnten. Natürlich stellen sie die Spieße auf die offene Tür, was den Backvorgang nachhaltig zum Erliegen bringt. Ich bekomme irgendwann meinen Spieß und stelle fest, der Teig könnte noch etwas Hitze vertragen, das Huhn dagegen ist lange tot und schrecklich trocken. Ich hätte doch lieber eine Bratwurst gehabt.

Ich würde mich ja bei dem Burger nochmal anstellen, aber erstens da stehen dreißig Leute und zweitens möchte doch noch etwas GAMMA RAY sehen, so häufig bekomme ich die Band ja nicht vor die Nase. Hansen trumpft Burger, man sieht, ich werde langsam weichgekocht von dem deutschen Metal-Urgestein, der übrigens die meiste Zeit des Auftritts wirklich ansteckend grinst und sichtlich Spaß hat. Zu diesem Spaß will ich jetzt zurück.

 

Also zurück in die Halle, wo es kaum lauter ist als in der Food Area. Ah, es läuft 'Rebellion In Dreamland', das kenne ich natürlich, ein wirklich guter Song, auch an der Darbietung gibt es nichts auszusetzen. Aber nicht meckern ist trotzdem keine Begeisterung. Jetzt kommen noch zwei Klassiker und das Publikum feiert, ich setze mich dann mal hin, denn ich stelle fest, dass zwar die Füße wippen, aber trotzdem eine Pause ganz gut wäre, denn es wird ja noch dauern. Ich brauche auf Festivals ab und zu mal eine kleine Pause und ich kann von einem Ende der Halle sowohl die Bühne als auch das Publikum, das GAMMA RAY sichtlich feiert, gut sehen.

Für mich ist GAMMA RAY heute zwar auf dem sechsten Platz gelandet, aber ich bin damit möglicherweise allein oder zumindest in der Minderheit, wie ich einem Gespräch hinter mir entnehmen kann. Fan 1: "Mann, war das geil, beste Band bisher!" Fan 2:" Genau, Weltklasse, nicht so wie die drittklassigen H.E.A.T.!" Fan 1: "Nehmt denen einfach den Klimperkasten weg, dann wird es auch Metal!". Nun ja, wer natürlich die Metalabreibung erwartet hat bei diesem Billing, ist wohl nicht richtig vorbereitet. Aber Andre war auch begeistert. Muss wohl an mir liegen. Im internen Chat kriege ich jetzt bestimmt Schimpfe, weil ich GAMMA RAY nur okay finde.

Setliste: Land Of The Free; Last Before The Storm; Empathy; Master Of Confusion; One With The World; Induction; Dethrone Tyranny; Rebellion In Dreamland; Somewhere Out In Space; Heaven Can Wait


Nun aber kommt eine Band, die einen für mich unerwarteten Aufstieg hingelegt hat: KISSIN' DYNAMITE. Als Co-Headliner hat man siebzig Minuten Spielzeit, ich bin gespannt, wie man diese nutzen wird und ob die Band ihrer Rolle gerecht werden kann. Ich habe die Schwaben ja bereits live erlebt und fand sie immer gut, aber Co-Headliner ist nochmal eine andere Liga. Nun ist mein letztes Erlebnis mit den Mannen um Sänger Johannes Braun schon einige Jahre her und das aktuelles Album ist ja auch eine ziemliche Granate, da darf man etwas erwarten.

Die erste Überraschung ist die zweistöckige Bühne. Während der dreißig Minuten Umbauzeit war die Crew wirklich aktiv und hat den Jungs eine ganz andere Bühne gezaubert. Das merkt jeder und zwar sofort, denn die Show beginnt mit allen vier mobilen Musikern in der oberen Etage, über Schlagzeuger Sebastian Berg, als sie mit einem Knall loslegen! Soll heißen, der erste Song heißt 'Back With A Bang', der passt aber auch wirklich wie die berühmte Faust. Nur das Backdrop wirkt ein bisschen mickrig, da ist wohl jemand nicht auf die große Bühne vorbereitet, was? Denke ich mir so, aber ich werde gleich eines Besseren belehrt werden.

Doch zuerst kommen ein paar Partysongs, simpler Hair Metal wie in 'DNA', das mitsingspielgefüllte 'No One Dies A Virgin' und das sehr simpel, aber effektiv beleuchtete 'I've Got The Fire', bei denen Frontmann Hannes das Publikum fest im Griff hat. Das macht es ihm aber nicht allzu schwer. Dass KISSIN' DYNAMITE die richtige Wahl für dieses Festival ist, beweist seine Ansage zum präsentierenden Radio Rock Antenne. Auf seine Frage, wer denn den Sender hören würde und die vielen sich daraufhin emporreckende Hände, merkt er an, dass dann wohl jeder hier mindestens die Hälfte der Stücke des Sets kennen würde.

Jetzt geht es aber in der Show weiter. Das Backdrop fällt, es gibt etwas Lichtshow und ein großes, beleuchtetes KD-Bandlogo erscheint. Sehr cooler Effekt, der 'My Monster' super in Szene setzt. Für 'I Will Be King' sitzt Hannes, nun in Robe gehüllt und mit Krone und Zepter, oben auf einem Thron. Als Herrscher fordert er auch die Sitzränge auf, sich zu erheben und mitzusingen. Das klappt erstaunlich gut, die gute Stimmung setzt sichbis auf die Tribüne fort. Das ist aber wenig verwunderlich, denn KISSIN' DYNAMITE kann tatsächlich dem Status hier auf dem Festival locker gerecht werden. Den größten Sprung hat Fronter Hannes gemacht, dervon einem guten Sänger zu einem echten Entertainer gewachsen ist und mit 'Only The Dead' wirklich den ganzen Saal in der Hand hat.

Zu 'Devil Is A Woman' wird nochmal die Deko verändert, es gibt wieder andere Backdrops. Das ist zwar ein sehr einfaches Mittel zur visuellen Untermalung der Songs, aber sehr effektiv. Zu 'Six Feet Under' erzählt Hannes die Geschichte des Songs und dass ihr damaliges Label nicht begeistert war, dann mauserte sich das Stück aber zu einem Hit, der oft im Radio lief, was eine erneute Erwähnung des Sponsor-Äthermuckers nach sich zieht. Na, da sorgt aber jemand für Goodwill in der Programmredaktion, was?

Langsam geht es dem Ende entgegen. Es folgt noch eine Einlage, in der Hannes in einem Schlauchboot über die Köpfe des Publikum getragen wird, was gut funktioniert und ihm sogar ermöglicht, dabei weiter zusingen, und zum Schluss dann mit 'Raise Your Glass' nochmal etwas von aktuellen Album. Das ist wirklich ein grandioser Auftritt, schön durchwachsen im Zusammenspiel von alten und neuen Stücken, natürlich mit einem leichten Übergewicht auf dem aktuellen "Back With A Bang".

Darauf hat die Band kompositorisch nochmal einen echten Qualitätssprung getan, nicht umsonst stieg das Album bis auf Platz eins der deutschen Charts. Ich muss sagen, dass die Lieder, die auf Konserve vielleicht zu simpel und eingängig klingen, um sie regelmäßig aufzulegen, live echte Kracher sind. Dargeboten von einer gut eingespielten, begeisterten und begeisternden Band. Ich nehme es vorweg: KD ist der Tagessieger!

Setliste: Back With A Bang; DNA; No One Dies A Virgin; I've Got The Fire; My Monster; I Will Be King; Only The Dead; The Devil Is A Woman; Six Feet Under; Not The End Of The Road; You're Not Alone; Raise Your Glass

 


Aber eine Band kommt ja noch. Die Krefelder Metalinstitution BLIND GUARDIAN habe ich in den letzten zwei Jahren dreimal gesehen und es ist noch kein Sättigungsgefühl eingetreten, zumal die Setlisten ja auch immer ein wenig variieren. So freue ich mich auch heute wieder wie ein Schneekönig, als ein Intro aus bombastisch mit Fanfaren arrangierten Melodieteilen aus BG-Songs das Kommen des Headliners ankündigt.

Der geht auch sofort in die Vollen mit dem Titelsong ihres für mich besten Albums, 'Imaginations From The Other Side', und dem härtesten Lied des heutigen Musiktages, 'Blood Of The Elves'. Dass Frontmann Hansi Kürsch ein durchaus von sich und seinen Mitstreitern überzeugter Zeitgenosse ist, beweist sein anschließendes Urteil, das nämlich lautet, das wäre der perfekte Auftakt gewesen. Überhaupt ist er mittlerweile kein Freund von Understatement mehr, BLIND GUARDIAN weiß, was man kann und wofür man von den Fans gefeiert wird.

Größere Showelemente gibt es bei den Jungs aber nicht. Man setzt auf bewährtes Posing und Hansi Kürschs Charisma und Präsenz auf der Bühne, lässt ansonsten die Musik für sich sprechen. Um mich herum gehen einige Leute nach dem schnellen und aggressiven 'Blood Of The Elves'. Klar, das Ding wird man auf Rock Antenne eher nicht hören.

Dabei dürfte der folgende Song die meisten wieder abholen, denn 'Nightfall' von dem grandiosen gleichnamigen Album, das an manchen Tagen sogar am Thron der Diskografie sägen kann, hätte bestimmt wieder für alle gepasst. Mir fällt auf, dass Sänger Kürsch etwas angeschlagen klingt. Er intoniert die Songs heute sehr rau und aggressiv, oft auch etwas tiefer. Nun ja, entweder muss er mit seiner Stimme etwas haushalten, wir sind mitten in der Erkältungszeit, oder die Jahre fordern langsam ihren Tribut. Da haben es Sänger nicht leicht, schon so mancher musste vor den Strapazen der frühen Lieder der Karriere später kapitulieren. Das ist völlig normal, aber ich tippe bei Hansi trotzdem eher auf die Jahreszeit.

Das macht aber nichts, es singen sowieso die meisten Kehlen mit, sei es bei dem als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk angepriesenen 'Banish From Sanctuary' oder anderen Hits wie 'Bright Eyes' und 'Into The Storm', ja sogar bei dem neuen 'Violent Shadows', für mich auch der Höhepunkt des letzten Albums "The God Machine". Bei 'The Bard's Song - In The Forest' ist es ja bereits üblich, dass das Publikum singt, auch wenn in den letzten Jahren immer mal wieder ein Ton oder Einsatz vorgegeben werden muss. Ich erinnere mich noch an Zeiten, da konnte sich die ganze Band zurücklehnen und den Fanchor genießen. Aber das ist ja auch ein Festival, nicht alle sind nur wegen BLIND GUARDIAN hier und können den gesamten Text auswendig.


Die Band hat heute eine leicht abgewandelte und ungewöhnliche Setliste im Gepäck, bis auf den zweiten Song ist das ein Best-Of-Programm, bei dem vor allem ungewöhnlich viele Lieder der ersten Albengespielt werden. Zu dem bereits abgefeuerten 'Banish From Sanctuary' kommen noch 'Majesty' und 'Valhalla' hinzu sowie 'Lord Of The Rings', ein längerer Ausflug in die Frühzeiten, was natürlich bei den Fans gut ankommt. Dann ist nach achtzig Minuten mit 'Mirror Mirror' Schluss und die Band beweist mal wieder, dass sie ein Garant für eine mitreißende Show ist, ein würdiger Headliner, und das auch ohne meine Fanbrille.

Setliste: Imaginations From The Other Side; Blood Of The Elves; Nightfall; Banish From Sanctuary; Violent Shadows; Time Stands Still (At The Iron Hill); Bright Eyes; Into The Storm; The Bard's Song - In the Forest; Majesty; Lord Of The Rings; Valhalla; Mirror Mirror


Nach acht Stunden ist das ROCK OUT FESTIVAL 2024 Geschichte. Die zweite Auflage hat gezeigt, dass man auch in Augsburg, normalerweise nicht gerade das Zentrum der Rockwelt, das Publikum für ein Indoor-Festival zusammenbekommen kann, auch wenn noch etwas Luft ist und sicher noch ein paar Hundert Rockfreunde Platz gefunden hätten. Das Billing kann sich auch wirklich sehen lassen, die Organisation ist im Musikbereich makellos, die Pausenmusik ebenfalls gut und die Lautstärke der Bands nicht zu laut. Da hat jemand genau die richtige Einstellung gefunden und nicht einfach alles auf elf gestellt. Nur mit dem Cateringbereich bin ich nicht glücklich gewesen, da ist noch erheblich Raum für Verbesserung. Wobei ich ausdrücklich loben möchte, dass man versucht, auf gehobenere Cuisine zu setzen, aber in der Breite ist das noch nicht ausreichend, vor allem, wenn man es schafft, die Bands mit verhältnismäßig und lobenswert kurzen Umbaupausen auf die Bühne zu bekommen.

Nun, es muss ja auch noch etwas zu verbessern geben für die dritte Auflage, die am 12. Dezember 2025 stattfinden wird. Tickets gibt es bereits ab 79,90 Euro bei Allgäu-Concerts. Mal sehen, welche Bands die Veranstalter zur dritten Ausgabe aus dem Hut zaubern werden, mit den ersten beiden Festivals haben sie die Latte durchaus hoch gelegt. Andre und ich werden euch sicher wieder berichten, aber lasst euch gesagt sein: Dabei sein ist noch besser.

Fotocredit: Andre Schnittker

Redakteur:
Frank Jaeger

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