Rage Divine II - Hanau
04.05.2005 | 10:5629.04.2005, Halle 2
Das Rage Divine soll in Zukunft lokalen Acts aus der Nähe Frankfurt/Hanau und Umgebung ein passendes Forum bieten, um sich einer größeren Öffentlichkeit präsentieren zu können. Am Freitag, den 29.04.2005 ging das Festival in seine zweite Runde und heute war es der Veranstalter IRA TENAX höchstpersönlich, nachdem er wegen einer Erkrankung des Drummers beim ersten Event ausgefallen war, der den Abend headlinen sollte. Ich hatte den Sänger meiner eigenen Band, Holger, im Gepäck und wir waren wirklich gespannt, was die Jungs in der Hanauer Halle 2 (ehemaliges Audio) auf die Beine gestellt haben. Wir sollten sehr angenehm überrascht werden...
Die Anfahrt:
Wie es sich für waschechte Nullplaner gehört, eiern wir um 18.45 Uhr Ortszeit auf die Autobahn Richtung Würzburg, natürlich ohne vorher mal einen Routenplaner um Rat gefragt zu haben. Also in Hanau gleich die erste Abfahrt falsch mit dem Ende an einer Bushaltestelle, an der uns ein netter, aber noch viel nullplanender junger Mann noch eine ganze Ecke weiter vom Ziel weg schickte. Danke auch! Nachdem wir dann dreimal um Hanau rum und viermal mittendurch gebrezelt waren und es mittlerweile schon 19.30 Uhr war, entschieden wir uns für einen kurzen Stop an einer Tanke. An der Theke die hübsche Rebecca, die gerade einen Kerl ziemlich derb abcancelte, der ihr kaputte Pet-Pfandflaschen andrehen wollte, was sie mit ein paar gepflegt hässlichen Worten quittierte. Wir hatten schon Angst überhaupt nach dem Weg zu fragen, schließlich hat sie den armen Teufel fast verschlungen. Doch unsere KREATOR-Kapus scheinen wohl gewirkt zu haben, ging doch nach unserer Frage die Sonne in ihrem Gesicht auf. Sehr nett! Vier Ampeln, einmal links und dann wieder rechts später stehen wir völlig entnervt vorm Hornbach, an dem uns Veranstalter Martin (Sänger von IRA TENAX) abholte. Eine Stunde nach Abfahrt also endlich am Ziel, auch wenn es entfernungstechnisch nur 25 km sind. Chaos!
Die Halle:
Ich muss schon sagen, das hat die Stadt gut hinbekommen. Geile Location mit einer fetten Bühne und einer noch fetteren Anlage, mit massig Licht, Nebel, Furz und Feuerstein. Allerdings kostet die Location auch eine Stange Geld, wobei alle Beteiligten auf massig Andrang hofften. Ansonsten würde man, wie beim ersten Mal, einiges drauflegen müssen. Da waren knapp einhundert zahlende Gäste in der Halle 2. Dieses Mal sollten es ein paar mehr werden, wenn auch nicht im Übermaß. Ich schätze mal, an die hundertfünfzig werden sich an den Rand Hanaus verirrt haben, um sich eine gepflegte Portion Metal durch die Rübe pfeifen zu lassen.
Die Bands:
Den Anfang machten pünktlich um 20.30 Uhr MELANCHOLIC SEASONS, die mal gar nicht melancholisch drauf waren. Gepflegter Melodic Death mit einer ganz gehörigen Thrash-Schlagseite, die über und über mit feinen Klampfensoli durchsetzt waren. Holla, aus den Jungs wird was. Vorrausgesetzt sie finden in naher Zukunft einen Bassisten, denn kurioserweise standen die Jungs ohne Tieftöner auf der Bühne. Was aber ihrer Show, dem symphatischen und energischen Auftreten und den höllisch ballernden Songs keinen Abbruch getan hat. Überwiegend in Orkanstärke und –geschwindigkeit durchs Hirn pfeifend, konnte sich vor allem der Sänger Björn auszeichnen, der mit einem wahrhaft voluminösen Organ gesegnet ist. Wenn man dann die kleine, fast untersetzte Person den Mund zu den Urschreien bewegen sieht, mag man es kaum glauben. Auch die restlichen Musiker passten sich dem hohen Level an, rifften, solierten und knüppelten sich die Seelen wund. Ein Einstand nach Maß, auch wenn mir die tief pumpenden Läufe des Viersaiters doch etwas gefehlt haben.
Dann war es Zeit für zärtlichen Frauengesang. Dachten wir zumindest, als wir Frontfrau Kathi von ALWAYS DAMAGED auf die Bühne stöckeln sahen. Doch weit gefehlt! Die kleine, völlig unscheinbare Dame hat ein monströses Stimmvolumen, meistert hohe Passagen genauso wie derbe Growls und Grunts mit traumwandlerischer Sicherheit und gibt in allen Bereichen eine tolle Figur ab. Die Mischung aus groovigem Thrash und Nu Metal setzt sich mit jeder Menge Hooks und einer ordentlich bebenden Rhythmusfraktion im Ohr fest, zudem die locker fünf Töne tiefer gestimmte Axtfraktion jede Menge beigetragen hat. Links neben der zierlichen Kathi steht Bassist Hannes, ein wahres Monstrum von einem Mann, der mit seinem massigen Körper schon alleine das Thema Bühnenpräsenz für sich entscheidet. Er hüpft, rennt bangt, grölt und growlt wie ein Berserker und macht aus der Show eine für Undergroundacts eher ungewöhnliche. Gitarrist Matze schließt sich ihm an und dreht ein ums andere Mal völlig ab. Mann oh Mann, da können sich ganz, ganz viele etablierte Bands ganz, ganz dicke Scheibchen abschneiden. Die Musik passt auch wie die Faust aufs Auge, verbindet groovende Brutalkost mit immer wieder sehr variablen vocal lines, die schön melodiös ins Ohr flutschen. Kurzum: ALWAYS DAMAGED sind zu Höherem berufen und ich denke, man wird noch einiges von den Jungspunden hören. Zumindest wenn sie, hoff ich doch, den diesjährigen Frankfurter Regional-Emergenza-Bandkontest für sich entscheiden. Ich drück euch die Daumen!
STAY WHERE THE PEPPER GROWS kamen, sahen und siegten auf ganzer Linie. Mit eigenem Merchandise im Gepäck und einer locker-professionellen Einstellung legten die drei Jungs mit ihrem SLAYER/MOTÖRHEAD/SEPULTURA-Mischmasch los wie die Feuerwehr. Dachte man Anfangs noch, man sei auf einem MOTÖRHEAD-Revivalgig gelandet, wurde das Material von Minute zu Minute härter, schneller und thrashiger. Der Schlagzeugtank Markus beförderte das Kit in einem Dauerbeschuss aus bestialischen Stickhieben in ein Paralleluniversum des Schmerzes, während sich die Klampfenfraktion arschtight durch die Songs zockte. Überwiegend ging die Chose in einer angezogenen Geschwindigkeit über die Bühne, bei der auch Klassiker von SLAYER, METALLICA und MOTÖRHEAD zum Besten gegeben wurden. Der Schweißpegel ging beträchtlich in die Höhe und das Publikum ging volles Rohr mit. Man merkte der Band, die mitgliedertechnisch etwas betagter zu sein scheint, ihre Erfahrung und Professionalität an, denn sie dirigierten das zahlende Volk nach Belieben. Was soll ich sagen? Hammershow mit killender Tracklist, passt!
Am Ende waren es IRA TENAX, die den Abend ausklingen ließen. Meiner Meinung nach hat sich die Band nicht unbedingt einen Gefallen damit getan, solch ein brutal bratendes Billing vor sich zu setzen. Denn IRA TENAX machen völlig andere Musik, Dark-Metal-flankierten Kraftstahl, der überwiegend im gemäßigten Tempo durch die Boxen surrt. Die Reaktion des Publikums war dementsprechend verhalten, was vielleicht auch damit zusammen hing, dass es einfach nur fertig war. Dasselbe scheint auch auf die Band zugetroffen zu haben, die einen platten Eindruck machte. Ich kenne das Problem selber! Man arbeitet zwei Tage lang in jeder Minute für einen Event und wenn es dann Zeit ist, selber die Stage zu entern, könnte man gerade tot ins Bett fallen und ein ausgiebiges Nickerchen machen. Diese Müdigkeit kam durch, auch wenn die Jungs um Sänger Martin hartnäckig an einem positiven Gesamtbild des zweiten Rage Divine ackerten, und dies schließlich auch schafften.
Fazit:
Das Rage Divine ist eine feine Sache und benötigt einfach mehr Resonanz durch die Metalgemeinschaft. Die Preise sind mehr als nur human, die Location ist allererste Sahne und die Veranstalter scheinen immer wieder ein gutes Händchen für geile Undergroundacts zu haben. Der 29.04.2005 war ein runder Abend, wie ich ihn gerne öfter genießen würde. Nur leider fehlen meistens die Events, die man in dieser Region nicht oft geboten bekommt. Also Leute, Arsch hoch! Im Juli geht Teil drei über die Bühne, ich hoffe man sieht sich da. Ach ja, unsere Heimfahrt dauerte zwanzig Minuten. Die Welt kann so schön sein...
- Redakteur:
- Alex Straka