Rage, Nightwish - Ludwigsburg

28.10.2000 | 08:28

12.12.1999, Rockfabrik

IN BEARBEITUNG

Den Auftakt für meinen Festival-Sommer macht in diesem Jahr das "Holtebüttel rockt" in der niedersächsischen Provinz. Das kleine Open Air im Landkreis Verden mit leicht punk-lastigem Einschlag gibt es schon seit 2010 und hat sich bis heute stets weiterentwickelt. Erstmalig sind in diesem Jahr alle Tickets ausverkauft und 2.000 Gäste tummeln sich auf dem gemütlichen Infield.

Der Freitag startet für mich mit ABANDONED IN DESTINY. Drums, Gitarre, Vocals - mehr gibt's auf der Bühne nicht zu sehen. Die Kombination, die sich im ersten Moment nach einer auf das Wesentliche konzentrierten Rock-Band anhhören könnte, entpuppt sich aber leider als etwas gänzlich Anderes: Eine stimmlich reichlich blasse Post-Hardcore-Eskapade mit jeder Menge Musik aus der Konserve. Was mich persönlich wenig überzeugen mag, schreckt viele andere Besucher offenbar deutlich weniger ab: Vor der Bühne ist schon gut was los und es herrscht insgesamt eine gute Stimmung.

Letzteres liegt aber auch zu einem großen Teil an dem liebevoll gestalteten Festival-Gelände mit jeder Menge Möglichkeiten zum Verweilen und sich mit Getränken und Speisen zu versorgen. Darüber hinaus gibt es ein kleines Festzelt, in dem die Künstler dieses Festivaltags ihren Merch vertreiben und bereitwillig signieren und sich zum Gespräch anbieten. Wer ganz viel Mut hat, kann sich auf dem Gelände auch direkt das Festival-Logo unter die Haut stechen lassen.

Kaum sind die letzten Töne auf der großen Bühne verklungen, dringen etwas leisere Töner von der Ladefläche einer kleinen Ape: WOHNRAUMHELDEN mimt die Pausenband und schart in kürzester Zeit deutlich mehr als ein paar Hände voll begeisterter Zuschauer um das kleine Gefährt. Ausgestattet mit unterschiedlichsten aber allesamt leicht abgewetzten Saiteninstrumenten - imposant ist vor allem die Bass-Balalaika - geben die zwei Herren eine unterhaltsame Mischung aus (gesellschafts-)kritischen Texten und einer guten Portion Klamauk zum Besten und sorgen für viel Freude, als sie nach viel zu kurzer Spielzeit verkünden, in der nächsten Umbaupause wieder aufspielen zu werden.

Auf der Bühne lässt dann DREI METER FELDWEG schon mit den ersten Takten einen deutlichen qualitativen Unterschied zur vorherigen Combo erkennen. Das Publikum lässt sich nicht lange bitten und feiert den kurzweiligen Deutschpunk mit zeitweisen Ska-Anleihen in den für das Genre üblichen Formen. Der Sound ist super, die Texte gehen ins Ohr und "Urlaub vom Urlaub" bleibt mir noch eine ganze Weile im Ohr; das entschädigt! Ich werde mir die Band nach dem Festival noch ein paar mal auf Spotify anhören und erfreut feststellen, dass die Musik auch aus dem Studio heraus absolut begeistern kann.

Die Headline des Abends übernimmt anschließend MOTORJESUS mit astreinem Sound und einer unglaublich gut performenden Stimme am Mikrofon. Der Heavy Rock aus NRW macht mächtig Druck und weiß die Zuschauer, die sich inzwischen reichlich vor der zwischen hohen Bäumen eingebetteten Bühne versammelt haben, zu begeistern. Auch ich habe viel Spaß mit den straighten und rotzigen Klängen, die mich dann doch deutlich mehr packen, als ich es vorher vermutet hätte. Zwischendurch spielen die Jungs auch ein paar ältere Songs mit kleinem Stoner-Einschlag und sind damit bei mir an genau der richtigen Adresse. Mein Highlight des Abends ist dann tatsächlich die Zugabe: Eine absolut gelungene Cover-Version des Thrash-Klassikers "Independent" von SACRED REICH!

Den sprichwörtlichen Sack schließt dann ab kurz vor Mitternacht die Band DEAD ROCK PILOTS. Mit ihren musikalisch sehr sauber dargebotenen Cover-Versionen aus unterschiedlichen Genres können die Bremer einen großen Teil der dank humaner Getränkepreise vermutlich zumeist auch schon angemessen alkoholiserten Gäste offensichtlich überzeugen und konsequentes Mitsingen provozieren. Für meinen Geschmack ging es mit Songs unter anderem von LIMP BIZKIT und LINKIN PARK in der Hauptsache dann aber nicht unbedingt in meine präferierten Stilrichtungen, sodass ich schon kurz vor Schluss das Gelände verlasse - sehr zufrieden aber zugegebenermaßen.

Redakteur:
Daniel Lindhorst

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