Rock Am Ring - Nürburgring

17.07.2005 | 19:41

03.06.2005,

WEDNESDAY 13:

WEDNESDAY 13 sollten die Alterna Stage am heutigen Tag eröffenen, nachdem DILLINGER ESCAPE PLAN kurzfristig absagen mußten. Teile von WEDNESDAY 13 waren ja bereits schon vor zwei Jahren mit den MURDERDOLLS bei Rock Am Ring aktiv und sind somit nicht ganz unbekannt in der Eifel. Bereits die Bühnendeko auf der Alternastage verät schon was den Fan erwarten wird. Ein Horrospektakel allererster Güte. Allein schon die an den Mikroständern aufgehängten Horror-Figuren verführen den Unwissenden zum Bleiben. Als WEDNESDAY 13 dann mit seinen Mannen die Bühne betritt, ist die Meute vor der Bühne gleich völlig aus dem Häuschen und feiert den kreidebleich geschminkten Fronter ab. Wie ALICE COOPER zu seinen besten Zeiten agieren die vier Musikanten auf der Bühne, wobei deren Show bei Dunkelheit wohl erst richtig gewirkt hätte. Musikalisch gibt man mit 'Buried By Christmas', 'Rot For Me', 'I Want You Dead' oder 'I Walked With A Zombie' nahezu alle "Transsylvania"-Klassiker zum besten. Sogar die MURDERDOLLS finden mit 'Die My Bride' und 'I Love To Say Fuck' Berücksichtigung in der Setlist. Ein gelungener Auftakt auf der Alterna Stage.
(Frank Hameister)

Intro
Rot For Me
I Want You ... Dead
House By The Cemetary
Rambo
Bad Things
Die My Bride
Buried By Christmas
I Love To Say Fuck
I Walked With A Zombie

DIR EN GREY:

Mit den völlig kranken Japanern kann ich überhaupt nichts anfangen. Der Sänger ist so eine Mischung aus Männlein/Weiblein und wirkt völlig verdreht. Die Rhythmusfraktion strotzt ebenso nur so vor skurillen Gestalten. Musikalisch ist das Geschrammel eher in der Nu-Metal-Ecke anzusiedeln. Albumtechnisch debütierten DIR EN GREY im Frühjahr diesen Jahres mit "Withered To Death" und auch die meisten Stücke stammen von diesem Album. Mir gibt es jedenfalls nichts und somit kann ich diesen Auftritt getrost abhaken.
(Frank Hameister)

WEEZER:

Nach den Neukommern MANDO DIAO betraten WEEZER als erster größerer Act des Festivals die Mainstage. Müde und desinteressierte Mienen war man von der Band ja von jeher gewohnt, doch irgendwie schienen Mr. Cuomo und seine Gefolgsleute die Null-Bock-Laune auf neue Höhen zu treiben. Cuomo zum Beispiel bekam kaum seine Augen von der Monitorbox weg, Brian Bell klampfte lustlos sein Set herunter und Pat Wilson stellte hinter seinen Fellen das genaue Gegenteil von Spielbegeisterung dar. Nichtsdestotrotz konnte sich die Setlist hören lassen, der Sound war in Ordnung und die Sonne zeigte sich in ihren letzten Auftritten für das Wochenende recht spendabel. Die "Pinkerton" wurde zum Verdruss einiger Fans auf der Setlist völlig ausgelassen, mit 'Say It Ain't So' und 'Hash Pipe' wurden Klassiker der ersten Platte serviert, und als selbst bei den beliebteren Songs 'Island In The Sun' und 'Buddy Holly' keine Bewegung in die Masse kam, war klar, dass dieser Gig sowohl für Fans als auch für die Band mehr Pflicht als Kür war.
(Michael Kulueke)

Say It Ain't So
Photograph
Undone - The Sweater Song
Peace
Pardon Me
In The Garage
Island In The Sun
We Are All On Drugs
Beverly Hills
Hash Pipe
Buddy Holly

KILLSWITCH ENGAGE:

Letztes Jahr wurden KILLSWITCH ENGAGE noch aufs Talent Forum abgeschoben, dieses Jahr durften sie sich zu Beginn des Festivals dann endlich auch auf der um einiges größeren Alternastage versuchen. Und wer die Jungs in den letzten 12 Monaten schon einmal live gesehen hat, der weiß auch, dass KILLSWITCH ENGAGE diese "Steigerung" in jeglicher Hinsicht verdient haben. Entsprechend engagiert ging der Fünfer dann auch zu Werke und legte wie gewohnt mit dem Opener ihres aktuellen Albums, 'A Bid Farewell', los. Direkt wurden in den ersten Reihen die Fäuste gereckt und der Refrain ertönte auch sofort aus mehreren hundert Kehlen, was Frontmann Howard Jones mit einem breiten Lächeln quittierte. Und so ging es dann auch weiter; die Band strahlte eine unheimliche Spielfreude aus und die Fans feierten die Metalcore-Götter von Stück zu Stück mehr.
Als dann die erste Single 'My Last Serenade' angestimmt wurde, tanzte und bangte an vorderster Front die gesamte Meute bzw. sang den herrlichen Chorus lautstark mit. Nach einer guten halben Stunde war es dann aber leider auch schon wieder vorbei, der standesgemäße Schlusstrack 'Rose Of Sharyn' beendete ein energiegeladenes Set und setzte ein letztes Mal den Beweis dafür fest, dass KSE auf großen Bühnen genauso fett rocken wie auf kleinen Club-Brettern. Kein Wunder, dass sich nachher am Eingang diverse Leute ärgerten, diese neue Kulttruppe verpasst zu haben. Wie sagt man so schön: selber Schuld!
(Björn Backes)

INCUBUS:

Nach der kurzen Schweden-Einlage in Form von MANDO DIAO hielt mit INCUBUS der Sonnenstaat Kalifornien wieder Einzug auf der Hauptbühne. Die läppische Vorstellung ihrer Landsmänner WEEZER zu toppen war keine wirkliche Herausforderung, Brandon Boyd und seine Mannen nahmen es mit der Leistung aber nicht ganz genau und lieferten eine Show der Superlative ab. Dass 'Circles' als Opener verheizt wurde, ließ sich verschmerzen, mit 'Under My Umbrella' und 'Sick Sad Little' wurde ziemlich schnell klar dass INCUBUS mit ihrem ersten Auftritt auf dem Ring Punkte en Masse sammeln würden.
Die Band glänzte durch Elan und Ungezwungenheit auf der Bühne, Sänger Boyd verrenkte sich in immer entrückteren Posen, die Band fabrizierte einen Sound der keine Fragen offen ließ und die Menge war dankbar für diesen ersten Headliner des Freitags. Die Setlist ließ aus fünf Alben Bandgeschichte auch keine Wünsche offen. Nach knapp einer halben Stunde hatte Boyd sich auch warmverrenkt und tanzte halbnackt über die Bühne, was zumeist das weibliche Publikum zufrieden schmunzeln ließ. Mit 'Are You In' und 'Hungry Like The Wolf' war die Stimmung dann auf ihrem Höhepunkt, der nicht einmal mit dem abschließenden, und wohl nur als Pflichtstück gespielten, 'Pardon Me' getoppt wurde. Grandiose Rock-Am-Ring-Premiere von und für INCUBUS.
(Michael Kulueke)

Setlist:
Circles
Megalomaniac
Wish You Were Here
Under My Umbrella
Sick Sad Little World
Nice To Know You
A Crow Left Of The Murder
Make Yourself
Are You In?
Pistola
Blood On The Ground
Hungry Like The Wolf
Priceless
Pardon Me

PAPA ROACH:

Nun, PAPA ROACH hatte ich nach dem gefloppten vorletzten Album eigentlich schon wieder abgeschrieben. Doch dann straften mich die Jungs mit ihrem aktuellen Silberteller "Getting Away With Murder" Lügen und konnten sich gleichzeitig von diesen ganzen Nu-Metal-Geschichten lösen. 2005 spielen PAPA ROACH moderne, laute Rockmusik und haben es im Prinzip gar nicht mehr nötig, einzig und allein auf ihren Gassenhauer 'Last Resort' zu setzen, denn mittlerweile haben Coby Dick und Co. Weitaus bessere Tracks am Start.
So zum Beispiel den Titelsong des neuen Albums oder die andere Hitsingle 'Broken Home', die bei der heutigen Show sehr gut aufgenommen wurden. Die Band bemühte sich redlich, Dick lief immer wieder hin und her und das Dargebotene rockte auch ganz gewaltig - aber irgendwie hatte bis auf wenige Zuschauer keiner der Anwesenden richtig Bock auf PAPA ROACH. 'Last Resort' wurde zwar mitgesungen, 'Broken Home' zumindest mit Klatschen begleitet, aber mehr war es dann auch nicht.
Unverständlich, denn schlecht waren PAPA ROACH ganz bestimmt nicht, im Gegenteil, ich war sehr positiv von der ganzen Energie überrascht und schließlich auch ein wenig enttäuscht, dass ich da nahezu alleine war. Aber egal, ich hatte meinen Spaß und kann nur noch mal betonen, wie gut die Jungs in der knappen Stunde abgegangen sind.
(Björn Backes)

Setlist:
Dead Cell
Not Listening
She Loves Me Not
M-80 (Explosive Energy Movement)
Getting Away With Murder
Be Free
Done With You
Scars
Broken Home
Between Angels And Insects
Last Resort

BULLET FOR MY VALENTINE:

Fast fällt es einem richtig schwer sich von INCUBUS zu lösen! Aber es ist der erste Tag bei Rock am Ring, an dem Bands spielen, da ist man normalerweise noch recht motiviert auch zu sehen was man sich vorgenommen hat. Weil mich bereits die "Hand Of Blood"-EP überzeugt hatte, stand mein Entschluss also schon lange fest für BULLET FOR MY VALENTINE so ziemlich alles sausen zu lassen was sonst noch spielen könnte. Der Vorteil am Talent Forum ist, dass man am Nachmittag wirklich hinkommen kann, wann man will. Man sieht die Band nicht nur nahe, sondern steht sogar in der ersten Reihe, wenn man das will. Und so stand ich eben dort und bedauerte so ziemlich jeden, der sich nun nicht vor dieser Bühne eingefunden hatte.
Wenige waren es, aber die wenigen die da waren, schienen zu wissen warum. Als die Waliser die Bühne betraten, schlug ihnen eine Welle der Begeisterung entgegen, aus der immer wieder mit grölender Stimme der Titel der Übersingle 'Hand Of Blood' erschallte. BULLET FOR MY VALENTINE ließen sich nicht lumpen und prügelten, wie es sich für eine Newcomer-Band gehört diesen Track als erstes heraus. Erwartungsgemäß setzten sie mit den treibenden Rhythmen und der geschmirgelten Härte dieses Songs den Pit in Flammen. Es war erstaunlich, welch hohe Verletzungsgefahr so wenige pogende Fans hervorrufen können!
Für alle die sich auch für die visuelle Seite der Musik interessierten gab es eigentlich nur positives zu vermelden. Klar spielt sich nicht wirklich viel Dynamik auf der Bühne ab, wenn jedes Bandmitglied an ein Instrument gekettet ist, aber es reichte um zu überzeugen. Drummer Moose ging jedenfalls ab wie ein Zäpfchen und, sicherlich zum Ärgernis aller weiblichen Fans, sind die Haare von Frontmann Matt Tuck auf eine annehmbare teenietraum-untaugliche Länge angewachsen.
Kurz gesagt: es macht Spaß zu dieser Band abzugehen, obwohl man natürlich gespannt sein durfte, ob wohl auch das extrem poppige 'Curses' seinen Weg in die Setlist gefunden hatte, und wie wohl die Lieder sein würden, die man noch nicht von der EP kennt. Die Antworten darauf fallen simpel aus: BULLET FOR MY VALENTINE scheinen zumindest auf Festivals ein möglichst hartes Gesicht präsentieren zu wollen. Von der zwar weichen, aber dennoch genialen Halbballade 'Curses' war leider nichts zu hören. Dafür rührte man zwischen die EP-Lieder den ein oder anderen neuen Track. Dass diese in der Momentaufnahme einfach nur als "härter als die bekannten Lieder" assoziiert werden konnten spricht eigentlich nur für die Band.
Interessant war auch zu sehen, dass für die extremen Schreistellen Bassist Jay James zuständig ist. Womit sich das Quartett jedoch wirklich Sympathien einheimste, war die ehrliche Härte, mit der sie zu Werke gingen. Es wirkte einfach viel glaubwürdiger, wenn man beim Arschtreten auch mal lacht, wenn es einem diebisch Spaß macht. Und das machte es ihnen ganz sicher, besonders wenn bei 'Cries In Vein' alle abgingen und mitsangen und bei 'Just Another Star', was man direkt nach dem Opener brachte, alle sprangen. Eindruckvoll verabschiedeten sich die Jungs letztlich mit 'No Control', was die vergleichsweise kleine Bühne noch mal richtig zum Wackeln brachte.
Jung, unverbraucht, entwicklungsfähig und experimentierfreudig sind BULLET FOR MY VALENTINE live. Besonders letzteres wird daran deutlich, dass Tuck im letzten Lied versuchte gleich zwei Walls of Death aufzuziehen. Das Ergebnis war zwar zweifelhaft, ist aber auch irrelevant, bedenkt man, wie das Publikum im Allgemeinen schon die ganze Zeit abging.
Gespannt sein auf die LP, Daumen hoch für die Live-Performance und gerne wieder.
(Michael Langlotz)

AS I LAY DYING:

Der Freitag von Rock am Ring 2005 wäre zu Unrecht einer der knüppelhärtesten Tage dieses Sommers gewesen, wenn nach der gelungenen Vorstellung von BULLET FOR MY VALENTINE nicht die kranken Christen von AS I LAY DYING gespielt hätten. Und fast konnte man spüren, wie sich im Publikum und auch an den Seiten der Bühne Spannungen aufbauten, in der Erwartung auf die alles plattwalzende Performance von AILD. Betrachtet man mal die dürftige Präsenz dieser Band in unseren Gefilden, muss man eine solche Gelegenheit schon voll ausschöpfen.
Gerade hatte der Veranstalter Marek Lieberberg selbst und höchst persönlich noch auf der Centerstage vor einem bevorstehenden Unwetter gewarnt und dafür größtenteils nur Hohn kassiert, so interessierte sich nun kaum noch jemand dafür. Alle wollten nur noch den Sturm von fünf völlig durchgeknallten Typen aus San Diego sehen, die irgendwann mal Gott gefunden haben.
Dass die Musiker dann, völlig unpassend zu Musik und Namen, absolut neutral in Jeans und T-Shirt die Bühne betraten, scheint wohl so ein Image-Ding zu sein. Einzig, dass jeder von ihnen mindestens einen völlig zutätowierten Arm mit sich rumschleppt gab Anzeichen auf die Herkunft der Typen auf der Bühne. Frontsäge Tim Lambesis (ist ein echtes Muskelschwein geworden im Vergleich zum einstigen Single-Video) eröffnete den munteren Reigen mit dem Knüppelfestival '94 hours' um alles in Schutt und Asche zu legen. Bis dato wurde die Band auch völlig den Erwartungen gerecht.
Leider schmuggelte sich bereits nach diesem Einsteiger irgendein Fehler in die Bühnentechnik, was die Band zwang, fortan zwischen den Liedern ewig auf ihren Bassisten zu warten.
Aber, und das hat nun nichts mehr mit den Technikproblemen zu tun: Vom Prinzip her war es auch egal. Es war egal, ob man den Basser hörte, und es war auch egal ob Lambesis die Lieder ankündigte, denn letztlich klang doch alles ziemlich gleich. Schlagzeuggewitter, kreischende Gitarren und ein Sänger, der absolut charismalos wie Rumpelstilzchen von einer Bühnenseite zur anderen stürmte und Headbangen in Schulterrichtung fabrizierte. Es war geil '94 hours' zu hören und dabei zu sehen, wie Drummer Jordan Mancino bei der zehnsekündigen Doublebass-Attacke seine Matte (bei der im Übrigen Schnitt und Farbe verboten gehört) über der Schießbude rotieren ließ. Und es war auch noch ganz unterhaltsam wie derb man sich als Gitarrist verrenken kann, doch letztlich stellt sich eine Art Abstumpfen ein.
Die Lieder von AS I LAY DYING sind wie Arschtritte ins Gesicht, die im schwammigen Livesound fast alle gleich klingen. Mag sein, das man ihnen in den eigenen vier Wänden etwas individuelles abgewinnen kann, auf der Bühne jedoch, noch dazu gespickt mit neuen unbekannten Liedern definitiv nur wenig. Was wohl viele hielt, war der Rauswerfer 'Forever'. Klar kam der Song fett, konnte aber über ein einvernehmliches "ganz ok" für die Gesamtpräsenz nicht hinweghelfen.
Wegen der Tontechnik kann man der Band absolut keinen Vorwurf machen, und manch einer hat bei diesem Auftritt vielleicht seine eigene kleine Revolution gefeiert. Für den nicht ganz so textsicheren Zuhörer wird dieser Auftritt wohl aber kaum lange im Hinterkopf kleben bleiben. Sicher empfindet jeder einen solchen Auftritt anders, aber vergleichsweise kann man IN FLAMES oder BULLET FOR MY VALENTINE abfeiern ohne auch nur ein Lied zu kennen. Bei AILD geht das leider nicht. Diese Band lebt live von Verletzten durch massenweise Stagedive und Outrage. Da beides hier nicht ging schieben wir das durchschnittliche Resultat einfach mal auf die Location.
Ein letztes Stirnrunzeln gab's dann, als der Gitarrist zum Abschied dem Publikum mit Devilhorn grüßte. Hart und seltsam.
(Michael Langlotz)

LIFE OF AGONY:

Als LIFE OF AGONY auf ihrer Comeback-Tour die gesamte Live Music Hall in Köln in Schutt und Asche gelegt hatten, war ich sicher, eines der besten Konzerte aller Zeiten gesehen zu haben. Ein Jahr später auf dem Graspop Open Air folgte dann jedoch die Ernüchterung – irgendwie kamen sich Keith Caputo und seine Mitstreiter auf der großen Festivalbühne verloren vor. Und genau dies war auch beim diesjährigen Rock am Ring der Fall. Caputo bemühte sich darum, eine charismatische Vorstellung abzugeben, die anderen Männer legten ebenfalls eine solide Performance ab, doch der Funke konnte zu keiner Zeit richtig überspringen.
Vielleicht hat es auch daran gelegen, dass die neuen Songs nicht wirklich überzeugen können und die wenigen gespielten Klassiker daher eher verhalten ankamen. 'This Time' und 'Weeds' waren am Ende die einzigen Stücke, die richtig gut abgingen, der Rest wirkte eher langweilig, stellenweise aber auch uninspiriert und routiniert heruntergezockt. Waren das die LIFE OF AGONY, die in den Neunzigern jede Bühne in ein Schlachtfeld verwandelten? Mitnichten. Vielleicht liegt es ja daran, dass die Band in die Clubs gehört - auf Festivals haben sie mich jedenfalls bisher nur enttäuschen können. Und dabei hatte ich mich auf diesen Gig tierisch gefreut...
(Björn Backes)

Setlist:
Intro
River Runs Red
Don't Bother
This Time
Love To Let You Down
Lost At 22
Weeds
Wicked Ways
Bad Seed
Through And Through
Underground
Outro

GREEN DAY:

Kalifornien hielt die Mainstage und die Köpfe besetzt (was vor allem die Kameraleute erfreute, die immer wieder Festivalbesucherinnen auf die Leinwände zoomten, die mehr oder weniger bereitwillig alle Hemmungen und die sperrige Oberbekleidung fliegen ließen, was der allgemeinen Stimmung nur zuträglich war). Nachdem ein riesiger rosa Hase die Menge bei Laune hielt, indem er auf die Mainstage kletterte und dort ein Bier nach dem anderen auf Ex runterzog, und immer wieder total besoffen über die Stage tanzte, kamen GREEN DAY auf die Bühne, und feierten von der ersten Sekunde an eine Show ab, die ihresgleichen suchte. Billie Joe Armstrong, Mike Dirnt und Frank Edwin Wright III punkteten direkt mit dem Titeltrack ihres neuen Albums "American Idiot", und überzeugten durch eine lockere und dennoch extrem energiegeladene Show. "Jesus Of Suburbia" ist der nächste Track, der zwar nicht so bekannt war wie die vorrangegangene Hitsingle, aber das Stimmungshoch konsequent fortsetzte.
Armstrong selber zappelte ungeduldig an seiner Gitarre herum, rannte in den Gesangspausen auf der Bühne auf und ab und schien ebenso unter Strom zu stehen wie sein Instrument, deren Sound für ein Festival mehr als nur annehmbar war. Die ausgewogene Setlist selbst hielt die Menge im Bann, von den ruhigeren Stücken, in dem vor allem dem ständig rotierende Pit im vorderen Viertel eine Pause gegönnt wurde, zu den härteren Songs die selbst die hinteren Ränge, die sich vorher strikt gegen jeden Energieverbrauch gewehrt hatten, in Bewegung versetzten. Natürlich stand die Energie und der Spaß im Vordergrund, und deshalb kamen Songs wie 'We Are The Waiting', 'Basket Case', 'Minority' und das krasse 'Hitchin' A Ride' am besten an. Spaß stand auch für die Band ganz oben auf der Liste, und so zockte Edwin Wright III zwischendurch immer wieder mal ein Basssolo, das im Kontrast zu Armstrongs Gitarrengedudel seltsam abstrakt durch den Sound schallte, Mike Dirnt tat sein menschenmögliches um seine Bandkollegen plattzudrummen, und Armstrong selber hielt den Kontakt zu den Fans durch Ansagen und Bühnenakrobatik so eng wie möglich.
Die Höhepunkte der Show waren ohne Zweifel die Momente in denen Armstrong eine Frau mit zwei enormen Wasserpistolen auf die Bühne holte und zusammen mit ihr den vorderen Reihen bitter nötige Abkühlung verschaffte, und als am Ende ein Bassist, ein Drummer und ein Gitarrist aus der Menge auf die Bühne geholt wurden, um den Song 'Minority' zuende zu spielen. Den Moment seines Lebens hatte der Teilzeit-GREEN DAY-Gitarrist, als der Fronter der Band ihn zurückholte um ihm zu präsentieren, dass er die Gitarre doch behalten dürfte. Die Kinnlade fiel sprichwörtlich bis auf den Boden, und die Menge hatte mal wieder einen totalen Ausraster ob soviel positiver Energie auf der Bühne.
Nachdem Armstrong den letzten Song ankündigte, und sie nach 'Boulevard Of Broken Dreams' noch den QUEEN-Klassiker 'We Are The Champions' nachschoben war der Abend für die meisten perfekt. Zigtausende Fans wurden nach gut anderthalb Stunden überglücklich in den Restabend entsandt, und GREEN DAY hatten sich vorab schon als eine der Gewinnerbands des Festivals qualifiziert.
(Michael Kulueke)

American Idiot
Jesus of suburbia
Holiday
Are we the waiting
St. Jimmy
Longview
Hitchin a Ride
Brain Stew
Jaded
She
Knowledge
Basket case
King for a day
Minority
Boulevard of broken dreams
We are the champions

WITHIN TEMPTATION:

Mann, es ist doch immer wieder erstaunlich zu sehen, wie groß WITHIN TEMPTATION mittlerweile auch in Deutschland sind. Als Grenzgänger ist mir der Superstar-Status der Niederländer eigentlich schon seit fünf Jahren bekannt, aber dass die Band eines Tages tatsächlich mal vor gut 25.000 begeisterten Fans auf der Alternastage bei Rock Am Ring spielen würde, hätte ich nie gedacht. Aber das hat sich die Band auch verdient. In den vergangenen Jahre noch auf kleinere Bühnen abgeschoben, räumten WITHIN TEMPTATION mit ihrer Bombast-Show vollkommen ab. Das Tour-Backdrop gab dazu die passende Atmosphäre, die stets lächelnde Saitenfraktion betonte den sympathischen Eindruck und Sängerin Sharon Den Adel wurde ihrem Ruf als eine der besten Frontdamen des gesamten Musikgeschäfts erneut gerecht.
Die Frau sang auch heute die Sterne vom Himmel, integrierte ihre Fans aber auch bei fast allen Songs. 'Jillian', 'Angels' und 'Stand My Ground' wurden so von Anfang an mitgesungen, 'Mother Earth' laut beklatscht und die übrigen Songs, die zumeist vom aktuellen Album stammten, wurden ebenfalls mit Jubelrufen gefeiert. Ich weiß nicht woran das jetzt liegt, aber irgendwie machen die Niederländer alles richtig. Sie haben Ausstrahlung, sie haben gute Songs, sie wissen, was die Show an zusätzlichen Elementen erfordert, und sie haben einen fast perfekten Draht zum Publikum. Dort brachen dann schließlich auch alle Dämme, als zum Finale 'Ice Queen' angestimmt wurde. Mich würde es nicht wundern, wenn WITHIN TEMPTATIOn in zwei Jahren einen der Headliner-Slots bekommen würden. Die richtigen Mittel dafür besitzen sie bereits jetzt. Sehr überzeugende Show!
(Björn Backes)

Setlist:
Intro
See Who I Am
Jillian (I'd Give My Heart)
Stand My Ground
Angels
Forsaken
Running Up That Hill
Memories
Mother Earth
Deceiver Of Fools
Ice Queen

APOCALYPTICA:

Wenn man mich abschließend fragt, welche Band mich bei Rock am Ring 2005 am meisten beeindruckt hat, dann kann ich nur immer wieder den Namen APOCALYPTICA nennen. Ich erinnere mich noch gut an den bemerkenswerten Auftritt auf dem 99er Dynamo, direkt vor METALLICA: Bereits dort stahlen sie dem eigentlichen Headliner fast die Show. Heute, sechs Jahre und vier besuchte Shows später sind APOCALYPTICA bereits auf einem Niveau angelangt, das so manche Frickel-Band wie blutige Anfänger aussehen lässt. Schaut man sich auf der großen Leinwand an, mit welcher Hingabe und vor allem mit welcher Geschwindigkeit die finnischen Cellisten ihre Instrumente bedienen, dann bleibt einem nur noch staunend der Mund offen stehen. Die drei Hauptakteure spielen aber nicht nur ungeheuer perfekt, sie bangen sich dabei auch noch fast die Nackenmuskel aus dem Körper heraus. Das kann man mit Worten gar nicht beschreiben, das muss man gesehen haben.
Interpretationen von METALLICA-Hits sind dabei natürlich am meisten gefragt, wobei solche Nummern wie 'For Whom The Bell Tolls' und 'Fight Fire With Fire' so richtig Gänsehaut bereiten. Aber eine Steigerung gibt es trotzdem noch: 'Nothing Else Matters'. Das war einer der bewegendsten Momente meiner neunjährigen Zeit als Konzertbesucher - nicht weil die Fans laut mitsangen, sondern einfach, weil dieser Song auf dem Cello noch viel erhabener klingt.
Die eigenen Songs waren aber auch nicht ohne, speziell 'Path', das mächtig punktete. Als die Musiker dann später noch Marta Jandova von DIE HAPPY für die neue Single 'Wie weit' auf die Bühne holten, war ihnen der Gesamtsieg sicher. Dies war kein Konzert mehr, dies war eine Demonstration in Sachen mitreißend gestalteter Musik. Oder aber ein einstündiger Anflug einer dauerhaft anhaltenden Gänsehaut, ganz wie man will.
(Björn Backes)

Setlist:
Intro
Path
Fight Fire With Fire
Somewhere Around Nothing
Betrayal / Forgiveness
Nothing Else Matters
Wie weit
For Whom The Bell Tolls
Life Burns!
Bittersweet
Seek And Destroy
Inquisition Symphony
Enter Sandman
Hall Of The Mountain King

SLIPKNOT

Drohend lag es über GREEN DAY, doch das Wetter schien vor der Bühnenperformance der Amipunks regelrecht Respekt gehabt zu haben und entschied sich daher, erst nach der Show seine fiese Grimasse über dem Nürburgring zu zeigen: es goss wie aus Eimern. Während der notorisch mies-vorbereitete POWERMETAL.de-Schreiber sich über die unverschämten Preise für hundsnormale Müllsack-Plastikmäntel ausließ, wurde auf der Alternastage kräftig für die Metalclowns von SLIPKNOT geschraubt und gebastelt. Die Auswirkungen der Festival-Wegwerf-Gesellschaft machten sich bei dem Wetter innerhalb kürzester Zeit bemerkbar, nachdem der Regen den Müll am Boden aufweichte und beinahe das ganze Terrain vor der Bühne in eine Mischung aus Matsch, flüssigem Müll und Plastikplanen verwandelte.
Die Tatsache dass es nach einer Weile anfing, tierisch nach Erbrochenem zu riechen trug der allgemeinen Stimmung nicht gerade positiv bei. Nachdem auf der Bühne die altbekannten Brummkreisel-Drumkits aufgestellt waren verdunkelte sich die Szenerie, und unter dem Getöse der gespannten Zuschauer betraten sieben vermummte Gestalten die Bühne. Richtig gelesen, sieben. Wie Corey nachher die Fans informierte war Clown Shawn in den Staaten geblieben um sich um seine Familie zu kümmern, in der etwas ernstere Zustände seine Anwesenheit erforderten. Das tat der Show jedoch keinen Abbruch, mit 'The Blister Exists' wurde das übliche Chaos auf der Bühne eingeläutet, und trotz des hemmungslos dem Wetter unterlegenen Sounds sprang der Funke von Band zu Publikum direkt über, was in den vorderen 300 Quadratmetern Mensch sofort zu ungestümer Bewegung und dem physikalischem Phänomen führte, dass genug Füße selbst Flüssigkeiten zusammenpressen können, wenn die Mucke nur gut genug ist.
So donnerte der Sound der Iowaner Maskenmännchen unbeirrt über die Prärie des Nürburgrings, Corey schrie sich die Seele aus dem Leib und glänzte überraschenderweise beinahe fehlerlos in den ruhigeren Songs des neuen Albums. Überraschend war auch die Tatsache dass sich Corey als netter Anchorman präsentierte. Wo früher noch wüste Beschimpfungen und Ausraster auf dem alltäglichen Bühnenprogramm standen, waren heute überschwängliche Sympathiebekundungen für die Fans, die Familien der Fans und Bandmitglieder und sowieso Alles-in-Butter-habt-euch-lieb-Rhetorik an der Reihe. Die Setlist knallte und versprach Spaß und jede Menge Krach: von "Klassikern" wie 'Spit It Out' und 'Wait And Bleed' zu Blockbustern der Sorte 'Everything Ends' und 'People = Shit' gab es auch mal ruhigere Töne wie 'Vermillion' zu hören, was dafür sorgte, dass der Regen auf den erhitzten Fans auch mal in Ruhe verdampfen konnte.
Dingsbums kletterte immer wieder auf die Drumkits, als diese sich rotierend in die Höhe begaben, und das Drumsolo in der Vertikale von Joey Jordisson war natürlich auch wieder ein Aufhänger, obwohl die Begeisterung für derlei Schnickschnack schon deutlich schwächer ausfiel als auf vergangenen Touren. Zu 'Before I Forget' verzog sich die Band kurz hinter der Bühne, um mit schwarz getünchten Gesichtern wieder auf der Bühne aufzutauchen und den einzigen Song ohne Masken, dafür aber auch ohne Gesichter, zum Besten zu geben. Nach gut 70 Minuten war dann Schluss mit lustig, und nach einer knappen Verabschiedungsgeste verzog sich der Zirkus, der die peinliche Kein-Bock-Absage von Anno Dazumal mit einer mehr als nur überzeugenden Show wieder gutgemacht hatte.
(Michael Kulueke)

Intro (Prelude 3.0)
The Blister Exists
(Sic)
Disasterpiece
Before I Forget
Left Behind
Vermilion
Pulse Of The Maggots
Everything Ends
The Heretic Anthem
Duality
Spit It Out
People = Shit
Get This
Wait And Bleed
Surfacing
Outro (Danger - Keep Away)

IN FLAMES:

Seltsam: Letztes Jahr wurden IN FLAMES auch schon auf das Talent Forum geschoben und mit einem miserablen Sound bestraft, und dieses Jahr sollten die Schweden auch schon wieder dort auftreten. Naja, dieses Mal aber zumindest als letzte Band, direkt nach (bzw. teilweise noch während) SLIPKNOT. Kein Wunder also, dass die gesamte Metalschar, die sich bei Rock am Ring versammelt hatte, nun vor der kleinen Bühne am Talent Forum stand - und die Leute waren gespannt.
IN FLAMES hatten nach der PRIEST-Tour angekündigt, ein wenig an der Setlist zu werkeln, und das taten sie tatsächlich. So kamen wieder mehrere ältere Songs von "The Jester Race" zum Zuge, wobei mir besonders 'Graveland' sehr gut gefallen hat. Gemischt mit vielen Stücken von "Reroute To Remain" (u.a. 'Trigger' und das Titelstück sowie 'System') und dem aktuellen Album "Soundtrack to Your Escape" ergab sich so eine recht explosive Mischung. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn IN FLAMES tobten nicht nur auf der Bühne herum sondern würzten ihren Auftritt mit diversen Pyro-Einsätzen. Gute Sache, die aber keinesfalls von der Musik ablenkte. Und damit während wir wieder beim Hauptthema: der Sound. Letztes Jahr, wie gesagt, lediglich mäßig, heute superfett und differenziert. Alle Probleme des Vorjahres ausgemerzt. Zum Glück, denn sonst hätten solche Nummern wie 'The Quiet Place' und die neuen Single 'Touch Of Red' niemals so gekracht, wie sie es im Endeffekt getan haben. Natürlich tat das Fehlen von 'Behind Space' weh, aber dass deswegen ältere, schon länger nicht mehr gespielte Songs den Vorzug erhielten, war sehr willkommen.
IN FLAMES halten die Sache spannend, scheinen aber auch wieder Gefallen am alten Death Metal zu finden, zumindest ließ ihre Spielfreude in den frühen Morgenstunden darauf schließen. Mal sehen, was uns da auf dem neuen Album erwarten wird, sollten die Jungs ihre immer wiederkehrende Live-Energie so nutzen wie an diesem Tag, dann bekommen die Fans wieder einen echten Killer serviert. Ich freue mich schon!
(Björn Backes)

Redakteur:
Frank Hameister

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