Rock Am Ring - Nürburgring

17.07.2005 | 19:41

03.06.2005,

IN EXTREMO:

Die erste Band des Tages waren für mich die Mittelalter-Metaller von IN EXTREMO, welche die Hauptbühne in Beschlag hielten und gegen den Wettergott anklampften. Trotz krassem Regengusses und stark verwehtem Sound gaben sich die Berliner größte Mühe dem noch etwas verkatertem Publikum so viel Bewegung wie möglich abzutrotzen, und das auch mit zunehmenden Erfolg. Nachdem einige Stagehands mit rutschfesten Matten sichergingen, dass das letzte Einhorn und Co. sich nicht bei zuviel Bühnenakrobatik auf die Fresse legten, war auch auf der Bühne mehr los. Der Fronter übte sich immer wieder in feinstem Headbanging und animierte das Publikum zu mehr Aktion vor der Bühne, während die Restband ziemlich statisch vor sich hinklampfte und einen Reißer nach dem anderen durch den Äther jagte.
Songs wie 'Vollmond' und 'Nymphenzeit' kommen natürlich immer gut, jedoch hatten 'Nur ihr allein' und 'Omnia Sol Temperat' es auch in sich, bis Singalongs wie 'Wind' gab es wirklich alles zu hören, wobei wie immer die älteren Songs Applaus einheimsten. Dem Pressevertreter wurde sein Beliebtsheitsgrad unter dem Volk spätestens dann klar, als Fronter Das letzte Einhorn erst das Publikum, und dann das Volk auf der Tribüne fragte wie die Stimmung sei, wobei er sich den Spruch "also, bezahlt habt ihr da oben nicht, oder?" nicht verkneifen konnte, was ein krasses Pfeifkonzert für die schreibende Zunft auslöste. Der Pressefritze nahms hin und erfreute sich weiterhin an der soliden Show der Hardrockbarden, die ihre Premiere auf der Hauptbühne überzeugend und durchaus mitreißend absolvierten.
(Michael Kulueke)

Erdbeermund
Poc Vecem
Wind
Rasend Herz
Omnia Sol Temperat
Nur Ihr Allein
Vollmond
Nymphenzeit
Captus Est
Stetit Puella

SLAYER:

SLAYER bei Rock am Ring? Vor gut fünf Jahren noch unvorstellbar, 2005 aber Realität. Für viele war es gleichzeitig die erste Chance, den gestandenen Männern mal tief in die Augen zu schauen, eben dank der großen Leinwand. So entdeckte man erste graue Haare bei Tom Araya, erste Falten bei Kerry King und erste Furchen bei Jeff Hanneman. Werden die Thrash-Götter alt? Vielleicht, aber ihr Spiel verschlechtert sich dadurch beileibe nicht, auch wenn die Sache heute ziemlich routiniert wirkte. Seit fast fünf Jahren mit demselben Album touren ist ja auch nicht wirklich spannend. Trotzdem gelingt es dem berüchtigten Quartett immer wieder, eine recht intensive Show zu bieten, wenn auch heute nur mit 75% Kraft. Da fehlte mir irgendwie die Energie, da fehlte die Freude dahinter.
Araya lächelte zwar bei seinen bekannten Ansagen immer mal wieder, mehr war da aber sonst nicht zu erkennen. SLAYER spielten ihren Stiefel runter, die Songs waren mal wieder dieselben und die üblichen Verdächtigen bangten wieder an vorderster Front. Alles beim alten also, SLAYER bleiben SLAYER und Thrash Metal bleibt die Domäne der Amerikaner. Aber mir persönlich wäre es langsam schon lieber, die Band würde sich nicht jedes Jahr auf den Festivals sehen lassen und dasselbe Programm abliefern, sondern stattdessen erstmal wieder ins Studio gehen und den nachfolger von "God Hates Us All" eintrümmern. Ich habe nämlich große Angst vor dem Moment, wo mir beim Intro von 'Raining Blood' die Gänsehaut wegbleibt - das wäre schlicht und einfach fatal. Und dabei sehe ich SLAYER alleine in diesem Monat noch dreimal...
(Björn Backes)

Setlist:
Disciple
Stain Of Mind
Chemical Warfare
Hell Awaits
Mandatory Suicide
War Ensemble
Blood Red
Dead Skin Mask
Show No Mercy
Raining Blood
South Of Heaven
Angel Of Death

MÖTLEY CRÜE

Um die Gründe einer Reunion von MÖTLEY CRÜE wurde viel spekuliert. Fakt ist wohl letztendlich, dass alle vier Herren wohl wieder etwas ihre Konten auffüllen müssen, sei es um seine Gesundheit zu erhalten wie bei Mick Mars oder um den Unterhalt für seine Ex-Frau zu bezahlen wie bei Tommy Lee. Ich persönlich freue mich sehr über das Comeback der einstigen Hardrock/Poserrock-Legende.
Gleich zu den ersten Klängen von 'Shout At The Devil' erstürmen Nikki Sixx und Co. die Bühne und brennen nicht nur musikalisch ein Feuerwerk ab. Einzig Gitarrist Mick Mars scheint gesundheitlich noch sehr angeschlagen zu sein. Der Oldie in der Band hat zwar mittlerweile ein neues Hüftgelenk, leidet aber nach wie vor unter einer heimtückischen Knochenkrankheit. Dafür hat Vince Neil mal wieder ein paar Kilo abgespeckt und wirkt agiler als noch vor ein paar Jahren. Stimmlich ist er wie gewohnt vollends auf dem Damm. Auch Nikki Sixx sieht erstaunlich fit aus und macht meiner Meinung nach den frischesten Eindruck.
Mit 'Live Wire', 'Wild Side', 'Girls, Girls, Girls' oder 'Dr. Feelgood' jagt ein Höhepunkt den anderen, zusätzlich wird das Treiben auf der Bühne immer wieder durch meterhohe Flammensäulen untermalt. Glücklicherweise verzichtet man weitesgehend auf Material neueren Datums und beschränkt sich zumeist nur auf die Hits. Warum auch anders? Kein Mensch möchte von MÖTLEY CRÜE neue Sachen hören. Mit dem Hammer 'Kickstart My Heart' und 'Anarchy In The UK' - bei dem zahlreiche leichtbekleidete Tänzer und Artisten auf die Bühne kommen - feiern The Crüe einen Siegeszug in der Eifel.
Hoffentlich kommt das Quartett noch einmal zurück nach Deutschland um in der Halle eine vollwertige Show zu zeigen.
(Frank Hameister)

Setlist:
Shout At The Devil
Live Wire
Wild Side
Louder Than Hell
Girls, Girls, Girls
Dr. Feelgood
Looks That Like
Red Hot
Primal Scream
Sick Love Song
Kickstart My Heart
Anarchy In The UK

MARILYN MANSON:

Einer der Acts, auf die am gespanntesten gewartet wurde, war mit Sicherheit die amerikanische Industrial-Ikone MARILYN MANSON. Berühmt war dabei weniger die Musik der Band, als die Tatsache, dass jedes Konzert mit einer üppigen Showeinlage abgefeiert wurde, und so vor allem dem Auge etwas bot. So sollte es auch auf dem diesjährigen Ring sein, als Frontmann Brian Warner und seine Band die Bühne betraten. Natürlich wurde das Hauptaugenmerk nicht nur auf die Show gelegt, jedoch erwiesen sich MARILYN MANSON als straighte Routiniers, die ihr Set ohne Probleme und größere Anstrengung durchzockten. Da kein neues Album betourt wurde, bestand die Setlist größtenteils aus Klassikern, von denen die Band eine Menge zu bieten hat. Die DEPECHE MODE-Cover 'Tainted Love' und 'Personal Jesus' gab es natürlich auch, während die standesgemäß aufgedonnerte Band auf ihren Instrumenten rumklimperte, und der Frontmann sich für Volk und Fotografen in Pose warf.
Das "in Pose werfen" scheint ja wirklich ein Markenzeichen des Mannes zu sein, der die Band schließlich definiert hat, dennoch ging einem dieses Umherkriechen, Rumposen, sich Umziehen und noch abgefuckter Aussehen nach einer halben Stunde auf die Nerven, da die Musik irgendwie zur Nebensache degradiert wurde. Egal, das Volk hatte seinen Spaß, wie die sich immer stärker windenden Mosh-Schlangen im vorderen Teil der Meute bewiesen. Die Ansagen Warners wurden nur halbherzig vom Publikum begrüßt, da Englisch zwar überall auf dem Stundenplan steht, Shakespeare aber nie etwas von "motherfucking politbitches" geschrieben hat. Nachdem ruhigere Songs wie 'The Nobodies' und 'Diary Of A Dope Fiend' die Stimmung etwas abkühlten, und Warner auf Stelzen über die Bühne wankte, wurde das Tempo mit 'Rock Is Dead' wieder etwas angezogen, und als 'The Beautiful People' von der farbenprächtig leuchtenden Bühne donnerte, war der Mob wieder in vollem Gange. Die Show war durchaus beeindruckend, wenn auch total überladen, mal warf sich der Fronter über den Bassisten, mal kroch er über die Boxen, mal machte er den Stechschritt, aber als sich die Begeisterung für seine "Provokationen" in Grenzen hielt besann sich der Frontmann wieder auf seine Hauptaufgabe als Sänger und donnerte mit doppelt so viel Kraft in der Stimme wieder los. Merke: this is not America!
Nach fast genau einer Stunde schwang der Frontmann noch eine gekünstelte Verbeugung, und verzog sich ansonsten wortlos mit seinen Mannen hinter der Bühne.
(Michael Kulueke)

Setlist:
Love Song
Disposable Teens
Mobscene
Tourniquete
Personal Jesus
Great Big White World
Tainted Love
The Fight Song
The Nobodies
Diary Of A Dope Fiend
Rock Is Dead
Sweet Dreams
The Beautiful People
Antichrist Superstar

IRON MAIDEN

Boah, schon wieder MAIDEN, muß das sein? Die waren doch erst vor zwei Jahren Headliner... Ok, im Vergleich zu damals sollte heuer nur Material von den ersten vier Alben gebracht werden. Aber macht es das erträglicher? Ich finde nach wie vor, dass die Stücke der ersten beiden Alben nur von Paul Di Anno gesungen werden dürfen und dabei bleibe ich. Showtechnisch greift man ebenfalls auf Altbewährtes zurück und hat wenig Spektakuläres im Repertoire. Einzig für Nostalgiker und Neu-Fans war das Dargebotene interessant. Für alte Hasen bot sich optisch wenig Neues.
Sicherlich ist es interessant, die alten Stücke mal mit drei Gitarren livehaftig zu erleben, aber für mich ist Janick Gers nach wie vor nur ein Hampelmann auf der Bühne. Seine Poserei ist meiner Meinung nach zu übertrieben und beruht wohl darauf, dass er wohl nicht vollends musikalisch bei zwei weiteren Mitstreitern ausgelastet ist. Nun ja, immerhin ist er nicht - wie seinerzeit beim Metal 2000 in Mannheim - aufgrund seiner Kasperei von der Bühne gefallen.
Das Programm enthält dann doch noch zahlreiche Überraschungen, so dass zumindest musikalisch ein jeder auf seine Kosten gekommen ist. Alles in Allem dann doch noch ein guter Auftritt der "Alten Jungfer".
(Frank Hameister)

Setlist:
Murders In The Rue Morgue
Another Life
Prowler
The Tropper
Remember Tomorrow
Where Eagles Dare
Run To The Hills
Revelations
Wrathchild
Die With Your Boots On
Phantom Of The Opera
The Number Of The Beast
Hallowed Be Thy Name
Iron Maiden
Running Free
Drifter
Sanctuary

Redakteur:
Frank Hameister

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