Rock am Ring 2011 - Nürburgring

26.06.2011 | 23:02

03.06.2011,

Regeninferno auf der Rennstrecke - hart, nass und hochprozentig!

SAMSTAG, 04. Juni 2011

Nachdem man sein Gehirn zum Frühstück verspeist hat und leider Gottes vom gestrigen Todesfall (Verkehrsunfall) erfährt, geht es auf zum Brunch mit CALIBAN. Diese erste Mahlzeit lassen sich auch Wesen im Bären- und Zebrakostüm sowie Freaks mit blutbesudelten Hüten nicht entgehen. Kantiger Core, streichzarte Lead-Gitarre und deftige Growls - was für ein Frühstücksbrot!!! Fronter Andreas: "Wir haben wenig Zeit, dafür quatschen wir auch nicht." Das ist die richtige Einstellung. Lustig heiter geht es mit '24 Years' an den morgendlichen Sport mit einer kreislaufanregenden Wall Of Death. Fliegende Knochen und das CALIBAN-Phänomen machen sich bemerkbar. Zur Erklärung: Noch nie lief ein Gig der Jungs ohne Knochenbrüche, ausgeschlagene Zähne oder zumindest blutige Visagen ab. Weitere Circle Pits gibt es beim RAMMSTEIN-Cover 'Sonne', welches mit seiner Hackemesserchen-Art die Kniekehlen eintritt. Mit 'I Will Never Let You Go' wird für heute das letzte Schwein geschlachtet. Mahlzeit!!!     

Psycho-Rock? Schizophrenen-Metal? Aufgeschnapptes Zitat: "Der Typ macht mir Angst!" Dass die Dänen KELLERMENSCH in ihrer ganz eigenen Welt leben, kann wohl niemand bestreiten. Mental vom Normalen abweichend (Anmerkung: alles andere als abfällig gemeint) starrt der Fronter der Kellertruppe psychotisch in die Massen, krabbelt die Bühne hoch und schmeißt seine Klampfe verächtlich über die ganze Bühne. Reaktionen des Volks: Teils verwirrt, teils gechilled und teils völlig ergriffen! Düster verträumte Streicher umrahmen das Bild von übereinander gelegten Riffs und ausdrucksvoller, teils absichtlich unruhig schlenkernder Stimme. Der letzte Pinselstrich besteht aus paranoid-gruseligen Melodieführungen, welche die Band in ihrer Gesamtheit als komplett eigenständiges Kunstwerk dastehen lassen. Wessen Neuronen sich diesem Transmitter nicht entziehen können, der schwankt besessen zu 'The Day You Walked'  oder 'Moribound Town.' Ganz großes Kino und hoffentlich bis bald!

Dort wo gestern MANDO DIAO für flatternde Höschen sorgten, nageln nun HURTS die Kinnlade fest! Ein Mini-Orchester jagt eine Gänsehaut nach der nächsten über den Rücken während das Volk bei 'Wonderful Life' oder 'Evelyn' völlig regungslos vor Ergriffenheit im Stillen feiert. Ein Nuschel-Konzert stilsicherer Engländer, welche Herzen fliegen und Röcke im Wind wehen lassen. Bei 'Stay' wird soagr stimmungstechnisch noch einer draufgesetzt. Selbst harte Rocker beginnen, zu träumen. Die Überraschung des Tages - vor allem weil sie sich als Mainstream-Act nicht scheuen, gothische Elemente in ihre Show einzubauen. Einziges Manko: Die weiße Rose auf dem Klavier erinnert in makaberer Weise an eine Beerdigung.

Spritzig schießen die Engländer von BRING ME THE HORIZON mit 'Alligator Blood' in ihren Gig. Die kleinen Rotzer lassen sofort die Schwarte krachen. Der von oben bis unten zugehackte Fronter Oli springt wie ein Flummi über die Bühne und macht es sich auch gerne auf dem Boden gemütlich. Warum nicht nur harteingesessene Deathcore-Fans hier auf ihre Kosten kommen, liegt wohl daran, dass die melodiösen Keyboard-Elemente den kantigen Core um einiges aufzulockern vermögen. Zitat: "Endlich mal normale Musik!"

Trotzdem möchte Oli die Menge weiter aufpeitschen. Er verlangt Circle Pits und Wall Of Deaths – nur das klappt nicht so richtig. Also entweder haben die Abiturjahrgänge im Englisch-Unterricht nicht aufgepasst oder Brocken wie 'Fuck' oder 'It Never Ends' sind einfach doch zu hart. Starker Auftritt, der aber beim With Full Force sicherlich getoppt werden kann.

Erster Schock: Wo sind Anders' Dreads geblieben? Zweiter Schock: Und wer ist der Typ hinter der Schießbude? Antwort zur Letzteren: Jonas Ekdahl von DEATH DESTRUCTION übernimmt heute den regulären Posten von Daniel Svensson, der daheim beim Kind geblieben ist. Mit 'Cloud Connected' und 'Trigger' werden bei IN FLAMES schon am Anfang die größten Bomben abgeworfen, was nicht heißt, dass die musikalische Qualität im weiteren Verlauf auch nur annähernd abnehmen würde.

Ein dicker Nackter rennt über die Bühne, auch ein Rolli-Fahrer verzichtet nicht aufs Crowdsurfen - um dem Ganzen noch Einen drauf zu setzen, verlangt Anders, dass die Fans irgendwas zum Einstürzen bringen. Nun ja, schaffen sie nicht ganz, aber zumindest regnet es Hirnwasser! Mit 'Deliver Us' und 'Where The Dead Ships Dwell' gibt es sogar zwei brandneue und den meisten Fans unbekannte Songs. Dennoch bleibt die Stimmung hoch und schwappt beim finalen 'My Sweet Shadow' fast über. Nächstes Mal Hauptbühne!

Wo der Wikinger-Gott dem Wettergott gerade eben noch den Stinkefinger zeigte, hat der englische nicht mal den Hauch einer Chance. Herzerweichend, atemberaubend, erquickend und labend - irgendwie mit diesen Worten könnte man einen COLDPLAY-Gig beschreiben. Mit Feuerwerk, glitzernden Lasern und LEDs fesseln sie auch optisch. Weitere Spezialeffekte haben die Jungs nicht nötig, kommt doch zu Beginn ihres Auftritts bereits Weltuntergangs-Stimmung auf, worauf Chris Martin 'I'm Singing in the Rain' anstimmt. Mit 'Yellow' oder 'Us Against the World' (beziehungsweise mit der kompletten Setlist) fallen jegliche Sorgen ab. Das besessene RaR-Volk trotzt dem strömenden Regen und dem einsetzenden Gewitter, tanzt in einer riesigen Menschenansammlung und lässt unendliche Gänsehaut über den Rücken laufen. Einzigartig!

KORN haben buchstäblich die Arschkarte gezogen. Die Apokalypse bricht aus, es schlägt sogar ein Blitz neben der Bühne ein. Währenddessen feiert das Powermetal.de-Team ihre Helden des Rock am Ring - die Elektriker, die uns freundlicherweise in ihrem LKW aufnehmen. Was KORN betrifft, haben sich nur noch die extremsten Fans vor der Alterna Stage versammelt, der Rest rennt um sein Leben.



Die zweite Arschkarte zieht ROB ZOMBIE, der heute als Mitternacht-Special angesetzt ist. Geschätzte 200 Leute haben es durchgehalten, ohne weggeschwemmt zu werden, und werden dafür nun mit schaurig gruseligen Horrorgeschichten belohnt. Berühmtheiten wie King Kong oder Frankenstein lachen von der Bühne, während Zombie das "Grusical" mit 'Living Dead Girl' eröffnet. Zwischen Kostümwechseln, fahrenden Mikroständern und Deutschlandflaggen knurrt Zombies Magen und er verlangt nach Fast Food. Nix da! Stattdessen füttert er die Fans mit einer spacigen Videoshow und 'Mars Needs Woman'. Dass das Geisterhaus frühzeitig geschlossen wird (15 Minuten Spielzeit waren noch übrig), schlägt dagegen einigen aufs Gemüt. Gut, dass man so für Standfestigkeit belohnt wird!

 

(Nadine Ahlig)

Redakteur:
Enrico Ahlig

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