SUMMER BREEZE 2022: Ihr seid so schön, Summer Breeze! - Dinkelsbühl

07.09.2022 | 23:08

17.08.2022, Flughafen Sinbronn

Dinkelsbühl im August. Hitze und Core, Regen und Death, Schlamm und gute Laune. What's not to like? Dachten wir uns auch und entsandten eine Delegation nach Mittelfranken bestehend aus Frank Jäger und Unterstützung durch Noah-Manuel Heim, Felix Hetzler und Katharina Jäger.

Für mich ist das immer zu viel. Gestern waren wir spät daheim und heute morgen beginnt es schon wieder um 12 Uhr. Obwohl ich die britischen Thrasher EVILE durchaus gerne gesehen hätte, ist das zu früh. Wir schauen auf den Plan und erkennen, dass wir auf jeden Fall zu GUTALAX da sein müssen. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Festivalgelände hören wir ein paar Lieder von GHOSTKID von der Main Stage, der Band von Sebastian Biesler, der vor nicht allzu langer Zeit bei ESKIMO CALLBOY ausgestiegen ist. Wie schon beim Graspop ist das ganz unterhaltsam, aber nicht besonders originell, doch durchaus eine nette Beschallung auf dem Weg zur T-Stage. Ich bilde mir ein, den ein oder anderen Song wiederzuerkennen. Sollte ich da doch mal gezielt reinhören in das einzige bisherige Album von GHOSTKID?


Jetzt aber ab in die Irrsinn, in den musikalischen Dadaismus, zu einer Band, deren Auftritte und Fanreaktionen nur mit dem Attribut absurd zu umschreiben sind, nämlich zu den Fäkalgrindern GUTALAX. Die Tschechen waren bereits mehrfach zu Gast in Dinkelsbühl, zuletzt 2019. Da ich sie dort gesehen habe, weiß ich, was uns bevorsteht. Die Menge hat die üblichen Utensilien dabei, die da wären Klobürsten, Toilettenpapier und aufblasbare Tierchen. Als GUTALAX dann erstmal das Publikum mit ein paar ballistisch übergebenen Klorollen ausstattet und die meisten breit ins Publikum grinsen, weiß man bereits, dass von nun an gute Laune die Losung des Auftritts ist. Die Musik lässt sich indes schwer beschreiben. Man mische Grindcore mit Eurodance, lege merkwürdige Geräusche aus der Kehle von Sänger Maty darüber, der manchmal knarrt, manchmal kreischt, und stelle sich dazu eine Meute völlig austickender Metalfans vor, die mit allem, was aufblasbar ist, in der Luft wedeln. GUTALAX weiß in die Songs Melodien einzubauen, die ihren merkwürdigen Stücken Halt geben. Mir übrigens auch und ich erkenne sogar das eine oder andere Lied wieder. Nun ja, neue Lieder kann es ja kaum geben, denn in den letzten sieben Jahren ist bis auf eine Single nichts erschienen. Das wiederum scheint allen hier völlig wurscht zu sein, die auf das Thema Ausscheidungen reduzierten Stücke werden abgefeiert, und so fliehe ich bald weiter nach hinten, hier vorne ist es mir zu wild. Ich muss sowieso los.

 

In diesem Jahr spielen viele Bands, die bereits schon zuvor hier gespielt haben, aber sie scheinen jeweils eine Bühne im Ranking nach oben geklettert zu sein. Wer zuvor auf der kleinen Wera Tool Rebel Stage spielte, rückte nun auf die T-Stage, und für einige Bands ging es von der T-Stage auf die Hauptbühne. So auch für MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN. Die Osnabrücker Familienbande spielt Folkrock, aber mal wieder mit dem nicht ganz so originellen Piratenimage. Damit gewinnt man natürlich keinen Innovationspreis mehr, aber wahrscheinlich ist der Trend in Osnabrück ein wenig später angekommen. Immerhin sind die Vier aus der westfälischen Karibik bereits seit dreizehn Jahren unterwegs, erst folkiger, dann rockiger, aber immer auch etwas nervig. Allerdings wurde mir auf dem Weg zur Hauptbühne, als ich meine Abneigung gegenüber der Spaßkapelle äußerte, zugeraunt, die Band wäre jetzt viel besser geworden seit dem letzten Mal auf dem SUMMER BREEZE. Nun ja, die Deko ist wie zuvor, das Outfit der drei Herren und der Bassdame auch, aber musikalisch hat man mittlerweile zwei weitere Alben veröffentlicht. Leider sehe ich mich außerstande, einen Vergleich anzustellen, dazu kenne ich die Band einfach nicht gut genug. Beim letzten Mal hatte ich gesagt, ich würde nie wieder nach Tortuga reisen wollen, und tatsächlich, ich habe auch nach ein paar Liedern genug von Pseudo-Piraten-Romantik und genauso flachwitzigen Texten. Aber ich muss zugeben, ich bin viel weniger genervt als noch vor vier Jahren. Kann an mir liegen, vielleicht bin ich ja abgehärtet, aber wir entscheiden uns natürlich im Zweifel für den Angeklagten: Ja, ich denke auch, MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN ist besser geworden.

 

Ich habe etwas Zeit, also pilgere ich mal an der Wera Tool Rebel Stage vorbei, auf der gerade SEASONS IN BLACK lärmt, und gehe rüber zur T-Stage, denn da gibt es jetzt Death Metal. MISERY INDEX steht auf der Bühne und will uns mal richtig zu Ohren durchpusten. Auch die US-Amerikaner spielten zuletzt auf der kleinen Bühne und auch diese Band bräuchte die große Bühne nicht. Da alle Musiker ein Instrument spielen, gibt es keine besondere Show und die Bühne wirkt etwas überdimensioniert. Die Musik allerdings hat die T-Stage verdient, technisch ist das ziemlich cool, aber das ahnte ich bereits, denn auch diese Burschen habe ich schon mal gesehen. Die beiden Gitarristen spielen ziemlich originelle Riffs, die Band wechselt schön das Tempo, nur der Sänger ist ziemlich eindimensional. Das Problem habe ich ja häufig mit Bands aus dem Extreme-Metal-Bereich, aber musikalisch ist das trotzdem durchaus cool. Wenn nicht die Main Stage rufen würde, würde ich sicherlich noch für ein, zwei Stückchen da bleiben.

 

BEAST IN BLACK darf auf der großen Bühne ran. Auch wenn die gemischte Euro-Truppe aus dem hohen Norden, der Mitte und dem tiefen Süden Europas nicht gerade die reine Lehre des Metal zelebriert, muss ich sagen, dass ich die heftig mit Samples unterlegten Lieder der Band gerade auf Festivals durchaus zu schätzen weiß. Denn was könnte besser sein als Mitsingmelodien über tanzbaren Rhythmen ohne aufgesetzten und fehlgeleiteten Humor? Sagt sich auch die Crowd und jubelt der bunten Truppe zu. Und bunt sind sie. Das Backdrop zeigt das Cover des aktuellen Albums, die Gitarren sind rot und grell-grün mit pinkfarbenem Gurt, und was der Bassist zu sich genommen hatte, bevor er sich diesen Bass gekauft hat, möchte ich gar nicht wissen. Dann stürmt Sänger Yannis auf die Bühne, wie immer in schwarz, und los geht die Reise in die Cyberpunk-Welt.

Das neue Album "Dark Connection" hat die Tanzbarkeit der Musik nochmal erhöht und so steht der guten Laune nichts im Weg, selbst wenn man die Lieder und die Band nicht gut kennt. Auf dem SUMMER BREEZE gibt es immer wieder solche Farbtupfer in einem doch sonst recht heftigen Programm aus Core und Death, dass man da auch mal ins Extrem verfällt, ist zu verschmerzen. Jedenfalls macht BEAST IN BLACK ausgesprochen Spaß und ich finde, dass es durchaus erkennbar ist, dass man den Stil auf dem neuen, dritten Album noch einmal verfeinert hat. Dass keine der beiden Coverversionen des neuen Albums gespielt wird, verwundert mich etwas, mit MANOWAR und MICHAEL JACKSON hätte man sicher nochmal einen zusätzlichen Mitsingschub ins Publikum gebracht, aber angesichts von nur einer Stunde Spielzeit ist es auch verständlich, dass man lieber eigene Lieder darbieten will. Bis auf den höchstens mittelmäßigen Sound, der anfangs vor allem den Gesang etwas matschig klingen lässt, ein guter Auftritt.

 

Kurz vor Ende des Gigs auf der Hauptbühne gehe ich schon mal weg vom Infield, um vor dem großen Strom zu den anderen Bühnen zu gelangen und mich vielleicht auch mal kurz zu setzen. Von der Wera Tool Rebel Stage höre ich noch heftiges Gedudel und gehe mal nachsehen, wer da so altertümlich rumdröhnt. Die Band, die gerade auf der Bühne steht, ist HAGGEFUGG, wie mir das Backdrop mitteilt, und das Genre ist Mittelalter-Rock, wie mir meine Ohren vermelden. Dazu deutschsprachige Texte, ein ziemlich guter Sänger und ansonsten ein optisches Inferno aus Schwarz und Rot. Natürlich ist das Ganze nicht übermäßig originell, aber eben auch nicht schlechter als so manches, was bekannter ist und mehr Publikum anzieht. Natürlich werden auch wieder Trinktexte zum Besten gegeben, aber auch das ist nicht ungewöhnlich. Ich denke, jeder, der solchen Dudelsack-Rock mag, sollte in die Burschen mal reinlauschen, vielleicht verbirgt sich hier etwas für die Playlist oder sogar das heimische CD-Regal. Mit zwei Alben ist die Diskographie auch noch recht übersichtlich, da kann man mal zuschlagen, Ich beschließe, mir die Jungs zu merken und die beiden kalauerisch benannten Longplayer "Metgefühl" und "Fass zum Teufel" mal genauer unter die Lupe zu nehmen, wenn das SUMMER BREEZE vorbei ist.

 

Aber eigentlich war ich ja auf dem Weg zur T-Stage und wollte ein paar Bilder von OMNIUM GATHERUM machen, deswegen geht es recht zeitnah weiter. Es ist zwar nicht gerade meine Lieblingsband, aber ich habe sie in den letzten Jahren mehrfach gesehen, natürlich 2016 und 2018 auf dem SUMMER BREEZE, aber auch beim letzten Bang Your Head 2019. Die Band machte mir immer Spaß, auch wenn ich noch nicht so weit war, mir etwas von den Finnen ins Regal zu stellen. Auch heute ist das wieder sehr unterhaltsam. Die Gitarrenriffs sind fein, die Jungs haben auch einen echten Groove und trotzdem man ja zum Death-Metal-Genre zählt, macht hier keiner einen auf harten Hund, sondern man wippt, ja, ich würde sogar sagen tanzt zum eigenen, eher fröhlichen Rhythmus. Die Musik hat auch durchaus Abwechslung, nur leider finde ich die Growls von Sänger Jukka Pelkonen ziemlich gleichförmig, aber wie die meisten Leser wissen, bin ich da erstens empfindlich und zweitens kein Experte. Deswegen empfehle ich, selbst mal reinzuhören. Wenn er die melodischen Refrains singt, klingt er dagegen gut. Auch die Keyboards machen die Musik gefällig und ich stelle wieder fest, dass OMNIUM GATHERUM doch eine sehr angenehme Kapelle ist mit Gespür für Melodie und Gitarrenriff, nur eben mit einem Sänger, der meiner Ansicht nach hinter anderen Frontleuten ähnlich gelagerter Bands zurücksteht. Aber das ist sicher Geschmackssache.

 

Zurück geht es zu FINNTROLL. Die Band darf auf der Hauptbühne ran. Nach neun Alben hat sie sich das auch mal verdient. Stilistisch ist es natürlich mal etwas Anderes, eine Mischung aus Folk Metal und Black Metal, vorgetragen in finnischer Sprache. Da ist nix mit Mitsingen, so gesehen ist es schon ein Experiment, aber es ist voll vor der Hauptbühne, wenn auch ein paar mehr Lücken klaffen als bei den meisten anderen Bands zuvor und später. Dabei ist das musikalisch aber ganz nett, die Keyboards setzen einen guten Gegensatz zum Kreischgesang und die Gitarrenmelodien sind auch ganz schön. Optisch haben die Langohren auch etwas zu bieten, geht man doch geschlossen irgendwo in der Schnittmenge aus Mini-Troll, Waldschrat und Dunkelelf durch. Ist schon witzig, wie den Jungs die Langohren durch das wallende Haar ragen, während man einen unterhaltsamen Auftritt absolviert, bei dem mich die schwarzmetallischen Teile gar nicht stören, da sie mit den folkloristischen Elementen wirklich harmonieren, was mir besonders in einem Stück auffällt, aber mit Songtiteln kann ich leider nicht aufwarten, ich kenne die Lieder nicht und man singt ja Finnisch. Sorry. Außerdem hätte ich ab und an gerne einen besseren Sound, ich finde, die Drums bollern zu stark im Vordergrund. Das war mir vorne beim Fotografieren weniger aufgefallen als jetzt aus dem Publikum.

 

Wiederum muss ich vor Ende des Gigs weg, vorbei an dem höllischen Radau, den NECROTTED auf der Wera Tool Rebel Stage veranstaltet, denn nun kommt eine meiner Lieblingsbands auf dem Festival: DEATH ANGEL. Gefühlt spielt die Band jedes Jahr in Dinkelsbühl, aber das macht nichts, ich könnte sie auch jedes Jahr wieder genießen. Das hier ist natürlich Thrash Metal History, Part three, ist ja klar. Ich sehe aber nicht, ob die Kollegen auch rübergekommen sind, ich mache erstmal Fotos. Anfangs geht DEATH ANGEL mal wieder ganz zurück zum Debütalbum "The Ultra-Violence", das wirklich beeindruckend gut ist. Trotzdem finde ich, dass alles, was ab dem Meisterwerk "Act III" kam, noch besser ist als der Beginn der Band. Und auch wenn alles, was heute losgelassen wird, absolute Topware ist, komme ich nicht umhin, ein wenig die Stirn zu runzeln. 'Mistress Of Pain', 'Seemingly Endless Time', 'The Dream Calls For Blood', 'Voracious Souls', 'Thrown To The Wolves', das ist alles andere als überraschend. Am Ende wird die Band zu etwa zwei Dritteln den gleichen Gig gespielt haben wie 2019, und dass, obwohl man in einer Stunde nur etwa zehn Lieder unterbringt, während man immerhin Material von neun Alben zur Auswahl hat. Ich fände es noch spannender, wenn hier mal mehr Abwechslung in die Setliste käme. Zumal ich das sogar erwartet habe, denn zuletzt hatte DEATH ANGEL ja ein pandemiebedingtes Streaming-Konzert als Tonträger veröffentlicht und dabei eine fanfreundliche, großartige, überraschende Setliste gebastelt. Ich hatte auch heute auf den einen oder anderen ungewöhnlichen Song gehofft.

Aber natürlich tut es der Stimmung keinen Abbruch. Ich gehe bei 'Seemingly Endless Time' natürlich steil, denn "Act III" ist für mich das makellose Vorzeigealbum der Bay Area Thrasher, das von mir aus am Stück gespielt werden könnte. Sänger Mark Osegueda ist mittlerweile ziemlich grau geworden, hat aber nichts von seiner Agilität verloren, doch bei dem sehr melodisch gesungenen Stück wechselt er immer wieder zwischen passendem Gesäusel und thrashigen Shouts. Damit bildet er eine Brücke zwischen 1990 und den aktuelleren Sachen, mordet aber hier und da die tolle Melodie von 'Seemingly Endless Time'. Dafür passt das besser auf die anderen Granaten, die von großen Teilen des Publikums mitgesungen werden und Begeisterung auslösen. DEATH ANGEL ist wie immer eine echte Bank, ich hoffe, die Band kommt mal wieder auf Headliner-Tour, das würde ich gerne sehen. Doch jetzt muss ich leider, noch deutlich vor Ende des Auftritts, rüber zur Main Stage, denn da spielt ELECTRIC CALLBOY und es werden ein paar Fotos gebraucht. Schade.

[Frank Jaeger]

 

Aufgeregt und gespannt mache ich mich am Mittwoch zu meinem ersten Auftritt von ELECTRIC CALLBOY auf. Bereits eine halbe Sunde vor dem Auftritt bin ich an der Main Stage, um mich dort in einigem Abstand mit meinen Freunden zu treffen. Etwa zehn Minuten vor der Vorstellung begeben wir uns zusammen weiter in die Menschenmenge, um näher und zentraler vor der Bühne noch Platz zu finden. Schlussendlich haben wir uns dann in den vordersten Reihen einen Platz erkämpfen können, von dem aus wir eine super Sicht auf die Bühne hatten. Zu den ersten Tönen von 'Pump It' und der Aufforderung zum Klatschen laufen der Sänger Nico Sallach und der zweite Sänger und Keyboarder Kevin Ratajczak an vorderster Front auf der Stage ein.

Die Crowd ist von Anfang an begeistert und mit lautstarkem Gesang dabei. So bilden sich auch direkt am Anfang die ersten Moshpits. Als zweites Lied wird mit 'My Own Summer' eine etwas ältere Nummer aus der Zeit mit dem alten Sänger Sebastian Biesler gespielt, welcher sich 2020 zum zehnjährigen Jubiläum von der Band trennte und seitdem mit seiner eigenen Band GHOSTKID musiziert. Ein Highlight ist die Performance zu dem Song 'Best Day', welcher ursprünglich mit dem Rapper SIDO entstand. Dieser ist am SUMMER BREEZE allerdings nicht anwesend, weshalb die beiden Sänger den Rap-Part unter sich aufteilen müssen, aber live sehr gut darbieten. Das aktuell bekannteste Werk mit dem neuen Sänger Nico Sallach 'Hypa Hypa' darf natürlich auch nicht fehlen und so bietet die Band mit den an die achtziger Jahre angelehnten Outfits und Bühnen-Setting eine tolle Bühnenshow.

Bei der zu dem Zeitpunkt aktuellsten Single 'Fuckboi', die mit der Band CONQUER DIVIDE, welche ich schon seit langer Zeit verfolge, produziert wurde, bezieht die Band das Publikum stark mit in ihre Liveperformance ein. Zum Ende hin fordert die Crowd lautstark eine Zugabe, was die Band dazu veranlasst, noch ein weiteres Mal auf die Bühne zu kommen und einen ihrer aktuell beliebtesten Songs 'We Got The Moves' zu spielen.

Ich persönlich finde den Auftritt und die Auswahl der Songs sehr gelungen, es gibt eine tolle Mischung aus den älteren Alben der Band und neuen Werken. Niemand kommt bei diesem Auftritt zu kurz, egal ob langjähriger Fan oder jemand, der erst vor kurzem auf die Band gestoßen ist. Die Stimmung der riesigen Crowd ist über den gesamten Auftritt hinweg extrem gut. Zum Schluss verkünden die Grabenschlampen, also die Ordnertruppe des SUMMER BREEZE vorne im Graben, dann noch, dass über die Dauer des gesamten Auftritts mehr als 1100 Crowdsurfer unterwegs waren. Einer davon stürzte mir leider auch in den Nacken, weshalb ich auch die darauffolgenden Tage noch eine schmerzhafte Erinnerung an meinen ersten Live-Auftritt von ELECTRIC CALLBOY habe.

[Felix Hetzler]

 

So richtig begeistern kann ich mich für die elektrischen Rufjungen nicht, also gehe ich mal ins Pressezeit. Pause. Kaffee. Schnack mit den anderen Fotografen. Bis dann die ersten aufstehen und zur Arbeit mahnen. Na gut, also los, wieder zurück zur T-Stage. Da gibt es die US-amerikanische Abrissbirne CANNIBAL CORPSE. Dafür, dass ich überhaupt kein Freund dieses heftigen Death Metals bin, habe ich die Band schon recht häufig gesehen. Ich weiß also, was mich erwartet und ich werde nicht enttäuscht: Das Gesicht von Sänger George "Corpsegrinder" Fisher sehe ich während der Zeit, die ich dem Auftritt beiwohne, nur ganz selten, wenn die Haare beim Headbangen fliegen. Man erkennt eben, dass da, wo es bellt, vorne ist. Und das mit dem Bellen ist nicht so weit hergeholt, denn hier wird nicht melodisch gechort oder mal eine liebliche Melodie eingestreut, nein, CANNIBAL CORPSE bleibt bei der reinen Death-Lehre. Ich erkenne natürlich keinen Song, aber ich betrachte die Band sowieso als Gesamtkunstwerk, einschließlich ihrer grafischen Albendesigns und der brutalen Lyrik. Das gehört irgendwie zusammen, übt eine makabre Faszination aus, während es mich ansonsten abstößt. Kunst eben. Dazu gehört auch, dass die Musik keinesfalls seichter wird, die Jungs aus Florida sind keine Whimps, auch nicht nach fünfzehn Studioalben! Trotzdem habe ich nach einigen Stücken genug, ich finde, ich habe meine Schuldigkeit getan.

 

Ich begebe mich in Richtung Main Stage, vorbei an einer weiteren Extreme-Metal-Band auf der kleinen Bühne, die dem Zeitplan nach KVAEN heißt, aber dafür habe ich keine Zeit. Denn es ist Headlinerzeit, ARCH ENEMY soll in einigen Minuten die Hauptbühne entern. Die schwedischen Melodeather sind ja seit dem Einstieg von Power-Gnom Alissa White-Gluz absolut steil gegangen und selbst ich habe mich mittlerweile von ihnen hinreißen lassen, obwohl ich mit der Band zu Zeiten von Angela Gossow am Mikro nicht viel anfangen konnte. Mir kommt der melodischere Stil gut zupass und ich mag eben auch Alissas Gesang lieber, die vielseitiger agiert als es Angela tat. Ich kann auch die bei uns in der Redaktion geäußerte Kritik an "Deceivers" in keiner Weise nachvollziehen, ich finde die Scheibe aktuell sogar besser als den brillanten Vorgänger "Will To Power". Als dann ARCH ENEMY mit 'The World Is Yours' einsteigt, hält mich nur die Tatsache, dass ich Fotos machen muss, ab, erfreut mitzubangen.

Es dauert auch nicht lange, bis das neue Album vorgestellt wird. Bereits der zweite Song ist 'Deceivers, Deceivers', gefolgt von einem Lied, das ich zwar kenne, aber nicht erkenne, aber an den Reaktionen der vorderen Reihen ist das wohl etwas Älteres. So geht es munter weiter, unterstützt von fortgeschrittenem Posing der Frontfrau Alissa, aber auch die Gitarristen Michael Amott und Jeff Loomis und Bassist Sharlee D'Angelo bieten sich für ein paar schöne Bilder an. Dazu kommt eine abwechslungsreiche Lichtshow und fertig ist ein absolut gerechtfertigter Headliner für einen Festivaltag. Einzig das Wetter spielt nicht mit. Während des Gigs fängt es an zu regnen. Es ist zwar Regen angekündigt für die nächsten Tage, aber heute hatte die Vorhersage noch einen trockenen Tag versprochen. Entsprechend schlecht ausgerüstet stehe ich nun auf dem Gelände. Blöd.

So ein paar Tropfen machen aber nichts. Nur werden es immer mehr. Bald ist es dann doch zuviel, ich würde gerne die Kamera ins Trockene bringen, denn mittlerweile regnet es doch ganz ordentlich. Jetzt im Mittelteil des Sets kommen gleich mehrere neue Lieder, als wir uns in Richtung Auto begeben, während wir auf dem Weg noch einmal um das Infield herum gehen müssen und dadurch noch weitere Lieder des Auftritts hören, darunter auch der Smasher 'The Eagle Flies Alone'. Super, eines meiner Lieblingsstücke der Band. Trotzdem verklingen langsam die Töne von der Hauptbühne und der Festivaltag neigt sich, etwas früher als geplant, dem Ende entgegen.

Eigentlich wollte ich ENSIFERUM noch einen Besuch abstatten, um zumindest ein paar Fotos zu machen, aber das Wetter spricht dagegen. Noch ist das Gelände recht trocken, es gab ja auch wochenlang keinen Niederschlag, und das VIP-Gelände ist ein Stoppelfeld, bei dem eben die abgeernteten Halme mit Wurzeln noch stehen, was dem Ganzen Halt gibt. Prima, das sollte auch morgen kein Problem werden.

[Frank Jaeger]



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Redakteur:
Frank Jaeger
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