SUM 41 - Düsseldorf
05.02.2020 | 19:2923.01.2020, Mitsubishi Electric Hall
All Killer, No Filler!
Meine alten College-Punk-Helden kehren zurück - lauter und stärker denn je. Das Album "All Killer, No Filter" war der Soundtrack meines 2001er Sommers. Mit 13 wurden die ersten Biere vernichtet, die Juni- und Julitage wurden länger und länger und im Beisein meiner Schulkameraden und mit einem für dieses Alter ach so typischen Alles-egal-Feeling wurden Hits wie 'Fat Lips', 'Motivation', 'In To Deep', aber auch die IRON MAIDEN-Hommage 'Pain For Pleasure' gnadenlos abgefeiert.
Natürlich ändert sich der musikalische Horizont mit den Jahren, selbstverständlich konkretisiert sich der Geschmack und man verliert die einstigen Helden aus den Augen. Doch mit "Order In Decline" gelang SUM 41 ein außerordentlich gutes Album, das mich nicht nur dazu veranlasste, auch untergegangene Werke wie "13 Voices" zu hören, sondern die Band um Deryck Whibley auch live sehen und in alten Zeiten schwelgen zu wollen. Gesagt, getan! Denn die Mitsubishi Electric Hall im Herzen Düsseldorfs bildet den Startschuss für ihre in Deutschland auf sechs Termine angelegte Headlinertour. Oh nostalgisches Herz, was willst du mehr?
Ausverkauft ist die Mitsubishi Electric Hall an diesem Donnerstagabend zwar nicht, aber SUM 41 darf später trotzdem auf volle Reihen und - das ist das Wichtigste - in rundum glückliche Gesichter blicken. Doch bevor die Pop-Punk-Helden von damals die Bühne betreten, sind es die Jungs von ZEBRAHEAD, die mit "Brain Invaders" und einer Menge Tatendrang den heutigen Anheizer spielen dürfen. Bereits jetzt ist die Halle gut besucht und ZEBRAHEAD erkämpft sich heute noch viele neue Fans dazu. Stilistisch in eine ähnliche Kategorie wie SUM 41 zu stecken, werden die Orange-Country-Punkrocker von einem guten Sound und viel Applaus begleitet.
Bereits früh herrscht rege Bewegung im Publikum. Ob die Jungs um Ali Tabatabaee nun altes Material wie 'Falling Apart' oder 'Anthem' oder aber den aktuellen Brecher 'All My Friends Are Nobodies' ins Publikum werfen, Düsseldorf nimmt es dankend an, revanchiert sich durch ausgelassenes Hüpfen, Pogen, Crowdsurfen und Feiern. Ein sehr kurzweiliger Auftritt ist es jedenfalls, der nicht nur Appetit auf mehr macht, sondern mich persönlich dazu veranlasst, längst verstaubte Alben wie "Playmate Of The Year" oder "MFZB" noch einmal hervorzukramen und bei entsprechender Autofahrt eine perfekte Ein-Mann-Performance abzugeben.
Setliste: All My Friends Are Nobodies; Call Your Friends; The Perfect Crime; Drink Drink; Save Your Breath, Mike Dexter Is God, Mike Dexter Is A Role Model, Mike Dexter Is An Assshole; Who Brings A Knife To A Gunfight?; Falling Apart; Anthem
Die gab es auch schon voller Vorfreude heute auf dem Weg ins Rheinland. Wohin man blickt, gibt es viele Mittdreißiger wie ich, die ihren alten Weggefährten Tribut zollen wollen. Der BLINK-182-THE-OFFSPRING-JIMMY-EAT-WORLD-UND-SUM-41-Vibe ist in jedem Winkel der Halle zum Greifen nahe, Spannung und Erwartungen wachsen auch bei mir und nach einer angenehm kurzen Umbaupause stürmen die Kanadier nun endlich die Bühne.
Bei sieben Alben auf der Habenseite wird schon früh klar, dass die Songs querbeet durch die Diskographie der Jungs gehen. Und so wird auch schnell klar, wie abwechslungsreich eigentlich SUM 41 in der langen Bandhistorie agiert: Ein bisschen Metal gibt es gleich zu Beginn ('Turning Away'), bei 'We're All To Blame' kracht es ordentlich auf dem Rifflager und auch 'Screaming Bloody Murder' sowie 'The People Vs...' sind vom Härtegrad absolut nicht zu verschmähen. Dazwischen mogelt sich unbekümmert und locker flockig der eine oder andere Skate-Punk-Song der guten alten Highschool und natürlich dürfen die Hits vom Debüt auch nicht fehlen.
So erwische ich mich doch sehr häufig beim nostalgischen Schmunzeln, bin aber überrascht, dass in der Halle derart die Post abgeht. Zu sämtlichen Songs herrscht ein großer Aktionsradius seitens des Publikums. Und die Band? Die gibt Vollgas, hüpft, springt, rifft und trommelt sich die Seele aus dem Leib und heizt der Stadt am Rhein mehr als ein. Und Front-Springinsfeld Deryck überrascht die ersten Reihen mit einer Performance der extranahen Art, indem er für zwei Songs direkt ins Publikum wandert und dem Status der äußerst fannahen Band einen weiteren Stempel aufdrückt.
Sound und Lichtshow spielen natürlich auch eine nicht untergeordnete Rolle und geben letztendlich auch meinen heutigen Lieblingen ('Fake My Own Death', 'Still Waiting') das gewisse Extra. Im letzten Teil der knapp 110-minütigen Show gedenkt SUM 41 mit ihrer eigenen 'We Will Rock You'Interpretation einem ganz Großen des Musikbusiness', springt mit 'In Too Deep' gedanklich noch einmal vom 5-Meter-Brett und beendet mit 'Never There' den heutigen Abend sichtlich glücklich und im Kreise der Familie, wie der Blondschopf öfter betont.
Setliste: Turning Away; The Hell Song; Motivation; The Bitter End; Over My Head (Better Off Dead); We’re All To Blame; War; Out For Blood; A Death In The Family; Walking Disaster; With Me; No Reason; Fake My Own Death; 45 (A Matter Of Time); Screaming Bloody Murder; Underclass Hero; Pieces; The People Vs...; Makes No Difference; Fat Lip; Still Waiting; We Will Rock You; In Too Deep; Never There
Wow, was ein Abend! Der Schweiß tropft, das Shirt ist sickenass und ich fühle schon jetzt jeden einzelnen meiner Knochen. Doch schaut man mich an, lächele ich, denn SUM 41 und ZEBRAHEAD haben heute alles gegeben und mir sowie allen Anwesenden einen unheimlich tollen Abend beschert. Das war eine Rockshow vom Allerfeinsten mit sehr viel Action, unheimlich vielen Ohrwürmern und dem Aufkeimen längst verflossener Erinnerungen. Ich gehöre eben zu der Generation, die damals mit solchen Bands großgeworden ist, und egal, ob man sich nun dem Death Metal, Grindcore, traditionellem Eisen oder Westernhagen zugehörig fühlt, getreu dem Motto "Alte Liebe rostet nicht" kam jeder an diesem Donnerstag auf seine Kosten. Bands und Publikum haben alles gegeben und dafür gesorgt, dass sich alle auch noch in vielen Monaten an den heutigen Abend erinnern werden. Großes Pop-Punk-Kino!
- Redakteur:
- Marcel Rapp