Saxon - Berlin
18.04.2007 | 13:4716.03.2007, Huxley's Neue Welt
Berlin ist ja nicht unbedingt als Hochburg des traditionellen Metals bekannt, aber dass ein Tour-Package mit SAXON, ROSE TATTOO und MASTERPLAN sogar in der Hauptstadt eine Vielzahl von Leuten anlocken würde, war für mich eigentlich im Vorfeld schon klar. Doch dass diese Bands gleich so die Massen mobilisieren würden wie an diesem Abend, hätte ich wirklich nicht erwartet. Punkt 8, als ich Huxley's Neue Welt betrete, ist die Halle schon bis in die letzte Ecke brechend voll, und man hat Mühe einen halbwegs guten Platz zu erkämpfen, von dem aus man auch etwas sieht.
Die volle Halle war an diesem Abend aber das kleinere Problem - viel schlimmer fand ich eigentlich, dass der angekündigte Zeitplan überhaupt nicht eingehalten wurde. Als ich nämlich in Huxley's Neuer Welt - wie bereits angedeutet absolut pünktlich - angekommen bin, stehen ROSE TATTOO bereits auf der Bühne und bieten dem Publikum genau das, was es von den Australiern erwartet: Dreckigen, blues-getränkten Rock 'n' Roll. Allzu viel scheine ich aber von dem Auftritt noch nicht verpasst zu haben, denn immerhin kann ich die TATTS noch eine knappe halbe Stunde live miterleben. Im Mittelpunkt steht natürlich der kleine glatzköpfige Angry Anderson, der aufgrund seines Outfits aber auch nicht zu übersehen ist - was er wirklich trägt, kann ich gar nicht sagen, aber von meinem Platz aus sieht es nach einem weißen "Strampelanzug" aus. Visuell reißt er mich also nicht wirklich vom Hocker, aber was er gesanglich bietet, ist ganz große Klasse. Aber auch die übrigen TATTS wissen an diesem Abend sehr zu gefallen, und man hat nicht das Gefühl, dass diese Band einige Schicksalsschläge - wie beispielsweise den Tod von Pete Wells - zu verdauen hatte. Da die TATTS ja erst im Februar mit "Blood Brothers" ein neues Album veröffentlicht haben, werden natürlich vor allem Songs von diesem Output zum Besten gegeben, wie beispielsweise 'Black Eyed Bruiser', 'Man About Town' und 'Nothing To Lose'. Aber auch die allerwichtigsten Klassiker fehlen nicht, und so gibt es zumindest noch 'Let It Go', 'Bad Boy For Love' und vor allem 'Nice Boys' zu hören. Gerade der letztgenannte Song wird vom Publikum lautstark mitgegrölt, und es herrscht eine richtig ausgelassene Stimmung - wirklich schade, dass die TATTS danach die Bühne schon verlassen, und trotz der "Zugabe"-Rufe nicht mehr zurückkommen. Ein toller Auftakt!
Die zweite Band des Abends ist dann MASTERPLAN, die mit "MK II" ebenfalls ein neues Album im Gepäck haben. Doch zu Beginn ihres Auftritts geben sie zunächst zwei Songs vom Debütalbum "Masterplan" zum Besten, nämlich 'Spirit Never Die' und 'Enlighten Me'. Die Band präsentiert sich dabei extrem spielfreudig, und man hat fast den Eindruck, als hätten die Musiker in dieser Besetzung schon immer zusammengespielt. Die Wirklichkeit sieht aber bekanntlich anders aus, denn insbesondere mit Mike DiMeo (ex-RIOT) und Mike Terrana (ex-... - hier kann eine von zig Bands eingesetzt werden ;-)) hat man sich im letzten Jahr namhaft verstärkt. Die Neuen machen ihre Sache hervorragend - von Mike Terrana ist man ja nichts anderes gewohnt, aber auch Mike DiMeo überzeugt mit seiner klaren Stimme. Nach den beiden "älteren" Songs gibt es aber auch noch zwei Kostproben vom neuen Album, nämlich 'Take Me Over' und 'Lost And Gone', die ebenfalls zu gefallen wissen. Bei den Fans in den vorderen Reihen - man merkt schon recht deutlich, dass die meisten Leute doch wegen SAXON und vielleicht noch wegen ROSE TATTOO gekommen sind - kommen auch diese Stücke ganz gut an, und so ernten MASTERPLAN doch mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Danach geht es aber wieder mit Material vom Debütalbum in Form von 'Crystal Night' weiter, das durch ein kurzes Gitarrensolo von Roland Grapow in 'Soulburn' übergeht. Anschließend kommen MASTERPLAN auch schon zum Ende ihres knapp 40-minütigen Auftritts, und so gibt es zum Abschluss 'Kind Hearted Light' zu hören, das die Fans noch einmal begeistert aufnehmen. Insgesamt ein mehr als ordentlicher Auftritt, bei dem mich die Setlist aber doch sehr überrascht hat - man hatte fast den Eindruck, sie wollten Werbung für ihr erstes, und nicht für ihr aktuelles Album machen.
Ganz anders gehen das die etwas reiferen Herren von SAXON an, die mit "The Inner Sanctum" ebenfalls erst vor Kurzem ein neues Album veröffentlicht haben. Sie starten gleich mit dem Opener von "The Inner Sanctum", nämlich 'State Of Grace', und nach einer kurzen Ansage von Sänger Biff Byford ("We love Berlin!") folgt auch gleich noch ein weiterer neuer Song. Es macht zwar den Eindruck, dass ein Großteil des Publikums mit dem neuen Material noch kaum bis gar nicht vertraut ist, aber der Stimmung schadet das keineswegs. SAXON werden von Beginn an lautstark abgefeiert, und als dann mit 'Killing Ground' ein etwas älterer Song gespielt wird, können auch wirklich alle mitgrölen. Biff erkundigt sich dann erstmal nach dem Befinden im Publikum und ob es auch laut genug wäre, und als das Publikum ihm zujubelt, meint er nur: "It is never loud enough!"
Nach einem weiteren Stück vom neuen Album ('If I Was You') gibt es einen kleinen Exkurs durch den SAXON-Backkatalog, angefangen bei 'Witchfinder General' (O-Ton Biff: "A slow one") über 'The Great White Buffalo' bis hin zu 'Strong Arm Of The Law' aus dem Jahr 1980. Und wie nicht anders zu erwarten: Je älter die Songs sind, desto euphorischer wird die Stimmung im Publikum. Mit 'Red Star Falling' streuen SAXON zwar auch mal wieder einen neuen Song ein, aber im Wesentlichen spielen SAXON nun erst einmal Songs aus den verschiedenen Phasen der Band. Da wären zum einen Pflichtnummern der Marke 'Power And The Glory', aber auch Stücke, die man nicht unbedingt erwarten musste, wie beispielsweise '(Requiem) We Will Remember'. Dass natürlich auch der All-Time-Klassiker 'Crusader' aus dem Jahr 1984 nicht fehlen darf, versteht sich von selbst, und dementsprechend lautstark mitgesungen und abgefeiert wird dieses Stück auch. Die Stimmung im Publikum hat nun ihren (vorläufigen) Höhepunkt erreicht, und umso erstaunter sind die Gesichter dann auch, als sich SAXON mit dem neuen Song 'I've Got To Rock (To Stay Alive)' bereits nach guten 60 Minuten verabschieden. Okay, lange bitten lassen sich die Engländer dann auch nicht, und es gibt einen ersten Zugabenblock, den sie mit dem epischen 'Atila The Hun' einleiten. Danach setzt man aber auf die Klassiker, ohne die ein SAXON-Konzert eigentlich nicht ablaufen darf, und es gibt 'Dallas 1 p.m.', '747 (Strangers In The Night)' und 'And The Band Played On' in einem Rutsch zu hören, quasi als Medley. SAXON versuchen sich anschließend wieder davonzustehlen, aber werden vom immer noch hungrigen Publikum wieder zurück auf die Bühne gebrüllt und geklatscht. Biff stellt dann erstmal ausführlich seinen Ur-Bandkollegen und Gitarristen Paul Quinn vor, der dann auch das wohl bekannteste SAXON-Riff anspielen darf: 'Princess Of The Night'. Es folgt noch 'Wheels Of Steel', bevor SAXON erneut die Bühne verlassen. Doch alle guten Dinge sind bekanntlich drei, und so gibt es noch einen weiteren Zugabenblock - mit sowohl einem Klassiker ('Denim And Leather') als auch einem neuen Song ('Ashes To Ashes'). Mit all diesen Zugaben sind SAXON inzwischen bei einer Spielzeit von knapp zwei Stunden angekommen, und jetzt kann sich eigentlich niemand mehr beschweren. Vor allem nicht, wenn man bedenkt, wie lange andere Bands heutzutage spielen - ja, ja, früher war alles besser. ;-)
Aber nicht nur die Spielzeit und damit die Quantität hat bei diesem Auftritt gepasst, sondern auch die Qualität. Die Setlist war sehr ausgewogen, die Band präsentiere sich ausgesprochen spielfreudig, und Biff ist sowieso ein großartiger Frontman, der sehr viel in Bewegung ist und auch immer den Kontakt zum Publikum sucht. Beste Unterhaltung ist bei SAXON also nach wie vor garantiert!
Setlist:
State Of Grace
Let Me Feel Your Power
Killing Ground
If I Was You
Witchfinder General
The Great White Buffalo
Strong Arm Of The Law
Red Star Falling
(Requiem) We Will Remember
Power And The Glory
Are We Travellers In Time
Forever Free
Crusader
I've Got To Rock (To Stay Alive)
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Atila The Hun
Dallas 1 p.m.
747 (Strangers In The Night)
And The Band Played On
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Princess Of The Night
Wheels Of Steel
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Denim And Leather
Ashes To Ashes
- Redakteur:
- Martin Schaich