Scheddelspalter Pt. 2 - Leipzig

29.04.2007 | 19:15

13.04.2007, Kulturbundhaus

Samstag, 14.04.

Der zweite Tag des Festivals stand ganz im Zeichen des Hardcores. Wieder hatte Ringo fünf Bands aus der Umgebung eingeladen, um den Fans zu zeigen, dass auch im Osten guter Hardcore gespielt wird. Dieser Abend war aber beileibe nicht so gut besucht wie der Metalabend, denn es verirrten sich schätzungsweise einhundert Gäste in den Raum des Kulturbundhauses in Leipzig.

Gegen neun legten dann die Leipziger Band FINAL ROUND CREW los. Auffallend war der Sänger, der trotz recht dunkler Lichtverhältnisse im Saal eine Sonnenbrille tragen musste. Ist wahrscheinlich cool und leider war diese Begebenheit auch die einzig auffällige. Viel zu stumpfer Hardcore der Marke HATEBREED und Konsorten boten die Jungs mit ähnlichem Rumgepose. Der Sound war okay, doch die Songs zündeten einfach nicht, weil alles schon zig Mal besser gehört. Einzig ein paar Bekannten schien die Musik zu gefallen, denn die erwärmten sich auf die typische Hardcore-Manier schon mal für die weiteren Bands.

CORZ, die Leipziger Spaß-Punk-Metal-Rock-Urgesteine, durften als nächstes die Bretter betreten und boten eine gar lustige Show. Die Songs trugen Titel wie 'Holzbein', 'Plastic Lady' oder 'Keine Ahnung', und daran erkennt der geneigte Leser schon, dass auf Deutsch vorgetragen wurde. Somit fiel einem das Verständnis leichter. Weiterhin entledigte sich Sänger Kleini während der Show insgesamt fünf T-Shirts und einer langen Hose, so dass er am Ende immer noch ein Shirt und eine kurze Hose anbehielt. Die Songs waren "corz" und schmerzlos, doch war das anwesende Publikum nicht so ganz die richtige Zielgruppe. Deswegen sehr unterhaltsam, aber leider fehl am Platze. Sie hätten eher in einen Coverabend voller betrunkener Metaller gepasst.

'The Boys Are Back In Town' wurde leider nicht gespielt, aber dennoch hielten die Leipziger FARMERS BOULEVARD mit wehenden Fahnen Einzug in den Saal und zeigten allen Anwesenden mal so richtig, wo der Hammer hängt. Definitiv die beste Band des Abends. Obwohl ich den Noch-Vierer schon einige Male gesehen habe, war dieses Konzert eines der besten. Die Show sprühte nur so vor Energie, noch ein wenig mehr und die Jungs hätten selber Strom erzeugt. Songs wie 'Trust In Me', 'Identity', 'The Sixth Sense' oder 'Hardcore Is Fucking Dead' gingen runter wie ein Schluck kühles Bier. Wobei letztgenannter immer wieder falsch verstanden wurde, denn Sänger Haschek beschreibt darin den Werteverfall innerhalb der Szene und das Zustandekommen einer Modeerscheinung Hardcore. Hascheks Bühnenperformance erinnerte an Barney von NAPALM DEATH, denn auch er nutzte jeden cm² der vorhandenen Fläche. Wahnsinn, selbst die Leute im Saal konnten sich dem New-School-Sreamo nicht entziehen und rückten immer weiter nach vorne.

Die Lichtensteiner Band AFTER RISING SUN hatten extra den Platz mit FARMERS BOULEVARD getauscht, weil diese am nächsten Morgen zu einer Minitour nach Polen aufbrechen und deswegen nicht so spät spielen wollten. Bei AFTER RISING SUN kam jeder Fan der Metalcore-Klänge auf seine Kosten, denn die fünf boten eine gute Vorstellung. Nicht herausragend, aber gut. Denn auch hier tritt leider der Übersättigungsfaktor auf, wie bei FINAL ROUND CREW. Inzwischen gibt es so viele Bands, die gleich klingen und man schon echt gut sein oder wenigstens irgendwelche Besonderheiten innerhalb der Musik haben sollte, um noch aufzufallen. Und das geschah leider nicht. Die Songs vereinten alle Trademarks der Richtung; melodische Riffs, druckvolles Drumming, den Wechsel von Moshparts und Uptempostellen und einen stimmlich versierten Shouter. Aber es kam nichts Spezielles. Erwähnenswert der Song 'Together Alone', welcher echt topp war.

Daraufhin und nach bekannter Umbaupause wurde es laut, sehr laut, zu laut. Der Techniker, der bei folgendem Hauptact FINAL PRAYER an den Reglern saß, muss wohl vergessen haben seine Ohrenstöpsel herauszunehmen, denn diese Lautstärke ging gar nicht mehr. Die Berliner sprangen für ursprünglich geplante FULL SPEED AHEAD ein. Und sie legten los, als ob es das letzte Gebet werden sollte an diesem Abend. Hier schallte wesentlich druckvollerer Hardcore aus den Boxen als bei den Openern, obwohl es die gleiche Musik war. Doch verfügen FINAL PRAYER auch schon über ein wenig mehr Erfahrung. Und so legte eben jene oben erwärmte "Turnergruppe" los und zeigte, wie sich zum Hardcore bewegt wird. Sorry, aber ich verstehe den Sinn dieser Art von Tanzstil überhaupt nicht. Naja, auch FINAL PRAYER spielten gut, doch leider hielt der Schreiber die Lautstärke trotz Ohrenstöpsel nicht lange aus und weiß deshalb nichts über den Ausgang des Abends.

Alles in allem ein nicht ganz so guter Abend wie am Freitag, obwohl sich alle Mühe gaben und die Anwesenden Fans ihre Freude hatten. Veranstalter Ringo hat auf jeden Fall ein Ereignis geschaffen, was lohnt größer zu werden, um eventuell auch mal Bands spielen zu lassen, die nicht nur aus der Umgebung kommen und hier teilweise schon überrepräsentiert sind.
[Hendryk Beyer]

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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