Subway To Sally - Neu-Isenburg

28.04.2009 | 20:43

23.04.2009, Hugenottenhalle

Für die Frankfurter Batschkapp längst zu groß geworden, müssen SUBWAY TO SALLY sich auf ihrer "Kreuzfeuer"-Tour in der bürgerlichen Neu-Isenburger Hugenottenhalle niederlassen. Doch keine Sorge - auch hier laufen sie zu alter Stärke auf.

Heute Abend sehen wir eine Legende. Das jedenfalls ist die Auffassung von Martin Engler, Sänger der Gothic-Formation MONO INC., die am Donnerstagabend in der Neu-Isenburger Hugenottenhalle das Vorprogramm für SUBWAY TO SALLY gestaltet und diese Ehre der Einladung des Haupt-Acts selbst verdankt. Und tatsächlich machen die Hamburger ihren Job ganz gut. Ihr elektrolastiger Gothic Rock hat einen erfreulichen Unterhaltungswert, der gepaart ist mit zugänglicher Melodiösität. Und Martin Engler reizt mit seiner teddybärhaften Performance am Mikro zuweilen auch zum Lachen. Eine Dreiviertelstunde erwecken MONO INC. die SUBWAY-Jünger aus der Feierabendschläfrigkeit, dann ist es Zeit, die Bühne für die Potsdamer zu räumen.

Erfreulicherweise werden die Fans also nicht mit einer zweiten Vorband auf die Folter gespannt, sondern SUBWAY TO SALLY betreten schon kurz nach 21.00 Uhr die Bühne. Und um es vorwegzunehmen: Sie werden Zeit brauchen. Fast zwei Stunden Spielzeit mit allen Zugaben werden in der von Eric Fish zunächst als spröde empfundenen Hugenottenhalle geboten. Seine Ambitionen, in der unterkühlten Location die kuschelige Stimmung der Frankfurter Batschkapp zu erzeugen, sind schon bald umgesetzt.

Im Mittelpunkt des Programms stehen natürlich die Songs der neuen Scheibe "Kreuzfeuer", zu der das Septett – marktstrategisch nicht ungeschickt – das Popsternchen EISBLUME eingeladen hat, das mit seiner Coverversion von SALLYs gleichnamigem Song der "Nord Nord Ost"-Scheibe auf sich aufmerksam gemacht hat. 'Komm in meinen Schlaf' darf das Eisblümchen diesmal mitsingen und stellt damit das Intro der heutigen Show dar. Im Anschluss wird es dann mit 'Besser du rennst' gleich eine Spur fetziger, was nicht zuletzt an dem eingängigen Refrain liegt, den die Anwesenden bereits wenige Wochen nach Erscheinen des "Kreuzfeuer"-Rundlings mitsingen können.

SUBWAY TO SALLY zeigen sich von Beginn der Show an in gewohnter Qualität. Eric Fish lässt es sich dabei nicht nehmen, die jüngeren Fans, die er im Publikum vermutet, auf alte Traditionen hinzuweisen, und so werden alle immer mal wieder auch zum Schrei aufgefordert, der ebenso dazugehört wie einige andere gern gehörte ältere Nummern der früheren Alben. So geht es mit dem 'Veitstanz' zurück zum "Herzblut"-Album und mit 'Minne' zum Album "Hochzeit". Besonders stimmungsvoll gelingt die Darbietung des immer wieder auch durch seine ausdrucksstarke Metaphorik bestechenden 'Kleid aus Rosen'.

Eric Fish hält die Fans bei Laune und vergisst dabei auch nicht den Dank. Dass es die Begeisterung des Publikums ist, die ihn seit Jahren dazu veranlasst, sich den Arsch auf der Bühne aufzureißen, lässt er wissen und wirkt dabei immer noch gar nicht abgehoben.

Der Streifzug durch die frühen Alben offenbart, dass SUBWAY TO SALLY sich über die Jahre wegentwickelt haben, von den schlichten Mittelalterrockern hin zu einer Band, die auf bemerkenswerte Weise mystische Themen und inzwischen auch spirituelle Lebensfragen verarbeitet. Die alten Themen mithin machen immer noch Spaß, und so kann endlich einmal wieder mitgesungen werden bei 'Mephisto'.

Etwas kurz kommt die Auswahl aus der vorletzten Scheibe "Nord Nord Ost", aber dafür sind die aktuellen Stücke des "Kreuzfeuer"-Albums allesamt überzeugend.

Nach über einer Stunde verabschiedet sich die Band erstmals von der Bühne, um dann noch zweimal für ausgiebige Zugaben zurückzukommen. Ein amüsantes Spiel ereignet sich dabei, als die Fans den ritualisierten "Blut-Blut-Räuber-saufen-Blut"-Gesang einstimmen. "Was singt ihr das? Unglaublich! So was kann man doch nicht singen!", echauffiert sich Eric, um sich zu fortgesetzter Stunde dann doch zu dieser Hymne hinreißen zu lassen.

Das Ende bildet an diesem Abend ein Stück vom neuen Album. Etwas zum Nachdenken, wie Eric feststellt, und das scheint der Song mit dem Titel 'Vater' denn auch zu sein. Den Bühnenhintergrund in tiefrote gotische Kirchenfenster getaucht, wird zum Abschluss ein religiös anmutendes lyrisches Gewebe dargeboten, das viel Interpretationsspielraum dafür lässt, was hier eigentlich ausgesagt werden soll.

Die sympathischen Musiker verabschieden sich um kurz vor elf nachts und hinterlassen den Eindruck, auch nach siebzehn Jahren noch mit gleich bleibender Energie und erkennbarer Freude auf der Bühne zu stehen wie in den Anfangsjahren. Das neue Album, das hier heute Abend in ausgewogenen Teilen präsentiert wurde, ist kein sich wiederholender Abklatsch der eigenen Masche, sondern eine mit metaphorischem Tiefgang gezeichnete Gesamtkomposition, die auch live zündet. Es war gut, beim "Kreuzfeuer" dabei gewesen zu sein.

Redakteur:
Erika Becker

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