Summer Breeze - Dinkelsbühl
08.09.2006 | 01:0017.08.2006, Festivalgelände
Donnerstag, 17. August
Noch etwas orientierungslos wandern wir erst mal über das neue Gelände und freuen uns auf bekannte Gesichter, nette Kollegen und einen prallgefüllten Bier-Kühlschrank am Stand. Die Freude wird aber etwas getrübt, als es zuerst heißt, VOLBEAT hätten abgesagt, doch das Gerücht wird zum Glück nicht bestätigt, und die Elvis-Dänen stecken lediglich mit kaputtem Auto fest und spielen später. Dafür stellt sich die Absage von REGICIDE schnell als traurige Wahrheit heraus, und so dürfen die Jungs von SUBCONSCIOUS spontan das Festival auf der großen Bühne eröffnen. Wir lassen uns von dem Chaos nicht aus der Ruhe bringen, und das - entgegen aller Voraussagen - perfekte Wetter tut sein Übriges, um den Tag zu versüßen. Sonne, Metal, Bier und nette Leute, was will man mehr? Eben!
SUBCONSCIOUS
"Das sind aber nicht VOLBEAT?" wundern sich einige Kollegen im Fotograben und Fans in der ersten Reihe über die plötzliche Planänderung. Tatsächlich, hier stehen ein paar Jungspunde auf der Bühne, die mit dem Sound und Image der Dänen so rein gar nichts zu tun haben. Macht nix, immerhin sind VOLBEAT ja später noch aufgetaucht und auch wenn die Absage von REGICIDE am Ende doch schmerzt, schaffen es SUBCONSCIOUS einen überzeugenden Gig hinzulegen. Talent haben sie ja und der Death Metal mit ordentlich proggigen Einflüssen lässt mich schnell die müden Lauscher weit aufsperren. Aber hallo, das ist mehr als nur amtlich und spätestens nach 10 Minuten findet auch das überraschte Publikum diese Kost im ATHEIST-und-Co.-Gewand lecker. Ein guter Einstieg!
[Caroline Traitler]
TOURETTES SYNDROME
Wir schreiben das Jahr 2006. Dieses Jahr ist für mich eines dieser, wo ich sehr oft den sogenanten Aha-Effekt habe. Ich habe viele neue Bands entdeckt die in meinem Musikalischen Geschmack passen. Um so mehr bin ich nun auf TOURETTES SYNDROME gespannt die ja aus Sydney kommen. Mal schnell auf die Uhr schauen, 13:35. Und sie kommen auf die Bühne. Die ersten Töne und Riffs aus der Gitarre erklingen - och Nö. Nicht schon wieder so ein New-Metal-Kram aus der Dose. Dieser Gedanke löst sich aber nach dem dritten Stück in Rauch auf, und was ich nun höre, legt meine Kinnlade Richtung Boden. Die TOURETTES SYNDROME-Combo macht ja echt was her. Sehe ich da mit meinen verschlafenen Augen etwa Chris Barnes von SIX FEET UNDER auf der Bühne wuseln? Scheint so, wenn man den Sound nun hört. Bretterhart, abwechslungsreich und für meine Begriffe für diese Uhrzeit wirklich Death/Crossover/New Metal vom Feinsten. So sehen es auch die Scharen von Fans vor der Painstage. Auch Sängerin Michele Madden wirbelt fleißig mit den Rastahaaren, und das Publikum versucht dies fleißig nachzumachen. Was auch gelingt. TOURETTES SYNDROME heizen der Menge gehörig ein, und soundtechnisch gibt es wirklich etwas auf die Ohren. Ohne Zweifel hat Frontfrau Michele eine mannshohe, brachiale Stimme mit der sie so manchen an die Wand brüllt.
"Die kommen wirklich aus Sydney?", werd ich ein paar mal gefragt. Ja, aus Sydney. Wow - verdammt langer Weg bis nach Dinkelsbühl. Aber wie man sieht, lohnt sich auch ein weiterer Weg, um einer Menge wilder moshfreudiger und süchtiger Metalfans mal so richtig eins auf die Ohren zu geben. Auch die Frage ob nun Mann oder Frau das Mikrofon hier schwingt, wird von meiner Seite aus behutsam geklärt. Ja, es ist eine Frau mit einer durchschlagskräftigen Stimme. Ihr möchte ich nicht nachts begegnen. Oder etwa doch? Auf alle Fälle will ich nun von TOURETTES SYNDROME noch mehr hören und gehe nun Fix in den Nonfood-Bereich eine CD kaufen.
[Andreas Grzybowski]
VOLBEAT
Stille... Eigentlich ungewöhnlich für das Summer Breeze, denn kaum ist die Show auf der einen Bühne zu Ende, startet schon die nächste Band auf der anderen Bühne. Doch jetzt gibt's nur Stille, und das bringt mich erst mal zur traurigen Einsicht, dass VOLBEAT es doch nicht rechtzeitig zu ihrem Ersatz-Termin auf der Main Stage geschafft haben. Etwas deprimiert gehe ich also auf die Suche nach was Essbarem, als mir plötzlich die ersten bekannten Töne der Dänen um die Ohren fliegen und ich in Windeseile wieder vor der Bühne lande. Die Hoffnung auf eine ebenso geniale Show wie am Rock Hard Festival gebe ich nach dem ersten Song fast auf, denn die Dänen wirken heute müde, ausgelaugt und gestresst, und das wirkt sich auch auf die sonst so treffsichere und schöne Stimme von Michael Poulsen aus, der beim ersten Song mit den richigen Tönen zu kämpfen hat. Und gerade, als sich VOLBEAT auf der Bühne akklimatisiert haben und wieder zur Bestform auflaufen, ist das Spektakel schon wieder zu Ende. Später erfahre ich von Michael, dass sie Probleme mit ihrem Bus hatten, der 200 Kilometer vor Dinkelsbühl einfach den Geist aufgab, und so musste man die Jungs in der Pampa aufgabeln und schickte sie von ihrer Odyssee direkt auf die Bühne, die sie trotz neuen Slots etwa 15 Minuten zu spät erreichten. Schade, denn VOLBEAT sind sonst immer Garant für eine geniale Live-Show und wären ein guter Einstieg für das Summer Breeze Festival gewesen. Der einzige Trost zu diesem kleinen Desaster ist allerdings, dass die Dänen bald mit ihren Landsmännern von RAUNCHY und HATESPHERE auf Tour gehen.
[Caroline Traitler]
UNDERTOW
UNDERTOW kenne ich nun seit geraumer Zeit und finde diese Band immer wieder gut, besonders wegen ihrer Dynamik und der Power, die sie verbreiten.
So erwarte ich voller Vorfreude, die Jungs von UNDERTOW wieder in altbekannter Aktion sehen zu können. Allerdings - an einem Donnerstag um 14:45 die Festivalbühne zu betreten, ist schon eine etwas größere Herausforderung als nur einen Drachen zu besiegen. Da heißt es gegen eine Menge müder Metalfans anzukämpfen. Das Wetter begünstigt heute diesen Kampf, denn es ist überraschend heiß und trocken, wenngleich es noch bis 11:30 Uhr in der Früh regnete und so mancher Fan seinen Kaffee im Nassen schlürfen musste.
Somit bin ich schon ein wenig verwundert, dass sich nun um diese Uhrzeit so viele Fans vor der Bühne versammelt haben um UNDERTOW zu sehen. Aber was macht man nicht alles, um mal wieder kräftig abzurocken?
UNDERTOW legen auch gleich brachial los und heizen die Menge mit dem Knaller 'Stomping Out Ignorance' so richtig ein. Sänger und Frontman Joschi gewinnt gezielt durch seinen bayrischen Dialekt die letzten noch nicht überzeugten Zuhörer. UNDERTOW spielen alte wie neue Songs und zeigen uns wieder einmal mehr, wo der Hammer wirklich hängt. Sie brettern ihre Songs mit einer Perfektion herunter, dass einem immer wieder der Atem stockt und man einfach nicht genug von dieser Band bekommen kann - leider nur sechs Stücke lang.
UNDERTOW: eine Band, die immer wieder ein gewisses Etwas hinterlässt, das einen mit Spannung ihren nächsten Gig erwarten lässt.
[Andreas Grzybowski]
Setlist:
Stomping Out Ignorance
Two Fingers
Missing Link
Homemade Funreal
Crawler
D-Mood
Behind The Scenes - Meet & Greet Pt. 1
In Zusammenarbeit mit den Kollegen von metal.de und STALKER.cd finden erstmalig - neben den bewährten POWERMETAL.de-Autogrammstunden - Meet & Greet-Aktionen mit verschiedenen Bands statt, zu denen wir einige Fans in die geheiligten Backstage-Bereiche entführen. Leider schaffe ich es nicht rechtzeitig zum Date mit MOONSPELL, über das euch daher Kollege Thomas Weeber von metal.de berichtet:
"Bei einem netten Bierchen haben zwei Fans die Gelegenheit, Fernando, Ricardo, Pedro und Miguel am Donnerstag ein wenig mit Fragen zu löchern. Zwar hätte die Atmosphäre etwas weiter Backstage wohl etwas entspannter sein können, aber aufgrund fehlender Backstage-Pässe für die Gewinner muss das Treffen hinter dem metal.de-Stand stattfinden. Wenn ich aber recht drüber nachdenke, ist das doch sicher viel schöner! Da der Terminplan der Band aber ziemlich voll ist, sollte das Treffen nur von kurzer Dauer sein. Nach gut zehn Minuten ist schon Schluss; den glücklichen Gewinnern drücken wir dafür noch ein paar Shirts in die Hände, was die Mundwinkel noch ein Stückchen weiter Richtung Ohren wandern lässt. MOONSPELL, Sonnenschein, Freibier und Gratis-Shirts. Was will man noch mehr?"
[Elke Huber]
NEAERA
Nach dem ganzen Hin- und Hergeschiebe bei den vorigen Bands fangen NEAERA überpünktlich an. Der Sänger kreischt und grunzt sich einen ab, während die Saitenkollegen so gut es geht versuchen, ihre kurzen Haare zu schwingen. "Okay Summer Breeze, jetzt will ich was sehen", brüllt der Frontman ins Mikro, aber viel ist noch nicht los vor der Bühne. Das mag zum einen an der Uhrzeit von halb vier liegen, zum anderen aber auch daran, dass die fünf Münsteraner zwar netten Metalcore, angereichert mit ein paar melodischen Riffs, spielen, es aber davon inzwischen viel zu viel auf dem Markt gibt. Und bezeichnenderweise ist auch der Metalcore-Anteil beim Breeze dieses Jahr etwas hoch geraten, was nicht nur mir auffällt. Als wolle das SB ein kleines With Full Force samt Hardbowl werden. Wie auch immer, der NEAERA-Sänger versucht weiterhin, die Menge mit ehrlichen Ansagen auf seine Seite zu ziehen: "Das ist unser größtes Festival bisher, ich hätte mir fast in die Hose gemacht!" Und nachdem er den nächsten Song angekündigt hat, wird auch der erste Crowdsurfer herumgereicht.
[Carsten Praeg]
ANGEL BLAKE
ANGEL BLAKE sind für mich die Überraschung des Festivals! Auf ihrem Album haben die Jungs schon beeindrucken können, doch die Live-Umsetzung verschlägt einem fast den Atem, und man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, ob der tollen Stimme von Sänger Tony Jelencovich oder dem arschtighten Auftreten der gesamten Band. Besonders cool und einfach nur außergewöhnlich ist vor allem auch Bassist Örjan Wressel der mit einem richtigen Kontrabass auf die Bühne kommt, so was hab ich bei einer Metalband noch nie gesehen (auch wenn das Ding am Anfang technische Zicken macht)! Der Kontrabass trägt auch zu diesem rotzigen Sound bei, der ANGEL BLAKE so besonders macht, und die Ohrwürmer en Masse lassen sich nicht mehr so leicht aus den Gehörgängen entfernen. Kaum zu glauben, dass ANGEL BLAKE die neue Band von THE CROWN-Gitarrist Marko Tervonen sind, denn mit brutalem Death Metal haben die Engel recht wenig zu tun. Hier gibt's eher melodische Kost auf die Glocke, die verfeinert mit coolen Thrash-Parts, Melo-Death, Dark Metal und Rock'n'Roll richtig Spaß machen. Da die Band bis jetzt nur ein Debütalbum veröffentlicht hat, wird dieses fast komplett durchgespielt, und am Ende freut man sich, dass Sänger Tony jetzt doch nicht zu MNEMIC gegangen ist und uns hoffentlich weiterhin mit ANGEL BLAKE erhalten bleibt. Man darf gespannt auf mehr sein, aber der erste große Auftritt wäre mit Bravour überstanden!
[Caroline Traitler]
THE HAUNTED
Diese Band fasziniert mich. Ich muss immer an die News in einem bekannten Szenemagazin denken, wo stand, dass eine Tour abgesagt werden musste, und zwar wegen Kehlkopfbluten (- wie Metal!) des damaligen Sängers Marco Aro. Wegen zuviel extensiven Schreiens...
Ja, THE HAUNTED sind aggressiv, da geht was, aber auch super-melodisch, sowieso bin ich grad voll auf dem AT THE GATES-Trip, und wie man vielleicht weiß, spielten die Björler-Brüder früher bei diesen hochbegabten Melodic-Deathern. Lange Rede kurzer Sinn, auf zum ersten Summer Breeze-Höhepunkt!
Das affengeile Intro 'Dark Intensions' deutet schon an, dass es nun eine Dreiviertelstunde knallen wird. Und das tut es dann auch. Sänger Peter Dolving ist ein cooler und sympathischer Fronter mit einer Hammer-Stimme und vor allem die Songs des "rEVOLVEr"-Albums kommen mit einer unbändigen Energie daher. Es wird geschickt variiert zwischen langsam auffe Fresse, midtempo-groovig auffe Fresse ('All Against All') und voll auffe Fresse ('Bury Your Dead', 'Hate Song') so dass es für Leute, die mal so richtig metaln (Sammelbegriff für alles was man so tut, wenn mal so richtig Metal hört: Headbangen, Luftgitarre und so...) wollen, ein Festakt ist! Bitte noch mal!
[Thomas Becker]
SALTATIO MORTIS
Irgendwie hat die Painstage ihren Namen auf dem neuen Gelände gar nicht mehr verdient. Wo einst grobe Steinbrocken und Schlaglöcher für blutige Körperteile beim Moshen sorgten, bettet sich nun sattes Grün unter die Fußsohlen. Sei's drum, Feuerbrünste können auf der neuen "Kuscheliges-Grün-Bühne" immer noch auflodern, vor allem, wenn SALTATIO MORTIS aufspielen. Sänger "Alea, der Bescheidene" feuert das Publikum unentwegt an, während seine Spielmannskollegen 'Salz der Erde' und 'Falsche Freunde' aus den Dudelsäcken quetschen. Dummerweise wird das ganze vom lauten Soundcheck gleich nebenan begleitet, was von einer weniger guten Bühnenanordung als bisher zeugt. Alea lässt sich nicht davon stören, springt mit nacktem Oberkörper über die Bühne, hisst eine Piratenflagge und verkündet, seine Band sei 'Keines Herren Knecht'. "Flossen hoch!" ruft er vor dem 'Palästinalied', das zwar etwas schief klingt, aber trotzdem ist der Band der Spaß anzumerken, auch bei ernsteren Songs. "Es gibt immer ein paar Arschlöcher wie die Kirche oder die Regierung", verkündet Alea und würde diese gern mit zu 'Des Königs Henker' nehmen. Dann werden wieder ein paar Anekdoten aus dem Privatleben ausgepackt: "Ich wollte vor kurzem zwei Mädels abschleppen" berichtet Alea, "aber mein Autoschlüssel war plötzlich weg." Kann passieren, aber die Mannheimer hatten auch schon bessere Storys auf Lager. Dafür springt Alea anschließend auf die Absperrung des Fotograbens, und sogleich recken sich ihm mehrere Trinkhörner entgegen, während zu 'Licht und Schatten' ein letztes Mal die Hände klatschen.
[Carsten Praeg]
MOONSPELL
Ob man den Auftritt der portugiesischen Düsterformation nun letztendlich klasse findet oder nicht, hängt stark davon ab, wie man dem aktuellen Album gegenüber steht. Für die einen ist "Memorial" der einzig legitime "Irreligious"-Nachfolger, an dem sich MOONSPELL immer noch messen lassen müssen, für die anderen - und dazu zähle ich mich - ist es nach den deutlich experimentelleren Werken dazwischen ein unnötiger stilistischer Rückschritt, dem obendrein der fade Beigeschmack des kommerziellen Kalküls anhaftet. Denn so abwechslungsreich und meiner Meinung nach spannend das musikalische Schaffen von Fernando Ribeiro und seinen Mitstreitern in den letzten Jahren war, so sind es doch Songs wie 'Wolfshade' und 'Alma Mater' ("Wolfheart") oder 'Opium' und 'Full Moon Madness ("Irreligious"), die den Großteil ihrer Fans auch zehn Jahre später noch kollektiv zum Ausrasten bringen. Was natürlich auch auf dem Summer Breeze wieder der Fall ist und gleichzeitig demonstriert, dass "Memorial" zwar klingt wie eine gute "Irreligious"-Kopie, aber noch lange nicht das Zeug zum Klassiker hat.
An der knapp einstündigen Show stört mich aber am meisten, dass neben den bereits erwähnten Hits gefühlte 100 Prozent der neuen Scheiblette zum Besten gegeben werden. Gleich zu Anfang gibt es mit 'Finisterra', 'Momento Mori' und 'Blood Tells' ein sehr eindimensionales Trio, und ich verliere später eine Wette, als ich mich zu der Äußerung hinreißen lasse, dass nach dem darauf folgenden Klassiker-Dreierpack wohl kaum mehr als zwei Songs der restlichen Alben in die verbleibende Setlist passen. Denn tatsächlich klammern MOONSPELL alles von "Sin/Pecado" bis "The Antidote" komplett aus. Auch der visuelle Aspekt der Live-Show ist eher altbacken. Fernando betritt - huch, wie originell! - mit einem roten Mantel bekleidet die Bühne, den er - ach, wie überraschend! - nach dem ersten Song in die Ecke befördert und uns mit seinen durchaus ansehnlichen nackten Oberarmen erfreut.
Ich mag mit meiner negativen Meinung über den MOONSPELL-Auftritt ziemlich alleine dastehen, aber AMORPHIS demonstrieren am nächsten Tag, dass man sich auf seine Wurzeln zurückbesinnen und seinem bisherigen Schaffen trotzdem treu bleiben kann. Und darin liegt für mich die viel größere Kunst.
[Elke Huber]
1349
Während sich die Sonne langsam dem Horizont nähert, betreten mit 1349 eine der wenigen Pandabärchen diesen Jahres die Painstage. Nach dem diese vergangenen Sommer von gleich fünf Schwarzmetalcombos zerlegt wurde, sind die Norweger um SATYRICON-Drummer Frost als fast einzige Vertreter ihres Genres eine gute Wahl. Schade, dass für die Schwarzheimer diesmal nicht so viel geboten wird, aber 1349 entschädigen ein ganzes Stück weit. Frost verzichtet ausnahmsweise auf sein obligatorisches halbstündiges Warmgeboller, und zum apokalyptischen Intro von 'Hellfire' betreten seine Kollegen die Bühnenbretter, um sofort Riffs wie Eiszapfen und ein ultraschnelles Doublebass-Gewitter über die Köpfe der Zuschauer zu jagen. Sänger Ravn blickt finster hinter seiner schwarz-weißen Schmike hervor, reißt seinen Arm - den ein Stachelarmband ziert, als wolle er eine ganze Elchherde aufspießen - zum Satansgruß empor, und sofort recken sich ihm dutzende von Pommesgabeln entgegen. "Höi, höi" feuert er die Fans zum schleppenden Anfang von 'Singer Of Strange Songs' an, während Frosts Schlagzeug-Attacken gleich darauf durch Mark und Bein gehen. Die Saitenfraktion bangt synchron dazu, aber fehlt da nicht ein Gitarrist? Egal, dafür gerbt Frost die Felle, als wenn's kein Morgen gibt. Ein kurzes Zwischenintro, und weiter geht's im Knüppeltakt. Ravn springt in den Fotograben, klatscht die erste Reihe ab, und da Anfangs keine Zeit für Frosts Warm Up draufging, können die Norweger ihre 45 Minuten auch voll durchprügeln. Hell Fuck!
[Carsten Praeg]
FINNTROLL
Eine halbnackte Dame im Lendenschurz und mit Kriegsbemalung hüpft in Richtung Hauptbühne - das kann doch nur eins bedeuten: Gleich gibt's erstklassigen Humppa-Metal von den finnischen Genre-Erfindern persönlich. Immer noch ohne ein neues Album im Gepäck ziehen FINNTROLL seit über zwei Jahren durch die Lande, so dass man eine zwar gute, aber doch altbekannte Show erwartet. Wie gewohnt legen die Finnen dann auch mit 'Människopesten', dem Opener des letzten Albums, los. Alles beim Alten, bloß der neue Sänger beansprucht nur ungefähr ein Drittel des Bühnenplatzes wie sein schwergewichtiger Vorgänger. Ansonsten auch alles wie gehabt? Weit gefehlt, denn das Sextett präsentiert gleich zwei neue Songs: Extrem Bangkompatibel, aber auch episch und eben typisch FINNTROLL. Nur der dudelige Zwischenpart animiert hinterm Hammer-Bus doch eher zu ägyptischen Tanzeinlagen bei den Kollegen. Dann heizen die Finnen die Stimmung aber gleich weiter an und sorgen mit ihrer Bandhymne 'Trollhammaren' für kollektives Mitgrölen. Immer wieder werden echte Black-Metal-Attacken losgelassen, die zwischendurch aber auch mal aufgelockert werden. Und sei's, dass der Keyboarder mal kurz die Titelmelodie von "Knight Rider" anspielt. Yeah, David Hasselhoff-Revival ;-)
Mit 'Fiskarens Fiende' wird das reguläre Set beendet, ehe FINNTROLL ihrer Fanschar noch einen letzten Song servieren und unter Applaus die Bühne verlassen.
[Carsten Praeg]
Behind The Scenes - Meet & Greet Pt. 2
Dass THE HAUNTED-Frontschreihals Peter Dolving zu Recht (wieder) das Aushängeschild der Schweden ist, zeigt sich bei unserem zweiten Meet & Greet, denn schon etwas vor der verabredeten Zeit stürzt Peter sich mit Begeisterung in das Gespräch mit den GewinnerInnen Jenny Schmitt und Marvin Brendel und bleibt auch dann noch Wortführer, als sich seine (etwas müde wirkenden) Bandkumpels dazugesellen. Wobei Gewinner Marvin fast selbst zum Star der Aktion mutiert, denn sein über den ganzen (!) Rücken reichendes Tattoo, bestehend aus einer physikalischen Formel, die irgendwas mit Musik zu tun hat, sorgt für reichlich Gesprächstoff, und seine unbefangene Art, mit dem nicht gerade unbekannten Musiker zu plaudern, lässt das Treffen offensichtlich für beide Seiten äußerst kurzweilig verlaufen.
[Elke Huber]
ASP
Irgendwie zieht's mich überhaupt nicht zur lila angestrahlten Bühne. Was hab ich mir bloß dabei gedacht, ASP rezensieren zu wollen? Ach ja, zwecks Verriss. Wie, wir haben auch das Wort "Gothic" unter unseren Logo stehen? Schon gut, schon gut, ich geh ja schon. 'Besessen' und 'Sing Child' sind schon herübergedröhnt, und als ich vor der Bühne ankomme, schmettert der geschminkte Glatzkopf ASP gerade 'Und wir tanzten'. Die Nosferatu-Inkarnation fuchtelt mit dem Armen, lässt sich fallen, rafft sich wieder auf und greift sich an den kurzen, schwarzen Zopf am Hinterkopf. Vor der Bühne vermutet man zu recht eine ganzen Schar Gruft-Schneckchen, hinzu kommen auch noch ein paar jugendliche Kurzhaar-Grufties, die theatralisch mit den Armen herumschlackern. Zu manchen Refrains singen aber selbst Metaller mit. Und natürlich verlassen Sänger ASP und seine Kollegen die Bühne nicht ohne ihren Club-Hit 'Ich will brennen', zu dem ein kleines Feuerwerk in die Luft geschossen wird. Hm, okay, war ganz nett, ich geb's zu.
KREATOR
Rot angestrahlter Nebel weht über die Bühne. Dann sind drei Gestalten zu erkennen, ehe schlagartig 'Enemy Of God' aus den Boxen kracht. Die Thrash-Legende hat die Premiere einer ganz neuen Bühnenbeleuchtung angekündigt, und dementsprechend legen sich Mille und die seinen ins Zeug. Hinter ihnen flackern haufenweise LEDs, noch nicht ganz im Takt, aber schön anzusehen. Mille läuft auf die Empore über den Leuchtröhren und haut die ersten Riffs von 'Impossible Brutality' raus. "Kreator! Kreator!"-Rufe im Publikum, ehe es mit Flackerlicht und 'Extreme Aggressions' gleich weitergeht. Die Ruhrpott-Thrasher gehen ein wahnsinniges Tempo, hauen eine Bandhymne nach der anderen raus, ehe 'Voices Of The Dead' eine kurze Pause setzt. Notiz am Rande: Als ein Bühnenfotograf Gitarrist Sami zu nah auf die Pelle rückt, schnappt ihn ein Security am Schlawittchen. Eine weitere Gestalt kommt herbei gesprungen, ein paar klärende Worte - und den Rest des Gigs habe ich noch nie einen Knipser derart nah an den Musikern gesehen. Anyway, dunkle Rauchsäulen steigen empor, begleitet von 'Violent Revolution'. Wo steckt Mille? Wieder auf der Empore, um den Text von dort zu singen. Mit dem Nachteil, dass er dort oben wohl nach eigener Aussage kaum etwas von seiner Gitarre sieht. Im Publikum merkt man davon jedoch nichts, und Mille vermehrt die Ansagen an seine Fans: "Beim nächsten Song waren einige von euch erst in Planung: 'Awakening Of The Gods'!" Das Publikum geht voll mit, was den Sänger zum Schmunzeln bringt. "Das sieht von hier oben aus, als würdet ihr euch umbringen", kündigt Mille 'Pleasure To Kill' an. Die vielen Songs vom aktuellen Überalbum werden weiter durch Klassiker à la 'Phobia' ergänzt und machen diesen Gig vielleicht zum meistumjubelten des ganzen Festivals.
[Carsten Praeg]
KATATONIA
Die Vorfreude auf KATATONIA ist extrem groß, denn leider habe ich die Tour zum brillianten "Great Cold Distance"-Album verpasst, und das war schon ein persönliches Desaster, denn keine Band habe ich so oft live genossen wie die "Katas". Eins vorweg, nach einem eher mäßigen Auftritt vor zwei Jahren auf dem Summer Breeze ist der diesjährige Gig am Ende ein voller Triumphzug. Es geht jedoch fast schon typisch für die Band sehr wackelig los. Ich verstehe gar nicht, wie man bei so einer Fülle von Gigs und so einem großartigen Repertoire immer noch anfangs nervös sein kann, jedenfalls klingen die beiden Opener-Songs 'Leaders' und 'Wealth' doch deutlich anders als auf CD, und das ist keine spontane Inprovisation. Doch wie so oft fangen sich die Katas und entfachen ein Feuerwerk an Emotionen, das bei mir heute noch nachglüht. Und das mit einer im Vergleich zur "Viva Emptiness"-Tour fast komplett veränderten Setlist. Hammer, wundervoll, progressiv die "GCD"-Songs 'Soil Song' und 'July', traumhaft das düstere 'Had To (Leave)', das ich noch nie live gehört habe (fast Tränen beim ruhigen Mittelpart), ebenso wenig wie 'Right Into The Bliss' oder 'Cold Ways'. Man will einfach die Augen schließen und sich voll in diese wunderschöne und mit großer Hingabe vorgetragene Musik hineinfallen lassen. Meiner Meinung nach haben die Jungs, allen voran Sänger Jonas, Charisma ohne Ende. Und nach dem Schlusslied 'Evidence', das mal wieder beweist, dass KATATONIA die Kunst beherrschen, melancholische Musik zu schreiben, die trotzdem tanzbar ist und rockt wie Sau, ist das Fazit wie immer nach einem KATATONIA-Konzert: zu kurz! Danach gibt es um mich herum nur glückliche Gesichter.
[Thomas Becker]
Setlist:
Leaders
Wealth
Soil's Song
Had To (Leave)
Cold Ways
Right Into The Bliss
Ghost Of The Sun
Criminals
Deliberation
July
My Twin
Evidence
- Redakteur:
- Elke Huber