Summer Breeze - Dinkelsbühl

08.09.2006 | 01:00

17.08.2006, Festivalgelände

Freitag, 18. August

Der Freitagmorgen empfängt uns mit einem ausgiebigen Regenschauer und bösen Windböen, die fast mein Vorzelt weggeweht hätten und uns somit früher als geplant aus dem Bett holen. Frühstück und Kaffee im Regen is' halt voll Metal, doch der Wettergott hat anscheinend Erbarmen mit uns, denn pünktlich zur Einlasszeit lugt die Sonne wieder hervor, und es wird dann doch noch ein richtig schöner Tag (so schön, dass ich mir am Abend von etwa fünf Leuten sagen lassen kann, dass ich 'nen Sonnenbrand auf der Nase hätte).
[Caroline Traitler]

APOSTASY
Für eine gewisse Pausen-Unterhaltung sorgen auch in diesem Jahr wieder die stellenweise herrlich sinnentleerten bis völlig an den Haaren herbeigezogenen Formulierungen und Vergleiche im offiziellen Summer Breeze-Programmheft. Ich frage mich ernsthaft, wie ein Festival, das von mehreren namhaften Musik-Magazinen präsentiert wird, einen derartigen Schwachsinn unters Volk bringen kann. Beispiel APOSTASY: "Aus dem Schwedenlande kommen APOSTASY, und weil sie aus dem Nordischen stammen, haben auch sie sich ganz dem Schwarzmetall verschrieben. Nicht, dass alles, was aus Skandinavien kommt, nun gleich schwarz und düster ist, schließlich gab's da auch mal ABBA; aber schwarz und metallisch ist nun mal eine ganz eigene skandinavische Tradition. Welcher, wir sagten es bereits, sich auch APOSTASY angeschlossen haben." Aha. Da wusste wohl jemand ums Verrecken nicht, was er in den zu füllenden 20 Zeilen schreiben soll. Weiter lautet es: "Wobei die Tradition in ihrem Falle eine ganz eigene ist und verdächtig nach DIMMU BORGIR klingt." Ein ganz eigener Abklatsch also? Fakt ist, dass die Keyboard-Klänge von Leif Högberg tatsächlich etwas von der majestätischen Opulenz der Norweger haben. Wobei die Summer Breeze-Schreiberlinge schlussfolgern: "'Klingt' soll allerdings in diesem Falle stellvertretend stehen für Inspiration, nicht für Kopie. Die Inspiration setzen APOSTASY auf sehr eigene Art und gelegentlich durchaus genial um."
Falls jetzt irgendjemand auf die Idee kommen sollte, dass ich selbst nicht so ganz weiß, wie ich meine Zeilen füllen soll, liegt er zumindest halb richtig. Löblich ist, dass die Schweden entgegen der schwarz-weiß geschminkten Promofotos komplett auf evil Corpsepaint verzichten. Sänger Fredrik Edin würde außerdem mit seinen langen blonden Haaren nebst schmuckem Bärtchen und dezentem Bauchansatz auch gut zu einer Formation wie AMON AMARTH passen. Vom musikalischen Eindruck her bleibt jedoch nicht allzu viel hängen, außer dass die Herren mit Ludvig Johansson einen äußerst talentierten Saitenhexer in ihren Reihen haben, der im Gegensatz zu seinem etwas zu selbstverliebten Kollegen Mattias Edin ein paar gänsehautverdächtige Soli aus dem Handgelenk schüttelt. Das für die frühe Uhrzeit überraschend zahlreiche Publikum liegt aber vermutlich eher in Lauerstellung für die folgenden EXCREMENTORY GRINDFUCKERS und nimmt APOSTASY so nebenbei als Hintergrundbeschallung mit.
[Elke Huber]

EXCREMENTORY GRINDFUCKERS
Es ist 11 Uhr morgens. Ich liege noch in der provisorischen Koje meines Zeltes und meine verschwitzten Lauscher leiten die lieblichen Klänge einer behutsam ausgewählten Gore-Grind-CD an mein alkoholverseuchtes Gehirn der letzten Nacht weiter. Ich weiß was ansteht. Genau! Es ist Zeit für ein gemütliches und leckeres Grindcore-Frühstück mit leckeren Linsen, einem Gläschen Schnaps und wohligen Blast-Geknüppel im Hintergrund. Nach dieser verdienten Mahlzeit geht es in beiden Sinnen vollgetankt gen Festivalgelände. Die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS stehen auf dem Plan.
Wie einige wissen werden, ist der Zeitplan des Summer Breeze knallhart und lässt kaum Zeit für Pausen. Auch hier ist keine Ausnahme in Sicht - dieses Mal zum Glück! Denn die GRINDFUCKERS stehen Punkt 11.30 Uhr auf der Pain-Stage und lassen es sogleich mit dem Opener 'Back In Anal Territory' vor einem überschaubaren Publikum krachen.
Sofort kommt eine so gute Laune auf, wie ich sie selten auf einem Festival gesehen habe. Wohin man auch schaut, erblickt man freudig grinsendes Langhaar-Volk, welches scheinbar sichtlich seinen Spaß hat.
Das Auftreten der GRINDFUCKERS kann man am einfachsten mit "chaotisch" beschreiben. Ich persönlich habe zum Beispiel noch nie einen Sänger gesehen, der von Blastbeats und Quietschgesang (welcher sogar Dani Filth dazu veranlassen würde, sich herzhaft die Kronjuwelen zu halten) begleitet Pirouetten dreht und es trotzdem schafft, dabei den Finger auf (!) dem Kopf zu behalten und zu bangen.
Soundtechnisch kann man sagen, dass es teils leider, teils zum Glück auch chaotisch klingt. Der hohe Quietschgesang von Rob überschlägt sich unangenehmerweise und die Instrumente kommen eher verratzt rüber. Zwischendrin versucht der neue Frontmann Rufus (ehemals Gitarrist) mit kurzen, mageren aber trotzdem lustigen Zwischenansagen Laune zu machen und den für so eine Band unfairen Zeitplan einzuhalten ("Wir haben noch zwei Minuten...das reicht noch für genau...30 Songs!"). Gedankt wird mit vielen sichtbaren Pommesgabeln und weiteren Grinsegesichtern (Worunter sich auch - man lese und staune - einige sonst grimme Pandabärchis befinden).
Auch wenn's unpassend klingt, aber der Teil der Toms, auf welchen am meisten eingedroschen wird, erinnert mich klanglich leicht an die neuen LAST DAYS OF HUMANTIY-Sachen (Ihr dürft mich jetzt schlagen, aber es ist so ;-)).
Ansonsten wird weiterhin in gewohnter Manier gecovert was das Zeug hält, und das Publikum geht letztendlich zufrieden zum "heimischen" Grill oder zur Mainstage, wo jetzt LENG TCH'E ihr Bestes geben werden.
Man sollte noch erwähnen, dass dieser von mir verhasste Zeitplan (zu mindest gen Ende einiger Bands) den GRINDFUCKERS eine Zugabe gekappt hat. Dabei hab ich mir doch so gern 'Supermarket Knight' gewünscht (was, wie sich nach einem Gespräch mit den nervösen (!) Spaßköpfen herausstellt, leider noch nie gespielt wurde).

LENG TCH'E
Weil's so schön ist, geht's gleich mit Grind weiter. Und zwar mit den belgischen Razorgrindern LENG TCH'E. Kaum betritt die grunzende Frontsau die Bühne, ist das Erste was dem aufmerksamen Zuschauer nach dem HipHop-Intro (!) auffällt die fette Goldkette, die jener genannter Mikrovergewaltiger trägt. Mit Glatze, Bluejeans, weißem Muscleshirt und ultraderben Geknüppel wird der Menge die Hölle heiß gemacht. Dabei wird munter ein Song nach dem Anderen heftigst runtergebolzt und mit nahezu hingebungsvollen Growls gewürzt. Ein jeder ausgehungerter Biermagen platzt im Angesicht des Stimmorgans wahrscheinlich vor Neid (Achtung, Schenkelklopfer ;-)).
Peinlicherweise liefert der Sänger, welcher ein unglaublich starkes Bild abgibt eine Bühnenshow ab, die man eher mit epileptischen Anfällen vergleichen kann: Es wird die Zunge rausgestreckt, debil geguckt und kopfschüttelnd (bzw. darauf schlagend) auf die Zunge gebissen was das Zeug hält. Was tut man nicht alles für die Fans...
Jene sind übrigens in den ersten Reihen recht zahlreich erschienen und erfreuen sich, im Moshpit tobend, dem nahezu perfekt klingenden, satten Sound, während der Frontmann nebenbei militärisch mit einem Arm hinterm Rücken auf und ab geht und das Publikum zwischen den Songs dreisprachig zutextet.
Wie schon erwähnt ist der Klang erste Sahne und motiviert ungemein zum gemeinsamen Nackensport. Aber so sehr ich auf diese Schießbudenzerbombung stehe - die Mucke kommt gegen Ende einfach zu eintönig rüber. Man hätte problemlos jeden beliebigen Song doppelt spielen können. Aufgefallen wär's kaum. Insgesamt war es aber trotzdem ein schöner Grind-Morgen.
[Sebastian Schneider]

THE OCEAN
Kruzifix nochamal ist das geil! Mittags um eins schon betrunken sein, ohne einen einzigen Tropfen Alkohol, berauscht von einer Armada aus ozeanbreiten 15/16-Stakkato-Riffsalven, untermalt von einem flexenden Sekundär-Schlagzeuger (Gerd: Cheerz!) und göttlich in Szene gesetzt von einem tätowierten, extrem junkie-sicken Sänger, der alle Wut, allen Hass und was es sonst noch so an Scheiß-Gefühlen unter Wasser gibt, in die Welt der über Land lebenden Kreaturen brüllt. Drei Songs vom neuen Album "Aeolian", drei Songs, die deine Seele rein waschen, drei Songs, nach denen es dir besser geht. [Passender bekommt man eine Beschreibung zu THE OCEAN nicht in einen Satz, Respekt! - Anmerkung Caro]
[Thomas Becker]

TRAIL OF TEARS
Wer den sympathischen Rotbart Kjetil Nordhus nur wenig früher Backstage mit einem mächtigen Caipirinha-Kater angetroffen hat [nicht nur er hatte den ;-) - Anmerkung Caro], weiß seine Ansagen, dass man jetzt etwas gegen die Spätfolgen des übermäßigen Alkoholkonsums tun würde, schon richtig zu deuten. Tatsächlich braucht der hauptsächlich bei GREEN CARNATION tätige Sänger eine kleine Anlaufzeit, bis er zu gewohnter Höchstleistung aufläuft und zunächst die älteren, noch mit Sängerin Cathrine Paulsen aufgenommenen Stücke 'Exstatic', 'Splendid Coma Visions' und 'A Fate Sealed in Red' mit seiner wundervoll markanten Stimme veredelt. Sein grunzender Gegenpol Ronny Thorsen zeigt sich jedoch von Anfang an in Topform und interpretiert - angefeuert von seiner entzückenden Ehefrau, die in vorderster Front vom ersten bis zum letzten Takt feiert - auch die folgenden "Free Fall Into Fear"-Werke 'Watch You Fall', 'Carrier Of The Scars Of life' und 'Cold Hand Of Retribution' auf seine sehr charismatische Weise. Die Konstellation dieser beiden nicht nur optisch sehr gegensätzlichen Charaktere ist wie immer überaus spannend. Aber nicht nur Kjetil, sondern auch Teile des Publikums sind gerade erst warm geworden, als die Norweger ihr Programm schon wieder beenden müssen. Nächstes Mal bitte mehr davon!
[Elke Huber]

FRAGMENTS OF UNBECOMING
FRAGMENTS OF UNBECOMING ist eine meiner "Neuen Bands", die ich durch Zufall entdeckt habe, und umso mehr bin ich nun gespannt, wie der Auftritt aussehen wird. Von meiner Erwartung her wird es schwer werden, die Menge Samstagnachmittags um 13:50 mitzureißen. Aber Überraschung: Viele sammeln sich vor der Bühne, trotz nicht zu verachtenden Mengen von Bier am Vorabend und Schädelbrummen am nächsten Tag. Die Stimmung ist schon gut, als Sänger Sam Anetzberger mit 'Breathe In A Black To See' voll loslegt und der Menge gekonnt etwas auf die Ohren brettert. FRAGMENTS OF UNBECOMING erinnern mich stark an SIX FEET UNDER - gar nicht negativ betrachtet. Nein, ganz im Gegenteil, trotz dieses Gefühls ist FFRAGMENTS OF UNBECOMING etwas komplett Eigenständiges. Gesanglich angelehnt an SIX FEET UNDER sind die Spieltechniken der Gitarristen anders, eben melodischer. Der Gesang pures Gegrunze und dann wieder stilvoll. Eben wunderbar und abwechselreich.
Nach dem zweiten Stück fällt auf, dass die Auswirkungen des gestrigen Bierkonsums die Menge doch noch ein wenig im Griff haben. Keine wirklich mitreißende Stimmung kommt auf. Doch diese Band gibt ihr Bestes und bringt mit dem hitverdächtigen Song 'Sterling Black Icon' die Massen doch noch einmal ins Schwitzen.
So gibt es sogar noch eine Zugabe, da man noch auf die Nachfolgeband wartet.
FRAGMENTS OF UNBECOMING - für mich eine Band, die mich sicher noch auf das eine oder andere Konzert locken wird.
Aber jetzt sind sie erstmal auf dem POWERMETAL.de Stand, Autogramme geben. Also nix wie hin mal eins holen.
[Andreas Grzybowski]

Setlist:
Breathe In A Black To See
Weave Their Barren Path
Sterling Black Icon
The Seventh Sunray
A Faint Illumination
Bloudrea Tales

POTENTIA ANIMI
Gott im Himmel! "Schnabausus Rex"? Ist das nicht so ein fleischfressender Monsterdino? Oder ist das der Künstlername des königlichen Banausen Räuber Hotzenplotz? Schnabausus ist irgendwie alt, soll hässlich aussehen, ist dämlich, Jungfrau und Bandarsch der irgendwie humordefizienten Mittelalter-Folk-Mönchsgesang-Combo POTENTIA ANIMI. POTENTIA ANIMI sind die neue musikalische Spielwiese des Ex-INTCHTABOKATABLES-Drummers Titus Jany (alias Bruder Liebe), also potentiell interessant für meiner einer Seele. Und echt, die Musik ist nicht schlecht, sie hebt sich ab von dem Mittelalter-Einerlei, das ansonsten auf dem Festival rumnervt, ist zwar überhaupt gar nicht hart, dafür gut tanzbar, schön folkig und mit versiertem, oft mehrstimmigen Gesang und tollem Violinenspiel. Aber aua, der Humor, das ist eher Sesamstrasse für Pubertierende, dazu passt auch der schlüpfrige Text des letzten Songs 'Gaudete'! Da waren die INTCHTIES schon skurriler...
[Thomas Becker]

Behind The Scenes - Meet & Greet Part 3
Zu den mittelalterlilchen Klägen der Bruderschaft der Kraft der Liebe findet sich unser nächstes Meet & Greet-"Opfer" namens TRAIL OF TEARS nebst den beiden Gewinnern im Pressezelt ein. Verständigungsschwierigkeiten dürfte Falk Ziegenbein dabei nicht haben, studiert er doch im britischen Birmingham. Aber auch Oliver Heinze beteiligt sich munter am Gespräch mit den Jungs, die noch genauso verkatert (Kjetil) bzw. energiegeladen (Ronny) wie kurz zuvor auf der Bühne wirken. Ein gemeinsames Bierchen lassen sich aber beide Seiten nicht nehmen, und weil die Norweger allesamt sehr freundliche und unkomplizierte Zeitgenossen sind, könnte man fast meinen, alte Kumpels beim Fachsimpeln zu beobachten. So gemütlich das ganze auch ist, zieht es mich aber urplötzlich raus vor die Bühne, und der Grund dafür heißt ...

...SCAR SYMMETRY
Nennt mich ruhig eine Pessimistin, aber wenn man SCAR SYMMETRYs Schon-irgendwie-Genrekollegen SOILWORK bereits mehr als einmal live kolossal am klaren Gesang hat scheitern sehen (weshalb ich wohl bis zum jüngsten Gericht auf eine Bühnen-Interpretation von 'Black Star Deceiver' warten muss), fragt man sich insgeheim, ob INCAPACITY-Sänger Christian Älvestam das Spagat zwischen kellertiefem und glasklarem Gesang tatsächlich hinbekommt. Doch der Junge kann's wirklich! Bei den ersten Takten des Konzerts tönt sein nicht ganz so sauberes, aber doch sehr nah an der Album-Fassung gelegenes Organ schon derart überzeugend bis ins Pressezelt, dass ich das Meet & Greet mit TRAIL OF TEARS wie gesagt fluchtartig verlassen "muss". Natürlich wird in der 35-minütigen Spielzeit überwiegend das aktuelle Album "Pitch Black Progress" beworben. Aber Songs wie 'The Illusionist' oder 'Mind Machine' sind live fast noch besser, weil gerade wegen der einen oder anderen gesanglichen Unsauberkeit eine Spur authentischer, und nach dem Gig glaube ich auch irgendwie verstanden zu haben, warum diese schwedische Fast-Allstar-Combo auf so unterschiedlichen Events wie dem Summer Breeze und der diesjährigen Ausgabe des ProgPower Europe gebucht wird und dabei trotzdem nirgendwo aus dem Rahmen fällt. Denn SCAR SYMMETRY wissen sowohl Todesblei-Anhänger als auch Melodie-Gourmets zu vereinigen und haben somit das Zeug dazu, ganz groß zu werden.
[Elke Huber]

REBELLION
Aufgrund einer Tankpause mit gewissen Gerstensäften komm ich etwas verspätet auf dem Festivalgelände an. Die Heavy-Metal-Maniacs REBELLION sind schon auf der Bühne und geben ihr Bestes. Doch was seh ich da? Zarte, geschmeidige Frauenhände umgreifen etwas langes, festes und bearbeiten es kräftig, aber trotzdem liebevoll mit ihren Fingern. Wer jetzt an etwas anderes denkt als an einen Gitarrenhals, der lasse sich bitte von der nächststehenden Person einen Schlag auf den Hinterkopf geben! Also, wir haben eine Frau an der Gitarre und zwei alte Bekannte der Szene: Tomi Göttlich und Uwe Lulis von (ehemals) GRAVE DIGGER am Bass und an der zweiten Gitarre.
Gerade werden die Klänge von 'Ragnhild's Dream' zum Besten gegeben und regen nicht nur mich zum fröhlichen Mähneschütteln an. Klassischer Heavy Metal wie er sein muss. Angeführt von der kraftvollen und schön rauen Stimme des Frontjägers. Im Allgemeinen ergänzen sich die Instrumente, bis auf einige Fehler, fast perfekt und strotzen gerade so vor Kraft und Fülle. Abgesehen von den leider kaum hörbaren Bass und der insgesamt etwas zu leisen Lautstärke. Bei Heavy Metal ist auf jeden Fall mehr drin!
Aber der kurzhaarige Sänger hat jedenfalls trotzdem sichtlich seinen Spaß: Hat er doch immer ein breites Lächeln im Gesicht und feuert lauthals das Publikum an, welches von der Bühne aus betrachtet wahrscheinlich aussieht wie ein mit langen Pommesgabeln bewaffnetes Heer. Schon ein komischer Gedanke, wenn man bedenkt, dass, obwohl so viele Metalheads anwesend sind, man trotzdem noch problemlos in die ersten fünf Reihen gelangt.
Um wieder auf die Musik direkt zurückzukommen, kann man sagen, dass insgesamt eine ausgewogene Mischung aller drei Alben vorgenommen und gegen Ende sogar noch ein Song von GRAVE DIGGER gecovert wird. Dreimal dürft ihr raten welcher ;-). Die Reaktion des Publikums ist natürlich entsprechend enthusiastisch, schließlich sind nicht gerade wenige Fans dieser Kultband anwesend.
Auch wenn ich mir den Coversong nur vom POWERMETAL.de Stand ansehen konnte, kann ich sagen, dass dies ein toller Gig war.
[Sebastian Schneider]

ONE MAN ARMY & THE UNDEAD QUARTETT
Enttäuschung - ich hatte bei ONE MAN ARMY ein wenig mehr erwartet. Was ich hier hören muss berauscht meine Ohren nicht gerade. Ich hab so ein Gefühl: Wir spielen unser Zeug halt runter. Keinerlei Kommunikation mit dem Publikum, keinerlei Anreiz mitzumachen. Obwohl das Hammergebrettere spieltechnisch gut ist, kommt keine Stimmung rüber. Und das "Dankeschön"-Gebrülle nach jedem Stück nervt. Hat OMA, ähm ONE MAN ARMY wirklich nur alles von einem Album gespielt? [Mag daran liegen, dass sie nur dieses jene eine haben ;-) - Anmerkung Rouven]
[Andreas Grzybowski]

EXILIA
Ich sage bei EXILIA zu jedem der mich fragt: "Wow, was für eine Power-Frau" - und so werde ich auch dieses Mal nicht enttäuscht.
Während des Intros stehe ich im Fotograben und habe das Gefühl, dass 20 Düsenjets gleichzeitig starten. Brachial laut, so laut, dass mein T-Shirt anfängt zu flattern. Dann kommen nach und nach EXILIA auf die Bühne.
Jetzt geht es los...aber wie! EXILIA brettern mit einer Energie los, die ich bis dahin noch nirgendwo gesehen habe. Nix wie raus aus dem Graben und die Menge anschauen. Zwölf Reihen Fans fegen alles weg mit Ihrem Moshing, die Stimmung ist super und steigt von Stück zu Stück. Eine Augenweide, so viele Reihen schüttelnder Haare zu sehen.
Sängerin Masha versteht es ungemein ihre Fans in ihr Programm einzubeziehen. So auch bei 'Stop Playing God', die Menge wird aufgefordert mitzusingen. Der erste Versuch schlägt etwas fehl, aber Masha gibt uns eine zweite Chance - es klappt! Die Menge grölt nur so mit und gibt alles. Masha erklärt uns dann zwischendurch den Titel ihres neuen Albums "Nobody Excluded", und uns wird wieder klar, dass Musik ein Ausdrucksmittel ist, um Dinge zu kommunizieren. Tenor des Titels: Alle Menschen sind gleich und es gibt keinen Grund, irgendjemanden zu verurteilen.
Das letzte Stück wird angesagt. "Kill Bush" schreit Masha in die noch immer tobende Menge und erklärt uns die Bedeutung des nächsten Stücks, wobei sie nun in einem knallorangenem Overall auf der Bühne steht. 'Kill Me', die aktuelle Auskopplung des Albums "Nobody Excluded". Masha und Co. kritisieren und verurteilen zutiefst das Vorgehen der amerikanischen Regierung im Gefangenenlager auf Guantanamo. Ein Abschluss ihres Auftrittes, der uns bestimmt noch eine Weile in Erinnerung bleiben wird.
[Andreas Grzybowski]

TURISAS
Kennt ihr das auch? In Vorfreude auf ein Festival studiert man genüsslich die Running Order, markiert zunächst das persönliche Pflichtprogramm und denkt sich darüber hinaus bei der einen oder anderen Band, dass man sich die eigentlich auch gerne noch reinziehen würde. Und dann steht man schließlich vor der Bühne und stellt fest, dass man genau jetzt in diesem Moment überhaupt keinen Bock auf das gerade Dargebotene hat. So geht es mir auf dem Summer Breeze neben CORVUS CORAX auch mit TURISAS. Im Vorprogramm von DIE APOKALYPTISCHEN REITER vor etwas mehr als einem Jahr waren sie in punkto Unterhaltungswert noch eine große Neuentdeckung für mich, und auf der Pain Stage in Dinkelsbühl sehen sie von weitem genauso wild gekleidet, schwarz-rot geschminkt und energiegeladen aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Und natürlich verleihen die Klänge des schmächtigen Geigers Olli Vänskä dieser etwas hymnischeren FINNTROLL-Ausgabe wieder das gewisse Etwas, weswegen ich TURISAS ganz klar den Vorzug vor ihren deutlich bekannteren Landsleuten gebe. Insofern ist es eigentlich doppelt schade, dass die gute Stimmung auf und vor der Bühne heute so gar nicht auf mich überschwappen will. Ein Problem, das sich allerdings bei der nächsten Band sofort in Luft auflöst ...

AMORPHIS
Denn auch wenn ich Pasi Koskinen als Sänger sehr mochte, so ist Tomi Joutsen vermutlich das Beste, was AMORPHIS nach dessen Weggang passieren konnte. Der neue Fronter ist ebenso attraktiv-charismatisch wie stimmgewaltig, obendrein äußerst sympathisch und somit eine echte Kinderüberraschung, die mich auf meinem ersten Konzert der neuen Besetzung kürzlich auf dem Tuska Festival sofort für sich einzunehmen wusste. Somit stehe ich auch dieses Mal umringt von zahlreichen, von einem Ohrgasmus in den nächsten fallenden Fans und freue mich über die neuen Songs (besonders großartig das leidenschaftliche 'Under A Soil And Black Stone', das von einem spannungsaufbauenden Sprechgesang eingeleitete 'Perkele' und die wundervoll eingängige Singleauskopplung 'House Of Sleep') genauso wie über 'Divinity' vom "Tuonela"-Album oder 'Alone' von "Am Universum". Am meisten punkten können die Finnen jedoch mit ihren zu Pasi-Zeiten sträflich vernachlässigten Frühwerken. Ein schreibender Kollege der "Konkurrenz" fällt fast in Ohnmacht, als 'Karelia' den "The Karelian Isthmus"-Kracher 'Sign From The Northside' einleitet, und auch wenn wir kurz zuvor noch darüber gelästert haben, dass 'Black Winter Day' ein inzwischen verzichtbarer, weil irgendwie ausgelutschter Klassiker ist, so haucht Tomi Joutsen selbst diesem Stück neues Leben ein. Trotz seiner selbst die größte Bühne füllenden Ausstrahlung nimmt sich der Ausnahmesänger jedoch dezent zurück, wenn die Saitenzauberer Esa Holopainen und Tomi Koivusaari ihren Einsatz zelebrieren, und AMORPHIS präsentieren sich somit insgesamt als extrem starke Einheit, wie ich sie in der Form noch nicht erlebt habe. Und um nochmals auf den zuvor von mir kritisierten MOONSPELL-Auftritt zurückzukommen - schaut euch doch mal die Setlist an! Bis auf das sperrige "Far From The Sun"-Album wird alles abgedeckt. Noch Fragen?
[Elke Huber]

Setlist:
Leaves Scar
Alone
Against Widows
Into Hiding
Divinity
Under A Soil And Black Stone
Perkele (The God Of Fire)
Karelia
Sign From The Northside
The Smoke
Of Rich And Poor
House Of Sleep
Black Winter Day

HEAVEN SHALL BURN
Bei dem diesjährigen Überangebot an Metalcore verwundert doch, wie voll es um 20 Uhr vor der Nebenbühne ist. Aber HEAVEN SHALL BURN scheinen eben einen gewissen Ausnahmestatus zu genießen, zumal die Thüringer als eine der ersten melodische Schwedentod-Riffs in ihre Musik aufnahmen. Sänger Marcus brüllt über den Platz "ich will jetzt auch euch ganz da hinten hören!", zu 'Behind A Wall Of Silence' möchte er dann einen richtig großen Kreis im Publikum sehen, und ein paar Crowdsurfer werden auch herumgereicht. Marcus springt derweil über die Bühne, allerdings kann ich gegen die tief stehende Sonne nicht erkennen, ob er immer noch ein schwarzes X auf beide Handrücken getapt hat. In der hinteren Reihe spielen ein paar Schwarzheimer zu Metalcore dann doch lieber fangen oder stellen eine Mini-Wall-of-Death nach, während nebenan wieder der nächste Soundcheck nervt. "Wir spielen noch einen oder keinen", kündigt Marcus die Zugabe an, während einer der Gitarristen schon die ersten Riffs von CALIBANs 'I Rape Myself' anspielt. Ja wie geil...ne, doch nicht, kommt doch nur ein Splitsong der beiden Combos. Trotzdem nett.
[Carsten Praeg]

Behine The Scenes - Meet & Greet Part 4
Spaß hatten wohl bisher alle GewinnerInnen, aber für Nikolay Krumov und dessen Freundin Stela Mihaylova ist dieses Treffen etwas ganz Besonderes. Der Bulgare verbrachte die letzten drei Monate aus Studiengründen in Deutschland, seine Freundin kam extra für das Summer Breeze angereist, und beide sind seit vielen, vielen Jahren riesige Fans von AMORPHIS und entsprechend super aufgeregt, dass sie ihre Faves nicht nur endlich auf der Bühne sehen konnten, sondern sogar Auge in Auge gegenüber treten dürfen. Angesichts der gar nicht wortkargen Finnen verschwindet jedoch schnell jegliche Befangenheit, und nachdem Sänger Tomi Joutsen uns leider nach wenigen Minuten aufgrund anderweitiger Verpflichtungen wieder entführt wird, ist Tomi Koivusaari das Objekt der Begierde, wobei sich fast alle Bandmitglieder sichtlich interessiert am Gespräch beteiligen. Lediglich Gitarrist Esa Holopainen drückt sich lieber an der Bar herum - aber das sympathische Pärchen ist auch so schon völlig aus dem Häuschen.
[Elke Huber]

MORBID ANGEL
Es wird langsam dunkel und viele Metalmaniacs finden sich vor der Mainstage wieder. Ab und zu ist es sogar möglich, neben den dominierenden und lautstarken "Slayer"-Rufen, den Namen der jetzt auftretenden Band herauszuhören: MORBID ANGEL. Für einige wohl die Death-Metal-Formation schlechthin, für andere einfach eine tolle Band. Negativdenkende haben wohl in der Geschichte nicht aufgepasst...
Aber halten wir uns nicht länger mit Lobeshymnen auf, sondern fangen wir mit den Eindrücken an. MORBID ANGEL haben, genau wie in Wacken, eine gewaltige Lichtershow zusammengebastelt. Schon beim ersten Song zeigt diese ihre volle Pracht und verschönert sich im Laufe der später werdenden Stunde weiter und unterstützt die machtvollen Instrumente tatkräftig. Leider sind einige E-Äxte so machtvoll, dass sie sich fröhlich im Sound überschlagen. Das Schlagzeug ist auch eher im Hintergrund gehalten und hätte etwas mehr Lautstärke verdient. Jedoch verbessert sich dieses Problem im Laufe des Abends.
Ansonsten kommt der Sound sehr professionell und trashig rüber, unterstützt von gewaltigen Blastattacken, die keinem Nacken Zeit zur Ruhe geben. Gewürzt und verfeinert wird das Ganze mit einer Mischung aus altem und neuen Material ("Altars Of Madness" bis zu "Gateways To Annihilation"), einigen groovigen Passagen, einem wunderbar düsterem Sound und den selbstbewussten Ansagen des Fronthauptmannes.
So selbstbewusst dieser auch ist, einheizen kann er dem riesigen Publikum scheinbar nicht. Das höchste der Gefühle sind nach den Songs massenhaft Pommesgabeln und zwischendrin einige umherfliegende Haare. Vielleicht liegt es an dem peinlichen Lackoutfit, mit welchem er auch in Wacken auftrat.
Kurz vor Ende der gelungenen Show höre ich eine gut gekühlte Flasche Bier nach mir rufen und laufe schnurstracks zum POWERMETAL.de-Stützpunkt.
[Sebastian Schneider]

LIV KRISTINE
Ich bin guten Willens, nachdem keiner aus der Redaktion darauf erpicht war, ein Konzertreview für LIV KRISTINE zu schreiben. Wirklich guten Willens, denn ich mag Popmusik mit weiblichen Gesang, hallo, für Kate Bush und Tori Amos könnte ich sterben! Doch wenn ich im Leben noch einmal LIV KRISTINE sehen muss, dann muss ich sterben. Schon beim ersten Song ist mir irgendwie klar, dass das nicht geht, nein, das geht so was von dermaßen nicht, dass ich wirklich richtig wütend, aggresiv, beinahe tollwütig werde bei dem Klangquatsch, die sich hier aus den Boxen verirrt. LIV KRISTINE, dieses schmale, blonde, ich muss fast heulen wie hübsche Barbie-Püppchen hat nichts, aber auch gar nichts, was ihr die Berechtigung verschaffen würde, auf einer großen Bühne zu stehen. Das Stimmchen ist dünn wie die Mikrofaser eines Spinnennetzes und besitzt null Ausdruck, es kommt nichts rüber, was mich auch nur ansatzweise anspricht, die Songs sind so gnadenlos belanglos wie die 15.000ste Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" (ich bin mir sicher, Bohlen würde die LK hochkant rausschmeißen), oh Gott, und das niedliche Ins-Publikum-Winken hat sie sich wohl von den Teletubbies abgeschaut, aua! Der absolute Tiefpunkt wird aber erst dann erreicht, als Devon Graves, früher Buddy Lackey, einer meiner am höchsten geschätzen Künstler, die Bühne betritt und mit LIV KRISTINE im Duett singt. Doch leider ist dieser nicht zu hören, meines Erachtens eine Unverschämtheit, ja, eine Frechheit hoch zehn um genau zu sein, 200 Puls hab ich! Der Fluchomat (runterzuladen unter http://www.dj-xtrem.de/downloads/downloads.php, wer's noch nicht kennt) würde sagen: Schmeiss die Scheisse aussem Fenster naus! Es ist einfach nur unerträglich!
[Thomas Becker]

LACRIMOSA
Nach Liv Kristine findet sich wie auch am Abend zuvor der gotische Teil der Festivalbesucher vor der Mainstage ein, um LACRIMOSA zu hören und zu sehen. Und da sind sie auch schon, Tilo Wolff, Anne Nurmi und ihr Gefolge. Die Stimmung beginnt schon nach dem ersten Lied zu kochen, zumindest beim gotischen Teil des Publikums. Die wenigen Metaller, die gekommen sind, sich diese Band anzuhören, stehen reglos und mit meist verächtlicher Miene da. Leider ist der Sound, wie auch bei vielen anderen Bands, katastrophal gemischt. Die Stimme der Keyboarderin dringt kaum durch, und auch bei ihrem Sololied kommt sie nicht gegen den übermächtigen Bass und das Schlagzeug an, sobald diese einsetzen.
Tilo Wolff springt in gewohnt arroganter und femininer Manier auf der Bühne herum, kommuniziert jedoch fast gar nicht mit dem Publikum, weshalb ich persönlich den Auftritt ziemlich langweilig finde. Schade finde ich auch einige Zwischenrufe aus dem Publikum, die großteils der Keyboarderin gelten. Selbst wenn man eine Band nicht mag, könnte man ein bisschen mehr Fairness den Mitgliedern gegenüber zeigen.
[Rebecca Merkelbach]

DEATHSTARS
Kurz vor dem mit einiger Spannung erwarteten Auftritt der schwedischen Shootingstars werde ich von ein paar Kollegen gebeten, nicht zu kritisch zu sein, falls Gitarrist Nightmare Industries schlecht drauf ist - sein Bruder Jon Nödtveidt, seines Zeichens der berühmt-berüchtigte Frontman von DISSECTION, hatte sich kurz zuvor umgebracht. Ein Umstand, der auch einigen anderen Festivalbesuchern aufs Gemüt schlägt. Nightmare Industries selber gibt auf der Bühne jedoch alles, reißt sein Instrument hoch und haut mit seinen Kollegen gleich zu Beginn 'Play God' und 'Blitzkrieg' raus. "For the boys and girls", kündigt Sänger Whiplasher mit seiner tiefen, Pete Steele ähnlichen Stimme 'Tongues' an und animiert so manches Päärchen zum Mitschunkeln zu den düsteren Klängen. Whiplasher gibt alles, öffnet sein Hemd, reißt es sich zu 'Synthetic Generation' vom Leib, wirft es ins Publikum, geht in die Knie. Doch "all Nightmares must come to an end", und nach den letzten Industrial-Stampf-Klängen verabschieden sich die Schweden nach einem furiosen Gig von der Bühne.
[Carsten Praeg]

Redakteur:
Carsten Praeg

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