Summer Breeze - Dinkelsbühl

08.09.2006 | 01:00

17.08.2006, Festivalgelände

Samstag, 19. August
Drei Festivaltage fordern ihren Tribut, und müde kriechen wir aus den Zelten, um erstmal Kollege Rouven zu begrüßen (keinen Urlaub bekommen) und uns auf die Kaffeereste zu stürzen. So ist es dann auch eine wahre Freude, dass uns Sonnenschein und Rock'n'Roll am Gelände erwarten...

THE OTHER
Zu früher Stunde wecken uns THE OTHER mit MISFITS-artigen Outfits und der dazu passenden Musik, und nach der ersten Verwunderung über dieses doch sehr coole Auftreten am Morgen macht das sogar richtig Spaß! Aber kein Wunder, dass die Herren einen eindeutigen MISFITS-Einschlag haben, geht doch THE OTHER aus der legendären MISFITS-Coverband GHOULS hervor, und so sind auch die Eigenkompositionen eindeutig an düster-punkige Melodien angelehnt und weisen neben dem eben genannten Vorbild auch schon mal eine DANZIG-Schlagseite auf. Horror-Punk-Rock vom Feinsten! Der Sänger mit dem klingenden Pseudonym "Roderick Usher" erregt nicht nur mit seiner tollen Stimme Aufsehen, sondern bietet dazu noch ein beeindruckendes Outfit, einen Mikroständer mit Totenschädeln und Entertainer-Qualitäten, die man zu so früher Stunde nicht erwartet hätte. Der Rest der Band weiß ebenfalls durch durchgestylte Posen und Kleidung zu überzeugen, und vor allem der Zombie am Bass (super geschminkt!) und der Metzger-Arzt an den Drums fallen auf. Auch wenn THE OTHER sich noch nicht über so viel Publikum freuen können, so findet vor der Bühne eine gute Party statt, und neben hübschen Punk-Ladies feiern auch hartgesottene Metaller die Sonderlinge ab. Denn spätestens als die Bandhymne 'We Are The Other Ones' ertönt, haben THE OTHER die Anwesenden voll und ganz überzeugt, und der Song geht zumindest mir für einige Stunden nicht mehr aus dem Ohr. Starke Vorstellung!
[Caroline Traitler]

PERZONAL WAR
Samstag Morgen, 11:30 und die Welt scheint wieder in Ordnung nach bereits zwei Tagen Festival. Die Newcomer liefern ein Brett ab, was Seinesgleichen sucht. Frontman Metti heizt trotz Morgenstund mächtig ein, so dass so langsam alle wach werden, moshen und fröhlich mitnicken. Bei PERZONAL WAR hat man eh das Gefühl als seien diese eigentlich gar keine Newcomerband, sondern stünden seit langem auf der Bühne. Sprüche des Sängers wie: "Wollt ihr mehr? Einen Kaffee ohne Tasse?" tun ihren Rest dazu. Der Sound von PERZONAL WAR ist von ganz eigener Art: Der Gesang ist melodisch und eingängig, die Band groovt nur so ab und das Schlagzeug fügt sich perfekt in das Gesamtbild der Band ein.
Noch eine Zugabe: '5 More Days' legt noch einmal kräftig nach und ich denke, nach PERZONAL WAR sind auch die letzten Bierleichen wieder quicklebending.
[Andreas Grzybowski]

LUMSK
Die norwegische Folk-Metal-Band polarisiert die anwesende Redaktion zugegebenermaßen enorm. Während POWERMETAL.de-Chef Schorsch hinterher behauptet, gerade die schlechteste Band des Festivals gesehen zu haben, sind die Norwegen-Fans Caro und meine Wenigkeit sehr entzückt von den folkloristischen Geigen-Klängen der etwas schüchtern wirkenden Siv Lena und der sympathisch-nordischen Ausstrahlung von Sopranistin Stine Mari Langstrand. Wer letztes Jahr dem peinlichen Auftritt von MIDNATTSOL, der Formation um Liv Kristines kleiner Schwester Carmen Espanaes, beiwohnen durfte, die in einem ähnlich geschnittenen Flatterkleidchen auf der Hauptbühne äußerst affektiert herumwedelte, bekommt hier ein exzellentes Positiv-Beispiel, wie frau trotz nicht unbedingt alltagstauglichen Gewands inmitten von langhaarigen und bärtigen männlichen Musikern eine gute Figur machen kann. Stine hat dieses frische natürliche Etwas, das viele ihrer Landsfrauen auszuzeichnen scheint, eine glockenhelle und im Vergleich zu so manch anderer Trällerelse sehr "treffsichere" Stimme sowie ein derart bezauberndes Lächeln, dass sie selbst die technischen Probleme der Geige beim Opener 'Nokken' charmant überspielen kann. Danach klingt der Sound jedoch wie eine Eins, und LUMSK entführen uns für dreißig Minuten in die Welt der alten Sagen, mythologischen Kreaturen und des norwegischen Volkstums, die das Grundelement der von dem norwegischen Autor Birger Sivertsen und seiner Frau Kristin geschriebenen Texte bildet. Neben einigen mir nicht bekannten älteren Stücken wissen auch 'Dunker', 'Trolltind' und das im Original von THE 3RD AND THE MORTAL-Sänger Andreas Elvenes begleitete 'Åsgårdsreia' vom aktuellen "Troll"-Album zu bezaubern. Norwegisch ist einfach eine wunderschöne Sprache!
[Elke Huber]

GOJIRA
So, jetzt bin ich auch endlich da. Irgendwie klappt es in diesem Jahr nicht immer so recht mit Arbeit, Urlaub und Fetzivals, so dass ich auch beim Summer Breeze lediglich in den Genuss des letzten Tages komme. Sei's drum, denn auch der bietet noch reichlich leckere Truppen zum Anschauen, Abgehen und Wohlfühlen.
Die baskischen Franzosen von GOJIRA sind eine dieser Bands, auf die gleich alle drei Beschäftigungen zutreffen - eigentlich. Denn dieses Mal will sich, ganz im Gegensatz zum famosen Auftritt im Juni beim RockHard-Festival, die Begeisterung nicht so recht einstellen. Das liegt fast nur am undifferenzierten, matschigen und teils vollkommen übersteuerten Sound, der es unmöglich macht, die ganzen kleinen Feinheiten des GOJIRA-Sounds in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Schade.
Auch wirken die Jungs trotz eines großes Publikumszuspruchs und einer entfesselt feiernden Meute vor der Bühne (kultverdächtig: der Kerl mit seiner von GOJIRA signierten Ukulele) nicht ganz so souverän wie erwartet, eher etwas verkrampft.
Abgesehen davon ist eine mickrige halbe Stunde Spielzeit viel zu wenig für die epischen Kompositionen des Quartetts - kaum hat der Spaß begonnen, ist er auch schon wieder vorbei. Da bleibt gerade Zeit für einen kurzen Querschnitt aus "The Link"-Abschädlern und Filigranem von "From Mars To Sirius", bevor dann akuter Ohrenalarm in Form von VISIONS OF ATLANTIS droht. Schnief.
[Rouven Dorn]

VISIONS OF ATLANTIS
VISIONS OF ATLANTIS sind so eine zwiespältige Sache. Auf der einen Seite sind die Ansätze ja ganz nett, und die neue Sängerin trifft die Töne, hat eine gute Stimme und weiß durch ein professionelles Auftreten zu überzeugen, doch auf der anderen Seite ist die Gothic-Metal-Schiene schon dermaßen ausgelutscht, dass es verdammt schwer ist, mit dieser Musik noch zu beeindrucken. Und daran scheitern VISIONS OF ATLANTIS, die sich viel zu sehr an die Vorbilder NIGHTWISH und WITHIN TEMPTATION heranwagen und bei einigen Songs auch eindeutig bekannte Melodien adaptieren. Überzeugen kann die Band dieses Mal nicht wirklich, und auch wenn der Auftritt um einiges professioneller wirkt als das, was die Band vor einiger Zeit bei ihrer Tour mit EPICA geboten hat, so sind VISIONS OF ATLANTIS noch etwas davon entfernt in unseren Gefilden einen Gothic-Metal-Stern zu ernten. In Asien sind die Österreicher übrigens höchst erfolgreich, Respekt dafür, aber am Summer Breeze war das nix. Etwas deplatziert wirkt auch der laustarke Soundcheck von LEGION OF THE DAMNED, der den letzten Song von VISIONS OF ATLANTIS mit brutalem Gebolze übertönt. Da tut mir die Band fast schon leid, denn gegen diese brachiale Soundwand kommt man mit süßen Gothic-Metal-Melodien nicht wirklich an.
[Caroline Traitler]

LEGION OF THE DAMNED
Es gibt Sachen, die muss (und kann?) man einfach nicht verstehen. Da gurkt eine Truppe namens OCCULT seit 'ner halben Ewigkeit irgendwo zwischen der zweiten und dritten Reihe der Old-School-Thrasher herum, und keine Sau interessiert es. War ja auch nie etwas Besonderes. Dann benennen sich die vier Holländer in LEGION OF THE DAMNED um, schmeißen ein Album auf den Markt, das im Prinzip genau so klingt wie die fünf Ergüsse vorher, und plötzlich sind sie das neue Ding. Nervt mich, um ehrlich zu sein, schon ein bisschen an - schließlich hat sich bei den Jungs rein gar nichts geändert, aber plötzlich liegt ihnen halb Metallistan zu Füßen. Es sei ihnen gegönnt, auch wenn ich nicht die Bohne nachvollziehen kann, wieso dem so ist. Es slayert an allen Ecken und Enden, was natürlich gerade für Liveauftritte ideal ist, aber spätestens ab dem dritten Song ödet mich die Chose nur noch an - das mach(t)en Truppen wie CARNAL FORGE deutlich besser, die nach ein Paar Alben immerhin auf den Trichter kamen, dass man Thrash auch anders als lediglich im Stile von "Reign In Blood" spielen kann. Oder eben die grandiosen THE HAUNTED. Oder halt Bewährt-Überragendes wie EXODUS, TESTAMENT oder die teutonische Dresch-Riege. Die Legion der Verdammten hingegen braucht's in meinen Ohren nicht wirklich, auch wenn das die nach allen Regeln der Kunst ausrastenden Fans vor der Bühne natürlich anders sehen. War auch ein routinierter, gelungener Auftritt. Ich hoffe nur, dass jetzt auch jeder die Konsequenz besitzt und sich sämtliche OCCULT-Alben nachkauft.
[Rouven Dorn]

NECROPHAGIST
"Ein Necrophagist ist einer, der Leichen schmaust", lehrt uns das Programmheft. "Je verwester, desto besser. Das unterscheidet ihn vom Kannibalen, der's in der Regel frisch geschlachtet oder lebendig mag." Auf der Bühne metzeln NECROPHAGIST dann aber doch einen recht frischen Sound aus den Boxen. Es ist wahrlich eine Augenweide, wie Frontman Muhammed Suicmez seine Finger zu 'Ignominious & Pale' auf seiner Gitarre verknotet. Leider hört man davon nicht allzu viel bei einem ziemlichen Matschsound, und bei den Ansagen knackst das Mikrophon. Die vier Necrophagen lassen sich davon aber nicht stören, hauen zu 'Epitath' und 'Fermented Offal Discharge' noch so manches jazzige Gitarren- und Bass-Solo raus, wobei ihr Frickel-Death mit dem im Programmheft gleich zweimal erwähnten Black Metal natürlich recht wenig zu tun hat. Dem Publikum gefällt's auf jeden Fall, und zum ersten Mal schmeißt die Security für die vorderen Reihen die Wasserpumpe an.

CARNAL FORGE
Old-School-Thrash? Melodischer Death Metal? Irgendwie irritieren die Beschreibungen im Programmheft etwas. Für mich ordnen sich die fünf Schweden eigentlich eher etwas in den dieses Mal (zu) oft gespielten Metalcore ein. Dazu passt auch der dunkelhäutige Sänger mit seinen langen Rastas, die er fortwährend im Kreis fliegen lässt. Auch wenn seine Ansage "we're here to rock 'n roll" eher wieder mit anderen Musikstilen kompatibel wäre und man doch einen klaren Schweden-Einschlag im Sound hört. Schubladen beiseite, vor der Bühne bildet sich ein kleiner Moshpit - allerdings wirklich ein sehr kleiner, denn viel ist um drei Uhr Nachmittags noch nicht los. Ohne Probleme kann man bis in die erste Reihe spazieren. Die wenigen anwesenden Fans versucht Sänger Jens derweil unentwegt in Stimmung zu bringen: "I see so many friendly faces." Während der ihn beim Gesang unterstützende Schlagzeuger ein paar Salven abfeuert, steht der charismatische Frontman lässig und grinsend mit verschränkten Armen am vorderen Bühnenrand, kurz darauf hält der Bassist die Anhänger per Foto fest. Zwei neue Songs gibt's dann auch noch. Der erste heißt 'Burning Eden', wenn ich's richtig verstanden habe und rockt ganz gut. Beim zweiten überlege ich mir, was ich gegen meine Kopfschmerzen vom Vorabend unternehme...

TOTENMOND
Den hohen Anteil an "Metalcore" beim diesjährigen Breeze habe ich ja schon öfter erwähnt. Aber wenn man sich den Namen dieser Stilrichtung mal genauer ansieht - Metal und (Hard-)Core - dann gibt es eigentlich nur eine Band, die dieser Betitelung auf eine ganz andere Weise entspricht, als man es gewohnt ist: TOTENMOND spielen nämlich wirklich verdammt schnellen Hardcore mit sauharten Metal-Riffs, haben dabei aber mit den üblichen Metalcore-Bands absolut gar nichts am Hut. Das Trio betritt die völlig eingenebelt Bühne und hält sich zunächst erst gar nicht lang mit Ansagen auf. Nur harter, schneller "Metalcore" nach voriger Definition kracht aus Boxen. Die erste Ansage, die nach ein paar Songs erstmals von der kaum erkennbaren Bühne kommt, sitzt gleich richtig. "Ey, ihr bayerischen Wixer!" brüllt der Frontmann. "Wir sind ja nicht zum Spaß hier, sondern aus reiner Schadenfreude!" Dass man nur Nebel erkennt, scheint reine Absicht, "ich hoffe, ihr seht uns nicht", schiebt der Sänger hinterher, ehe es weiter im Prügeltakt geht. Zum Nebel gesellt sich dann allerdings noch jede Menge Regen, was der Stimmung aber keinen Abbruch tut.
[Carsten Praeg]

PSYCHOPUNCH
Punkrock vom Feinsten. Die Jungs von PSYCHOPUNCH verstehen ihr Handwerk einfach. Man hat hier das Gefühl, sie wurden für diese Musik geboren. Obwohl der Himmel mehr als nur nach Regen aussieht, heizen die Jungs der Menge gewaltig ein. Es rockt und groovt nur so und die Menge tobt fröhlich vor sich hin. Kracher wie 'Poison Alley Groove' und 'Back In The Days' sorgen für das Übrige. Punkrock ist auf dem Breeze eigentlich immer fein eingestreut, aber das tut hier keinen Abbruch. Ich denke, es passt einfach perfekt in das Konzept, einmal etwas anderes zu hören und zur Musik abzutanzen oder auch mal so richtig seine Haare zu zeigen.
Frontman JM zeigt wieder einmal sein freundliches Lächeln und Basser Mumbles hat wie immer seinen Cowboyhut auf, das Markenzeihen von PSYCHOPUNCH.
Dieser Einschub von Punkrock geschieht genau zur richtigen Zeit, denn das Wetter verbreitet irgendwie im Moment keinerlei gute Stimmung. PSYCHOPUNCH schaffen es trotzdem Gute-Laune-Musik zu machen und diese Laune als Funke auf die Fans überspringen zu lassen. Nur gut eben.
[Andreas Grzybowski]

CORVUS CORAX
Ich kann mich noch gut an mein erstes CORVUS CORAX-Konzert erinnern, wo ich total beeindruckt von den exotisch aussehenden Instrumenten, der reinen, weil nicht stromgitarrenverstärkten Interpretation von mittelalterlichem Liedgut und dem genauso unverstärkten Gesang war. Seitdem habe ich die Formation häufig in und um Berlin sehen können und muss zugeben, dass ich von Mal zu Mal weniger Freude daran habe. Natürlich fahren sie auch auf dem Summer Breeze wieder ein mächtiges Bühnenbild bestehend aus unzähligen verschiedenen Schlaginstrumenten auf, führt Teufel, Sprachrohr der selbsternannten Könige der Spielleute, gewitzt (wenn auch mikrofonverstärkt) durch das Programm, ertönt ein mächtiges Dudelsack-Orchester, unterstützt von allerlei sonstigen Blasinstrumenten, sind die Kostüme aufwändig und farbenprächtig...
Ich habe hinterher viele positive Resonanzen über den Auftritt gehört. Bei mir isses einfach der "mindestens einmal zu oft gesehen"-Effekt, der mich gegenüber CORVUS CORAX mittlerweile völlig abgestumpft hat.
[Elke Huber]

THYRFING
Endlich! Ich weiß nicht, wie oft ich die schwedischen Wikinger mittlerweile livehaftig verpasst habe, aber spätestens seit dem Erscheinen von "Farsotstider" war klar, dass ich die Truppe spätestens jetzt sehen muss, bevor ich mir noch jahrelang in den Allerwertesten beiße. Zurückblickend kann ich nur sagen: Das wären riesige Bissspuren geworden...
THYRFING sind für mich das absolute Highlight des Tages, stellen Filigranes wie GOJIRA, Emotionales wie MY DYING BRIDE und auch Heftiges der Marke UNLEASHED völlig in den Schatten. Untermalt von einem endlich mal druckvollen, fast schon glasklaren Sound spielen die sechs Wikinger völlig entfesselt auf, rotzen ihre Perlen in die heftig mitfeiernde Menge und zeigen der gesamten Folk-Humppa-Tralala-Konkurrenz mal, wie nordische Musik wirklich zu klingen hat. Insbesondere die Stücke vom neuen Album haben es in sich, so bläst 'Far åt Helvete' wirklich alles weg, während man zu 'Mjölner' fast schon entspannt mitschunkeln kann. Aber nur fast, denn die zelebrierte, pure Energie auf der Bühne springt direkt auf einen über, animiert zum Moshen, Bangen und Mitgrölen, wobei sich letzteres angesichts der vielen schwedischen Stücke etwas schwierig gestaltet. Als besonderes Schmankerl ist auch noch Toni Kocmut mit dabei, der auf "Urkraft" das grandios-schöne 'Over The Hills And Far Away'-Cover eingesungen hatte. Hier ergänzt er Schreihals Thomas Väänänen mit gänsehautigen, cleanen Passagen, die den Auftritt von THYRFING zu etwas ganz Besonderem werden lassen. Schade nur, dass ihn vor dem Gig niemand mit Dreck eingeschmiert hat ;-)
Ganz, ganz große Klasse!
[Rouven Dorn]

NEGATIVE
Auf der diesjährigen Summer Breeze-Ausgabe kann man sich bei einigen Bands nur wundern, wie sie - und noch dazu in einer solch hohen Position - aufs Billing gerutscht sind. Angefangen von der - zumindest als Solistin - völlig deplazierten Pop-Elfe LIV KRISTINE über die eher auf ein Festival wie das Wave Gotik Treffen passenden LACRIMOSA bis hin zu der Teenie-Formation NEGATIVE, die zur quasi fast schon besten Sendezeit eine Stunde lang vergeblich versuchen darf, ein reichlich desinteressiertes Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Der ganz in weiß gekleidete Sänger Jonne Aaron übt sich im lasziven Hüftschwung, der 15-jährige Gothic-Miezen sicherlich zum Kreischen bringt, unter den gegebenen Umständen aber eher peinlich wirkt. Vom dem Großteil der ansonsten recht farbenprächtigen Bühnenoutfits wird man eher blind. Mitsingspielchen gehen mangels Textsicherheit des für die NEGATIVE'sche Zielgruppe viel zu alten Publikums völlig in die weiße Hüfthose. Wobei ich ehrlich gesagt nicht verstehe, warum sich die Finnen derart zum Affen machen, denn Jonne verfügt über eine für Gothic-Verhältnisse erstaunlich raue Stimme, die in 'My My/Hey Hey' schon mal ordentlich ins Knarzen kommt, und mit Stücken wie 'Frozen To Lose It All' hat man einige zumindest gutklassige Gothic-Rock-Songs im Gepäck, die auch ohne Pseudo-Glamrock-Attitüde funktionieren würden. Im Vergleich zu der ebenfalls sehr Make-up-lastigen Show der DEATHSTARS ist das, was NEGATIVE bieten, jedenfalls Kasperletheater.
[Elke Huber]

Und die kreischenden, jungen Mädels in der ersten Reihe haben sich den Rest des Festivals wohl irgendwo versteckt...mir tun von dem Kreischkonzert jetzt noch die Ohren weh, ähnliches Phänomen durfte (bzw. musste) ich bisslang nur bei THE 69 EYES erleben...aua!
[Caroline Traitler]

BLOODFLOWERZ
Während NEGATIVE noch auf der Mainstage spielen, stehe ich bereits vor der Painstage und warte gespannt auf die BLOODFLOWERZ. Doch bevor diese Band die Bühne betreten kann, geht ein deftiger Regenschauer nieder, der später aber der Stimmung keinen Abbruch tun soll. Denn sobald Kirsten Zahn und ihre drei Jungs die Bühne betreten, wird dem Publikum ordentlich eingeheizt. Schon beim Opener 'Sajida's Song' wird die unglaubliche Energie der Frontfrau, aber auch der ganzen Band deutlich. Gespielt werden großteils Lieder vom aktuellen Album "Dark Love Poems", doch auch Klassiker wie 'Diabolic Angel' oder 'Ablaze' stehen auf der Setlist des Abends. Souverän, wenn auch mit kleinen gesanglichen Ausrutschern, führt Kirsten durch den Abend. Und diese Ausrutscher kann man mehr als verzeihen, immerhin ist die Frontfrau der Blutblumen schwanger, und angesichts der energiegeladenen Performance, des authentischen und sehr menschlichen Auftretens der Band und des emotional geladenen Gesangs der Ausnahmestimme Kirstens verblasst so ziemlich alles, was man an dem Auftritt aussetzen könnte. Dementsprechend ist auch die Stimmung vor der Bühne überragend, und hinterher hörte ich einige sagen: "Geil, geil, einfach nur geil! Diese Frau..." Und sie haben Recht, denn trotz einiger kleiner Patzer und einiger weiterer technischer Probleme stellt der sehr menschliche und emotionale Auftritt der BLOODFLOWERZ zumindest für mich den Höhepunkt des Festivals dar.
[Rebecca Merkelbach]

GAMMA RAY
Pünktlich entern die Hamburger mit 'Gardens of the Sinner' als Opener die Mainstage. Die Truppe um Kai Hansen präsentiert sich gut gelaunt und hat das Publikum recht schnell auf ihrer Seite. Mit 'No World Order' und zwei Songs vom neuen "Majestic"-Album geht es zügig weiter, ehe bei 'Heavy Metal Universe' das Publikum zu Mitsingspielchen animiert wird.
Nur wenig später startet die Band mit dem "Land Of The Free"-Kracher 'Rebellion In Dreamland' und spätestens da zeigt sich, dass ein Headliner aus dem Power-Metal-Genre auf dem Summer Breeze doch richtig platziert ist. Besagter Song geht fast nahtlos in den HELLOWEEN-Klassiker 'I Want Out' über, ehe 'Somewhere Out In Space' den regulären Teil der Setlist beschließt. Die Band zeigt sich die ganze Zeit über spielfreudig und spielt ihr Showtalent voll aus, so auch mit der abschließenden Reprise des 'Rebellion'-Themas. GAMMA RAY lassen sich jedoch nicht lange um eine Zugabe bitten und setzen mit 'Send Me A Sign' einen würdigen Schlusspunkt.
[Robert Labus]

UNLEASHED
Aller guten Dinge sind eben doch vier. Hab' ich schonmal erwähnt, dass man UNLEASHED gar nicht oft genug sehen kann? Ist ja auch so. Die vier Schweden entfachen auf der Bühne einen Wirbelsturm aus purer, metallischer Energie, dem man sich schlichtweg nicht entziehen kann. Da ist es dann ganz egal, ob es wie bei 'Don't Want To Be Born' oder den jetzt schon kultigen 'Longships' langsam groovt, oder ob die Jungs in bester Old-School-Schwedendeath-Manier mit 'Neverending Hate' oder dem neuen Oberhammer 'New Dawn Rising' im Uptempo killen. Kollege Carsten ist zu meiner Freude ebenso angetan von den Kompositionen der Entfesselten, und so feiert man zusammen einen würdigen Ausklang eines tollen Festivaltages. Im Übrigen freut es mich sehr, dass mittlerweile auch die Festivalveranstalter gemerkt haben, dass man UNLEASHED ohne Weiteres als Headliner spät am Abend spielen lassen kann - vor ein paar Jahren kam noch jeder auf die glorreiche Idee, die Band nachmittags quasi zu verheizen. Wenn man sich dann anschaut, was für eine überdimensionale Metal-Party vor der Bühne zelebriert wird, wie viele Leute sich den Nacken verknoten und was für einen Riesenzuspruch UNLEASHED ernten, dann kann man nur zufrieden grinsen und nicken. Im Takt natürlich. Aus dem komme ich allerdings kurz raus, als Johnny neben den ganzen bekannten Gassenhauern im Set auch 'Revenge' unterbringt. Nette Abwechslung - auch wenn natürlich 'The Defender' und das obligatorische 'Death Metal Victory' mit Abstand am meisten killen. Uhh!
[Rouven Dorn]

FEAR FACTORY
Die Erinnerung geht zurück an einen FF-Auftritt vor ungefähr zweihundert Milliarden Jahren auf dem Dynamo Open Air, der so dermaßen fett war, daß man sich sogar noch als irgendwo dahinrottendes Fossil daran erinnert. Seitdem ist einiges passiert im Hause FF. Man hat sich aufgelöst, gekeilt, gehasst, gevögelt (nee, das glaub ich dann doch nicht...), wiedervereinigt (als doch!) und weiß der Geier was noch. Und nun spielt also der Basser (Christian Olde Wolbers) Gitarre, ein anderer Vogel (Byron Strout) Bass [Hey, der "Vogel" spielt auch bei STRAPPING YOUNG LAD, ist also geadelt! - Anmerkung Rouven], immer noch der Drumcomputer (Modell Raymond Herrera) Schlagzeug und ein leider nur optisch gelungener Klon von Burton C. Bell singt. Die Frage ist, wie das Ganze dann am Ende klingen wird.
Also, nach dem obligatorischen 'Number Of The Beast'-Intro ertönt leider ein Sound, den man auch bei übelstem Willen nicht mal der ersten Band auf dem Hinterpfuiteuflinger Nachwuchs-Deathmetal-Festival zumuten wollte. Dazu verliert sich der Burton-Klon gesangstechnisch im intertonalen Nirvana (das sind die unendlichen Weiten an Tönen zwischen zwei richtigen Tönen). Sind das FEAR FACTORY 2006? Okay, ganz so desaströs bleibt es Gott sei Dank nicht. Der Sound wird langsam besser und damit auch die Stimmung im Publikum, selbst Burton kann wenigstens bei den aggressiven Parts punkten. Cool kommen vor allem die älteren Songs von "Demanufacture" und "Soul Of A New Machine" - und 'Replica' ist nach wie vor ein ganz ganz großer Stakkato-Metal-Song, wenngleich der Gesang beim Refrain auch hier eher an eine ausgeleierte Kassette als an einen vernünftig repruduzierten Burton erinnert. Der echte Burton ist das nicht. Um also wirklich Spaß zu haben, muss man sich's schön saufen, was für einen Headliner enttäuschend ist. Da nützt auch ein cooles Backdrop und eine entsprechende Lightshow nix. Ach ja, ich war übrigens nach dem Konzi sturzbesoffen und hatte dementsprechend Spaß.
[Thomas Becker]

Behind The Scenes - Meet & Greet Pt. 5
Ein bisschen schwierig sollen sie ja manchmal sein, die britischen Trauerklöße von MY DYING BRIDE, aber angeblich präsentieren sich Aaron Stainthorpe und seine sterbenden Brautjungern beim Treffen mit den beiden Israelis Inon Prince und Katriel Landel sowie der Amerikanerin Shannon Bowen äußerst gut gelaunt. Mangels AAA-Pass, der Einlass in das Allerheiligste hinter der Bühne verschafft, zu dem die normalsterbliche Pressemeute keinen Zutritt mehr hat, übergebe ich metal.de-Kollege Norman das Wort:
"Schon im Vorfeld ist das Interesse riesig, und der Strom an Menschen, die MY DYING BRIDE treffen wollten, reißt nicht ab. Bei den Gewinnern trifft es dann schließlich genau die richtigen Drei, denn die zwei Jungs und die bezaubernde Dame hatten mit Israel und den USA wohl mit die längste Anreise aller Besucher. Im Falle der US-Dame Shannon Bowen wurde die lange und beschwerliche Reise einzig der Doomster wegen angetreten, wobei die Freude der beiden Israelis Inon Prince und Katriel Landel nicht minder gering ist und man sich deshalb mehr als pünktlich am vereinbarten Treffpunkt einfindet. Passend dazu stellt sich dann auch noch englisches Wetter ein und der Himmel öffnet seine Schleusen. Aber wirklich beirren lassen sich die glücklichen Gewinner dadurch nicht und folgen Samira (STALKER.cd) und Norman (metal.de) höchst aufgeregt in das Backstage-Zelt, das aufgrund des Regens dicht gedrängt ist. Dort soll dann schließlich das Treffen mit der Band stattfinden. Leider wird der Regen immer stärker und hat beinahe Sintflut-artige Ausmaße angenommen. Dies ist dann auch der Grund, weshalb es der Band, die schon das Bühnenoutfit trägt, nicht möglich ist, den recht langen Weg vom Artist-Bereich zum Presszelt zu tätigen. Bei dieser Nachricht befürchten die Gewinner schon das Schlimmste. Aber schließlich kann die Situation mit ein paar Telefonaten geklärt werden und wir sind kurzerhand auf dem Weg zur Band, welche die Drei dann herzlich empfängt und in ihre Mitte nimmt. Sowohl die Gewinner als auch die Band haben richtig Spaß an diesem Treffen, was sich schließlich sogar darin äußert, dass die Band versucht Stage-Pässe für die Gewinner zu bekommen, was aber leider aus organisatorischen Gründen in der Kürze der Zeit nicht mehr machbar ist. Trotzdem ist es ein familiäres Treffen, an das die Gewinner noch lange denken werden. O-Ton Shannon: "Das werde ich noch meinen Kindern erzählen - vielen Dank!" Auch wir von metal.de, STALKER.cd und POWERMETAL.de bedanken uns beim Management, der Band und den Veranstaltern des Summer Breeze."
[Elke Huber]

MY DYING BRIDE
In der Finsternis der letzten Summer-Breeze-Nacht schenken uns die Doomster von der Insel wieder eine Gänsehaut nach der anderen, und während einige Besucher schon Richtung Zeltplatz oder gar Heimat eilen (Kostverächter!), versammelt sich eine nicht zu verachtende Truppe von Fans vor der Bühne. Und egal, ob Metaller mit bösem Death-Metal-Shirt, Gothic-Mädel oder einfach nur reiner Doomhead, MY DYING BRIDE scheinen einen gemeinsamen Nenner für das ganz besonders emotionale Feeling der Musik gefunden zu haben und bieten auch an diesem Abend wieder ein Meer an Gefühlen und eine Gänsehautparade im Sekundentakt. Leider trübt der Sound am Anfang das mitreißende Spektakel, Aaron hört man kaum, und die Gitarren dröhnen für eine Doom-Band einfach viel zu laut.
Bei 'The Cry Of Mankind' scheint der Mischer aber endlich die Tomaten aus den Ohren raus zu haben und lässt Aarons Gesang lauter aus den Boxen schallen, so dass der Herr, der während der Show wieder tausend Tode stirbt, am Ende doch ganz gut zu hören ist. Die Dramatik eines MY DYING BRIDE-Gigs in Worte zu fassen ist schwer, denn was die Band auf der Bühne bietet, ist mehr als nur feinster Funeral Doom, und vor allem das Zusammenspiel aus theatralisch-tragischer Mimik, den coolen Posen der Saitenfraktion und dem traumhaft schönen Licht versetzt die Summer-Breeze-Gemeinde in allgemeine Trance. Die zauberhafte Lichtshow untermalt bestens das gewisse Etwas der Musik, und auch die Setliste ist für dieses Festival-Finale wie geschaffen. Neben langsamen Stücken wie 'For You' oder dem emotionalen Trauermarsch 'The Dreadful Hours' kreischt sich Aaron auch mit vollster Inbrunst durch Songs wie 'Catherine Blake' und 'The Forever People' - beeindruckend! Am Ende hätte man es noch locker eine Stunde mit den Engländern ausgehalten und taumelt noch immer voller Doom-Melodien in Richtung Bierstand. Das Beste zuletzt? Dieses Jahr auf jeden Fall!
[Caroline Traitler]

Setlist:
The Whore, The Cook, The Mother
Like Gods Of The Sun
Blue Lotus
For You
The Cry of Mankind
Catherine Blake
The Dreadful Hours
The Forever People

Redakteur:
Andreas Grzybowski

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