Sweden Rock Festival - Sölvesborg (SE)

03.07.2005 | 16:11

09.06.2005, Festival-Gelände

Sweden Rock Festival 2005, 9.6.-11.6. 2005

YNGWIE MALMSTEEN (Festival Stage):
Der schwedische Ausnahmegitarrist sorgte für einen wahren Massenauflauf vor der Bühne. Natürlich wollte praktisch jeder dem egozentrischen Musiker bei seinem Heimspiel auf die Finger schauen. Zu hören gab’s leider nur viel Gedudel und wenig Originelles, das im Soundbrei recht schnell zur reinen Nervensache wurde. Die brachiale Lautstärke tat ein Übriges um vielen den Spaß an der Freude zu nehmen. Das der schwedische Gitarrist ein recht eigenwilliger Zeitgenosse sein kann, bewies er bei diesem Auftritt mehrmals. So wurden fast alle Songs vom Meister persönlich angesagt. Versuche des Sängers Dougie White (Ex-RAINBOW) mit dem Publikum zu kommunizieren, wurden schon im Ansatz durch Gitarrensoli unterbrochen. Wen wundert es, dass dadurch kaum Stimmung bei den Fans aufkam?
Die Setlist bot einen Querschnitt seines gesamten Schaffens und ließ hingegen eigentlich kaum Wünsche offen. Als Opener wurde 'Rising Force' gespielt. Danach folgten u. a. 'Masquerade', 'Demon Driver' und 'Trilogy', bevor 'I Am A Viking' mit einem zehnminütigen Gitarren-Intro (!) zum Besten gegeben wurde. Die einzig positive Überraschung des Auftritts bildete 'You Won’t Remember, I’ll Never Forget', das im Mittelteil in den DEEP PURPLE-Klassiker 'Demon’s Eye' überging. Den Abschluss bildete die Coverversion 'Red House' von JIMI HENDRIX. Wie gesagt, die Auswahl der Songs war wirklich vom Allerfeinsten. Die Darbietung jedenfalls nicht. So verschreckt man auch den gutmütigsten Fan auf Dauer. In der Schule wäre YNGWIE MALMSTEEN vom Lehrer wohl mit dem Spruch: "Setzen! Sechs!“ abgewatscht worden...
(Alex Beh)

BLACKFOOT (Rock Stage):
Dass sich die amerikanische Southern Rock-Legende BLACKFOOT reformieren würde, hatte wohl kaum einer geglaubt. Noch weniger, dass sich die Herren für einen einzigen Auftritt (!) nach Europa begeben würden. Trotz eines tragischen Todesfalles innerhalb der Band - Drummer und Gründungsmitglied Jackson "Thunderfoot" Spires verstarb vor kurzem - begaben sich die "Schwarzfuß-Indianer" auf die Reise über den großen Teich, um den Schweden eine ordentliche Portion Southern Rock zu verabreichen.
Angeführt von den beiden Gründungsmitgliedern Greg T. Walker (b.) und Charlie Hargrett (g.), komplettiert durch den alten Weggefährten Bobby Barth an der Gitarre, der schon auf der '84er Scheibe "Siogo" mitgewirkt hatte und einem unbekannten Schlagzeuger aus Österreich (!) legte die Band gleich mit dem Klassiker 'Good Morning' fulminant los. Danach ging es mit der 'Wishing Well' und 'Baby Blue’ rasant weiter, bevor dem Publikum mit der Blues-Nummer 'Sunshine' - dem verstorbenen Drummer gewidmet - eine Verschnaufpause gegönnt wurde. Alle, inklusive des Verfassers dieser Zeilen, die diesem Auftritt mit einer gewissen Dosis Skepsis entgegen gesehen haben, wurden zum Glück eines Besseren belehrt. Beide Gitarristen lieferten sich während der Songs ein ums andere Mal wunderbare Gitarrenduelle, die das Herz eines jeden Fans höher schlagen ließen. Das zahlreich erschienene Publikum geriet mit zunehmender Spieldauer immer mehr aus dem Häuschen, so dass sich die Musiker mehrmals begeistert im Rund umschauten. Damit hatte die Band wohl nicht einmal in ihren kühnsten Träumen gerechnet. Es wurde nun ein Klassiker nach dem anderen, u.a. 'Every Man Should Know (Queenie)', 'On The Run' oder 'Rollin' and Tumblin' mit unglaublicher Spielfreude und fettem Sound präsentiert. Menschen jeden Alters hüpften im Takt mit, schrieen sich die Seele aus dem Leib, spielten Luftgitarre und lächelten dabei total entrückt. Selten hat man auf diesem Festival die Fans dermaßen ausflippen sehen, wie bei dieser Sternstunde des Southern Rocks. Es folgten zum Abschluss 'Fly Away', die wunderbare Ballade 'Highway Song' und 'Train, Train', mit dem obligatorischen Lokomotivpfeifen als Intro. Nach kurzer Pause und unter lautem Jubel enterten BLACKFOOT für die Zugabe 'Dry County' nochmals die Bühne. Das Konzert sorgte für offene Münder, strahlende Gesichter und verschwitzte Körper. Ein magisches Erlebnis!
(Alex Beh)

STATETROOPER (Spendrups Stage):
Mit wenig Erwartung und eigentlich nur dem Wunsch entsprechend, mal wieder Gary Barden (voc., SILVER, Ex-MSG) nach dem saustarken Auftritt mit COMPANY OF SNAKES in Wacken vor ein paar Jahren zu erleben, gesellte ich mich zu den ganz wenigen Rockfans, die auf CANDLEMASS pfiffen und stattdessen lieber gepflegten Hardrock aus England hören wollten. Die Spendrups Stage zog jedoch während des Gigs immer mehr Fans an, die neben Stücken des 85er Debüts auch welche des letztjährig erschienen Nachfolgers geboten bekamen. Die Setlist umfasste u.a. 'The Calling', 'Dead Or Alive' oder 'Twilight'. Als Barden dann nach knapp einer Stunde Songs, die er einst mit einem "gewissen deutschen Lead-Gitarristen" eingespielt hat, ankündigte, nämlich 'Cry For The Nations' und 'Armed And Ready', war die Welt für zum Schluss ca. 500 Fans endgültig mehr als in Ordnung. Unglaublich! Wie wäre es denn, die STATETROOPER mal mit PRAYING MANTIS zusammen auf Tour zu schicken? Die unglaubliche Spielfreude der Engländer verlangt jedenfalls eindeutig nach mehr Zuschauern und damit nach Fortsetzung! Ein ganz starker Auftritt, den auch wieder der Hauch des Besonderen und Exklusiven umwehte...
(Martin Stark)

CANDLEMASS (Festival Stage):
Ab 20 Uhr, also zur besten Sendezeit, um es einmal im TV-Jargon auszudrücken, durften die doomigen Schweden von CANDLEMASS um Sänger Messiah ihre "Messe" zelebrieren. Und was für eine Messe es war! Knapp 90 Minuten wurde purer Doom im perfektem Soundgewand und bei annehmbarer Lautstärke dargeboten, dem sich keiner entziehen konnte. Die Bühne mit weißen, von innen beleuchteten, Kreuzen und zahlreichen Marshall-Verstärkern geschmückt, ließ den einzelnen Musikern viel Bewegungsraum. Messiah, in seiner obligatorischen Mönchskutte gekleidet, die nur von einem weißem Seil zusammen gehalten wurde, sprintete zu Beginn des Konzertes wie ein Berserker auf die Bühne, sagte 'Black Dwarf' an und sang sich von da an die Seele aus dem Leib. Der Sound kam wie eine Wand aus den Boxen und so ging es beim Publikum von der ersten Sekunde an richtig ab: Fäuste wurden gereckt, Texte lauthals mitgesungen, Köpfe flogen im Takt hin und her, so dass man beinahe um die Gesundheit der einzelnen Personen fürchten musste. Immer wieder forderte der charismatische Sänger das Publikum zum Mitsingen und Mitklatschen auf. Leider erfolgten alle Ansagen in schwedischer Sprache, so dass nicht alles verstanden habe, was der Mann so von sich gab. Egal, neben 'Mirror, Mirror' wurden u.a. noch 'Under The Oak', 'Dark Reflections', 'Solitude' und 'At The Gallows End' ins Rund gefeuert bevor man eine völlig erschöpfte Masse zurück ließ. Die Schweden haben ihr Heimspiel klar gewonnen und dürften in dieser Spiellaune auch das Wacken-Festival 2005 in Schutt und Asche legen.
(Alex Beh)

DIO (Rock Stage):
Kleiner Mann ganz groß. Das trifft eigentlich in musikalischer Hinsicht nur auf einen zu: DIO. Stimmlich voll auf der Höhe heizte er die Massen kurz vor dem letzten Headliner (MÖTLEY CRÜE) ordentlich ein. Auch hier war wieder nicht an die Bühne ranzukommen, da es knüppeldicke voll war. 90 Minuten hatte DIO nun Zeit seine zahlreichen Hits zu präsentieren und das tat er auch. Songs wie 'Don't Talk To Strangers', 'Rainbow In The Dark' oder der RAINBOW-Song 'Long Live Rock'n'Roll' lösten wahre Freudenstürme aus. Und verhältnismäßig sehr laut war der Auftritt des Ausnahme-Sängers.
Was mir auch noch sehr imponierte, war dass bei 'Holy Diver' selbst die Leute, die in einem nahe gelegenen Bierzelt "ausruhten", auf die Stühle und Tische sprangen und jedes Wort mitsangen. Sensationell! Ein Song, den er nicht so oft im Programm hat wurde dann mit 'Shiver' auch noch präsentiert. "Lustig" waren auch die auf der Pressekonferenz gestellten Fragen der Marke: "Ronnie, wird es auch eine Reality-Soap von dir geben?" oder "Ronnie, welche Stellung bevorzugst du?" Noch Fragen?
Was soll man sonst noch sagen? DIO hat auf ganzer Linie überzeugt, und nun pilgern wir mal zur Festival Stage, um uns die letzte Dosis Rock Musik hier in Schweden abzuholen. Konditionell waren wir schon lange nicht mehr auch nur ansatzweise auf der Höhe...
(Martin Stark)

MÖTLEY CRÜE (Festival Stage):
Tja, und dann war da noch der ultimative Headliner. Die vier Bad Boys von MÖTLEY CRÜE, die sich angeblich hassen wie die Pest, aber wenn man sie zeitgleich auf eine Bühne stellt und ein wenig mit Geldscheinen winkt, ein "Gute Laune Metal-Feuerwerk" vom Allerfeinsten abliefern, riefen und ALLE kamen. So auch an besagtem letzten Abend des SRF 2005. Nach kurzer typisch amerikanischer Ansage begann der Zirkus mit 'Shout At The Devil' und gut zwei Stunden Rock'n'Roll-Theater der Extraklasse nahm seinen Lauf. Das Publikum – mit Abstand das größte des gesamten Festivals – war zwar nach meist drei Tagen Dauer-Party konditionell total am Ende, aber Hits wie 'Dr. Feelgood', 'Looks That Kill' und 'Wildside' mobilisierten überall ungeahnte Reserven. Die Bühne brannte eigentlich dauernd. Wenn nicht riesige Feuersäulen aufstiegen oder Nikki Sixx und Vince Neil posten was das Zeug hielt, dann sorgten zahlreiche leicht bekleidete Damen für Aufsehen. Leider stand der Verfasser dieser Zeilen ungefähr in der Mitte des knapp 30.000 Mann starken Publikums und durfte sich vom weiter vorne oder anfangs gar im Fotograben postierten Kollegen Duennhaupt pikante Details anhören. Eine Show der Extraklasse verlangt natürlich auch nach einem solchen Sound und auch da – wie im übrigen fast das gesamte Festival über auf allen Bühnen – war alles im Lot. Die Zugaben 'Helter Skelter' und 'Anarchy In The UK' sind zwar keine überragenden Songs, aber dennoch fehlte eigentlich kaum ein Song während des "Best-Of"-Gigs. Ach ja, das böse Wort mit "f" mögen die Amis scheinbar ganz gerne. Gitarrist Mick Mars war spieltechnisch über jeden Zweifel erhaben, aber bedingt durch seinen leider stark angeschlagenen Gesundheitszustand hatte er den Aktionsradius eines Bierdeckels. Tommy Lee trommelte den ganzen Gig über mit einer fast KISS-mäßigen "Kriegsbemalung"...
Die CRÜE hat auch eine Pressekonferenz abgehalten, aber der wenn ich den gültigen Verhaltens-Katalog von vorne bis hinten gelesen hätte, wäre mir wahrscheinlich ein komplettes Konzert entgangen, aber so sind halt "Superstars". Ich war eh nicht da, und habe lieber STATETROOPER angesehen, aber zurück zu MÖTLEY CRÜE: So albern auch das Auftreten der Band manchmal ist, so überzeugend sind die vier auf der Bühne. Mehr Entertainment geht eigentlich nicht. Ein mehr als würdiger Abschluss eines grandiosen Festivals!
(Martin Stark)

Redakteur:
Martin Stark

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