THE 69 EYES und UNZUCHT - Aschaffenburg
16.11.2024 | 17:1128.10.2024, Colos-Saal
Unzüchtige und Vampire... eine ganz besondere musikalische Mischung.
Einmal mehr geht es wieder in den Colos-Saal nach Aschaffenburg. Auch eines der Konzerte, auf das ich mich ganz besonders freue, sehe ich doch nach langer Zeit endlich mal wieder die Finnen THE 69 EYES. Die sind nämlich auf Tour, um das 20-jährige Jubiläum ihres Albums "Devils" zu feiern. Ihr Versprechen: Das Album wird komplett gespielt, zusätzlich gibt es aber auch ein kleines "Best-Of"-Set. Auf die Auswahl bin ich sehr gespannt, haben die Herren doch bisher immerhin 13 Alben eingespielt.
Am Colos-Saal angekommen, bin ich doch etwas über die gar nicht so lange übliche Schlange erstaunt. Aber nun gut, es ist ja noch relativ früh. Der Einlass geht dann wie immer ziemlich zügig vonstatten und der Saal füllt sich doch stetig. Mit einem Getränk und einer Brezel harren wir der Dinge, die da kommen sollen. Die beginnen mit der Support-Band UNZUCHT, die den Abend standesgemäß eröffnet. Die Band gibt es schon seit 2009 und es ist schon sehr lange her, dass ich sie gesehen habe. Kürzlich hat Sänger Daniel "Der Schulz" Schulz die Band gewechselt und ist jetzt als neuer Sänger bei OOMPH! gelandet. Neuer UNZUCHT-Mitstreiter am Mikrofon ist nun Timm Hindorff.
Der macht seinen Job ziemlich gut und kann letztendlich das anfänglich in meinen Augen noch etwas träge Publikum animieren. Allerdings gibt es gerade in den vorderen Reihen viele UNZUCHT-Fans, die sich während des kurzen Sets ziemlich ins Zeug legen. Er scheut auch nicht den Kontakt zum Publikum, steigt sogar aufs Absperrgitter und holt sich das Handy eines Fans aus dem Publikum, um damit zu filmen. Die Band hat bisher in schöner Regelmäßigkeit sechs Alben veröffentlicht und von den neun Stücken, die sie heute Abend zum Besten gibt, stammen drei vom letzten Album "Jenseits der Welt". Der Rest verteilt sich auf die anderen Alben, nur "Venus Luzifer" wird ausgespart. Den ordentlichen Schlussapplaus hat sich UNZUCHT verdient und nach dem obligatorischen Gruppenfoto heißt es, Bühne frei zum Umbau!
Setliste UNZUCHT: Allein; Ein Wort fliegt wie ein Stein; Nela; Kettenhund; Unzucht; Nur die Ewigkeit; Nein; Jenseits der Welt; Sonnentod
Ein kleiner Rundblick zeigt, dass der Saal mittlerweile gut gefüllt ist, meine anfängliche Sorge, dass der Montag vielleicht doch kein so günstiger Tag für ein Konzert ist, ist somit hinfällig. Beim Blick auf den Bühnenaufbau schwant mir übrigens Böses, stehen da doch fein säuberlich verteilt vier Nebelwerfer direkt am Bühnenrand. Na großartig! Mehr davon später. Während der Umbaupause werden wir übrigens mit diversen sehr alten Songs bespaßt, die ich hier mal großzügig in die Rockabilly-Ära einsortiere. Man muss dazu vielleicht wissen, dass es noch ein Nebenprojekt von Jyrki69 gibt, das nennt sich THE 69 CATS und läuft unter Rockabilly-Goth. Also sind die Einspieler vielleicht eine kleine Hommage an den Old-School-Rock'n'Roll- und Rockabilly-Fan. Das bisher einzige Konzert, mit einem Jyrki "mal ganz anders", ist leider auch schon lange her, ist mir aber in ausgezeichneter Erinnerung geblieben. So schmunzele ich stille vor mich hin und kann es mir nicht verkneifen, den 1958er-Schmachtfetzen 'All I Have To Do Is Dream', von THE EVERLY BROTHERS, mitzusingen. Ja, der Text sitzt noch.
Doch zurück in die Gegenwart. Als die "Helsinki Vampire" erscheinen, werden sie erst einmal lautstark begrüßt. Zugegebenermaßen ist der Applaus für THE 69 EYES doch etwas größer, als vorher beim Support. Weil wir ja im Jubiläumsjahr des Teufels-Albums sind, gibt es direkt vier Songs davon auf die Ohren. Angefangen vom Titeltrack, über 'Feel Berlin' und 'Nothing On You', bis 'Beneath The Blue'. Das ist doch schon einmal der perfekte Einstieg und wird auch vom Publikum mehr als wohlwollend aufgenommen. Auch Jyrkis Ansage: "We celebrate our album "Devils" with you guys tonight. The concept of the night is that we gonna play that album entirely and some usual 69 EYES shit."
Auch dieser "usual shit" wird richtig ekstatisch abgefeiert, insbesonder das 'Gothic Girl'. Bis auf das rasante 'Drive' vom 2023er Album "Death Of Darkness" greift die Band auch bei den restlichen Songs des Abends eher auf wesentlich ältere Titel zurück. Ist aber egal, die Menge singt und klatscht begeistert mit und mir ist es sowieso egal, was Jyrki singt. Ich werfe mal wieder die Sache mit dem Telefonbuch in den Raum. Er hat eine wunderbar charismatische Stimme, die man immer schon nach den ersten Tönen erkennt.
Um noch einmal auf die Nebelwerfer zurückzukommen. Gott sei Dank hält sich deren Einsatz etwas in Grenzen, auch wenn gewisse Gitarristen – nennen wir sie mal Timo-Timo – sehr viel Spaß daran haben, fröhlich grinsend vollkommen in diesen Nebel hineinzutauchen. Und ja, das Zeug stinkt erbärmlich und reizt furchbar zum Husten. Aber gut, Abhärtung ist wohl alles und das Gitarrenspiel hat es nicht beeinträchtigt. Auch Archzie "The Bassman" ist relativ unbeeindruckt von der weißen Wand, einzig Jyrki hält einen gewissen Abstand. Wie sich Gitarrist Bazie mit den weißen Schwaden arrangiert, kann ich wegen dieser leider nicht erkennen. Die Timo-Timo-Beweisfotos finden sich übrigens im Bilderteil...
Ob mit oder ohne Nebel, THE 69 EYES liefert wie gewohnt eine fantastische Show ab. Viel zu schnell vergeht die Zeit und die Herren verabschieden sich mit 'Brandon Lee', was selbstverständlich von den Zuschauern nicht akzeptiert wird. Unter lautem Klatschen und Zugabe-Rufen wird die Band zurück auf die Bühne geholt und wir dürfen uns an zwei weiteren Songs erfreuen. Zuerst an 'Only You Can Save Me', aber dann kommt unweigerlich doch der Abschieds-Song, nämlich 'Lost Boys'.
Nein, lost sind die boys wahrlich nicht, sie haben sich wie immer in die Herzen der Menge gespielt und für einen wunderbaren Montagabend gesorgt. Besser kann eine Woche doch nicht beginnen. So, wie es aussieht, machen nicht nur wir uns fröhlich und beschwingt auf den Heimweg. Der Colos-Saal ist einfach ein toller Club und hat ein Programm, das sich sehen lassen kann.
Setliste THE 69 EYES: Devils; Feel Berlin; Nothing On You, Beneath The Blue; The Chair, Drive; August Moon; Jimmy; Christina Death; Never Say Die; Sister Of Charity; Hevioso; Gothic Girl; Dance D'Amour; Brandon Lee; Zugaben: Only You Can Save Me; Lost Boys
- Redakteur:
- Hannelore Hämmer