TODTGELICHTER - Hamburg
15.03.2010 | 12:0206.02.2010, Marx
Ein Debüt, drei neue Songs und ein Death-Metal-Act - Hamburgs Schwarzmetaller feiern im Marx.
In der Hamburger Markthalle bietet sich heute ein besonderes Schauspiel: In der großen Konzerthalle findet eine Punk- und Ska-Veranstaltung statt, im Marx ein Black-Metal-Konzert. Bunte Gestalten treffen im gemeinsamen Vorraum der beiden Hallen auf schwarz gekleidete, mit Nieten behängte Metalfans und schauen ob der geballten Masse dieser dunklen Gestalten teils belustigt, teils beängstigt drein.
Im Marx versammelt sich die Black-Metal-Gemeinde und wartet darauf, dass SILENT LEGES INTER ARMA die Bühne betreten. Die etwa fünfzig Fans sind aus allen Altersklassen zusammengewürfelt. Mit einer knappen halben Stunde Verspätung kommt das Duo schließlich auf die Bühne, auf der es für eine Band mit mehr als vier Mitgliedern eng werden könnte. Aber da M:G das Schlagzeug besetzt, hat Sänger und Gitarrist M:F viel Platz. Im Herbst vergangenen Jahres haben sich die Rostocker von ihrem Bassisten getrennt, jetzt suchen sie einen neuen.
Langsam füllt sich die Halle, und die ersten Headbanger lassen die Haare kreisen. Musikalisch wechseln SILENT LEGES INTER ARMA zwischen sehr melodischen, groovigen Parts – IMMORTAL lassen grüßen – und dunkelstem Black Metal. Was die Musik angeht, haben die Rostocker also einiges zu bieten, die Performance ist allerdings noch zu unausgereift: M:F lässt sich zwar zu Posen hinreißen, jedoch steht er nicht völlig dahinter, und so wirken sie wie gewollt und nicht gekonnt. Ein bisschen mehr Überzeugung stünde ihm nicht schlecht. Das Duo schafft es aber, das Gros der Fans auf seine Seite zu ziehen, und so headbangen am Ende viele, der Rest nickt wohlwollend mit dem Kopf.
Jetzt wird es eng, denn KRATEIN sind zu fünft. Die Musiker sind keine unbekannten: Nebular, Lord Asgoroth und Hyteriis spielen bei ATRAS CINERIS, Metus ist Sänger der Band SIGNUM: KARG, und Frederic wird später am Abend noch mit TODTGELICHTER auf der Bühne stehen.
Pünktlich zum heutigen Auftritt veröffentlicht das Quintett sein Debütalbum "Trauma". Die Musik ist melancholisch und weniger eingängig als die von SILENT LEGES INTER ARMA. Die gebrüllten, geschrienen und gesprochenen Texte sind größtenteils unverständlich, obwohl sie in deutscher Sprache verfasst wurden.
Leider ist das Mikro übersteuert, und auch sonst dröhnt der Sound aus den Boxen, als landete nebenan ein Hubschrauber – selbst wenn die Band gar nicht spielt. Die Publikumsreaktionen sind entsprechend zaghaft. Es mag an der rohen Tonqualität liegen, aber aufkeimende Melodien werden schnell vom rumpeligen Sound des Schlagzeugs übertönt.
Plötzlich verschwindet Metus von der Bühne, das Dröhnen eines Hubschraubers ertönt – dieses Mal tatsächlich aus den Boxen –, und KRATEIN verschwinden ohne ein weiteres Wort.
Die Death-Metaller INTO OBLIVION sind kurzfristig für die Schweden HAVOK eingesprungen. Mit ihrem Sound können sie bei den anwesenden Schwarzmetallern allerdings nicht punkten, und so leert sich das Marx allmählich. Sänger Stefan Priebe verzichtet auf einen Mikrofonständer und kann deshalb agil auftreten.
Die Hamburger nutzen den vorhandenen Platz perfekt aus und machen fast vergessen, wie klein die Bühne eigentlich ist. Weitaus mehr freie Fläche ist indessen im Zuschauerraum, aber die Anwesenden lassen sich die Stimmung nicht verderben, schütteln das Haupthaar, und ein Fan übt sich sogar im Stagediving.
INTO OBLIVION lassen die eine oder andere Death-Metal-Granate los; bei einem anderen Publikum hätte sich hier schnell ein Moshpit gebildet. Mit ihren schnellen Rhythmen und dem vielseitigen Sänger weiß die Band zumindest geneigte Death-Metal-Hörer zu überzeugen. Doch das sind hier die wenigsten, und so ernten INTO OBLIVION nur mäßigen Applaus.
"Wir gehen uns noch schnell die Nase pudern, dann geht's los!" Mit diesen Worten verschwinden GEIST nach dem Bühnenumbau wieder im Backstagebereich, um erst einige Zeit später unter Nebel und mit Wasserleichen-Make-up ihren Auftritt zu starten. GEIST spielen atmosphärischen Black Metal mit vielen langsamen Parts, können aber auch mal kräftig losschreddern und sind die erste und einzige Band heute mit einem Keyboard. Das Marx ist wieder brechend voll und feiert zu 'Stille Wasser' und 'Erben aller Einsamkeit'.
Die Musiker wandern viel auf und ab, eine richtige Performance bieten sie aber nicht. Trotzdem werden sie nach jedem Lied eifrig beklatscht, ohne dass die Anwesenden so richtig mitgehen. Nach einer guten Stunde verschwinden die Wasserleichen wieder auf ihre "Galeere".
Zehn Minuten vor Mitternacht betreten TODTGELICHTER die Bühne. Sofort fliegen vorn die ersten Haare, und Fäuste gehen in die Luft. Vor allem der Nackenbrecher 'Larva' wird abgefeiert. Die Hamburger spielen melodisch-rhythmischen Black Metal und verschmelzen Aggressionen mit teilweise verspielten Melodien. Doch es geht auch traditionell, wie sie mit 'Blutstern' und dem schweren 'Erinnerungen eines Wolfes' beweisen.
Wie angekündigt, spielen TODTGELICHTER drei Lieder vom kommenden Album "Angst": 'Cafe Of Lost Dreams', 'Bestie' und 'Phobos & Deimos'. Bei 'Cafe Of Lost Dreams' werden sie von einer Sängerin unterstützt, deren tiefe Stimme sich wunderbar in den Song einfügt. Auch das schnelle 'Bestie' kommt beim Publikum gut an. Eigentlich sollte es das letzte Lied des Abends sein, doch TODTGELICHTER legen noch ein paar Zugaben drauf, bevor sie ihre zufriedenen Fans nach über einer Stunde Spielzeit in die Hamburger Nacht entlassen.
- Redakteur:
- Pia-Kim Schaper