Tarja - Leipzig

26.05.2011 | 08:39

16.05.2011, Haus Auensee

Nordische Elfen und Schlagzeugmärsche.

Musikalischer Frauenpower pur steht an diesem Montagabend im idyllisch gelegenen Haus Auensee auf dem Programm. Gleich drei Formationen mit einer Dame am Mikro geben sich ein Stelldichein.


Fast pünktlich 20 Uhr wird beginnt dieser "Frauenabend". Beim Eintreffen sind vorn bereits die Jungs von MARKIZE am Werkeln und die Fans warten auf die Sängerin. Vom Saal ist hinten gut ein Drittel Fläche abgehangen. Also wird es heute nicht brechend voll, was aber zu keiner Zeit negativen Einfluss auf die Stimmung haben soll. Im Gegenteil, für die frühe Uhrzeit und die erste Band ist die Masse gut aufgelegt und heißt nun die französischen Gothic-Rocker willkommen. Bis dato kannte ich diese Formation nicht und hätte bei dem Outfit von Sängerin Alina eher auf "schwierige" Unterhaltung à la EMILIE AUTUMN getippt. Doch weit gefehlt! Die Franzosen bieten eingängige Rockmelodien an und ziehen mit ihrer Spielfreude das Publikum auf ihre Seite. Die Stücke, die ein wenig popig und radiotauglich sind, klingen nicht ganz so spannend. Wenn es härter wird und die Band richtig aufdreht, machen Songs wie beispielsweise 'Miroir' richtig Spaß. Alina macht nicht nur optisch eine gute Figur, sondern kann auch mit ihrer tollen Stimme die Fans verzaubern. Sie animiert sie immer wieder, mitzumachen, und das tun sie gern. Sogar ein Doppelcover gibt es zu hören. 'Bad Romance' von LADY GAGA wird kurzerhand mit der 'Time Is Running Out'-Melodie von MUSE vermischt und fertig ist ein neuer Song. Der klingt gar nicht mal so schlecht und dementsprechend laut fällt der Beifall nach gut vierzig Minuten Spielzeit aus. Ein gelungener Einstand!


Weiter geht es mit LEAVES EYES, die nun den Leipzigern einheizen wollen. Und das tun sie wie immer in gewohnter Qualität. 'Spirits Masquerade' vom aktuellen Longplayer "Meredead" erklingt als erstes. Liv und ihre Band versprühen ebenfalls wieder eine Menge guter Laune, die sich schnell auf die Fans überträgt. Die feiern ordentlich mit und auch Ehemann Alex wird später bei 'Melusine' lautstark begrüßt. Natürlich finden sich im Set 'Take The Devil In Me' und 'My Destiny'. Alex lässt es sich nicht nehmen, den Fans mitzuteilen, dass seine Frau eigentlich gar nicht auf der Bühne stehen darf. Sie hat sich einen Bänderriss zugezogen und der Arzt hat ihr verboten, aufzutreten. Er bringt als schlechtes Beispiel auch gleich die Profisportler an, die Millionen verdienen und lange und oft krank sind und nichts machen. Sie aber verdient nicht solche Summen und steht trotzdem auf der Bühne. Okay, nach außen hin wirkt es ein wenig überzogen, aber von der Sache her hat der Mann schon Recht. Da kann man nur sagen: Respekt! Vor allem bei den Schuhen…

Das MIKE OLDFIELD-Cover 'To France' erklingt nach kurzer Verwirrung von Liv in seiner vollen Schönheit und ist wirklich eine toll gelungene Neubearbeitung. Einer ihrer Jungs hat sich zu Beginn eine Mandoline geschnappt und spielt die ersten Töne des Songs an, was wohl nicht geplant war und sie etwas aus dem Konzept bringt. Am Ende erhalten die Musiker lang anhaltenden Applaus und sie genießen das in vollen Zügen. Verdient haben sie es auf jeden Fall, denn das war wirklich ein toller Gig, nur leider zu kurz. Aber Liv ist ja nicht die Hauptperson an diesem Abend.

Selbige ist nun an der Reihe. Für TARJA wird fast die komplette Technik umgebaut und die Bühne mit einer großen Leinwand verdeckt, auf der ihr Gesicht prangt. Ob sie sich das bei ihrem Support für ALICE COOPER abgeschaut hat? Gegen 22 Uhr geht das Licht aus und in den vorderen Reihen rufen alle lautstark "Tarja!". Nach und nach trifft die Band ein, ehe sich die Dame des heutigen Abends blicken lässt. Mit 'Anteroom Of Death' beginnt das Konzert und es dauert noch ein bisschen, ehe die Fans die Sängerin zu Gesicht bekommen, denn sie agiert eine ganze Weile hinter dem Vorhang. Als dieser fällt, wird sie von ihren Anhängern noch einmal richtig begrüßt. Die Finnin ist gut aufgelegt und heißt ihre Fans Willkommen. Immer wieder versucht sie, diese zum Mitklatschen zu animieren. Allerdings sind die nicht alle so euphorisch und genießen wohl lieber das Konzert, als großartig Party zu machen. Okay, es ist Montag, da sind wohl viele vom Wochenende noch nicht wieder so fit. Dafür ist aber die Stimmung gut, als beispielsweise 'Dark Star' oder 'I Walk Alone' erklingen.

Als alle so richtig in Fahrt gekommen sind, entschwinden TARJA und die andern Musiker von der Bühne und machen Platz für eine Solo-Performance von Drummer Mike Terrana. Er hat nun das Vergnügen, für knapp zehn Minuten die Massen von seinem Können zu überzeugen. Und das tut er auf euphorische Weise! Mit artistischen Hochleistungen wirbelt er die Drum-Sticks durch die Lüfte und bietet den Anwesenden eine tolle Show. Etwas später kommen aus der Konserve die Klänge des Radetzky-Marsches dazu. Zu dessen Melodie bearbeitet er seine Drums recht ordentlich. Was der Mann da oben von sich gibt, ist allererste Sahne!

Es fällt nun direkt schwer, wieder zum gewohnten Programm überzugehen. Das war ja schon etwas ganz anderes, als was man sonst mit TARJA in Verbindung bringt. Sie hat sich in der Zwischenzeit etwas Luftigeres angezogen, als sie mit 'Little Lies' weitermacht und die Masse wieder zum Klatschen animiert. Nach ein paar Songs ist es jedoch mit der lauten Musik erst einmal vorbei, denn es folgt nun ein Akustik-Set.

Für eine Weile wird es ruhiger im Haus Auensee. 'Higher Than Hope' von NIGHTWISH erklingt als erstes Stück und wird sehr gefühlvoll vorgetragen. Bei 'Minor Heaven' und 'The Archive Of Lost Dreams' spielt TARJA selbst am Keyboard. Bei dieser Performance zeigen sich hervorragend die Live-Qualitäten ihrer Musiker, die die Menge verzaubern. Allerdings ist dieser ruhige Block etwas zu lang geraten, denn im Publikum macht sich Unruhe breit. Keine Frage, das Dargebotene ist toll, aber es wird Zeit für laute Musik!

Mit den Worten: "Leipzig - Are you ready to rock?" versucht sie, die Zuschauer aus ihrer starren Haltung zu bringen, und muss sie erst einmal wieder munter bekommen. 'Ciaran`s Well' und 'In For A Kill' eignen sich dafür gut, doch die Masse ist zäh und braucht etwas Anlaufzeit. Als sie endlich wieder warm ist, verabschiedet sich die Sängerin von ihrem Publikum.

Natürlich wird nach weiteren Songs gerufen und es dauert nicht lang, bis sich die Band wieder zeigt. Frau Turunen hat sich mittlerweile in Schale geschmissen und trägt nun passend zum weißen Mikro ein weißes Kleid. Oder umgekehrt, man weiß es nicht. Aber eigentlich ist das auch egal, denn es folgt NIGHTWISHs 'End Of All Hope', was an alte Zeiten erinnert. Die Fans danken es mit viel Beifall und jetzt ist von Müdigkeit nichts mehr zu spüren. Getreu dem Motto: 'Das Beste zu guter Letzt' gibt es 'Die Alive' und 'Until My Last Breath' auf die Ohren.

Danach ist endgültig Schluss und die Band wird mit lang anhaltendem Beifall verabschiedet. Alle Musiker versammeln sich vorn auf der Bühne und verabschieden sich gemeinsam nach gut eineinhalb Stunden von ihren Fans in Leipzig. Alles in allem war das ein schönes Konzert, was wieder einmal die musikalischen und gesanglichen Qualitäten von TARJA unter Beweis stellte. Nur die Breaks dazwischen waren für die Gesamtstimmung weniger förderlich, wenn auch das Dargebotene dem anderen Material in nichts nachstand. Enttäuscht geht heute Abend jedenfalls niemand nach Hause.

Redakteur:
Swen Reuter

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