Thrash Assault IV - Würzburg

04.01.2010 | 08:56

14.11.2009, Posthalle

Thrash-Event der gehobenen Klasse in der vierten Auflage. Party on im unterfränkischen Würzburg!

Am 14.11.2009 ging das Thrash Assault in die vierte Runde. Mehrere hundert Headbanger aus ganz Europa fanden sich in der Posthalle Würzburg ein, um mit insgesamt neun Bands ein zünftiges Kuttenträger-Event zu feiern. Im Vorfeld wurde allerdings das Billing des Festivals kräftig durchgerüttelt. Schon vor einem halben Jahr wurden die Primaballerinas BULLDOZER wieder vom Billing genommen,  SENTINEL BEAST mussten wegen Personalschwundes ihre Teilnahme absagen und FUELED BY FIRE trafen die Entscheidung, ihr Geld lieber für die Aufnahme des zweiten Studioalbums zu verwenden. Trotz alledem haben die Veranstalter Oliver Weinsheimer (Keep It True) sowie Heiko Krumpholz (FINAL BREATH) letztlich ein sehr attraktives Billing zusammen geschart, bei dem für jeden Thrasher etwas dabei war.


Punkt 13:15 Uhr beginnen die Gelsenkirchener Newcomer IRON KOBRA ihren Auftritt vor schätzungsweise 150 Leuten. Die Spandexträger werden - nicht zuletzt dank der mindestens 20 mitgereisten Fanclub-Mitglieder -  recht gut abgefeiert. Mit Thrash Metal hat der Sound der Truppe jedoch nur wenig zu tun. IRON KOBRA spielen vielmehr Speed Metal, der einen unbekümmerten Charme versprüht. Trotz der Spielfreude, die die Truppe an den Tag legt, gibt es sowohl Licht als auch Schatten. Stücke wie die Speed/Party Nummer 'Valhalla Rock', das schnelle 'Speedbiker' mit seinen spritzigen Soli sowie 'Kobra Crusader' sind alles andere als schlecht und sorgen für gute Stimmung. Aber die übrigen Nummern der Gelsenkirchener wirken auf mich jedenfalls dröge und hüftlahm. Besonders das lasche 'Heavy Metal Generation' hätten sich die Kobras guten Gewissens sparen können, ebenso wie die billige Oi/Punk-Nummer 'Staatsfeind', zu der zwar die Jungens und Mädels des Fanclubs abgehen wie ein rotes Moped, aber die mir nur ein gequältes Lächeln abringt. Insgesamt eine possierliche, wenn auch verzichtbare Performance. Zu spät  am Festivalort Erschienene haben jedenfalls nichts verpasst.

 

 

 

Die Italiener BAPHOMET'S BLOOD hauen da schon nachdrücklicher und wesentlich aggressiver ins Mett. Ruppiger VENOM-Thrash mit MOTÖRHEAD-Schlagseite wird hier mithilfe von EXODUS-Momenten zu einem explosiven Mix angereichert, der sich gewaschen hat. Binnen kurzer Zeit kommt gute Stimung in der Posthalle auf und das spürt auch die Band, die mit fortwährender Spieldauer sogar noch einen Zacken an Intensität zulegt. Egal, ob 'Satanic Metal Attack', 'Satanic Beer Drinkers' oder 'Evilbringer' vom mittlerweile veröffentlichten dritten Studioalbum "Metal Damnation": Hier geht die Post ab! 'Speed, Fast, Loud' vom zweiten Album "Second Strike" treibt das Stimmungslevel weiter nach oben, ehe die Band den deutschen TYRANT mit 'Making Noise And Drinking Beer' Tribut zollen. Mit einer schmissigen Coverversion eines Stücks namens 'Metal Brigade' einer italienischen Truppe, deren Namen ich partout nicht verstanden habe, beenden die Italiener einen schweißtreibenden Auftritt, der mit zu den Highlights des Thrash Assault IV gezählt werden muss.



Von einer derart guten Stimmung können VERDICT aus dem unterfränkischen Miltenberg leider nur träumen.  Dabei präsentiert sich die Band technisch sehr versiert und auch die Bühnenpräsenz (Propellerbanging von Bassist Dave Helmstetter, Aktionsradius des Sängers Daniel "Ratte" Baptista) ist prima. Einen fetten Lacher kann Sänger Ratte verbuchen, als er vereinzelte "Ausziehen!"-Rufe mit den Worten: "Was?! Ausziehen? Euch grauts vor gar nix!" quittiert.

Leider klafft zwischen der Absperrung und dem Publikum, das größtenteils während des Auftritts der Thrasher/Deather völlig desinteressiert aus der Wäsche guckt, eine Lücke von mehreren Metern. Warum dem so ist, ist für meine Begriffe nicht nachvollziehbar. Den Schwerpunkt ihres Auftritts legen VERDICT auf Stücke des neuen Albums "Assassin: Nation", das die Band vor kurzem in Eigenregie veröffentlicht hat: 'The Archangel', 'Acid Trip', 'Root Of Unrest' und 'Assassination' stammen vom neuen Werk.

Die Doublebass rattert bei Schlagwerker Florian Bauer wie ein Schweizer Uhrwerk, während Dave Helmstetter an der Viersaitigen und die beiden Mitstreiter an den Gitarren knallharten Thrash/Death-Metal gehobener Güte zum Besten geben. Dennoch fällt der Applaus sehr sehr spärlich aus. So spärlich, dass sich der Verfasser dieser Zeilen fremd schämt angesichts der Ignoranz des Publikums. Das ist unsportlich, Freunde! Zumal VERDICT unbestreitbar zu den besseren ihrer Zunft zählen. Aber das nützt alles nichts, denn Sänger Ratte ist mit seinem Latein angesichts der Nicht-Partizipation des Publikums am Auftritt der Band dann doch langsam am Ende und er verlässt mit seinen Bandkollegen nach dem letzten Stück sichtbar angesäuert die Bühne. Schade, dass das Publikum VERDICT derart abstraft. Und das völlig grundlos.




Wesentlich voller sieht der Bühnenraum beim Auftritt der Italiener NATIONAL SUICIDE aus, die recht kurzfristig den Platz von FUELED BY FIRE im heutigen Billing einnehmen dürfen. Die Veranstalter haben hier eine goldrichtige Entscheidung getroffen, diese hungrigen Old-School-Thrasher auf die Tagesordnung zu setzen. In bester OVERKILL meets EXODUS-Manier ziehen die Italiener mit ihrem wesentlich älteren Sänger oberamtlich vom Leder. Frontmann Mini (ja, so das putzige Pseudonym des kahl geschorenen Shouters) klingt wie eine Mischung aus Steve "Zetro" Souza und Bobby "Blitz" Ellsworth und freut sich wie Bolle, mit NATIONAL SUICIDE hier auf dem Thrash Assault IV spielen zu können. Den Italienern schallen schon noch zwei, drei Stücken sehr lautstarke Fanrufe entgegen, was die Band dazu anspornt, weiterhin unaufhörlich Gas zu geben. Bassist Ivan pflastert in D.D. Verni-Art alles mit wummernden Basslinien zu, während sein schmächtiger junger Kollege (der mir nach dem Gig erzählt, dass er seit erst sieben Jahren Gitarre spielt) unglaublich schnelle Soli von höchster Qualität aus dem Handgelenk zaubert. Und das mit einer Leichtigkeit, wie man sie nur selten sieht. Bei Stücken wie 'Let Me See You Pogo' (yes!) oder 'The Old Family Is Still Alive' bleibt kein Auge trocken und kein Nackenmuskel verschont. Da Frontmann Mini leider nur ein sehr abenteuerlich klingendes Englisch spricht, kann ich euch leider nicht sagen, welche Stücke die Italiener sonst noch dargeboten haben. Aber eines steht fest: NATIONAL SUICIDE gehören zu den großen Siegern des Thrash Assault IV und haben sich hier mit einer arschgeilen Performance in die Herzen vieler neuer Fans gespielt. Arbeitsauftrag an euch: Testet den NATIONAL SUICIDE-Sound an!



Die vor kurzem überraschend auf das Billing gesetzten PARADOX aus Würzburg, auf die ich mich schon sehr gefreut hatte, müssen ihren Auftritt leider kurzfristig absagen. Ein offizielles Statment während des Festivals gibt es nicht. Im Publikum macht jedoch schnell die Runde, dass PARADOX wegen der Erkrankung des Gitarristen Kai Pasemann an der sogenannten "Mexiko-Grippe" (alias Schweinegripe) leider nicht auftreten können. Das ist zwar bedauerlich, aber wahrlich nicht zu ändern. Infolgedessen verschieben sich die Auftritt der nachfolgenden Bands zeitlich etwas nach vorne.




An den Auftritt der vereinzelt als Kult-Band gepriesenen Tschechen ROOT aus Brno (Brünn) habe ich keinerlei Erwartungen, zumal ich mit der Diskographie der altgedienten Band keinen Meter vertraut bin. Musikalisch gesehen wildern ROOT eher in Midtempo-lastigen Death/Okkult-Metal-Gefilden mit Hang zum Doomigen als im Thrash Metal. Besonders der Gesang des bärtigen, schon sehr betagten Frontmannes Jiří Valter alias Big Boss, der bei geschätzten 1,55 Meter Körpergröße so hoch wie breit ist, polarisiert nicht unerheblich. Harsche und tiefe Brüllvocals mit grollender Grabesstimme werden phasenweise von geradezu theatralischem Geschmetter abgelöst. Musikalisch bieten die Tschechen wahrlich nichts Weltbewegendes, wobei man der Truppe zugute halten muss, dass die Performance durchaus motiviert daherkommt. Aber egal, ob man diesen Sound nun mag oder nicht: Das Stageacting von Big Boss ist Zwerchfell-erschütternd! Der bärtige Kobold stiert böse in die Botanik und watschelt urkomisch in seinen überdimensional groß wirkenden Gladiator-Boots durch die Gegend, während sein schwarzer Longmantel fast auf dem Boden schleift. Da der tief grollende Alte hinter dem Mikro, der sich den 60 Lenzen nähert, wohl mit der Reproduktion seiner Liedtexte auf der Bühne Schwierigkeiten hat, liest er den Großteil seiner Lyrics von einem Liedtext-Ständer mit putzigem Leselämpchen ab. Wie gesagt: ich bin mit dem Songmaterial von ROOT nicht vertraut, aber dieser Auftritt hat mich mitnichten davon überzeugt, mich in Zukunft mit dem Liedgut der Band zu beschäftigen.



Als nächste Formation stehen NECRONOMICON gegen 18:20 Uhr auf dem Plan. Obgleich die Reaktionen der Fans im Vergleich zu den zuvor spielenden Tschechen hörbar besser ausfallen, so reißt der Auftritt der Band spätestens ab der zweiten Hälfte des Sets nur noch bedingt mit. Dies liegt jedoch nicht an der gut eingespielten Band oder am Sound - der wie bei allen anderen Bands auch - richtig fett klingt, sondern vielmehr an den für meinen Geschmack zu gleichartig arrrangierten Stücken. Alte Smasher wie 'Magic Forest' haben zwar unbestreitbar ihre Momente, aber im Vergleich zu den heute spielenden NATIONAL SUICIDE oder auch BAPHOMET'S BLOOD springt der Funke irgendwie nicht über. Dennoch: ein kurzweiliger, spielerisch guter Auftritt ohne den erhofften Kick. 

 

DARKNESS konnten bereits auf dem KEEP IT TRUE VI im April 2006 mit einer starken Performance auf sich aufmerksam machen. Seinerzeit hieß es, dass die Band ein letztes Mal unter dem Namen DARKNESS auftreten werde.  Die Bandmitglieder firmieren bereits seit einigen Jahren in identischer Besetzung unter dem Namen EURE ERBEN und führen die musikalische Linie von DARKNESS im Prinzip weitgehend mit deutschsprachigen Texten fort.

DARKNESS zeigen sich heute in bester spielerischer Verfassung und hauen derart energisch in die Seiten, dass sich doch etliche Moshpits auftun. Die Setlist bietet zuhauf handfeste Thrash-Granaten wie 'Critical Threshold', 'Death Squad' und das kompromisslos fegende 'Faded Pictures' sowie den Titeltrack des 1987er Debütalbums "Death Squad". Des Weiteren fehlt auch 'Staatsfeind' von selbigem Klassikeralbum nicht. Sehr tight fahren DARKNESS hier schwere Geschütze auf, bevor das toll intonierte 'Burial At The Sea' dann zu Abwechslung ein wenig das Gesamttempo des Auftritts der Ruhrpottler herunterfährt. Am Ende dieser Abfahrt gibt es in Form der Stücke 'Die Ultrabrutale' sowie 'Eure Fäuste' von EURE ERBEN musikalische Brückenschläge zur Gegenwart. Beide Nummern fallen qualitativ keinen Deut vom alten DARKNESS-Material ab und beide ernten gute Fanreaktionen. Jedem DARKNESS-Manicac, dem der Name EURE ERBEN bislang noch wenig sagt, darf ich hiermit empfehlen, der MySpace-Präsenz der Band einen Besuch abzustatten. Alles in allem eine beeindruckende Performance, ohne Wenn und Aber! 




Bevor Tom Angelripper mit SODOM das Thrash Assault IV ausklingen lässt, dürfen die Niederländer LEGION OF THE DAMNED unsere Nackenmuskeln noch etwas malträtieren. Wie ankündigt wird der heutige Auftritt der Band für eine DVD mitgeschnitten. Dieser Umstand sorgt beim Publikum, das bereits einen recht langen Festivaltag hinter sich hat, nochmals dazu, letzte Kraftreserven freizusetzen. Nach einem bombastischen Intro wird mit 'Dead End March' amtlich zum Angriff geblasen. Besonders die Gitarrenwände sägen heute Abend alles in Grund und Boden. Jubel erschallt bereits nach dem Opener, der von 'Son Of The Jackal' gefolgt wird. Leider fällt dabei jedoch das Mikro aus, was den Triumphzug der Legion zunächst etwas ausbremst. Mit dem sägenden 'Eye Of The Storm' und 'Cult Of The Dead' wird die Party jedoch mit unverminderter Härte fortgeführt. Einige aus Schottland angereiste Fans recken in der vorderen Reihe den Niederländern fleißig ihre überdimensional große Nationalflagge entgegen und lange Matten wehen im Publikum, wohin das Auge des Zuschauers auch blickt. Am Ende einer intensiven Vorstellung wird noch 'Werewolf Corpse' kraftvoll vom Publikum mitgebrüllt und ich muss sagen, dass LEGION OF THE DAMNED sich heute Abend perfekt in Szene gesetzt haben. Man darf schon auf die kommende Live-DVD gespannt sein.




Obgleich die Headliner SODOM auch heute wieder im Vorfeld ihres Auftritts das eine oder andere Pils oder Altbier vernichtet haben, schmälert dies die Intensität ihrer Performance nicht. Mit 'Among The Weirdcong' prügelt das Trio gleich mal unbarmherzig los und mit den überraschend ins Set eingebauten Stücken 'The Vice Of Killing' sowie dem punkigen 'Fuck The Police' gibt es sogar zwei nur selten gespielte Stücke vom "Til' Death Do Us Unite"-Album (1997) zu hören. 'The Saw Is The Law' wird wiederum von einem spritzigen Intro in Form von 'Surfin' Bird' eingeleitet.

Deutschsprachige Kracher der Thrash-Legende fehlen natürlich nicht: allen voran das oberkultige 'Die Stumme Ursel' sowie das Udo Jürgens-Cover 'Aber Bitte Mit Sahne'. Bevor es jedoch 'Wachturm' zu hören gibt, hört sich Tom Angelripper erst einmal beim Publikum um, nach der Art: "Eh, wir haben da so'n Lied. Aber das spielen wir nicht, wenn hier Zeugen Jehovas anwesend sind". Und tatsächlich meldet sich einer aus dem Publikum - ob aus Spaß oder nicht, was den Party-Kracher vorerst disqualifiziert. Stattdessen gibt es sehr altgedientes Liedgut zu hören, wie beispielsweise 'Witching Metal', das dem verstorbenen Ex-Drummer Chris "Witchhunter" Dudek gewidmet wird. "Witchhunter!"-Rufe erschallen und Tom, Bernemann und vor allem der unermüdlich die Felle bearbeitende Bobby Schottkowski lecken heute Abend wieder mal richtig Blut und brennen heute mustergültig alte Granaten wie 'Obsessed By Cruelty', 'Remember The Fallen' und das mächtige 'Agent Orange' ab. Neben allerlei nettem "Wir sind alle eine Familie"-Gerede von Tom hat dieser auch Handfestes zu verkündigen: in Kürze wird nämlich ein neues Scheiberl seiner Soloband ONKEL TOM aufgenommen werden, gefolgt vom lange erwarteten Teil 2 der "Lords Of Depravity"-DVD und schließlich soll auch ein neues SODOM-Album in Angriff genommen werden.

Im letzten Drittel der SODOM-Show werden mit 'Axis Of Evil' und 'Napalm In The Morning' mitnichten Gefangene gemacht. Und plötzlich steht sogar eine schnelle Version von 'Wachturm' unerwartet auf dem Plan. Mit 'Aber bitte mit Sahne' verabschieden sich SODOM nach circa 100 Minuten Spielzeit standesgemäß und flankiert von dickem Applaus von den Fans. Ich verlasse einigermaßen geplättet aber grinsend die Posthalle. Klasse wars!


Setlist SODOM:

Among The Weirdcong
The Vice Of Killing
Fuck The Police
Outbreak Of Evil
Surfin' Bird/ The Saw Is The Law
Die Stumme Ursel
Sodomized
Ace Of Spades
Witching Metal
Obesessed By Cruelty
Agent Orange
Axis Of Evil
Napalm In The Morning
Ausgebombt
Remember The Fallen
Aber Bitte Mit Sahne



Alles in allem war das Thrash Assault IV eine mehr als gelungene Veranstaltung mit einigen sehr guten bis fantastischen Auftritten (NATIONAL SUICIDE, SODOM, DARKNESS, LEGION OF THE DAMNED) und nur wenigen mittelprächtigen Live-Darbietungen. Lautstärke und Klang in der Halle waren durchgehend gut.  Für das leibliche Wohl war bei moderaten Preisen mit Mettbrötchen (lecker!), Pizzen usw. bestens gesorgt. Die Wartezeiten an den Theken fielen kurz aus und der Partyfaktor dieses Thrash-Gipfeltreffens in seiner vierten Auflage ist sowieso nicht mehr zu toppen. Danke an die Veranstalter für diesen Event! Wir sehen uns beim Thrash Assault V!

Redakteur:
Martin Loga

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