Trans-Siberian Orchestra - München

31.03.2011 | 07:42

17.03.2011, Zenith

Beethoven gegen den Teufel in einer gigantischen Rockoper. Acht Sänger, 50 Beteiligte, Licht, Laser, Pyros, Tänzerinnen und jede Menge ROCK!

Bombastisch. Genial. Überwältigend. Ein Königreich für Superlative! Denn die gehen einem ob der Show des TRANS-SIBERIAN ORCHESTRAs aus, ehe man ein sprachloses Japsen nach zweieinhalb Stunden tollster Unterhaltung herausgewürgt hat. Zum ersten Mal treibt es das Jointventure des Komponisten Paul O'Neill und der SAVATAGE-Veteranen mit einer über 50-köpfigen Crew nach Europa. In Amerika sind sie bereits Superstars, Hallen werden an mehreren Abenden hintereinander bis zum letzten Platz gefüllt, die Mischung aus weihnachtlichen Rocksongs und modernen Rockinterpretationen klassischer Themen kommt überwältigend an. Für die Tournee auf der unsrigen Seite des großen Teichs haben sich die wagemutigen Musiker eine ganz spezielle Show überlegt: Gespeist mit Songs aus den tollen Alben "Beethoven's Last Night" und "Night Castle" wird die Geschichte des Meisters Beethoven erzählt, der in seiner letzten Nacht auf Erden gegen Mephistopheles kämpft. Es geht um nichts geringeres als das letzte Werk, das eine Stück, das das Wirken Ludwig vans für immer unsterblich machen soll: Die 10. Symphonie. Und darüber hinaus natürlich um die Liebe, Barmherzigkeit, das Glück und das Leben...


Pünktlich um Acht gehen in der bestuhlten Halle des Zeniths im frühlingshaften München die Lichter aus und eine Garde aus Streichern, Chordamen, ehemaligen SAVATAGE-Musikern, Keyboardern... Moment: ehemalige SAVATAGE-Musiker? Wo ist denn der Mountain-King, Jon Oliva, höchstpersönlich? Nicht dabei, lautet die traurige Antwort, denn der Arme hat dringende Familienangelegenheiten in den USA zu klären. Aus diesem Grund geht die Chance auf eine vorübergehende Reunion des letzten SAVATAGE-Line-Ups auf dieser Münchner Bühne wirkungslos am hoffenden Publikum vorbei und erneut stellt sich die Frage, warum mit Chris Caffery (Gitarre), Al Pitrelli (Gitarre), Jeff Plate (Drums) und Johnny Lee Middleton (Bass) zwar alle SAVAs dabei sind, sich die Band für eine Abschieds- oder Jubiläumstour aber nach wie vor nicht zusammenraufen kann. Doch diese Gedanken und aufkommenden Unkenrufe etablieren sich erst nach dem Konzert, denn was sich mit dem Aufflammen der gigantischen Lichtshow bietet, lässt Augen, Münder und Ohren offen stehen. Ein Medley aus 'Ouverture', 'Midnight' und 'Fate' eröffnet die Geschichte und führt in das Setting des Abends ein.


Mit welcher Liebe und Leidenschaft dieses Event ins Leben gerufen wurde, davon zeugen nicht nur die deutschen Programmhefte auf jedem Sitz im Saal, die eine Übersetzung aller Liedtexte und die Erzählungen des Maestros beinhalten, der durch die Geschichte führt. Auf zwei Monitoren neben der Bühne laufen die deutschen Übersetzungen des gespenstischen Erzählers ebenso mit, der nach einer wunderbar sympathischen, deutschen Eröffnung, auf seine Muttersprache zurückgreift. Das Publikum gibt sich zunächst überwältigt, hält sich mit überbordenden Reaktionen allerdings noch zurück. Das ändert sich eigentlich auch erst zum Zugabenteil, in dem sich wirklich niemand mehr auf seinen Sitzen halten kann. Zeit zum Bangen oder gar wegsehen bleibt allerdings auch nicht, denn zu 'Mozart And Memories' gesellt sich zu der spektakulären Lichtshow, den Projektionsflächen und der choreographierten Bühnenshow eine Batterie von Laser-Werfern. Genial. Zu allem Überfluss wird es im Laufe des Auftritts plötzlich heiß, zu all dem wunderbaren Firlefanz, der diese Metal-Oper untermalt, setzen Pyroeffekte das brennende Pünktchen auf das Effekt-"i".


Die Versammlung hochklassiger Musiker auf der Bühne ist eine wahre Freude. Außer den erwähnten SAVAs sind acht verschiedene Sänger auf der Bühne; am bekanntesten dürfte wohl Francis Soto (Mephistopheles) sein. Mit einem phänomenalen, druckvollen Mix, der tatsächlich sogar relativ leise ist, können sich die Stimmen frei in der Halle entfalten. Es ist faszinierend, was die durchweg gut komponierten Songs in der Livesituation mit dieser Mischung für eine ungeheure Energie freisetzen können. Seien es die ruhigen Momente, in denen beispielsweise die Schicksalsgöttin Fate ihre beschwörerischen Weisen ('The Dark') auf balladeske Weise wiedergibt, oder Momente voller Power, wenn der Teufel 'Mephistopheles' versucht, Beethoven zu bedrohen und einzuwickeln: Diese Musik ist für die Bühne gemacht. Mit der perfekt eingespielten und großartig agierenden Band im Hintergrund verbindet sich all dies zu einer einzigartigen Abendunterhaltung. Die erwähnten Tänzerinnen, ein wunderbar hyperaktiver Geiger und ein Beethoven am Klavier an der Bühnenecke vervollständigen das Show-Bild. Tja, wie geht die Geschichte aus? Beethoven muss sich einigen Wendungen stellen, der Geist des Teufels ist schlicht abgrundtief böse. Doch zuletzt kichert sich Twist, der buckelige Zwerg, ins Fäustchen. Warum? Das muss jeder selbst herausfinden. Die überwältigten Reaktionen im Zugabenteil, die Standing Ovations und das kollektive Bangen zu einer grandiosen Version des SAVATAGE-Klassikers 'Chance' machen eines klar: Das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA wird wiederkommen, gar keine Frage.

Setlist:
Overture/Midnight/Fate
What Good This Deafness
Mephistopheles
What Is Eternal
Mozart And Madness
Vienna
Mozart/Figaro
The Dreams Of Candlelight
Requiem (The Fifth)
The Dark
Für Elise
After The Fall
A Last Illusion
This Is Who You Are
Beethoven
Misery
Who Is This Child
A Final Dream

Toccata
The Mountain
Sleep/Medley
Another Way To Die
Carmina Burana
Chance

Redakteur:
Julian Rohrer
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