Trveheim 2017 - Hallbergmoos
13.11.2017 | 17:4225.08.2017, Hausler Hof
Das schnuckelige TRVHEIM-Festival geht in die zweite Runde.
Der kleine Verein TRVEHEIM e.V. lädt ein, um das zweite TRVEHEIM-Festival zu feiern. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Schon Donnerstag ist die Anreise möglich, aber Raphael Päbst und ich genießen noch eine Nacht in den heimischen Betten, bevor wir uns Freitagmorgen auf den Weg machen. Nach dem letztjährigen Einstieg wurde jetzt eine große Location in Hallbergmoos (nahe am Münchner Flughafen) gebucht, und wir müssen zugeben: Das ist ziemlich stark! Hier gibt es eine kleine Halle (Platz für maximal 700 Personen), einen Biergarten, einen kleinen Zeltplatz und einen Badeweiher, den ich während dee Wochenendes stolze fünf Mal besucht habe.
Dazu wird uns eine feine Bandauswahl präsentiert mit viel deutschem Underground, und dazu ein paar internationale Highlights aus dem traditionellen Underground-Sektor. Natürlich trifft man auch viele nette Leute. Für ein Festival mit unter 500 Besuchern finde ich es beeindrucken, Menschen aus Spanien, Schweden, Mexiko, Slowenien, Schottland, Irland, Griechenland und Brasilien zu treffen und die Schweizer und Österreicher sind in Alpennähe eh sehr stark vertreten.
Zum Biergarten: Neben fairen Getränkepreisen (3 € je 0,5 Liter Softdrink oder Bier) gibt es relativ abwechslungsreiches, zünftiges Essen, dazu einen T-Shirt- und Patchstand. Morgens gibt es ein Frühstückszelt. Das Essen dort ist allerdings nicht allzu günstig.
Was mich am TRVEHEIM sofort beeindruckt ist die superfreundliche (und sehr junge) Crew (CRVEHEIM...). Ich finde es wirklich beeindruckend, wie jeder Gast sehr höflich und humorvoll behandelt wird. Mit vielen Mitarbeitern sitze ich mal zusammen, plausche ein wenig und bin mehr und mehr begeistert von dieser Atmosphäre.
Doch genug zum Ambiente - wir wollen ja Musik hören!
Am Freitag eröffnet NATOR das Event. Die Dachauer überzeugen mit einem guten Mix aus Traditionsstahl, Power Metal und leichten Thrash- und Death-Einflüssen. Insgesamt eröffnet eine der härtesten Bands das Festival vor arg leeren Reihen, trotzdem wird die Band gleich ordentlich abgefeiert.
Die schrulligen (und äußerst sympathischen) Österreicher DIAMOND FALCON schauen zwar merkwürdig aus und haben ein mächtig schräges Auftreten am Start, aber: Die Musik macht richtig Laune und gibt wesentlich mehr her, als man sich von Optik, Plattencover und anderen Indizien versprochen hätte. Mit amtlichem Gesang wird die Show durchgezogen, auch an der Instrumentalfraktion sind Könner am Start. Ich kann mir vorstellen, dass die Band etliche Fans dazu gewonnen hat mit diesem Gig. Ich hole mir ihre Scheiben jedenfalls.
Bei SABOTER mache ich Pause - ein Fehler, wie ich dann höre. Die Griechen müssen ganz schön abgeräumt haben. Dafür bin ich für LIQUID STEEL wieder da. Und muss zugeben: Außer der guten Laune bleibt hier wenig hängen. Klar, das ist nicht schlecht gemacht, aber bei einem doch musikalisch sehr einheitlichen Festival müssen fast zwangsläufig auch ein paar Bands abfallen.
Das gilt natürlich nicht für AMBUSH. Die Underground-Heroen sind eine absolute Macht und bringen das beste Material ihrer beiden großartigen Alben mit. Vor allem die Songs des Zweitlings "Desecrator" reißen mich mit und machen mich zum Fanboy. Neben dem völlig überragenden Gesang ist die Mischung aus starker Show und guter Laune ein Grund, weshalb die Fans hier alle steilgehen. Das erste echte Festival-Highlight!
Dass RAM es trotzdem nicht schwer haben würde, liegt in der Natur der Sache. Das kleine Schweden-Trüppchen ist längst dem klassischen Underground entwachsen und gehört eigentlich auf große Bühnen. In der kleinen Halle können sie mich nicht ganz so faszinieren wie AMBUSH, aber trotzdem haben sie haufenweise Hits dabei und geben auch einen kleinen Einblick in das (mittlerweile erschienene) neue Album "Rod". Ein bisschen wirkt der Auftritt auf mich trotz allem auch recht routiniert, will sagen: Der Funke der Begeisterung springt nicht so sehr über wie bei etlichen der ganz jungen Truppen hier. Trotzdem natürlich ein super Auftritt. Mein Highlight war 'Under The Scythe'.
MASS heißt eine deutsche Achtziger-Metal-Combo, die ich bisher nicht mal vom Namen her kannte. Aber: Die Rock-Opas haben sichtlich Spaß in den Backen und zeigen allen NWoBHM-Bands des Festivals (und auch einigen der jungen Acts), wo der Hammer hängt, wenn es um Ausstrahlung, Spielfreude und Auftreten geht. Natürlich ist es typischer deutscher Achtziger-Metal mit ACCEPT- und SCORPIONS-Schlagseite und qualitativ fehlt der Musik einfach ein bisschen was zu den besten Truppen des Festivals. Aber das wird mit guter Laune wettgemacht. Wenn es um Stimmung geht, ist das für mich der klare Tagessieger.
Das TALON-Comeback ist natürlich ein Grund zur Freude, aber nachdem die MASS-Show so fröhlich-frisch war, haben es die Oberfranken etwas schwerer, wirklich Stimmung zu erzeugen. Trotzdem: Mit einem solchen Gig hatten wohl die wenigsten gerechnet, und was die Songs angeht, stecken sie ihre Vorgänger locker in die Tasche. So wird das Comeback zum Triumphzug, und wir können nur hoffen, dass ähnlich gelagerte Festivals die Jungs ebenfalls buchen.
Beim Headliner warten natürlich alle auf den Sänger. STEVE GRIMMET'S GRIM REAPER kehrt zurück, und Steve ist nach dem tragischen Verlust eines Beines unheimlich vital auf der Bühne unterwegs - mit Rollstuhl, Prothese und Headset. Der Mann singt weiter großartig und strahlt trotz der körperlichen Beinträchtigung dauernd von der Bühne runter. Dass er einmal fast umkippt, ist schnell vergessen. Zu viele Hits hat er im Programm. Die Halle ist voll, die Luft stickig, Bier und Pfefferminzschnapps (irgendwie das Getränk des Trveheims) fließen in Strömen, die Leute gehen steil. Jeder erlebt hier eine wunderbare Show, und wir können froh sein, dass Steve die mentale Power hatte, zurückzukehren.
Danach ist aber noch lange nicht Schluss: Bis tief in die Nacht werden Metal- und AOR-Klassiker aufgelegt, und etliche hartgesottene schwingen das Tanzbein. Wer im Biergarten sitzt, kann mit den Bands und der Crew plaudern - hier ist alles sehr fanfreundlich, man ist nah an den Künstlern. Ich bin jedenfalls bis zum letzten Song mit beim Partymachen, schwätze abends noch ein bisschen mit Steve Grimmet und einigen Spaniern und finde irgendwann Raphael nahe bei den Zelten im Gespräch (und beim Trinken) mit einigen Briten.
Ziemlich müde falle ich danach ins Zelt...
[Jonathan Walzer]
Hier geht es zum zweiten Tag...
- Redakteur:
- Jonathan Walzer