VICTORY, EVEN FLOW und WHY AMNESIA - Bensheim

15.10.2024 | 22:31

27.09.2024, Musiktheater Rex

40 Jahre VICTORY und kein bisschen leise!

Das Musiktheater Rex in Bensheim ist am heutigen Abend leider nicht so gut besucht wie von mir ursprünglich erwartet und die geschätzten knapp einhundert Zuschauer haben reichlich Bewegungsfreiheit. Das Rex ist ein toller Club mit einem sehr ansprechenden Ambiente und bietet den passenden Rahmen für einen gelungenen Abend. Zur Feier des Tages gibt es heute zwei Vorbands und das für einen Ticketpreis von unter 30 Euro.

WHY AMNESIADen Reigen eröffnet WHY AMNESIA aus dem Ruhrgebiet. Die Band hat bereits vier Alben veröffentlicht, wobei das aktuelle Album "Angels Share" bereits im letzten Jahr erschienen ist. Im Mittelpunkt steht Sängerin Shirley Golightly mit ihrer markanten rauchigen Röhre. Musikalisch präsentieren die Herner straighten Hard Rock mit leicht bluesigen Einflüssen. Die Band bezeichnet ihren Stil selbst als Jackrock. Die ersten beiden Songs 'Rise And Shine' und 'Cosmic War' vom 2015er Album "Godiva" legen gleich flott los und animieren das Publikum zum Mitmachen. Von Anbeginn an ist WHY AMNESIA bemüht die Besucher mit einzubeziehen, was teilweise auch gut gelingt. Man merkt halt, dass nicht jeder mit dem Material der Band vertraut ist, was sich aber nach dem Abend sicherlich ändern könnte.

WHY AMNESIAMit den folgenden Songs widmet sich die Band dem aktuellen Output und präsentiert neben 'Rollercoaster' und 'First Time' auch die erste Ballade des Abends 'Pour Me A Whiskey', zumindest das was dabei rauskommt, wenn WHY AMNESIA versucht sanftere Töne einzuschlagen. Bei 'Sister Shae', 'Hey You' und 'Angels Share' dominiert aber wieder der flotte Rock'n'Roll. Hier sticht auch immer wieder das feine Gitarrenspiel von Theus Caster hervor. Insgesamt präsentiert sich WHY AMNESIA als eine sehr homogene und erfahrene Band und man merkt den Akteuren ihre Erfahrung an. Den Abend beschließen dann die neueste Single 'Breathe' und 'Forward'. Ich persönlich hätte mich gefreut, wenn der Song 'The Promise' vom Album "Jacks 'n' Hearts" auch noch den Weg in das heutige Set gefunden hätte. WHY AMNESIA hat einen ordentlichen Job als Anheizer abgeliefert.

Setliste: Rise And Shine; Cosmic War; Rollercoaster; First Time; Pour Me A Whiskey; Sister Shae; Hey You; Angels Share; Breathe; Forward


EVEN FLOWEin guter Journalist informiert sich ja bekanntlich im Vorfeld über die auftretenden Bands. Da sich diese Recherche im Fall von EVEN FLOW meinerseits jedoch in erster Linie auf die bisherigen Veröffentlichungen beschränkte, bin ich doch überrascht über den Anblick einer Dame am Mikrofon, hatte ich eigentlich Sänger Marco Pastorino erwartet. Dieser ist jedoch aufgrund anderweitiger Verpflichtungen gerade mit SERENITY auf Tour und wird kurzerhand von Sängerin Emma Elvaston (ATTRACTIVE CHAOS) vertreten. Eine naheliegende Lösung, da ATTRACTIVE CHAOS ebenfalls ein Sidekick von Gitarrist Pietro Paolo Lunesu ist. Danke Google.

EVEN FLOWDass ich mit dem bisherigen Songmaterial über Gebühr vertraut bin, wäre übertrieben. Natürlich habe ich im Vorfeld den beiden Veröffentlichungen "Life Has Just Begun" (2017) und "Rinascimento" (2024) mal mehr und mal weniger Gehör geschenkt. Der von EVEN FLOW zelebrierte italienische Progressive Metal gefällt mir gut, wobei mir gerade die Stücke 'Secret Prayer' und 'Infinity' am ehesten in Erinnerung bleiben. Auch Sängerin Emma erledigt ihren Job mit Bravour und verleiht den Stücken eine andere Note. Alles in allem ein guter Auftritt der aus einer Not geborenen Konstellation, die so sicher nicht wieder kommen wird. Das nächste Mal würde ich EVEN FLOW gerne mit dem hauptamtlichen Sänger Marco Pastorino sehen und dann vielleicht mit ATTRACTIVE CHAOS im Vorprogramm. Bis dahin werde auch ich nochmal meine Hausaufgaben machen und mir das neue Album ausgiebiger anhören.

Setliste: Secret Prayer; Come To Life; Winter Sun; In The Night; Oblivion; Pieces Of A Picture; Back On The Streets; Flying Colors; Infinity


VICTORYVICTORY ist zurück und stärker als je zuvor. Im Jahr 2019 schart Herman Frank mit Sänger Gianni Pontillo, Gitarrist Mike Pesin und Schlagzeuger Michael Stein eine junge Truppe um sich und beginnt zugleich neues Material zu schreiben. Hinzu kommt später Bassist Malte Frederik Burkert und gegen Ende 2021 erscheint mit "Gods Of Tomorrow" nach zehn Jahren endlich der langersehnte Nachfolger zu "Don't Talk Science" (2011). "Gods Of Tomorrow" ist ein bockstarkes Album, das für mich durchaus im gleichen Atemzug mit Bandklassikern wie "Hungry Hearts", "Culture Killed The Native" oder "Temples Of Gold" genannt werden darf. Mit dem Schweizer Sänger Gianni Pontillo hat VICTORY endlich den perfekten Sänger gefunden, der alle Schaffensphasen der Band stimmlich abbilden kann und auch menschlich als absoluter Glücksgriff bezeichnet werden darf. Auch der Rest der Band kann sich sehen lassen und muss den Vergleich mit früheren Weggefährten keinesfalls scheuen.

VICTORYAnlässlich der Veröffentlichung des neuen Albums "Circle Of Life", das am 13. September in die Läden kam, geht VICTORY auf kleine Tour durch die Republik, die auch einen Auftritt auf dem "Keep It True"-Festival beinhaltet. Einen Nachschlag gibt es dann Anfang 2025 in Form einer gemeinsamen Tour mit GRAVE DIGGER. Die Songauswahl ist im Vorfeld sicherlich nicht leichtgefallen, sind doch zahlreiche Klassiker im Programm zu berücksichtigen.

Den Abend eröffnet der Titeltrack des Comeback-Albums "Gods Of Tomorrow" und mit 'Rock The Neighbours' setzt es gleich den ersten Klassiker vom "Temples Of Gold"-Album, welches mit insgesamt fünf Songs das Grundgerüst des heutigen Abends bildet. Gerade die mit Sänger Fernando Garcia veröffentlichten Alben zählen zu meinen persönlichen Favoriten und mit 'Take The Pace' und 'Standing Like A Rock' komme ich schon recht früh auf meine Kosten.

VICTORYAber auch das ursprünglich von Sänger Charlie Huhn eingesungene 'Are You Ready' ist nicht von schlechten Eltern. Ein Auftakt nach Maß! Meine erste selbst gekaufte VICTORY-Scheibe war seinerzeit "Hungry Hearts" und so freue mich über die folgenden Stücke 'Feel The Fire' und 'Hungry Hearts' ganz besonders. Die Stimmung im Publikum ist gut und die Band hat definitiv Bock. Urgestein Herman Frank grinst wie ein Honigkuchenpferd und muss zwischendurch aber ordentlich pumpen. Kein Wunder, der 66-jährige steht mit einer amtlichen Erkältung auf der Bühne und hatte am Vortag noch 40 Grad Fieber.

Nach 'Always The Same' und 'Temples Of Gold' ist es an der Zeit für frische Kost vom "Circle Of Life"-Album, die in Form von 'Tonight We Rock', 'Moonlit Sky', 'Count On Me' und 'Virtual Sin' gereicht wird. Das neue Material fügt sich problemlos ins Programm ein und kommt auch bei den Fans gut an. Man merkt auch, dass gerade die neuen Stücke auf den Schweizer Barden direkt zugeschnitten sind und er kann sein ganzes Stimmrepertoire voll ausschöpfen.

VICTORYIm Zugabeteil sorgt 'On The Loose' nochmals für Gänsehautmomente, ehe der wohl erfolgreichste Song der Bandgeschichte 'The Check's In The Mail' einen tollen Abend beendet, der mich ein ums andere Mal wieder zurück in meine Jugend versetzt hat. Eigentlich gibt es nichts auszusetzen, außer dass ich gerne noch ein paar Stücke mehr vom "Culture Killed The Native"-Album wie 'So They Run' oder 'Don't Tell No Lies' gehört hätte. Danke Herman, dass du VICTORY wieder Leben eingehaucht hast. Es ist noch lange nicht Zeit sich auf das Altenteil zurückzuziehen. Man sieht sich im Januar!

Setliste: Gods Of Tomorrow; Rock The Neighbours; Are You Ready; Take The Pace; Standing Like A Rock; Feel The Fire; Love & Hate; Hungry Hearts; Always The Same; Temples Of Gold; Tonight We Rock; Moonlit Sky; Rock N Roll Kids Forever; Count On Me; Virtual Sin; On The Loose; The Check's In The Mail

Redakteur:
Frank Hameister

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