Wacken Open Air 2004 - Wacken

20.09.2004 | 14:11

05.08.2004,

SAMSTAG, 07.08.2004

TRUE METAL STAGE

DEATH ANGEL
Viel besser kann man in den Samstag eigentlich nicht starten, oder? Da ich leider nicht auf dem "Bang Your Head!!!" zugegen war, freute ich mich umso mehr auf den Auftritt der Bay-Area-Legende. Durchwachsenes neues Album hin oder her, eine derart geile Truppe wie DEATH ANGEL hat mehr als genug Alltime-Klassiker im Gepäck, um eine Dreiviertelstunde erstklassiges Material abzuliefern. Eigentlich schade, dass eine doch ziemlich beliebte Band derart früh im Billing platziert wurde, was der Begeisterung im Publikum jedoch keinen Abbruch tat. Einige Leute waren extra aus San Francisco angereist, und auch eine kleine, moshfreudige Truppe aus Südamerika genoss den Auftritt ihrer Lieblinge sehr ausgiebig.
Dazu gab es auch allen Grund: Songs wie 'Seemingly Endless Time', 'Bored' oder 'Kill As One' trieben einem fast die Freudentränen in die Augen. Ein absolut klarer, knallender Sound und eine Band, die vor Spiel- und Bewegungsfreude förmlich zu explodieren drohte, insbesondere Gitarrero Rob Cavestany mit wahnwitzigen Solo-Einlagen, komischen Soundeffekten und seiner einfach coolen Klampfe sowie Sänger Mark Osegueda (der Ein-Mann-Moshpit mit den wohl längsten Haaren des Festivals) waren hier die absoluten Aktivposten. Die Ansagen von Mark kratzten zwar teilweise echt an der Erträglichkeitsgrenze in Sachen Dankbarkeit und Publikums-Huldigung, aber wenigstens konnte man DEATH ANGEL die Dankbarkeit abkaufen. Zur musikalischen Performance dieser Wundertruppe sollte man wirklich nicht mehr viele Worte verlieren müssen, das teils richtig anspruchsvolle Material boten die Jungs sehr souverän dar, viel eingespielter kann man als Band glaube ich kaum sein.
'Thicker Than Blood' vom neuen Album "The Art Of Dying" gab's im Übrigen auch, aber irgendwo war ein gewisser Abfall vom neuen hin zu altem Material zu bemerken, insbesondere bei den Publikumsreaktionen. Scheißegal, es war ein herrliches Vergnügen, DEATH ANGEL endlich einmal live erleben zu dürfen, und wenn eine Band dem Status "Legende" auch nach einer Reunion gerecht wird, dann diese hier. Basta.
(Rouven Dorn)

ANTHRAX
Wenn es eine Band gibt, die den Spagat zwischen Tradition und Moderne geschafft hat, ohne dabei altbacken oder trendy zu klingen, dann sind das auf jeden Fall ANTHRAX. Seitdem John Bush als Sänger an Bord ist, ist die Band wieder auf Kurs und das letzte Album "We've Come For You All" hat die Band auch wieder poularitätstechnisch nach oben gespült. Und live sind ANTHRAX eh eine Bank. Diese Spielfreude, gepaart mit Ausstrahlung und Können, besitzen nur wenige Bands. Dazu kam natürlich die fette Setlist, die keine Wüsnche offen ließ: 'Safe Home', der Mitsingkracher 'Antisocial', das heftige 'What Doesn't Die', 'Got The Time', 'Indians', 'Only' und und und. Vor der Bühne war es jedenfalls ziemlich voll und die Band wurde mit Sprechchören gefeiert. Definitiv ein Highlight des Open-Airs!
(Herbert Chwalek)

NEVERMORE
Fuck yeah! Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich NEVERMORE mittlerweile schon gesehen habe, aber Seattle's Finest sind auf jeden Fall immer wieder einen Trip vor die Bühne wert, zumal die Festival-Auftritte den energiegeladenen Clubgigs in rein gar nichts nachstehen.
Mit ein klein wenig Verspätung und einem zu Beginn gewohnt durchwachsenen Sound legte der Fünfer gleich mit dem "Politics Of Ecstasy"-Überhammer 'The Seven Tongues Of God' los, direkt darauf gab's noch 'This Sacrament' - so soll das sein, wenn eine Band gerade kein Album zu promoten hat. Die Fans erwarten zu Recht einen Best-of-Gig, und viel besser als Warrel & Co. konnte man diesem Wunsch nicht gerecht werden, auch wenn ein Song vom Debüt doch noch ganz nett gewesen wäre. Egal, denn dafür gab es mit 'Next In Line' und 'Beyond Within' gleich mal die Garantie für derbe Nackenschmerzen, während auch neueres Material wie 'Enemies Of Reality' oder 'Never Purify' mittlerweile richtig gut ankommt. Warrel himself hatte heute nicht nur gesangstechnisch einen guten Tag erwischt, mit Ansagen wie "Hammer Smashed Face!" (nachdem die von der elendigen Hitze geplagte Meute nicht gleich "Heart Collector" brüllte) oder Lästereien über MTV wegen des angeblich zu brutalen Videos zu 'I, Voyager' hatte der Mann mit dem wohl besten Händchen bei der Shirt-Auswahl das Publikum schnell auf seiner Seite.
Mit fortschreitender Spielzeit wurde der Sound deutlich besser, und spätestens bei der Abrissbirne 'The Sound Of Silence' gab es kein Halten mehr. Ein richtig toll mitgesungener 'Heart Collector' war was fürs Herz, und 'River Dragon' ein mehr als würdiger Schlusspunkt. Metal!
Übrigens schön, dass Fast-Bandmitglied Steve Smyth auch ein paar Soli spielen durfte und dass Warrel schon einmal ein neues Album für "irgendwann ... bald" ankündigte. Nur den Sinn der eingespielten, rauschigen Film-Sequenzen wollte sich mir nicht ganz erschließen. Deshalb, trotzdem und sowieso: All hail NEVERMORE!
(Rouven Dorn)

HELLOWEEN
Auf ihrer letzten Tour haben HELLOWEEN maßlos enttäuscht und mehr durch Arroganz als durch eine gelungene Performance geglänzt. Und auch ihr letzter Wacken-Auftritt war alles andere als das Gelbe vom Ei. Tja, und auch in Wacken 2004 waren die Kürbisköpfe weit von der Form entfernt, die man beispielsweise auf der "High Live"-DVD bewundern darf.
Die Setlist bestand mal wieder aus den selben Songs, die noch von der Tour bekannt waren und wurden fast ebenso lustlos heruntergerasselt wie im vergangenen Herbst.`Starlight´ `Eagle Fly Free´ und `Dr. Stein´ waren dabei noch die besseren Stücke, während `If I Could Fly´ und das ausgiebig mit Mitsingspielchen vollgestopfte `Power´ nicht richtig zünden wollten.
Im Vorfeld hatte man ja einen Special Guest angekündigt und nachdem der zunächst vermutete Michael Kiske sich mit diversen kürzlich getätigten Aussagen endgültig aus der Kandidatenliste gekickt hatte, blieb eigentlich nur noch einer übrig: Kai Hansen. Der hatte noch mal mächtig Spaß, neben seinem alten Kollegen Weikath herumzuposen und strahle symbolisch für diesen Auftritt als Einziger das aus, was man allgemein unter Spielfreude versteht. Manche erinnern sich vielleicht noch, vor einiger Zeit wurde bandintern ein radikaler Schnitt vollzogen, dem ja die beiden heutigen MASTERPLAN-Musiker Roland Grapow und Uli Kusch zum Opfer fielen. Betrachtet man den heutigen Gig von HELLOWEEN, dann sollte man meinen, dass man mit dieser Entscheidung kräftig ins Klo gegriffen hat und wohl besser den wiederum arrogant erscheinenden Frontmann Andi Deris vor die Tür gesetzt hätte, der sich einmal mehr als schwächstes Glied hervortat.
Fazit: Routine, mangelnde Spielfreude und Langeweile – die nächste Band, die an ihrem eigenen Stuhl sägt!
(Björn Backes)

SAXON
Ladies and Gentlemen, die NWoBHM-Band, die mittlerweile häufiger durch Deutschland tourt als so manche deutsche Band: SAXON! Wacken hatte Jubiläum, SAXON auch, das musste gefeiert werden und so wurden einige Specials versprochen. Schon vor dem Konzert schallten Sprechchöre durch das Rund und als SAXON dann mit 'Heavy Metal Thunder' begannen, ging die Party los. Die Band war in ziemlich guter Verfassung und konnte es sich leisten, mit 'Dogs Of War' und 'Solid Ball Of Rock' zwei Klassiker gleich zu Beginn darzubieten. Der erste Dämpfer war dann das grottenlangweilige Drumsolo, das aber der Klassiker 'The Eagle Has Landed' angemessen kompensierte. Dann war es auch schon Zeit für den ersten Gastauftritt: Thomas Jensen spielte Bass bei 'Strong Arm Of The Law'. Bei 'Princess Of The Night' übernahm Nigel Glockner die Drums, auch Jörg Michael durfte mal ran. Mit dem wahrhaft genialen 'Crusader' endete dann der reguläre Gig. Natürlich gab es dann noch Zugaben, ein langweiliges Gitarrensolo, 'Wheels Of Steel', den Adler und 'Denim And Leather' mit Schmier (DESTRUCTION) und Chris Caffery (SAVATAGE). Als allerletzten Rauschmeißer gab es dann ein cooles Feuerwerk und 'Dallas 1 p.m.'. Wie immer ein kurzweiliger, sehr unterhaltsamer Gig von SAXON, live halt immer wieder sehenswert.
(Herbert Chwalek)

J.B.O.
Also, ich kann mir nicht helfen, aber so langsam ist bei J.B.O. wirklich die Luft raus. Ja,es war wirklich voll vor der Bühne. Ja, es wurde ordentlich Stimmung gemacht. Ja, die Jungs können spielen. Ja, aus Bandsicht war das ein voller Erfolg. Mir allerdings geht das ewig gleiche Humorverständnis mittlerweile auf die Nerven. Nach dem zwanzigsten Mal ist jeder Witz nun mal nicht mehr witzig. Wenn man schon weiß, was kommt, dann wirkt das alles auch nicht spontan, sondern kalkuliert und durchgeplant und nimmt der Show ganz viel von ihrem Elan. 'Verteidiger des Blödsinns', 'Ein Fest', 'Roots Bloody Roots' und natürlich das wieder ewig lang ausgewalzte 'Ein guter Tag zum Sterben', alles schon zigmal gehört, alles nicht so wirklich witzig. Am aufschlussreichsten waren da noch die neuen Songs, der typische Humor, aber musikalisch fast schon astreiner Thrash Metal. Ich gebe gerne zu, dass ich die Franken früher mal gut fand, mittlerweile rauschen ihre Gigs an mir vorbei. Insgesamt war das aber von den Reaktionen eher einer der besten Wackenauftritte, auch das will ich nicht verschweigen. Ich brauchte das aber nicht wirklich ...
(Herbert Chwalek)


BLACK STAGE

BAL-SAGOTH
"Symphonischer Black Metal als Grundlage für einen lyrischen Oberbau, der düstere Fantasy- und Science-Fiction-Motive mit mittelalterlichen und mythischen Erzählungen verbindet. Hinzu kam dann noch Sänger und Texter Byrons Faszination für antike Mythologien und Okkultismus." Nach dieser Beschreibung im Programm-Magazin hätte ich eigentlich ein etwas anderes Bild erwartet. Klar, Keyboards und anspruchsvolle Songstrukturen waren vorhanden. Aber zum einen lieferten die Briten eher Death Metal à la HYPOCRISY, zum anderen passte Byrons Erscheinungsbild überhaupt nicht zum obigen Text: Mit seinem kräftigen Körperbau, der schwarzen Bomberjacke und der Basecap hätte der Frontman viel eher in den WFF-Hardbowl denn auf die Black Stage gepasst. Nachdem ich das Bild in meinem Kopf zurecht gerückt hatte, bekam ich jedoch einen klasse Gig zu sehen, und das Publikum war angesichts der frühen Urzeit am letzten Tag doch schon einigermaßen zahlreich vertreten.
(Carsten Praeg)

UNLEASHED
UNLEASHED live machen immer Spaß. Das letzte Mal hatte ich bei der Comeback-Show '01 beim Full Force die Gelegenheit, die schwedische Todesblei-Institution abzufeiern und war gespannt, ob man sich wieder duch ein feines Best-of-Set ackerte oder ob der Schwerpunkt auf dem neuen Output "Sworn Allegiance" liegen würde. Glücklicherweise war ersteres der Fall, weshalb die versammelte Meute DM-Evergreens wie 'Death Metal Victory' (passend zum 15-jährigen Jubiläum der Band und mitsamt Mitsing-Part), 'In The Name Of God', 'Execute Them All', 'Victims Of War' oder 'Berzerk' um die Lauscher gepustet bekam, bei denen man trotz enormer Mittagshitze einfach abgehen musste. Fronter Johnny Hedlund wurde seinem Ruf als einer der sympathischsten Shouter im Todesblei-Biz wieder einmal gerecht und dürfte mit seiner Gedenk-Ansage für Chuck Schuldiner und Quothorn nicht nur bei mir eine Menge Pluspunkte eingeheimst haben. Stil hatte auch Johnnys Ansage "See you in Valhalla, Chuck and Quothorn!". Das darauf folgende DEATH-Cover 'Evil Dead' war der absolute Überhammer, hätte ich von den teils kultig-rumpeligen UNLEASHED nicht derart bärenstark erwartet. Eine Stunde lang die alte, nordostschwedische Schule auf bestem Niveau, guter Sound, mitgehendes Publikum - Metalherz, was begehrst du mehr? Man kann mittlerweile darauf wetten, dass die zwanzigste Geburtstagsfeier dieser Truppe mindestens ebenso gut werden wird. Ich freu' mich schon!
(Rouven Dorn)

CANNIBAL CORPSE
Als ich mich wieder in Richtung Schwarz-Bühne begab, hörte ich bereits laute "Hammer Smashed Face"-Rufe. "You know we can't play this song. It's illegal here", antwortete Sänger George "Corpsegrinder" Fisher. Stattdessen gab's 'Dicansy Defied'. "Are you ready for some blood?" grunzte der Corpsegrinder, ehe die Amis 'Unleashing The Bloodthirsty' raushauten. Scheinbar hatte der Grunzer die nächtlich Sauf-Orgie ganz gut verkraftet und ließ kräftig den Propeller kreisen. 'They Deserve To Die' widmete er mit einem "fuck censorship" jenen, dank derer die Kannibalen in Deutschland nichts von ihren ersten Alben spielen dürfen. Auch beim Titeltrack der aktuellen Langrille "The Wretched Spawn" bildete sich blitzschnell ein großer Moshpit, und es ist schon was Feines, wenn fünf knapp bekleidete Mädels um einen herum bangen. ;o) CANNIBAL CORPSE boten wie immer volles Geknüppel bis zum Ende und den Höhepunkt des Nachmittags.
(Carsten Praeg)

HYPOCRISY
"How can you stand in the sun the hole day and watch 2000 Bands?" fragte Bandkopf Peter Tägtgren die Masse, ehe die Schweden (plus ein Norweger) 'Eraser' auf selbige losließen. Während Peter verkatert am Mikrophon stand, übten sich Basser Mikael und Gitarrist Andreas in ihrer Königsdisziplin Synchron-Headbangen. Der Frontman schien seinen Augenringen zufolge das Saufgelage nicht ganz so gut verkraftet zu haben wie der Corpsegrinder und lehnte sich beim Gitarrensolo torkelnd an Andreas an. "I'm not drunken", versicherte er dem Publikum. Wer's glaubt ... ;o) 'Turn The Page' war vorerst der letzte Song, der von den beiden letzten Scheiben stammte. Stattdessen konnten die Fans ein Best-of-Programm mit 'The Final Chapter', 'God Is A Lie', 'Fire In The Sky' und 'Deathrow (No Regrets)' abfeiern. Erstmals fiel mir auch bewusst auf, dass dank des neuen Drummers Horgh (Ex-IMMORTAL) tatsächlich ein noch mächtigerer Bums hinter dem Sound steckt. Als Dank für den einstündigen Support benannte Peter 'Roswell 47' in "Wacken 47" um, ehe sich HYPOCRISY mit 'Born Dead Buried Alive' verabschiedeten. Unterm Strich nicht ganz das gewohnte Bild, wenn man mal Tägtgrens üblichen Trinkgewohnheiten ausklammert. Letztlich war es jedoch nur die Ruhe vor dem Orkan, den die Death-Metaller zwei Wochen später beim Summer Breeze entfachen sollten: Ein absoluter Oberhammer-Gig inklusive des zuletzt vermissten 'Fractured Millenium'!
(Carsten Praeg)

CHILDREN OF BODOM
Die Massen strömten herbei, als CHILDREN OF BODOM bei Sonnenuntergang zu einem ihrer großen Auftritte einluden. Und die Finnen legten mit 'Hate Me!' auch gleich mächtig los. Frotman Alexi und seine Mannen brauchten das Publikum gar nicht großartig anzufeuern oder jeden Songtitel anzukündigen, die Stimmung war auch so von der ersten Reihe bis zum Bierstand gut. Die keyboardlastigen Black-Thrash-Songs taten ihr Übriges, egal, ob es sich um die (noch) aktuellen 'Sixpounder', 'Needled 24/7' sowie 'Angels Don't Kill' oder um 'Bodom After Midnight' vom Vorgänger "Follow The Reaper" handelte. "Anybody here who knows an album called 'Something Wild'?" fragte Alexi, ehe der Nordfünfer unter lautem Jubel 'Deadnight Warrior' zockte. C.O.B. lieferten die gewohnte Qualität und mit älteren Songs auch den Beweis, dass sie nicht zu soft für die Black Stage sind. Der Titelsong des letzten Albums "Hate Crew Deathroll" bildeten den Abschluss eines umjubelten Gigs. Nur hab ich verpasst, mal drauf zu achten, ob die Bühnenbeleuchtung tatsächlich bei den Songs die Farbe des jeweiligen Albums (rot, grün, blau) annimmt, wie schon mal behauptet wurde.
(Carsten Praeg)

SATYRICON & NOCTURNO CULTO (DARKTHRONE)
Irgendwie war das schon komisch. Aber immer schön der Reihe nach. Als Erstes durften SATYRICON ran und auch wenn eine Bekannte meinte, Satyr wäre wieder ordentlich betrunken gewesen, in Sachen Charisma war der Mann mal wieder unschlagbar. Auch die restliche Band zeigte sich extrem gut aufgelegt und versammelte sich ein um andere Mal zum kollektiven Bangen am Bühnenrand. Dabei wurden sie von hinten angestrahlt, so dass man nur noch die Umrisse erkennen konnte. Der definitiv geilste Lichteffekt des gesamten Festivals! Und die Songauswahl war auch ziemlich geil, 'Repined Bastard Nation' killte, ebenso 'Fuel For Hatred', 'Night Of The Triumphators' und das wirklich mächtige 'Filthgrinder' waren auch sehr geil. Dazu gab es Pyros und coole Ansagen. Definitiv ein Highlight, auch wenn es viel zu leer war vor der Bühne.
Dann war es endlich soweit: ein düsteres Intro, Satyr und Co. und natürlich Nocturno Culto himself. Und musikalisch gab es nichts zu meckern: 'Transsilvanian Hunger' war ein Inferno, das alles wegfegte, auch 'The Horns Of Nebulah' und 'Under A Funeral Moon' waren wahre Black-Metal-Sternstunden. So brutal und finster klingen halt nur DARKTHRONE. Was man allerdings deutlich merkte, war die mangelnde Bühnenerfahrung von Nocturno Culto, der ein ums andere Mal reichlich verloren wirkte zwischen den anderen Profis. Seine Ansagen waren dafür sehr nett, auch den gesamten Gig Quorthon (R.I.P.) zu widmen, kam gut an. So richtig Stimmung kam auch nicht auf, auch wenn Satyr alles tat, um das Publikum anzuheizen. Zum Schluss gab es dann eine wirklich vernichtende Version von 'Mother North' mit Nocturno Culto an der dritten Gitarre, wahrlich ein würdiger Abschluss für eine denkwürdige Show, obwohl ich auch jetzt nicht weiß, was ich speziell vom Nocturno-Culto-Auftritt halten soll ...
(Herbert Chwalek)


PARTY STAGE

MYSTIC PROPHECY
Also, mal ehrlich, werter Gus G., ich kanns ja verstehen, wenn man heutzutage in mehreren Bands zocken muss, um die nötige Kohle zu verdienen, aber mal ehrlich, wieso schwankst du dabei zwischen Witzfiguren (DREAM EVIL) und wirklichen Könnern, nämlich MYSTIC PROPHECY? Die waren auch in Wacken eine Bank. Sänger Lia hat nicht nur eine kraftvolle Stimme, sondern kommunizierte auch ordentlich mit dem Publikum, wobei die griechische Flagge auch dem Letzten klar machte, wo der Mann seine Wurzeln hat. Der Rest der Band zeigte sich ebenfalls engagiert, so dass Power-Metal-Kracher wie 'Forgotten Soul', 'Eternal Flame' oder 'The Land Of The Dead' einmal mehr mit knackigen Riffs und eingängigen Refrains begeistern konnten. Ein paar neue Songs gab es auch, die passten sich aber nahtlos dem hohen Niveau an. Ein wirklich guter Auftritt einer guten Band, der zeigte, dass Power Metal mehr zu bieten hat als Klischees und Symphonic-Kitsch. Wer nicht da war, hat definitiv was verpasst!
(Herbert Chwalek)

EKTOMORF
Auf dem With Full Force fand ich EKTOMORF zwar gut, aber nicht wirklich überragend, in Wacken hingegen räumten die Jungs aus Ungarn mal tierisch ab. Irgendwie passte der moderne, groovige Metal mit deutlichen SEPULTURA/SOULFLY-Anleihen perfekt zum Wetter. Granaten wie 'I Know Them', 'Gypsy' oder 'Destroy' verwandelten das Publikum vor der Bühne in eine pogende, bangende, hüpfende Masse, die gierig jeden Ton in sich aufsog. Auf der Bühne wirbelten vier Musiker, als gäbe es kein Morgen. Der Energielevel war konstant im roten Bereich, man wurde zwangsläufig mitgerissen, ob man nun wollte oder nicht. Die massiven Zugaberufe waren völlig verdient, so dass EKTOMORF mit dem neuen Kracher 'Instinct' und dem BEATLES-Cover ' A Hard Days Night' noch mal ordentlich nachlegten. Nach dem Gig sah man überall verschwitzte, glückliche Gesichter. Um es kurz zu machen: das war ganz, ganz groß!!
(Herbert Chwalek)

AFTER FOREVER
Wow, die Band ist ja richtig groß geworden! "Invisible Circles" ist ein ordentlicher Hammer geworden, aber ich hätte nicht wirklich damit gerechnet, dass derart viele Leute dies ebenso sehen - die große Menge vor der Party Stage sprach aber Bände.
Platz gab es glücklicherweise noch genug, auch wenn der endlos sabbernde Schwede vor mir mit seinem vermutlich durch einen deutlich überhöhten Testosteron-Spiegel begründeten Rumgehopse nervigerweise ein bisschen die Sicht versperrte. Glücklicherweise verzog sich der Hühne recht schnell weiter nach vorne, um die wild bangende Floor Jansen (definitiv die metallhaltigste Frontfrau dieses Jahr, da konnte auch Doro einpacken) in ihrem knallengen Anzug noch besser in Augenschein nehmen zu können.
Ehrlich gesagt waren AFTER FOREVER eine der positivsten Überraschungen auf dem Wacken, nach gutklassigen, aber mehr oder minder doch typischen Gothic-Metal-Alben hatte ich der Band einen solchen qualitativen Sprung zu den neuen Kompositionen nicht zugetraut. Die zündeten auch sehr ordentlich, wobei sich insbesondere die gesteigerte Härte in punkto Riffing und Grunts sehr gut bemerkbar machte. 'Reflections' oder 'Between Love And Fire' beispielsweise waren richtige Kracher und wurde entsprechend abgefeiert, aber auch ältere Stücke wie 'My Pledge Of Allegiance Pt.I - The Sealed Fate' oder 'Glorifying Means' passten wunderbar in das verdammt gute Gesamtbild der Band. Absolutes Highlight war dann das IRON MAIDEN-Cover 'The Evil That Men Do', stimmlich superb von Floor veredelt und keineswegs ein Sakrileg - ganz im Gegenteil. Die cleanen Vocals von Bas Maas sind definitiv eine Bereicherung für die Band, und Floor konnte man deutlich anmerken, dass die Bühnen- und Studio-Erfahrung mit STAR ONE und AYREON sie hat reifen lassen, vom Stageacting her wie auch stimmlich gesehen. Überhaupt war Floor bestens bei Stimme und packte sehr zu meiner Freude auch des Öfteren die Rockröhre statt des Soprans aus.
Summa summarum ein klasse Gig, der zumindest meine hohe Meinung von AFTER FOREVER nur weiter bestätigen konnte. Geil!
(Rouven Dorn)

THUNDERSTONE
Um gleich mal die Fronten zu klären: Nein, ich bin kein THUNDERSTONE-Fan. Ja, ich mag diese neue Power-Metal-Welle mit ihren dominanten Keyboards nicht wirklich. Und trotzdem war ich nach dem Gig der Finnen nicht kotzen, sondern musste den Jungs sogar ein "nicht schlecht" attestieren. Klar, die Keyboardsounds waren null originell und die kitschigen Melodien nervten ein ums andere Mal, dafür hatten immerhin die Gitarren auch mal was zu sagen und verloren sich nicht in simplen Billigriffs. Und der Sänger klang recht angenehm, endlich mal jemand, der weiß, wie er seine Stimme einsetzen muss. Natürlich durfte auch das Mitsingspielchen nicht fehlen, interessant auch, dass der Basser einen Teil der Ansagen übernahm. Vor der Bühne war es recht voll, nach dem Gig erschallten Zugaberufe und der Auftritt war in Ordnung. Muss ich zwar nicht unbedingt wieder haben, aber das nervte auch nicht.
(Herbert Chwalek)

KNORKATOR
Sämtliche Blödelbarden durften sich dieses Jahr in Wacken wirklich nicht beschweren. Neben MAMBO KURT und ELÄKELÄISET gaben sich auch noch die beiden deutschen Kasper-Institutionen die Ehre, namentlich KNORKATOR und J.B.O.
Wer von letzteren beiden nun besser oder schlechter war, das sollen andere beurteilen. Meiner Meinung nach kann man beide Bands nur bedingt vergleichen, außerdem spielt gerade bei dem Material der beiden Truppen der Faktor "Geschmackssache" eine größere Rolle. Ich persönlich hatte bei den Berlinern meinen Spaß, ganz egal ob bei 'Ich will nur Ficken', 'Der ultimative Mann', 'Ich lass mich klonen', 'Ma Baker' oder 'Ich hasse Musik', denn das Hauptaugenmerk lag irgendwie doch eher auf den bekloppten Leuten auf der Bühne als auf den - wirklich guten - musikalischen Darbietungen. Über gelbe Bodys kann man bei Männern geteilter Meinung sein, ich war dann doch froh, mir diesen Anblick nur aus der Ferne geben zu müssen. Im Übrigen sind übergroße Ghetto-Blaster und durchs Publikum gereichte Klavier-Attrappen allesamt besser als wieder diese unsägliche Gemüseschleuder - danke dafür.
Eine Stunde albern sein, mal niveauvoller (mitsamt mathematischen Erklärungen: 'Wie weit ist es bis zum Horizont?'), mal weniger (das bereits erwähnte 'Ich will nur Ficken'), dafür aber durchgehend bekloppt. Die vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden Ansagen taten ihr Übriges, und der krönende Abschluss war, wie sollte es sein, die Metaller-Hymne schlechthin, 'Böse'. Danach konnte man auch beruhigt SATYRICON schauen gehen ... ;-)
(Rouven Dorn)

SCHANDMAUL
Als SCHANDMAUL die kleine Bühne enterten, herrschte sofort gute Stimmung – wie immer bei ihren Konzerten. Die Spielmannsleute hüpften beim neuen 'Leb' über die Bühne, und das wirklich zahlreiche Publikum tat es ihnen gleich. Es waren auch wieder ONKELZ-Fans zu sehen, aber ich wiederhole mich. 'Teufelsweib' und 'Drachentöter' ließen die Stimmung weiter steigen, ehe Sänger und Akustikgitarrist Thomas 'Der Sichelmond' an George W. Bush richtete: "Im Morgenland sind früher schon die Kreuzzüge in die Hose gegangen." Nach dem politischen Statement wurde es wieder lustiger, und während Flötenspielerin Birgit und Geigenspielerin Anna über die Bühne hüpften, ging Thomas beim Solo zu 'Vogelfrei' in die Knie. Die Zuschauer sangen lautstark den Refrain von 'Zwei Brüder' mit und bildeten mit ihren schwenkenden Armen ein Meer zu 'Seemannsgrab'. Dann zog es mich aber doch zur Black Stage, wo SATYRICON mächtig am Knüppeln waren. So verpasste ich zwar 'Walpurgisnacht', konnte dafür aber von außen sehen, wie das Publikum auch zu den Songs vom neuen Album 'Wie Pech und Schwefel' von der ersten Reihe bis zum Pizzastand klatschten. Rechtzeitig zum Instrumental 'Sturmnacht', bei dem Schlagzeuger Stefan ziemlich lang grinsend den verwunderten Thomas auf seinen Einsatz warten ließ, war ich wieder vor Ort – um gleich wieder kehrt zu machen. Denn die Zugabe fiel mir mit 'Kalte Spuren' und 'Willst du?' doch etwas zu melancholisch aus. Trotzdem ein großartiger Gig und für mich ein würdiger Abschluss meines Aufenthalts. Ab auf den Zeltplatz und beim Zeltabbauen noch J.B.O. im Hintergrund lauschen.
(Carsten Praeg)


W.E.T. STAGE

DISBELIEF
Hinein in das stickige und recht gut gefüllte Zelt, wo's nach Kuhmist roch und gerade DISBELIEF bolzten. Viele Zuschauer gingen ab, allen voran AGATHODAIMON-Basser Eddie, der die Hesseninvasion abrundet. Der moderne Knüppelsound des Hessenfünfers bewegt sich irgendwo zwischen KATAKLYSM und ARCH ENEMY, was auch ältere Songs wie 'God? Master!' unterstrichen. Aber auch langsamere und groovigere Songs wie 'Misery' walzten mächtig nach vorn. Die Hitze im Zelt stieg an, so dass Frontgrunzer Karsten sich bei den letzten Songs kurzerhand seines T-Shirts entledigte. Nach 'It's God Given' musste ich mich dann schnell in Richtung Black Stage begeben, um nicht den Anfang von CHILDREN OF BODOM zu verpassen.
(Carsten Praeg)

GRIFFIN
Tscha, dumm gelaufen: Da die Party Stage berichterstatterische Priorität besaß und KNORKATOR auch wirklich Spaß machten, konnte ich mir die Norweger von GRIFFIN nur noch bescheidene zehn Minuten anschauen, nicht wirklich viel und vor allem bei einer solchen Band nicht annähernd genug. Dass ich die verpasste Zeit so bald wie irgend möglich nachholen muss, machte das verdammt cool klingende Material der Nordmannen recht schnell deutlich. Von NWoBHM kann man halten, was man will, aber wenn dieser Sound originalgetreu ins neue Jahrtausend transferiert und mit modernen Anleihen kombiniert wird, ist das ein extrem mitreißendes Gebräu - das war nach nur einem Song klar. Der Sound war immerhin besser als der Durchschnittsmatsch im WET-Zelt, und auch die Temperaturen hielten sich um diese Uhrzeit im erträglichen Rahmen. In den Arsch beiße ich mir trotzdem ...
(Rouven Dorn)

Redakteur:
Herbert Chwalek

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