Waltari/Remember Twilight - Jena
03.05.2004 | 12:1130.04.2004, F-Haus
(Wichtige Vorbemerkung: Zum Lesen dieses Textes bitte die Daumen und Zeigefinger beider Hände spreizen, die restlichen Finger zu Minifäusten ballen. Die Daumen zusammenführen, fast kreuzen. Nun habt ihr ein "W" vor euch - jetzt dürft ihr lesen, gescrollt und geklickt wird mit einem der beiden "W"-Außenpunkte...)
Kärtsy Hatakka macht den Riddler. Irgendwie erinnert der Sänger von WALTARI nämlich an den geisteskranken Bösewicht des unvergessenen "Batman Forever"-Kino-Higlights von 1995. Neun Jahre später ist Kärtsy sein würdiger Nachfolger, wenn auch überhaupt nicht so böse wie das filmische Vorbild. Aber die Merkmale stimmen: Die Haare sind rotgefärbt, er trägt ein mit hellgrünen Palliettenflächen verziertes Shirt in Schwarz, dunkles grünes Licht macht die Farbe seines Gesichtes fast schon gespenstisch. Ja, dieser Typ hat etwas vom Riddler...
Vergleich gefällig? Jeweils klicken...:
Kärtsy Hatakka
Riddler
Überzeugt? Weiter geht's. Vor Kärtsy tummeln sich heute im "F-Haus" Jena rund 100 Fans. Mehr sind an diesem Freitag nicht gekommen. Denn in Jena und Umgebung stehen heute wie im gesamten mitteldeutschen Raum die traditionellen Hexenfeuer an, eins der zentralen Sauf- und Spaßerlebnisse der Ossi-Jugend. Unter den paar WALTARI-Besuchern tanzt ein zierliches Mädchen besonders ausgelassen: Anne. Sie selbst stand kurz vorher gleichfalls auf der Bühne, sie und ihre Band REMEMBER TWILIGHT eröffneten den Abend. Da sind allerdings erst 37 Leute im Raum...
REMEMBER TWILIGHT machen ihre Sache dennoch gut. Die fünf Musiker nennen ihre Mugge schubladengerecht "Kammermusik-Core", dieser entpuppt sich als recht flotte Mischung zwischen den INCHTABOKATABLES und den SCHINDERN. Für das Mittelalterfeeling verwenden die Schwaben eine Geige und eine Oboe, gerade das Blasinstrument geht aber wegen der wuchtigen Gitarrenriffs live ziemlich unter. Dafür ist das Instrument von Streicherin Anne ziemlich laut eingestellt, die raue Stimme von Sänger Timo klingt ebenfalls nicht gänzlich daneben. Außerdem lässt sich die junge Band nicht von den wenigen Zuschauern abschrecken und wirkt recht agil. An die 450 Leute, die wohl bei der Show in Prag am Start waren, kommt die Stimmung in Jena jedoch längst nicht heran. Der Beifall hält sich in Grenzen, ganz vor die Bühne traut sich bis auf unsere Fotografin Wiebke keiner. Die Musik klingt jedoch nicht sooo schlecht wie die Reaktionen. Denn REMEMBER TWILIGHT gehen recht abwechslungsreich zu Werke, sind hörbar bemüht um ihren eigenen Stil. Das geht nicht immer gut, wie gerade das letzte Stück des Sets beweist: Eine recht langweilige Halbballade... Der Rest klingt jedoch definitiv besser - durchaus eine Band mit Potenzial. An diesem Abend erkennt das aber kaum jemand im Saal. Dennoch hält das Frontmann Timo nicht davon ab, sich bei WALTARI für die schönen 12 Tage auf Tour zu bedanken, heute in Jena haben beide Bands ihren vorerst letzten Auftritt zusammen...
12 solcher Tage schweißen zusammen. Deshalb sind alle Leute von REMEMBER TWILIGHT im Publikum beim WALTARI-Auftritt versammelt. Besonders Geigerin Anne ist inzwischen ein großer Fan der verrückten Finnen und tanzt von der ersten Sekunde an mit. Die Nordmänner sind aber auch eine verdammt lustige Truppe. Gründungsmitglied und Gitarrist Jariot Lethinen trägt einen kleinen Dut auf dem Kopf, also eine Art Omafrisur für Arme. Dagegen grinst der andere Klampfer Sami Yli-Sirniö den ganzen Gig über. Vielleicht muss er über die alkoholischen Spiele seines Hintermanns Janne Immonen lachen. Der Typ ist extra für die Tour als Keyboarder dabei, trinkt den ganzen Auftritt über Bier und wirft zudem mit einem Kastagnettenring um sich. Der Mittelpunkt ist trotzdem Kärtsy "Riddler" Hatakka. Nein, schwul ist er nicht. Nur anders. Wenn er mit weit aufgerissenen Augen und ausgestreckten Armen an seinem Mikro steht, gehen in diesem Kopf sicher ganz komische Sachen vor sich. Entweder, er brütet wirklich über Weltmachtsgelüste mittels Musik nach oder er versucht, den Zuschauer spüren zu lassen: "So etwas Beklopptes wie uns hast du noch nicht gesehen...!" Coverversionen wie die von MADONNAs 'Vogue' oder die ebenso geniale Death-Metal-Verwurstung des BEATLES-Stückes 'Help!' bestätigen den Eindruck über den Geisteszustand von Meister Hatakka. So groovt denn auch die kleine Fangemeinde im Saal völlig enthemmt vor sich hin, später rennen REMEMBER TWILIGHT und ein paar andere Verstörte auf die Bühne und springen mit der Band herum. Die Finnentruppe kloppt als Belohnung WALTARI-Songs aus allen Schaffensphasen durch die Lautsprecher, ob sie nun 'Your Nature Is Wild' oder 'Forest' heißen. Und immer wieder heften sich die Augen auf Kärtsy, wenn er wieder einmal Flugbewegungen antäuscht oder einfach nur ein Fischmaul imitiert. Dementsprechend heftig ist der Bedarf an Zugaben. Nun kommt es auch endlich: Das tollste Stück der neuen Scheibe "Rare Species", ein göttliches 2 UNLIMITED-'No Limits'-Cover, das fließend in die MEGADETHsche 'Symphony Of Destruction' übergeht. "Nono, nonono, nonono, nono, no LIMITS!!!" Yeah, dass sind WALTARI - eine der wenigen Bands, deren aller-("W")-ichtigstes Logoteil ganz einfach mit zwei gesunden Greifern nachzustellen ist. Clever!
(Bevor eure Finger jetzt gänzlich verkrampfen, dürft ihr das "W" nun auflösen... Danke!)
PS: noch viel mehr Bilder folgen bald...
- Redakteur:
- Henri Kramer