Wave-Gotik-Treffen - Leipzig
09.09.2019 | 14:4807.06.2019,
Zwischen dem Wave-Gotik-Treffen und dem Stadtfest: Der geprügelte Hund von Leipzig - oder von JANUS.
Man soll ja bekanntlich wieder mit dem anfangen, womit man aufgehört hat. Und so geht es am frühen Nachmittag erneut in die Heilandskirche, jedoch nicht zu einer Tanzveranstaltung. Dort finden neben den Partys nämlich auch Vorträge und Lesungen statt. Eine Autorin im Programm ist Lydia Benecke, die an diesem Tag einen Vortrag namens "Satanic Panic" hält. Zirka eine halbe Stunde vor Beginn hat sich eine ordentliche Menschenschlange um die Kirche gebildet, die auf Einlass wartet, da aktuell noch eine andere Lesung läuft. Leider steht bereits jetzt schon fest, dass es mit dem Vortrag nix mehr wird, da vor uns einfach schon zu viele Besucher sind. Also geht es eben früher als geplant durch die Stadt zum Südfriedhof, um eine obligatorische Runde zu drehen. Am Fuße des Völkerschlachtdenkmales finden sich später auch wieder die Leichenwagen ein, die im Korso durch die Stadt gefahren sind. Auch hier gibt es wieder Einiges zu bestaunen.
Bei dem tollen Wetter bietet sich natürlich auch ein Besuch im Heidnischen Dorf an. Zumal dort einige interessante Bands aufspielen. Am Freitag tat das bereits IN EXTREMO, was logischerweise zu einem Einlassstopp führte. Heute sieht es gegen Nachmittag noch recht gut aus, aber das soll sich bald ändern. Für die russische Band WELICRUSS ist es dennoch zu spät geworden, denn die Musiker räumen beim Eintreffen gerade die Bühne.
So bleibt erst einmal genügend Zeit, um durch das Heidnische Dorf zu schlendern, ehe die Schweizer Musiker von ELUVEITIE die Bühne entern. Logischerweise ist es jetzt vor der Bühne rappelvoll und auch draußen am Einlass wird es nun eng und er wird für eine Zeit lang vielen Besuchern verwehrt. Die Bandmitglieder sind sehr gut gelaunt und jeder von ihnen sprüht regelrecht vor Energie, als sie vor die Zuschauer treten. Das überträgt sich auch gleich auf das Publikum, das gebührend mitmacht. Bei dem Konzertpensum, dass die Schweizer jährlich so absolvieren, ist es zwar ein wenig schwer zu glauben, wenn Frontmann Chringel beteuert, dass es etwas Besonderes sei, hier im Heidnischen Dorf zu spielen. Aber nun gut, wir wollen ihm nix Böses unterstellen. Das perfekte Wetter tut sein Übriges dazu und während langsam die Sonne hinter den Bäumen verschwindet, wird musikalisch eingeheizt. Los geht es mit 'Ategnatos' vom gleichnamigen aktuellen Album, welches im April dieses Jahres erschien. Daraus erklingen später noch die Titel 'Deathwalker' oder 'Ambiramus', die bei den Fans gut ankommen. Logischerweise ist aber die Stimmung bei Klassikern wie 'Rose For Epona' oder 'Call Of The Mountains' noch besser, doch insgesamt können die Eidgenossen in Leipzig hervorragend punkten. Mit 'Inis Mona' heißt es Abschied nehmen. Dazu wird noch einmal ausgelassen getanzt und gefeiert, ehe sich die Band unter lautem Beifall endgültig von den Fans verabschiedet.
Im Anschluss geht es nochmals über das Gelände, so gut es sich eben bei der Menschenmasse machen lässt, um die Verpflegungsstände zu inspizieren, die immer tolle Sachen anbieten. Fast an jedem Stand gibt es jetzt zur besten Essenszeit eine lange Warteschlange. So ist die Zeit gefühlt kurz, bis SCHANDMAUL mit dem Konzert beginnt. Die Band holt ihren Auftritt vom letzten Jahr nach, denn dieser musste wegen Krankheit kurzfristig abgesagt werden. Mit dem Song 'Kein Weg zu weit' beginnt die Truppe ihren Gig. Auch hier schauen die Besucher in freudige Musikergesichter. Gute Laune ist also vorprogrammiert. So wird das Ganze zu einer freudig-kurzweiligen Angelegenheit. Neben dem 'Froschkönig' haben die Musiker auch den 'Totengräber' im Gepäck. Beide Stücke stammen vom aktuellen Album "Artus". Von diesem Werk erklingen im Laufe des Abends durchaus recht viele Stücke. Die Fans kommen gut damit klar und feiern mit der Truppe aus Bayern eine ausgelassene Party.
Während die Band noch am Arbeiten ist, geht es erst einmal zur obligatorischen Stippvisite auf das benachbarte Agra-Gelände. Prinzipiell ist hier alles wie immer, nur nicht so viele Zaungäste, die alles und jeden fotografieren. Liegt vielleicht an der fortgeschrittenen Uhrzeit. Auch auf dem Markt, wo die Verkaufsstände sind, ist es recht angenehm. Dafür ist NOCTULUS an seinem Stammplatz auf dem Gelände und unterhält wie jedes Jahr die Besucher.
In der Halle selbst steht mit NITZER EBB eine DER EBM-Bands der ersten Stunde auf der Bühne. Nachdem im vergangen Jahr die Wiederbelebung der Band erfolgte, haben viele Besucher nun die Hoffnung, dass heute Abend ein Best-Of-Set zum ausgiebigen Tanze einlädt. Leider hatten sich die Musiker das so nicht gedacht, denn der Gig beginnt arg schleppend und mit sehr ruhigen Songs. Viele der Lieder sind wenig aufregend und 'Come Alive' vom 1991er Album "Ebbhead" kommt so unspektakulär und lustlos herüber, dass die Freude auf das Konzert total gebremst wird. Vor und auf der Bühne schleppt man sich mehr oder weniger durch das Set und demontiert sich selbst. Keine Ahnung, was mit den Musikern los ist, es nur auf das Alter zu schieben, das wäre zu einfach. In den vorderen Reihen wird trotz alledem Stimmung gemacht, aber selbst das hilft nicht so recht, um auf der Bühne in Fahrt zu kommen. Douglas McCarthy könnte sich zum Singen auch einen Stuhl nehmen und sich hinsetzen, denn die harten und schweißtreibenden Beats, die NITZER EBB ausmachen, sind heute auf der Strecke geblieben. Bis 'Let Your Body Learn' halten viele noch durch, danach wird es leerer in der Halle. Wirklich schade!
So ist es im Anschluss an NEW MODEL ARMY, den Abend in der Halle gebührend zu beenden. Okay, musikalisch gesehen liegen zwar Welten zwischen den beiden Bands, doch auch hier steht eine der dienstältesten Bands ihres Genres auf der Bühne. Seit Ende der siebziger Jahre ist die Formation um Sänger Justin Sullivan unterwegs und hat auch heute noch eine Menge zu sagen. Trotz der langen Bühnenpräsenz ist es der erste Gig beim Wave-Gotik-Treffen. Die Band präsentiert sich angenehm unspektakulär und startet mit 'Stormclouds' vom 2013er Album "Between Dog And Wolf". Weiter geht es mit 'Winter' vom gleichnamigen noch aktuellen Werk, denn erst im August 2019 soll ein neuer Longplayer namens "From Here" erscheinen. Aus diesem gibt es aber heute Abend noch nichts zu hören. Auffällig ist bereits jetzt, dass der Sound in der Halle richtig gut ist. Das klappt hier nicht immer so und liegt zum Großteil an der Beschaffenheit der Halle selbst. Doch die Tonleute der Band haben es wirklich toll hinbekommen. Es dauert nicht lange, bis mit '51st State' einer der bekanntesten und ältesten Stücke der Band erklingt. Nun herrscht eine ausgelassene Stimmung im Publikum und es wird fleißig mitgesungen. Einen "Fucking Brexit!"-Ausruf hat der Sänger ebenfalls mit dabei. Auch bei diesem Konzert wird die Band wieder von einer Geigerin begleitet zu einigen Songs begleitet. In gewohnter Manier zockt sich NEW MODEL ARMY durch das Set. Es gibt keine Ausfälle, alles läuft super und die Besucher können das tolle Konzert rundum genießen. Gegen Ende werden die Begeisterungsrufe richtig laut, denn es erklingt 'Vagabonds'. Mit 'I Love The World' endet dann das Konzert und für die Band gibt es noch ein letztes Mal richtig viel Applaus. Alles in allem ein versöhnlicher Abschied aus dem heutigen Konzertabend, denn NEW MODEL ARMY hat genau das gemacht, wofür sie bekannt sind: Wunderbare Konzerte spielen.
Setliste: Stormclouds; Winter; Island; Lights Go Out; Devil's Bargain; Strogoula; 51st State; Angry Planet; Born Feral; Marrakesh; Between Dog And Wolf; Here Comes The War; Purity; Wonderful Way To Go; Green And Grey; Vagabonds; I Love The World
Wer jetzt noch nicht müde ist, der kann sich erneut ins Partygetümmel schmeißen, denn auch diesen Abend stehen wieder unzählige Veranstaltungen auf dem Plan.
- Redakteur:
- Swen Reuter