Wave-Gotik-Treffen - Leipzig
09.09.2019 | 14:4807.06.2019,
Zwischen dem Wave-Gotik-Treffen und dem Stadtfest: Der geprügelte Hund von Leipzig - oder von JANUS.
Der dritte Festivaltag glänzt erneut mit ordentlichem Festivalwetter, das mehr für Aktivitäten im Freien einlädt. Aber im Felsenkeller steht heute Metal auf dem Plan und so geht es gegen Nachmittag erst einmal dorthin. Schließlich gibt es mit dem ersten Konzert an diesem Tag quasi eine Europapremiere, denn die Black-Metal-Band THY ANTICHRIST spielt ihr erstes Konzert überhaupt in Europa. Im Anschluss an den Gig wird es mit WOLFHEART, CARACH ANGREN und NEVALRA auf zur "Pitch Black Summer-Tour" gehen. Bis auf NEVALRA spielen idealerweise auch die anderen beiden Bands noch im Felsenkeller. Doch zuvor geht es für die Amis auf die Bühne, die wieder mit einem tollen Bühnenoutfit glänzen. Vor allem der Sänger aus Kolumbien hat neben einem ordentlichen Corpsepaint allerlei Totenschädel am Körper hängen. Irgendwie riecht es auch leicht muffig. Vom wem das aber genau kommt, ist nicht so recht auszumachen. Zugegeben, der Frontmann wirkt mit seiner Erscheinung nicht gerade sympathisch, doch wer sich "Antichrist 666" nennt, hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren. Als die Band startet, ist noch nicht sehr viel los, doch die Anwesenden haben Spaß und das ist die Hauptsache. Zugegeben, der Sound von THY ANTICHRIST ist nicht immer so einfach. Manchmal kommt eine gute Progressive-Prise in den Black-Metal-Sound. Das ist prinzipiell nicht schlimm, macht es dem Hörer nicht immer einfach. Live können die Musiker dennoch die Besucher überzeugen und so gibt es beispielsweise für 'The Great Beast' und 'Metal To The Bone' ordentlich Applaus. Alles in allem ein toller Gig und ein gelungener Einstand in Europa. Wenn auch vor wenig Publikum.
Weiter geht es mit WOLFHEART. Die Finnen bestätigen mal wieder das Vorurteil, dass gefühlt jeder zweite Einwohner des Landes in einer Metal-Band spielt. Glücklicherweise haben die Jungs dazu noch Talent und sorgen für große Begeisterung im Publikum. Gestartet wird mit dem Song 'Everlasting Fall' vom letzten Album "Constellation Of The Black Light", das 2018 erschien. Auch sie pusten die Gehörgänge der Zuschauer ordentlich durch, tun das aber ohne optische Zugaben. Was hier zählt, ist die Musik und die ist hervorragend. Die Reihen vor der Bühne sind nun auch etwas besser gefüllt und so fliegen zu 'Aeon Of Cold' oder 'Veri' ordentlich die Haare durch die Gegend. Mit dem Konzert können die Finnen definitiv überzeugen und als sie sich mit 'The Hunt' von ihren Fans verabschieden, sind die rundum zufrieden. Obwohl bei THY ANTICHIST leider noch nicht so viele Besucher da waren, dürften beide Bands an diesem Abend einige neue Fans dazu gewonnen haben.
Während im Anschluss neben CARACH ANGREN noch CRADLE OF FILTH auftreten, geht es für uns weiter in die Stadt. Genauer gesagt in die Moritzbastei zu OUL. Wem die Band nichts sagt, der wird sicher bei EWIGHEIM oder THE VISION BLEAK jetzt ein "Aha!" herausholen, denn hinter OUL versteckt sich Allen B. Konstanz von eben diesen beiden Bands. Allerdings ist bei diesem Musikprojekt nicht der Sound der anderen beiden Gruppen vordergründig. Bei OUL sind es eher Wave-und Synthieklänge, die die Oberhand haben. Mit seiner Lederjacke sieht der Sänger so aus, als käme er gerade von einer DEPECHE MODE-Party, aber die Dave-Moves bleiben aus. Dafür glänzt er mit eigenen Kompositionen, die vom Debütwerk "Antipode" stammen. Das Album ist im April erschienen und wird nun in der mehr als gut gefüllten Moritzbastei vorgestellt. Neben den E-Drums am Keyboard wird er von einem Schlagzeuger unterstützt. Dass live noch nicht alles so rund läuft, nimmt den beiden niemand übel. Denn zum einen nimmt es das Duo selbst gelassen und zum anderen überzeugen die neuen Kompositionen das Publikum hervorragend. Teilweise recht gut tanzbar und schön morbide, so lässt sich das Ganze ganz gut definieren. Dazwischen gibt es vom Sänger die eine oder andere Anekdote. Die Anhänger der anderen beiden Bands kann die junge Band jedoch überzeugen und so erhalten die beiden Musiker am Ende lautstarken Applaus und auch sie können mit ihrem Gig ihre Anhängerschar weiter ausbauen.
Nach dem Konzert geht es weiter in die Kantine des Volkspalastes zu KÆLAN MIKLA. Das isländische Damen-Trio wartet mit einer sehr experimentellen Musikmischung auf, die nicht unbedingt Jedermanns Sache ist. Doch wenn sich die Gelegenheit bietet, die Damen bei einem Konzert genauer unter die Lupe zu nehmen, dann kann man das schon mal machen. Zu Beginn wird erst einmal eine Räuchermischung gezündet. Während der Raum richtig gut gefüllt ist, haben die drei auf der Bühne genug Platz, um sich tänzerisch voll entfalten zu können. Okay, der Part bleibt für Frontfrau Laufey Soffia, da die anderen beiden ja die Instrumente bedienen. Musikalisch erschafft die Band verträumte Soundlandschaften, die die Zuhörer auf eine einzigartige Klangreise mitnehmen. Allerdings ist der Gesang der Sängerin ab und an sehr schrill. Das tut einerseits fies in den Ohren weh und andererseits endet die Klangreise dadurch etwas abrupt. Aber vielleicht ist das auch so gewollt. Dennoch ein tolles Konzerterlebnis!
Ganz bis zum Ende bleiben wir nicht, da in der Agra-Halle LONDON AFTER MIDNIGHT noch auf dem Programm steht und den Abend beendet. Denn bevor Schluss ist, heißt es erst einmal einer der Dienstältesten Gothic-Rock-Bands die Aufwartung machen. Technische Probleme gehören bei den Gigs der Band ja mittlerweile zum Programm. Mal sehen, wie oft heute irgendetwas nicht geht. Doch bevor das Konzert so richtig startet, sind erst einmal diverse Einblendungen auf der Videoleinwand zu sehen. Als die Band auf die Bühne kommt, gibt es ordentlich Applaus für die Musiker und Sänger Sean Brennan macht auch noch schnell ein paar Schnappschüsse mit dem Handy, ehe es dann richtig mit 'A Letter To God' losgeht. Auch bei dieser Band hat der technische Fortschritt Einzug gehalten, denn jeder Musiker hat ein Tablet neben sich stehen. Das bewahrt LAM aber auch nicht vor den technischen Problemen, die sich schon bald einstellen. Der Sänger wirkt genervt, behält aber seine Fassung. Insgesamt gibt es heute nur zwei, drei Unterbrechungen im ersten Drittel. Das ist rekordverdächtig! Dafür ist der Rest des Konzertes dann störungsfrei und die Fans können sich über 'Love You To Death' oder 'Spider And The Fly' freuen und dabei ordentlich tanzen und feiern. Als sich die Band mit 'Kiss' von den Fans verabschieden will, geht das natürlich nicht, denn ein wichtiger Song fehlt noch. Und somit gibt es 'Sacrifice als Zugabe, bei dem die Fans noch einmal ausgelassen tanzen können. Danach ist leider wirklich Schluss und ehe man sich versieht, werden die Besucher aus der Halle geschmissen. Also geht es auf das Agra-Gelände, um den Abend bei einem Absacker ausklinken zu lassen.
Setliste: A Letter To God; Psycho Magnet; Shatter; Spider And The Fly; Demon; Claire's Horror; Your Best Nightmare; Complex Messiah; Revenge; America's A Fucking Disease; Inamourada; Love You To Death; After The End Of The World; The Bondage Song; Kiss; Zugabe: Sacrifice
- Redakteur:
- Swen Reuter