Way Of Darkness - Lichtenfels
20.10.2019 | 12:5304.10.2019, Stadthalle
Bereits im zweiten Jahr lassen die Party.San-Macher das Kultfestival wieder aufleben und fahren diesmal mit den Headlinern NILE und MARDUK große Kaliber auf.
Die Stadthalle in Lichtenfels dürfte den meisten Metalheads eher vom Ragnarök-Festival bekannt sein. Doch während im Frühjahr in Oberfranken insbesondere der Pagan Metal regiert, packen die Partysanen um Chef Mieze im Herbst vor allem Death, Black und Thrash Metal ins Programm – ganz so, wie seit 25 Jahren bei ihrem Hauptfestival. Plus wie immer den einen oder anderen persönlichen Favoriten. Überhaupt wirkt das WAY OF DARKNESS wie eine kleine Variante des PARTY.SAN OPEN AIRs, nur eben in der altbekannten Halle. Ein Festival von Fans für Fans, familiär mit viel Liebe zum Detail: Da darf neben dem Cocktailstand – nächstes Jahr bitte das Original von Brutz & Brakel – natürlich nicht der Whisky-Stand "Seven Lords" fehlen, der neben manch leckerer Exquisität auch sein uriges Holzmobiliar im Gepäck hat. Herrlich! Noch ein Handbrot dazu, während am Autogrammstand Krachmucker Ernie die Bands rankarrt und selbst immer wieder Zeit für einen Schnack hat. So muss das sein! POWERMETAL.de lässt es sich als Präsentator nicht nehmen, sich unters rund 1.400 Köpfe zählende Volk zu mischen und sich ein stattliches Billing ohne wirkliche Ausfälle reinzuziehen. Den Anfang übernimmt der Kollege Hermann Wunner – Vorhang auf!
Es ist Freitag, der 4. Oktober, 13:30 Uhr. Die 2019er Ausgabe des WAY OF DARKNESS Festivals wird von den Fleischhändlern aus der Nachbarschaft eröffnet, die manchmal auch unter dem Pseudonym THE FLESH TRADING COMPANY auftreten. Death Metal hat die Fleischtheke am heutigen Tag im Angebot, welcher von den immer zahlreicher werdenden Fans dankend angenommen wird. Weder am Auftritt noch an der Musik gibt es irgendwas zu meckern, die Fleischhändler darf man mal getrost im Auge behalten. Insgesamt ein amtlicher Auftakt für das WAY OF DARKNESS.
Bereits jetzt wird es international, denn als nächstes spielt DEATHSTORM aus Österreich auf. Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, servieren uns die Jungs Thrash Metal, und zwar von der geilen Sorte. Die Musik geht voll auf die Zwölf und die Bühnenshow ist ebenso rasant wie sehenswert. Die Kracher von "Reaping What Is Left" machen nicht nur mir sichtlich Spaß, auch das restliche Publikum arbeitet eifrig am Nackenmuskelkater für morgen. DEATHSTORM dürfte nach dieser furiosen Show sicher einige neue Fans gewonnen haben.
Mit CORPSESSED aus dem schönen Finnland steht jetzt ein Auftritt an, auf den ich mich im Vorfeld besonders gefreut habe. Mit den beiden bisher erschienenen Longplayern "Abysmal Thresholds" und "Impetus Of Death" hat mich CORPSESSED voll und ganz überzeugen können, live konnte ich die Jungs allerdings bisher noch nicht erleben. Bei der Bühnenshow wird sehr viel Wert auf Theatralik gelegt, was angesichts der nicht selten von H.P. Lovecraft beeinflussten Songs absolut nicht verwunderlich ist. Ansagen gibt es keine, die Musik fungiert dafür wie ein Strudel, der den Hörer immer tiefer hineinzieht. Den Musikern auf der Bühne scheint es nicht anders zu gehen, denn auch bei denen hat man den Eindruck, als ob sie gerade in eine andere Welt abgetaucht wären. Auf Schnickschnack wird ebenfalls verzichtet, es gibt außer der Musik nur das Licht und ein wenig Nebel, mehr braucht es aber auch nicht. Mit dieser mitreißenden Show setzt CORPSESSED ein frühes Ausrufezeichen und sorgt damit für das erste Highlight des noch jungen Festivals.
Aus dem Norden Europas kehren wir nun zurück nach Deutschland. Nach Niedersachsen, um genau zu sein. Von dort aus ist DAWN OF DISEASE nach Lichtenfels gereist, um den Fans bereits jetzt einige Songs aus dem neuen Album "Procession Of Ghosts" zu präsentieren, welches im November erscheinen wird. Musikalisch geht es bei DAWN OF DISEASE eine ganze Ecke melodischer zu als zuvor bei CORPSESSED. Die Musiker sind auf der Bühne praktisch konstant am Headbangen, was bereits nach kurzer Zeit auch auf das Publikum abfärbt. Auch Frontmann Tomasz lässt während der Instrumentalpassagen immer wieder die Matte kreisen. Eine Zugabe gibt es aufgrund des straffen Zeitplans der Veranstaltung leider nicht, aber das ist bei Festivals nun mal so. Insgesamt hinterlässt DAWN OF DISEASE in Lichtenfels einen mehr als guten Eindruck, diese Band kann ich mit gutem Gewissen jedem sowohl live als auch auf Platte nur wärmstens empfehlen.
GRAVEYARD ist ein Bandname, den man häufiger antrifft und dazu noch in den verschiedensten Genres der metallischen Musik. In Lichtenfels stehen die spanischen Träger dieses Namens auf der Bühne, die das Publikum mit sattem Death Metal erfreuen. Ebenso wie CORPSESSED zählt auch GRAVEYARD zur langen Liste an Bands, die sich von den Werken von H.P. Lovecraft inspirieren lassen. Der Vergleich mit CORPSESSED ist sehr passend, denn ähnlich wie bei den Finnen wird man auch von der Musik von GRAVEYARD nach kurzer Zeit in den Bann gezogen. Allerdings gehen die Spanier etwas groove-orientierter an die Sache heran und verleugnen dabei ihre Beeinflussung durch diverse schwedische Bands zu keiner Zeit. Ein insgesamt starker Auftritt, der vom Publikum dafür mit viel Applaus bedacht wird. Ich selbst hatte die Truppe bisher auch nicht wirklich auf dem Schirm, was ich jedoch schleunigst nachholen werde, denn mich hat GRAVEYARD hier absolut überzeugt.
Jetzt folgt mit ILLDISPOSED der erste Teil des dänischen Doppelpacks. Bereits vierzehn Studioalben haben die Dänen veröffentlicht, der jüngste Spross "Reveal Your Soul For The Dead" kam erst Ende August heraus und ist somit noch brandneu. Dass Death Metal bei den WAY OF DARKNESS-Besuchern wunderbar ankommt, davon konnte man sich im Lauf des Tages schon mehrfach überzeugen, ILLDISPOSED stellt da keine Ausnahme dar. Geprügel geht halt immer. Sänger (und einziges verbliebenes Gründungsmitglied) Bo Summer kommuniziert auch sehr gerne mit dem Publikum und lässt dieses für die bisher aufgetretenen Bands, die Veranstalter des Festivals und ARTILLERY (spielt direkt im Anschluss) applaudieren. Doch auch für sich selbst und seine Bandkollegen heimst er ordentlich Applaus ein. Die ausgewogene musikalische Mischung (einige Songs kommen etwas grooviger, andere eher melodisch daher) macht aber auch jede Menge Spaß und die meisten Zuschauer oder zumindest deren Nackenmuskeln dürften die Show noch lange in Erinnerung behalten.
Mit ARTILLERY, der Legende aus Taastrup (wie es Bo Summer von ILLDISPOSED vorhin treffend formuliert hat), geht es weiter im Programm und wird damit zum zweiten und letzten Mal heute Abend thrashig. Nach dem bisher sehr Death Metal-lastigem Lineup ist etwas Thrash absolut nicht verkehrt. Die traurige Nachricht, dass der ehemalige Bandmember und Gründungsmitglied Morten Stützer gestern überraschend verstorben ist, hat die Band erst nach dem WAY OF DARKNESS veröffentlicht. Die Jungs, allen voran Bruder Michael, haben sich hier jedoch nichts anmerken lassen und die Show knallhart durchgezogen. Mein Beileid an dieser Stelle an die Band sowie die Hinterbliebenen. Auf der Bühne machen die Musiker trotz fortgeschrittenen Alters noch ordentlich Alarm und geben so manchen Kracher aus der mittlerweile (mit Unterbrechungen) fast 40-jährigen Bandgeschichte zum Besten. Angesichts der nun bekannten Umstände ziehe ich meinen Hut vor den Jungs, dass sie hier trotzdem in dieser Qualität abgeliefert haben. Das ist sicher ganz im Sinne von Morten gewesen.
Nicht jeder kann einen Brückentag nehmen und ist froh, um halb neun nach dem Check-in ins Hotel endlich in der Stadthalle zu stehen. Um dann von HATE ETERNAL fast wieder rückwärts rausgeblasen zu werden. Die Tampa-Amis starten passend mit 'Bringer Of Storms', schön brutal und ganz im Stile ihrer Nachbarn CANNIBAL CORPSE. Guter Knüppel-Death muss einfach aus Florida kommen. So unweit vom Corpsegrinder klingt Fronter Erik Rutan dann auch nicht bei seinem Grunzen und Schreien, nur holt er obendrein wie in 'Behold Judas' auch noch die schrägsten Töne aus seiner Gitarre raus. Oder ein eingängiges, fast zwei Minuten andauerndes Solo wie in 'All Hope Destroyed'. Der Schlagzeuger gibt derweil einen herrlich technischen Knüppeltakt für den Circle Pit vor. Vom Können her braucht sich das Trio jedenfalls nicht hinter der übermächtigen Nachbarschaft zu verstecken und haut mit dem teils vertrackten Brecher 'I, Monarch' seinen letzten Song des Abends raus. Genau so habe ich mir meinen Einstand auf diesem Festival vorgestellt!
Nun wird’s düster mit DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT: Mit stets dunkelrotem Licht, reichlich Nebel und Blut spuckend eröffnen die Dormagener mit dem aktuellen 'Mardom - Echo Zmory'. Sängerin und Gitarristin Onielar keift anfangs gespenstisch mit weißem Gebemsel auf dem Kopf, das sie aber schon bald vor der altarartigen Bühnendeko inklusive Rinderschädeln und großem Pentagramm ablegt und die blonde Mähne zum Vorschein kommen lässt. Daneben geizt der Oberkörperfreie Gitarrist Velnias nicht mit Killernieten, während der neue Basser René dem Publikum seine mit Lederweste dekorierte Plauze entgegenstreckt. Der Sound knallt nicht nur bei pechschwarzen Blastattacken ordentlich, sondern auch beim langsameren 'A Beseechment Twofold'. Nur eines stört ein wenig, zumindest mich persönlich: Onielars extremes Geschreie klingt bisweilen ohne Witz wie das Kikeriki eines Hahns. Da könnte man bei einem Titel tatsächlich versehentlich "Beneath The Huuuhn" statt "Moon" verstehen. Dann lieber gleich Dani Filth mit seinen extrem hohen Lauten, auch wenn die Fans das sicherlich anders sehen. Die feiern die Band nämlich ziemlich ab und bekommen zur Belohnung als letzten Song standesgemäß 'Nocturnal March' serviert. Und letztlich ist es trotz geteilter Meinung über den "Gesang" eine echt ordentliche Show.
Kontrastprogramm: Zwar immer noch Geknüppel, aber nun statt Schwarzmetall in der technischen Todesvariante. Die Hobby-Ägyptologen NILE brettern mit 'Sacrifice Unto Sebek' amtlich los, sogleich zahlen sich 26 eingespielte Jahre Banderfahrung aus. Der jahrelange Frontgrunzer Dallas Toler-Wade ist mittlerweile zwar nicht mehr dabei, dafür haut inzwischen Brian Kingsland in die zweite Gitarre, während Basser Brad Parris adäquat den Platz in der Mitte der Bühne einnimmt. Wie gut das funktioniert, zeigt sich allein schon dann, wenn Brad mit Bandkopf Karl Sanders gemeinsam um die Wette post und beide sich anschließend grinsend die Ghettofaust geben, während der Song noch läuft. Überhaupt ist es eine Augenweide, der dreiköpfigen Saitenfraktion beim abwechselnden Grunzen und Frickeln zuzusehen, während Schlagzeuger George Kollias hinter seiner Schießbude trotz nacktem Oberkörper ins Schwitzen kommt. Zudem neigt sich die Europatour der vier Amis dem Ende entgegen, da kann man schon mal für den Abschluss am selbigen Wochenende üben. Zu so einem Anlass denkt sich schließlich jede Band standardgemäß immer gerne etwas aus: So darf dieses Mal die gesamt Crew beim letzten Song 'Black Seeds Of Vengeance' mit auf die Bühne und ein Heidenspektakel anrichten, gemeinsam eifrig moshen, ins Mikrofon mitgrölen und die Anhänger anfeuern. Die spenden großen Applaus und scheinen sichtlich ebenso viel Spaß zu haben wie die breit grinsende Bandmitglieder selbst. Klasse Abschluss des ersten Festivaltages!
[Carsten Praeg]
Setliste: Sacrifice Unto Sebek; Kafir!; Call To Destruction; Long Shadows Of Dread; In The Name Of Amun; The Fiends Who Come To Steal The Magick Of The Deceased; Vile Nilotic Rites; Snake Pit Mating Frenzy; The Howling Of The Jinn; Sarcophagus / 4th Arra Of Dagon; Black Seeds Of Vengeance
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- Redakteur:
- Carsten Praeg