With Full Force 2001 - Roitzschjora

06.07.2001 | 09:33

22.06.2001, Flughafen

[Knüppelnacht... HYPNOS]
Tja, die Tschechen fielen leider der MOTÖRHEAD´schen Verspätung zum Opfer. Sie haben zwar gespielt, aber keiner der anwesenden Redakteure hätte sie Lemmy & Co. vorgezogen. Ist doch auch verständlich, oder?

[Knüppelnacht... SIX FEET UNDER]
Nachdem HYPNOS schon ordentlich für Stimmung gesorgt hatten, stand das Zelt nun geschlossen Kopf: Es war Zeit für SIX FEET UNDER, die Death-Metal-Dampfwalze aus "Tampa fuckin' Florida, Bitch!" (O-Ton Chris Barnes). Mit "Victim Of The Paranoid" erwischte man einen Einstand nach Maß, und ich hatte große Mühe, meinen Panoramaplatz in der ersten Reihe zu behalten - aber was tut man nicht alles für die Leser (Jede Menge Bier trinken? *g* - Rainer), und so wurde auch bei "No Warning Shot" und ganz besonders bei "Feasting On The Blood Of The Insane" ordentlich gemosht. Leider gab's keine Classix der Marke "Beneath A Black Sky" oder "Human Target", dafür stellte Chris aber zwei neue Songs vom Anfang August erscheinenden Album "True Carnage" vor, wovon sich insbesondere "Impulse To Disembowel" als echter Killer entpuppte - mehr davon! Leider war nach knapp vierzig Minuten und "Revenge Of The Zombie" schon Schluss, aber so kompakt und zielsicher tötend habe ich SFU noch nicht live erlebt - und alles hat gepasst: Genialer Sound, schnelle Songs, Chris Barnes in bester Klospülungsstimmlage und eine Stimmung, die recht deutlich klarmachte, wer neben NAPALM DEATH der eigentliche Headliner der Knüppelnacht war. Klasse!!
[Rouven]

Leidtragende der MOTÖRHEAD-Verzögerung waren neben HYPNOS (Drum haben wir ja auch keinen Bericht von denen *g* - Rainer) die Herren von SIX FEET UNDER. Auch ich habe die Hälfte des Sets verpasst, obwohl ich so schnell wie möglich nach "Overkill" rübergestürmt bin. Onkel Chris möge mir das nochmal verzeihen, aber da spielte ja auch nicht irgendeine Kapelle auf der Hauptbühne. Aber ápropos Chris, der Gute sollte sich wirklich mal rasieren, sonst sieht der bald noch wie ein Abbild von ROB ZOMBIE aus (naja, im Grunde genommen sehen die beiden ja eh wie Zwillinge aus). Aber SFU hatten mit neuen Songs der Scheibe "True Carnage" (Release-Datum: bald) glücklicherweise auf die später Hinzugekommenen gewartet - "Impulse To Disembowel" und "The Murderers" gab's als Probehäppchen, und diese Beiden gingen wirklich sehr geschmeidig ins Ohr. Und was noch auffiel - in den 20 Minuten, die ich Barnie und Anhang beigewohnt habe, spielten sie kein Cover von der "Graveyard Classics". Und wie mir mein Zeltnachbar Bernd "Metalsau" W. versicherte, wurde zumindest "T.N.T." gar nicht auf die Meute losgelassen (jaja, jeder der Wert drauflegt, wird mal bei powermetal.de erwähnt, ich bin ja gar nicht so!). Trotz der guten Show von SIX FEET UNDER schienen die Leute ein wenig erschöpft zu sein - von MOTÖRHEAD oder sonstigen Aktivitäten - die Stimmung wäre jedenfalls noch ausbaufähig gewesen.
[Stephan]

[Knüppelnacht... VADER]
Eigentlich konnten VADER nur in Puncto Geschwindigkeit gegen SIX FEET UNDER gewinnen, und Drummer Doc machte schon beim Soundcheck klar, wer mit zur Rige der schnellsten Death Metals-Drummer gehört.
So sehr ich mich auch immer wieder auf VADER-Gigs freue, so groß ist die Ernüchterung am Ende dann doch: denn hat man die Polen ein Mal live gesehen, hat man sie immer gesehen. Mauser lässt sich und die Band feiern, den nächsten Song gibt's meistens nur nach ?Vader, Vader"-Sprechchören, und Ansagen existieren so gut wie gar nicht. Dafür bekommt der geneigte Fan richtig gutes, schnelles und technisch perfektes Todesblei geboten, bei dem mir persönlich einfach zu wenig Spielfreude vorhanden ist. VADER waren mit Abstand die statischste Band der gesamten Knüppelnacht. Die Jungs bangen zwar viel, verziehen aber sonst keine Mine. An der Songauswahl gab's natürlich nichts auszusetzen (wie immer - die Highlights von ?De Profundis" bis ?Litany"), aber ich wünschte mir einfach mal einen Gig von VADER, wie ihn NAPALM DEATH oder ZYKLON in dieser Nacht boten - die waren nämlich an Spielfreude von nichts und niemandem zu überbieten.
[Rouven]

"Guten Abend, Deutschland, it's time to die!". So wurde man von Sänger/Brüller Peter begrüßt, um einmal mehr VADERs furiosem Death Metal beiwohnen zu dürfen. Die Truppe scheint ja ständig bei uns (und anderswo) auf Achse zu sein, aber eine Übersättigung tritt bei den Polen trotzdem nicht ein. (So? Die kann man doch alle zwei Wochen in irgendeinem Jugendzentrum sehen... irgendwann werden sie sogar bei der Einweihung öffentlicher Bedürfnisanstalten spielen *nerv* - Rainer)
Drummer Doc prügelte mit Hochgeschwindigkeitspräzision seinen typischen Maschinengewehr-Sound aus den Drums. Und auch die anderen Bandmitglieder gaben ordentlich Gas. Ob die ausgiebigst zum Zuge kommende "Litany"-Scheibe oder alte Sachen wie "Reborn In Flames" - ausschließlich Killersongs wurden intoniert und so rollte eine Dampfwalze über Roitzschjora (juhu - ich habe das Wort soeben eingehämmert, ohne mich auch nur einmal zu vertippen - krieg ich jetzt 'nen Roitzschjora-Richtigschreiber-Gedächtnis-Orden???). Nur Peter schien ein wenig vergeßlich und schwerhörig zu sein, auf einmal hatte er den Bandnamen vergessen (VADER!!!!!) und als man ihn dann lautstark erinnerte, verstand er es nicht einmal. Sprich: Die Band ließ sich ein bisschen zu sehr feiern. Allerdings sind sie mit ihrem klasse Ultrabrutal-Soundtrack auch durchaus in einer Position, wo man sich das erlauben kann.
[Stephan]

[Knüppelnacht... ZYKLON]
Das norwegische Allstar Projekt um Samoth (EMPEROR) marschierte stilecht in dichte Nebelschaden gehüllt auf die Bühne, um den Fans nach SIX FEET UNDER und VADER die nächste Dröhnung zu verpassen. Und auch wenn Sänger Daemon (LIMBONIC ART) ZYKLON als Death Metal bezeichnete, war es doch verdammt guter Black Metal (o.k. mit einigen deathigen Einflüssen), der den Fans ordentlich einheizte. Die Band wirkte insgesamt etwas statisch, das wurde aber durch die beeindruckende Präsenz von Daemon und die gute spielerische Leistung der restlichen Musiker locker wieder wettgemacht. In den schnellen Passagen klangen ZYKLON aufgrund des Sounds zwar etwas matschig, dafür killten die Midtempo-Passagen umso mehr. Und als sich Daemon für den letzten Song ein Megaphon schnappte und durch dieses kreischte, klang das zwar seltsam und abgefahren, aber auch sehr geil. Ein äußerst gelungener Auftritt, der von ZYKLON noch einiges erwarten läßt.
[Herbert]

Es ist schon eine Kunst für sich, nach VADER auf die Bühne zu stiefeln und die Band dann geschwindigkeitsmässig locker zu überbieten. Das lag vor allem am wie entfesselt trommelnden EMPEROR-Drummer Trym, der zusammen mit seinen prominenten Mitstreitern einen wahren ZYKLON entfesselte.
Die Norweger konzentrieren sich sinnigerweise auf das Material ihres kürzlich erschienenen, vorzüglichen "World Ov Worms"-Werkes und kamen dabei live ein Stückchen Death Metal-lastiger daher als auf Konserve, ohne allerdings die Nähe zu EMPEROR und MYRKSKOG auch nur ansatzweise verleugnen zu können.
Zwar agierten die Herren Musikanten recht hölzern -angesichts der Kompliziertheit des Materials durchaus verständlich- dafür entpuppte sich LIMBONIC ART-Shouter Daemon trotz mangelnder Live-Erfahrung als souveräner Frontmann im Stile eines Legion (MARDUK).
Störend lediglich der brutal laute Sound, ansonsten eine beeindruckende Darbietung von ZYKLON, die definitiv Lust auf mehr gemacht hat.
[Rainer]

[Knüppelnacht... NAPALM DEATH]
Wir fassen zusammen: HYPNOS, SIX FEET UNDER, VADER und ZYKLON. Danach auf die Bühne zu müssen, das hätte die meisten Bands ziemlich arm aussehen lassen.
Die meisten, nicht aber NAPALM DEATH! Barney & Co. präsentierten sich trotz der unchristlichen Uhrzeit (mittlerweile wurde es draussen wieder hell...) in bestechender Form und proftierten -so seltsam es auch klingen mag- vom Ausfall ihres Gitarristen Mitch Harris.
Wie Kollege Rouven so treffend bemerkt, überspielte die Birmingham Connection das sich daraus ergebende Soundloch mit einem nahezu ausschließlich auf Highspeed Material aufgebauten Set. Drei Stücke von der nach wie vor aktuellen "Enemy Of The Music Business"-Scheibe ("Taste The Poison", "Next On The List", Volume Of Neglect"), ansonsten ballerte die Truppe aus allen Rohren: "Suffer The Children", "The World Keeps Turning", das RAW POWER-Cover "Politicians", "Scum", "The Kill", "Deceiver", "You Suffer"; muß ich mehr sagen? Dazu eine souveräne, gewohnt bewegungsfreudige Band, der in der ihm eigenen Tanzbär-Manier herum wuselnde, kraftvoll röhrende Sympathieweltmeister Barney und ein Danny Herrera, der auf seinem Schlagzeug sämtliche Geschwindigkeitsrekorde pulverisierte.
SO habe ich diesen Mann noch nie trommeln sehen, so stark habe ich auch NAPALM DEATH noch nie erlebt. Ein höchst beeindruckender und zudem mit einem Tentstage-typisch exzellenten Sound veredelter Auftritt, der mit dem DEAD KENNEDYS-Cover "Nazi Punks Fuck Off" und dem unvermeidlichen "Siege Of Power" sein bravouröses Ende fand.
Neben der nicht in Worte zu fassenden Darbietung von DEVIN TOWNSEND die für meine Begriffe imposanteste Show des ganzen Festivals.
[Rainer]

Hell Yeah! Hatten ZYKLON mich schon mehr als positiv überrascht, so dachte ich nicht, dass es NAPALM DEATH schaffen, diesen Gig in Sachen Geschwindigkeit, Präzision, Stimmung und Stageacting zu überbieten. Aber ND sind eben nicht umsonst ganz alte Hasen im Knüppelbusiness, und auch zu viert schafften sie es mehr als locker, die anderen Knüppelnacht-Teilnehmer an die Wand zu spielen. Für andere Bands hätte die Tatsache, dass man lediglich mit einem Gitarrero auf der Bühne steht vielleicht bedeutet, dass man an spielerischer Substanz einbüßt, aber für die Jungs aus Birmingham schien das nur zu heissen, dass man jetzt noch schneller spielen konnte - unbelievable. Alleine schon die Leistung eines Danny Herrera am Schlagzeug war der schiere Wahnsinn, denn er schaffte es nicht nur, Doc und Trym geschwindigkeitstechnisch zu überholen (und das sind ja beides nicht gerade langsame Vertreter ihrer Zunft...), nein, er spielte die ganzen Blastparts auch noch dermaßen variabel, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Die Saitenfraktion steuerte ihr übriges bei, wobei besonders Shane Embury (b.) durch die flinke Bewegung seiner doch recht beachtlichen Masse auffiel. Last but not least, der wohl sympathischste und bodenständigste Mensch im extremen Metal-Bereich - Barney Greenway. Was der auf dieser winzigen Bühne an Kilometern abspulte, war der Hammer. Dazu noch abgedrehtes Gekeife und Gegrunze, und die aufregendste Bühnenshow seit SHELTER war perfekt.
Mit ?Taste The Poison", ?Next On The List" und ?Volume Of Neglect" gab's lediglich drei neue Songs - ansonsten beschränkte man sich auf die alten Grindcore-Nummern wie z.B. ?Scum" aus den Anfangstagen. In den gut vierzig Minuten des Auftritts spulte der Vierer ganze sechzehn Songs ab, das macht, minus Ansagen, in Etwa eine Spielzeit von durchschnittlich zwei Minuten pro Song - noch Fragen?
Als es draussen schon längst wieder hell wurde (Barney kommentierte das - auf deutsch! - mit ?Die Sonne scheint...nicht."), gab's noch das ultimative Doppelpack, bestehend aus dem DEAD KENNEDYS-Cover ?Nazi Punks Fuck Off" (was an diesem Ort sehr passend war...) sowie einer endgeilen Version von ?Siege Of Power" - Danke, danke, danke für diesen arschgeilen Auftritt!
[Rouven]

[Knüppelnacht... BELPHEGOR]
Nach einem elend langen Eröffnungstag -alle Jahre wieder, kann man da nur sagen *g*- hatten BELPHEGOR die Ehre, zum Dämmerschoppen aufzuspielen. Oder, um es zu präzisieren, zum "Hey, es ist ja schon wieder richtig hell draussen"-Schoppen. Offensichtlich hatten die Österreicher sich die Wartezeit bis fünf Uhr morgens (!) mit dem Konsum diverser Alkoholika versüsst, denn so ganz sauber kam ihr Sound nicht daher. Schade eigentlich, denn nach der großartigen "Necrodaemon Terrorsathan"-Scheibe hätte ich persönlich mir etwas mehr erwartet.
Dennoch, die vielleicht dreihundert noch übrig gebliebenen Gestalten hatten ihren Spaß an den Bemühungen der Salzburger. Zum Einen, weil Granaten vom "N.T."-Album wie "Vomit Upon The Cross", "Lust Perishes In A Thirst For Blood" oder der Titelsong auch mit diversen Spielfehlern noch recht gut kommen, zum Anderen aufgrund der launigen Ansagen von Frontmann Helmuth, der auch den einen oder anderen Bekannten in der menge entdeckte hatte.
Schade nur, daß der neue Schlagwerker das Tempo der angesprochenen Nummern nicht recht halten konnte, dafür intonierte er zumindest "Blackest Extasy" (vom "Blutsabbath"-Zwetwerk) und das abschließende "March Of The Dead" (vom "The Last Supper"-Debüt) recht ordentlich. Meine Wenigkeit war trotzdem ein klein wenig enttäuscht, hatte ich mir doch ziemlich viel von den Öschis erwartet; allerdings kann man das auch der unchristlichen Uhrzeit und meiner nach 13 Stunden Musik stark reduzierten Beigeisterungsfähigkeit zuschreiben.
Nach 25 Minuten wurde dem Quartett letztlich der Saft abgedreht und der Spuk des alljährlichen Freitagsmarathons hatte endlich, endlich, endlich ein Ende. Während ringsherum bereits die Ersten ihren Frühstückskaffee kochten, wankten einige hundert ziemlich erledigte Gestalten zu ihren Zelten. Knüppelnacht rules, kann man da nur noch konstatieren.
[Rainer]

Bleibt noch kurz zu resümieren, daß die Knüppelnacht auch dieses Jahr zu einem der absoluten Highlights des WFF avancierte, ein qualitativ hochwertiges und stililstisch sehr abwechslungsreiches Billing bot, mit dem zelttypisch fabelhaften Sound aufwartete und sehr gut besucht war.
Allerdings, darauf sei an dieser Stelle verwiesen, das Sahne-Billing des letzten Jahres (mit DARK FUNERAl, ASPHYX, MARDUK, KRISIUN und GORGOROTH) war unterm Strich dennoch einen Tick stärker.

Redakteur:
Rainer Raithel

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