Nach weiteren Kommentaren prominenter Metalmusiker bittet Phil Anselmo nun doch um Entschuldigung

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Nachdem Phil Anselmos Hitlergruß und "White Power"-Ruf auf dem "Dimebash 2016" zunächst vom anwesenden Publikum inklusive Presse und Mitmusiker kommentarlos hingenommen wurde, erschien in der darauffolgenden Woche Videomaterial dieser Aktion auf YouTube.
Die erste medienwirksame Reaktion darauf mit gewisser Reichweite auch in den sozialen Medien war ein Artikel unseres Kollegen Axl Rosenberg bei Metalsucks.net, in dem das langjährige Schweigen der Metalszene bei vergleichbaren Vorfällen kritisiert wurde.
Kurze Zeit später meldete sich MACHINE HEAD-Frontmann Robb Flynn auf YouTube zu Wort, der ebenfalls beim "Dimebash" aufgetreten war. Unter anderem mit Bezugnahme auf Rosenbergs Artikel prangerte auch er das Schweigen der Szene im unmittelbaren Nachgang zum "Dimebash" an, äußerte sich selbstkritisch zu seinem eigenen anfänglichen Schweigen diesbezüglich und sparte nicht mit Lob für den in seinen Augen mutigen YouTuber Chris R, der sich wütenden Kommentaren zahlreicher Anselmo-Fans sowie rassistischen Beschimpfungen sowohl aus der internationalen Metal-Fanszene als auch von rechtsextremen Verschwörungstheoretikern ausgesetzt hat, die auf seine Veröffentlichung des Hitlergrußvideos tatsächlich prompt folgten. Flynn distanzierte sich desweiteren wortreich von einer Metalszene, deren vorherrschendes Klima die Kritiker unterdrücke, und die zu feige sei, gegebenenfalls auch ihren Idolen notwendigerweise die Leviten zu lesen. Anselmo sei hier klar zu weit gegangen.
Zu den frühen Kritikern zählten auch die erklärten PANTERA-Fans von ALL SHALL PERISH. Die Band veröffentlichte als erste Künstlerformation ein geschlossenes Statement, das sich nicht im vagen Szenebezug verlor oder über mögliche Gründe spekulierte, sondern direkt auf die Vorfälle und deren Apologeten einging und solchem Verhalten eine klar begründete Absage erteilte.
Phil Anselmo kommentierte die Rassismusvorwürfe zu diesem Zeitpunkt noch mit einem kurzen YouTube-Kommentar des Wortlauts: "Einige von Euch brauchen eine Hautverdickung. [...] Keine Entschuldigungen von mir."
Erst nachdem die Videoaufnahmen vom "Dimebash" sowie die Anti-Schweige-Erklärungen von Metalsucksund Robb Flynn im Internet über diverse Newsticker & Social Media-Kanäle weitere Verbreitung erfuhren, begannen sich weitere Musiker zu den Vorfällen zu äußern.
Offenbar brauchte es neben anhaltender Berichterstattung in den Metalgazetten & Onlinefanzines dieser Welt auch erst noch die Kommentare weiterer Metalmusiker wie Mike Schleibaum von DARKEST HOUR ("Robb ist sowohl brutal ehrlich als auch völlig auf den Punkt in diesem Video. [...] PANTERA bedeutete mir viel, Musik bedeutet mir viel, und Heavy Metal ist mein Leben. Also ist das gewissermaßen in meinem Hinterhof. Ich habe nichts hinzuzufügen und den Gefühlen Robbs und der Band bloß ein Echo zu geben"),Sebastian Bach, dessen damalige Band SKID ROW einst PANTERA als Vorgruppe eine Plattform bot ("Rock sollte Spaß sein. Musik in Hass pervertieren? KEIN Spaß. Leute, die "White Power" sagen, sind FOTZEN. Ebenso die, die zustimmen. Oder dazu schweigen"), Keith Buckley von EVERYTIME I DIE ("Habe in letzter Zeit viele Kindheitshelden in der Musikwelt verloren, von denen Phil Anselmo der jüngste Fall ist"), Jesse Leach, der seinen Kommentar "An jene, die nach meinen Gedanken zu Phil Anselmos Ausbruch fragen... Ich werde meine Musik für mich sprechen lassen" mit einem Verweis auf den KILLSWITCH ENGAGED-Song 'Hatred By Design' schmückte (worin es unter anderem heißt: "Suche danach, etwas Verständnis zu finden. Definiere dein Leben neu!"), damit Anselmo noch einmal in sich ging und nun schließlich DOCH um Entschuldigung und eine WEITERE Chance bat:
Auf seiner Website findet sich nun ein Link auf ein selbsterstelltes YouTube-Video, in dem er sich wie folgt äußert: "Philip H. Anselmo hier, und im wesentlichen bin ich hier, um auf die Hitze zu antworten, die mir momentan entgegenschlägt, und die ich vollumfänglich verdiene. Ich war beim Dimebash, und es war extrem spät in der Nacht. Es gab schwergewichtige Gespräche zwischen mir und denen, die Dime lieben. Schwere Gefühle waren in Wallung, hinter der Bühne wurden Witze gemacht, das schlug auf die Bühne durch, und es war hässlich, es war unangemessen, und jeder, der mich kennt und meine wahre Natur, weiß, dass ich an nichts davon glaube, nicht Teil irgendeiner Gruppierung sein will. Ich bin ein Individuum, und tausendprozentig entschuldigend gegenüber allen, die sich an dem gestoßen haben, was ich gesagt habe. Man sollte sich wirklich daran stoßen, was ich gesagt habe. Und es tut mir leid. Und ich hoffe, oh Mann, gebt mir einfach noch eine Chance. Gebt mir einfach noch eine Chance. Ich liebe euch alle, und jeder, der mich getroffen hat, oder der mich kennt, weiß, dass ich euch alle liebe. Seid gesegnet."
Derweil häufen sich Kommentare, welche die Ehrlichkeit einer solchen Erklärung anzweifeln, die übrigens mit keinem Wort auf seine erste, störrische Reaktion ("Keine Entschuldigungen") eingeht, die Anselmo als Kommentar unter das Beweisvideo auf YouTube gepostet hatte und mittlerweile sogar stillschweigend gelöscht hat...
Auch frühere Vorfälle, sowohl hinlänglich dokumentierte als auch der breiten Öffentlichkeit bislang unbekanntere, in denen Anselmo bereits früher die Nähe zur "White Pride"- und "White Power"-Szene gesucht hat, werden im Internet - teils äußerst erhitzt - diskutiert.
Es bleibt abzuwarten, ob darüber abermals der Mantel des Schweigens fallen, oder ob Anselmo (ob mit oder ohne weitere Anregung von Musikerkollegen) zu den näheren Hinter- und Beweg-Gründen seiner wiederholten Äußerungen noch einmal Stellung nehmen wird. Zumindest Jamey Jasta (HATEBREED) beteuerte auch nach Anselmos zweitem Erklärungsansatz der jüngsten Vorfälle noch einmal: "Ja, Robb hat recht."
- Quelle:
- Phil Anselmo, Chris R, Axl Rosenberg, Metalsucks.net, Robb Flynn, Chris R, Mike Schleibaum, Sebastian Bach, Keith Buckley, Jesse Leach, Jamey Jasta
- Redakteur:
- Eike Schmitz
- Tags:
- phil anselmo robb flynn sebastian bach keith buckley jesse leach jamey jasta
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