SYLVAN - Posthumous Silence - The Show (DVD)
Mehr über Sylvan
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Progrock Records/SPV
- Release:
- 11.07.2008
- Eternity Ends
- Bequest Of Tears
- In Chains
- Bitter Symphony
- Pane Of Truth
- No Earthly Reason
- Forgotten Virtue
- The Colours Changed
- A Sad Symphony
- Questions
- Answers To Life
- Message From The Past
- The Last Embrace
- A Kind Of Eden
- Posthumous Silence
Ich hatte bisher erst ein einziges Mal die Gelegenheit, SYLVAN live zu sehen, nämlich vor einem guten Jahr zusammen mit nur ca. 50 weiteren Gästen im kleinen, aber feinen Logo in Hamburg. Und auch wenn es am musikalischen Können der meiner Meinung nach völlig unterschätzten Progressive Rock Band (vor allem wenn man deren immer noch sehr bescheidenen kommerziellen Erfolg als Maßstab nimmt) nichts zu kritisieren gab - als mitreißender Live-Act sind mir die Hanseaten nicht unbedingt in Erinnerung geblieben.
Nur fünf Monate später luden die Proggies erneut zum Heimspiel, dieses Mal im Kulturzentrum Kampnagel, ein, um ihr gefeiertes Konzeptalbum "Posthumous Silence" für die erste Live-DVD der inzwischen 10-jährigen Bandgeschichte mitzuschneiden. Vor Ort dabei sein konnte ich leider nicht, doch "Posthumous Silence - The Show" bringt diesen prächtigen Event ein Dreivierteljahr später in mein heimisches Wohnzimmer und - soviel sei vorweg genommen - übertrifft den Logo-Auftritt um gefühlte tausend Prozent!
Ein Konzeptalbum schreit ja förmlich nach einem außergewöhnlichen Umsetzung, doch die Do-it-yourself-Perfektionisten SYLVAN haben sich hier wirklich selbst übertroffen. Nichts bleibt Kollege Zufall überlassen, alles - von der Kameraführung über die Lichteffekte bis hin zu den kurzen Filmsequenzen, die es im Hintergrund zu sehen gibt - ist genau durchdacht. Und nimmt man noch die Tatsache hinzu, dass der Zuschauer sich die Texte wahlweise auf Englisch oder in der deutschen Übersetzung als Untertitel dazuschalten kann, so kommt einem "Posthumous Silence - The Show" fast wie ein richtiger Spielfilm vor.
Dieser Spielfilm-Effekt verdeutlich sich bereits beim Intro 'Eternity Ends', in dem die Namen der Haupt- und Nebendarsteller wie in einem Vorspann eingeblendet werden. Auf einem weißen Vorhang vor der Bühne wird ein beklemmendes Video eingespielt, bis einzelne Scheinwerfer-Spots zu 'Bequest Of Tears' nacheinander Keyboarder Volker Söhl, Sänger Marco Glühmann und Gast-Cellistin Stefanie Richter schemenhaft durch das weiße Tuch erahnen lassen. Erst zu 'In Chains' fällt der Vorhang und gibt den Blick auf die neben Bassist Sebastian Harnack, Schlagzeuger Matthias Harder und dem bereits auf der letzten Tour angeheuerten Gitarristen Guido Bungenstock außerdem um einen weiteren Gitarristen (Jan Petersen, der heute übrigens seine Live-Feuertaufe hat und inzwischen festes Mitglied geworden ist) sowie drei Background-Sängerinnen verstärkte Truppe frei. Von der anlässlich des Logo-Gigs von mir kritisierten Hüftsteifheit ist keine Spur mehr, SYLVAN rocken das Haus und haben sichtlich Spaß dabei! Und der Zuschauer fühlt sich dank der sehr abwechslungsreichen, von 10 (!) Geräten eingefangenen Kameraführung, die liebevoll dokumentierte Details einfängt und geschickte Überleitungen von Großaufnahmen zu Gruppenbildern oder Publikums-Reaktionen zaubert, live dabei und mittendrin.
Überhaupt bekommt das Auge mächtig was geboten. Neben den immer wiederkehrenden, die Handlung des Konzept-Albums untermalenden Video-Einspielungen kann vor allem die Lichtshow voll und ganz überzeugen. Die Farben werden hier passend zur jeweiligen Stimmung des Songs eingesetzt, bei 'In Chains' reichen sie z. B. vom melancholischen, die ganze Bühne einhüllenden Blau in den ruhigen Momenten über warmes Gelb im Refrain bis hin zu dynamisch-flackernden weißen Scheinwerferinferno in den rasanten Instrumentalteilen. Bei den kurzen Zwischenstücken des Albums, in denen gemäß der Handlung der Vater über die soeben gelesenen Passagen im Tagebuch seiner Tochter nachdenkt, herrschen einzelne, über den Musikern aufleuchtende Spots vor, während sich zu 'The Colours Changed' ein wahrer Farbenrausch über der Bühne ergießt, der durch die von den Fans im Publikum geschwenkten bunten Leuchtstäben quasi reflektiert wird. Ganz groß!
Und die Songs des eigentlich für den Kopfhörer-Genuss konzipierten Konzept-Werks sind auch live wunderbar. Neben der zweifellos brillanten instrumentalen Umsetzung liegt dies vor allem an der leidenschaftlichen Performance von Marco Glühmann, der sich förmlich in den Texten zu verlieren scheint. Gesang, Gestik und Mimik, hier passt einfach alles, so dass das emotionale 'Pane Of Truth', das dramatische 'Forgotten Virtue', das traurige 'The Colours Changed', das berührende Duo 'Questions'/'Answers To Life', das wütende 'The Last Embrace', das in hoffnungsvolles grünes Licht eingetauchte 'A Kind Of Eden' sowie das finale, auch in Sachen Lichtshow alle Register ziehende 'Posthumous Silence' ein ums andere Mal wahlweise Gänsehaut, Schmetterlinge im Bauch oder Tränen in den Augen hervorrufen. Und wer beim Abmarsch der Band den Blick ins Publikum schweifen lässt, sieht, dass es den Anwesenden ganz ähnlich gegangen sein muss.
Neben dieser rundherum tollen Show fährt die in Stereo 2.0 und Dolby Digigal 5.1-Mischung veredelte DVD noch mit fetten Bonus-Material auf:
- Making of: "In The Studio 2005 - 2006" (also der Zeitraum, in dem "Posthumous Silence" und "Presets" entstanden sind)
- Making of: "34 Days" (so lange hat die Vorbereitung der Show gedauert)
- Time Lapse of the Production (Bühnenauf- und -abbau im 95-Sekunden-Schnelldurchlauf)
- Deutsche Textübersetzung von "Posthumous Silence" (die man wie bereits erwähnt alternativ zu der englischen Originalfassung als Untertitel einblenden kann)
- eine unterhaltsame Audiokommentarspur zur kompletten Show
- ausführliche Interviews mit Marco Glühmann, Matthias Harder, Sebastian Harnack sowie den Licht- und Tontechnikern der Show
- Outtakes (aus den Interviews - recht amüsant)
- Slideshow
sowie als Bonus-Song das knapp 19-minütige 'Artificial Paradise' vom gleichnamigen Album. Denn mit den letzten Tönen von "Posthumous Silence" war der Auftritt noch lange nicht zu Ende. Wer jedoch das komplette Konzert hören möchte, sollte in die parallel erscheinende Doppel-Live-CD investieren, die es auf satte 160 Minuten Spielzeit bringt und neben dem Konzeptalbum noch weitere Höhepunkte aus zehn Jahren SYLVAN beinhaltet.
Ein absoluter Pflichtkauf für SYLVAN-Fans und solche, die es noch werden wollen!
- Redakteur:
- Elke Huber