SYLVAN - Posthumous Silence
Mehr über Sylvan
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Point Music Distribution
- Release:
- 18.04.2006
- Eternity Ends
- Bequest Of Tears
- In Chains
- Bitter Symphony
- Pane Of Truth
- No Earthly Reason
- Forgotten Virtue
- The Colors Changed
- A Sad Sympathy
- Questions
- Answer To Life
- Message From The Past
- The Last Embrace
- A Kind Of Eden
- Posthumous Silence
Es gibt eine Seuche, die vor allem das Progressive-Genre zu befallen scheint, denn irgendwann glaubt so gut wie jede Prog-/Artrock Band, ein Konzeptalbum schreiben zu müssen, um der Welt zu beweisen, dass sie es nicht nur musikalisch voll drauf haben, sondern auch total geniale Lyriker sind. Einmal geschehen, wird das ganze natürlich als riesige Sensation angekündigt: "SYLVAN präsentieren ihr lang erwartetes erstes Konzeptalbum!" Vor allem das Wort "erstes" beinhaltet die Option, vielleicht 18 Jahre später den Nachfolger nachzuschieben, auf den niemand gewartet hat ... Versteht mich nicht falsch - es gibt wirklich gute Konzeptalben mit tollen Stories, aber es gibt eben auch mindestens genauso viele, die ziemlich überflüssig sind. Und eigentlich ist es mir völlig Banane, ob die Texte inhaltlich zusammen hängen oder nicht, so lange die Musik in Ordnung geht. Eigentlich ... Denn "Posthumous Silence" erschließt sich tatsächlich mit der Storyline vor der Nase um eine ganze Ecke besser.
Die Hamburger Formation vertont in satten 70 Minuten eine Art Vater-Tochter-Drama, verpackt in ein Endzeit-Szenario, und die tragische Geschichte wirkt sich entsprechend auf die Musik aus. Bereits das Intro ist sehr düster-dramatisch, mit Orchesterelementen, Chor-Gesang, Donnerhall und einem Nachrichten-Sprecher aus dem Off. Klavier und Streicher spielen auch in den folgenden Stücken immer wieder eine Rolle, wenn es der Stimmung dienlich ist. Denn Stimmung wird auf "Posthumous Silence" ganz groß geschrieben. Die Trauer des Vaters, vertont in 'Bequest Of Tears', wenn er das Tagebuch seiner verstorbenen Tochter öffnet. Die enttäuschten Hoffungen, aber auch die Träume von Violet, der Tochter, die sie niedergeschrieben hat ('In Chains'). All dies und noch viel mehr wird bewegend geschildert und passend vertont, durch Variationen im Härtegrad, aber auch durch die einfühlsame Stimme von SYLVAN-Fronter Marco Glühmann, der mich übrigens immer schon ein wenig an Midge Ure (ULTRAVOX) erinnert hat. Und natürlich gibt es sie auch hier, diese eingängig-schwebenden Gesangsharmonien, die bereits den vergangenen Werken einen angenehmen Pop-Appeal verliehen haben ('Pane Of Truth' oder das zu Tränen rührende 'The Colors Changed'). Gleichzeitig ist das verstörende 'Forgotten Virtue' das bislang am schwersten zu konsumierende (zumindest mir bekannte), da sehr komplexe Werk des technisch ohne Frage sehr versierten Fünfers. Die Stücke 'Questions' (bis auf den etwas arg keyboardlastigen Instrumentalzwischenteil) und 'Answers To Live' bilden ein zutiefst berührendes Duo (wie überhaupt alle Stücke ineinander fließen), in dem man sich förmlich verlieren kann - vor allem der Refrain von 'Anwers ...' ist zum Sterben schön! 'The Last Embrace' fügt durch seine exzellent rübergebrachte Wut eine weitere emotionale Facette hinzu - wer die Art, wie Daniel Gildenlöw von PAIN OF SALVATION seine Gefühle stimmlich auszudrücken vermag, liebt, wird dies auch in Marcos Gesang wieder finden können. Der tragische, in Violets Selbstmord begründete Showdown 'A Kind Of Eden' und 'Posthumous Silence' (dieses Gitarrensolo!) rühren erneut zu Tränen und lassen den Hörer auch aufgrund der übermittelten Botschaft mit einem dicken Kloß im Hals zurück. "Diese Geschichte des Vaters und seiner verlorenen Tochter ist auch unsere Geschichte, vielleicht auch unser Schicksal. Vielleicht ist der Vater auch unser Vater oder vielleicht werden wir uns in Zukunft auch der Konsequenzen unseres Handels bewusst, vielleicht ist die Tochter auch unser wichtigstes Kind, welchem wir zuhören und welches wir respektieren sollten … und vielleicht wird von diesem Kind auch irgendwann nur Öde und Staub verbleiben ... vielleicht …"
SYLVAN sind an der Hürde "Konzeptalbum" definitiv nicht gescheitert. Natürlich gibt es in den 70 Minuten Spielzeit die eine oder andere Passage, die einem vielleicht eine Spur zu langatmig vorkommt. Aber bis auf diese wirklich unbedeutenden Kleinigkeiten ist "Posthumous Silence" ein - auch wenn ich mich hier wiederhole - zu Tränen rührendes Werk, das man unbedingt unter dem Kopfhörer genießen sollte.
Anspieltipps: Pane Of Truth, The Colors Changed, Questions, Answers To Life, Posthumous Silence
- Redakteur:
- Elke Huber