AARNI - Tohcoth
Mehr über Aarni
- Genre:
- Experimental Avantgarde Progressive Doom
- Label:
- Epidemie Records
- Release:
- 12.02.2008
- Coniuratio Sadoquae
- The Hieroglyph
- Riding Down the Miskatonic on a Dead Thing
- Arouse Coiled Splendour
- Ëïãïò
- All Along The Watchtowers
- Chapel Perilous
- The Sound of One I Opening
- The Battle Hymn of The Eristocracy
- Barbelith
- Iku-Turso
Die Klänge dieses finnischen Projektes, das in erster Linie von Markus Marjomaa betrieben wird, wurden in der Vergangenheit bereits auf unterschiedlichste Art und Weise stilistisch beschrieben. Von atmosphärischem Prog Rock war ebenso die Rede wie vom Avantgarde Doom. Zwischen jenen, dem Anschein nach nur sehr schwer vereinbaren Polen, ist auch das aktuelle Silberscheibchen von AARNI anzusiedeln, wobei in Summe aber der Term "Experimentell" nicht fehlen darf, denn als Beschreibung für das künstlerische Unterfangen von AARNI trifft dieser Begriff mit Sicherheit zu. Die neben Markus nunmehr aus weiteren Musikern mit den herrlichen Pseudonymen "Comte De Saint-Germain" und "Doomintroll" sowie Schlagzeuger "Rhesus Christ" existierende Formation liefert mit "Tohcoth" einen wahren Schmelztiegel aus ungewöhnlichen Klängen ab.
Allumfassende Worte zu finden fällt ungemein schwer, denn dazu ist das Album zu vielschichtig ausgefallen. Immer wieder variieren die Herren Tempo und auch Stimmung der jeweiligen Tracks, was sich nicht zuletzt auch in den unterschiedlichen Spielzeiten der einzelnen Nummern niederschlägt. Von knapp über dreiminütigen radiofreundlichen Kompositionen bis hin zu elegischen Monumentalepen von über zehn Minuten ist auf "Tohcoth" alles vertreten. Bevor jetzt die Musik unters Seziermesser kommt, sei aber auch noch erwähnt, dass sich AARNI in ihren Texten mit mythologischen Themen beschäftigen, wobei die Vortragssprachen ebenso unterschiedlich sind wie die Ausführung der Songs selbst. Neben Englisch greifen die Herren auch auf ihre Muttersprache zurück, tragen aber teilweise auch in Latein und bei 'All Alonng The Watchtowers' gar in "Enochian", einer erfundenen Sprache aus dem Fundus von Dr. John Dee vor. Dieser Mann scheint ebenso wie Großmeister Lovecraft mit zu den wichtigsten Einflüssen auf die Musiker selbst zu sein.
Mit einem ungemein spannungsgeladenen Intro mit dem Titel 'Coniuratio Sadoquae' eröffnen die Finne die Scheibe, düstere Gitarrenklänge und in lateinischer Sprache mit dunkler, sonorer Stimme vorgetragene Verse versetzen den Zuhörer in die eine düstere Stimmung die sich im anschließenden 'The Hieroglyph' fortsetzt, wenn AARNI mit leicht angeschwärztem Progressive Rock und dezent orientalisch anmutenden Gitarrenspielereien loslegen und sich der Zuhörer auf die Band einlässt. Das ist die aber auch die Vorraussetzung um sich von den Finnen förmlich verzaubern zu lassen. Die dunkle Stimme des Meisters tut ihr übrigens zum Gelingen dieses Tracks, zu dem das Klientel im Endeffekt dann wohl hingezogen werden wird wie einst die Ratten von ihrem Fänger in den Bann gezogen wurden und zu diesem hingekrochen kamen. Es handelt sich regelrecht um magische Momente, die den Hörer hier überkommen, da macht es wohl auch nicht viel aus, dass 'Riding Down the Miskatonic On A Dead Thing', ein eher unscheinbares Instrumental, den Reigen fortsetzt. Danach lassen AARNI sogar kurz an IN EXTREMO denken, denn 'Arouse Coiled Splendour' ist von nicht unähnlicher Machart und lässt zudem eine ähnliche Stimmung aufkommen, wie es auch dieser deutschen Institution immer wieder gelingt, auch wenn die Finnen mit Fortdauer der Spielzeit eine mächtige Heftigkeit an den Tag legen und dieses Stück Musik zu einer Art folkloristisches Doom-Traditional gedeiht.
Dadurch abermals in den Fangarmen von AARNI angelangt, folgt die Aleister Crowley-Huldigung 'Λογος', in dem der Meister des Okkultismus inhaltlich zitiert wird. Mit hypnotischem Doom in der bereits erwähnten Fantasiesprache "Enochian" folgt dann das ungemein intensive und depressiv angelegte 'All Along The Watchtowers'. Weniger lebensfrohen Zeitgenossen sei davon wohl besser abgeraten, denn hier besteht akute Suizidgefahr! Sollte man diese dann überstanden haben, gibt es zur Entspannung 'Chapel Perilous', einen hinsichtlich der Gitarrenarbeit an alte englische Proggies erinnernden Track, der den vor kurzer Zeit noch völlig verdunkelten Himmel vor dem magischen Auge des Betrachters plötzlich in den verschiedensten Farbschattierungen erscheinen lässt (und das völlig frei von illegalen Substanzen ...).
Etwas gewöhnungsbedürftig folgt das abermals ungemein dunkel vokalisierte 'The Sound of One I Opening', das den Brückenschlag zwischen Art Rock und Doom schafft und irgendwie zu einem Referenzstück dieses Albums gedeiht, weil hier geradezu allumfassend sämtliche unterschiedlichen Anklänge zu vernehmen sind. Nach diesem neunminütigen Intensivexkurs in die musikalische Welt von AARNI geben sich die Herren nochmalss dem Folk hin und lassen uns eine herzerfrischend witzige (!) Nummer namens 'The Battle Hymn of The Eristocracy' zu Gehör kommen. Es swingt und schunkelt ohne Ende, die Zielgruppe ist damit aber wohl locker erweiterbar, denn auch Formationen wie KORPIKLAANI würde diese Kompositionen perfekt zu Gesichte stehen!
Unaufhaltsam naht das Ende der Scheibe, zuvor offenbart die Formation aber mit 'Barbelith' nochmals einen monolithischen Doom-Track mit sehr spacigen Fragmenten, ehe uns der Abgesang in Form von 'Iku-Turso' aus den Boxen entgegendröhnt. Finnischer Sprechgesang in Kombination mit progressiven Gitarrenharmonien in einer dunkel-düsteren Doom-Variante, die auch ihre diesbezüglich unnachahmlichen Landsleute von REVEREND BIZARRE nicht besser hätten machen können beenden dieses wahrhaftig nicht alltägliche Werk, das Menschen zu Ratten werden lässt.
Wo kommt bloß dieses Pfeifen her?
Wo?
Verdammt noch mal ... hmm?
Egal, da muss ich jetzt auch hin , ich muss da hin!
Anspieltipps: The Hieroglyph, The Sound Of One I Opening, Barbelith, Iku-Turso
- Redakteur:
- Walter Scheurer
