ABORTED - Strychnine.213
Mehr über Aborted
- Genre:
- Death Metal
- Label:
- Century Media/EMI
- Release:
- 20.06.2008
- Carrion
- Ophiolatry On A Hemocite Platter
- I35
- Pestiferous Subterfuge
- The Chyme Congeries
- A Murmur In Decrepit Wits
- Enterrement Of An Idol
- Hereditary Bane
- Avarice Of Vilification
- The Obfuscate
- Slaughtered
ABORTED haben sich in den letzten Jahren mit konsequent überdurchschnittlichem Material einen verdienten eigenen Platz im Brutal-Death-Milieu erspielt. Dabei haben die Belgier es tatsächlich geschafft, in diesem doch sehr eng abgegrenzten Gebiet einen eigenen Stil zu entwickeln. Knapp eineinhalb Jahre nach dem großartigen "Slaughter & Apparatus: A Methodical Overture" ballert nun "Strychnine.213" aus meinen Boxen, und wieder erkenne ich, dass es eindeutig ABORTED ist, was meine Füße da zum Mitwippen animiert.
Auffällig ist an "Strychnine.213", dass die Songs etwas zugänglicher wirken als auf dem Vorgänger. So hat man diesmal einen Schuss mehr Melodie eingebaut als anno 2006. Keine Sorge, wir haben es immer noch in keiner Weise mit Melodic Death Metal zu tun! Trotzdem ist einfach auffällig, dass zwischen den Blast-Attacken immer wieder recht melodische Gitarrensoli auftreten. So wartet beispielsweise das abwechslungsreiche 'Pestiferous Subterfuge' anfangs mit teilweise recht vertracktem und arhythmischem Drumming kombiniert mit Blastbeats auf, bevor sich das Lied in der zweiten Hälfte sehr melodisch, von doppelläufigen Gitarrensoli durchzogen zeigt.
Und hier setzt leider auch mein größter Kritikpunkt an: Diese Frickeleien, die man in fast jedem Lied findet, sind sozusagen das, was einen am meisten mitreißt an "Strychnine.213". Verglichen mit großartigen Werken wie "The Archaic Abattoir" oder "Slaughter & Apparatus: A Methodical Overture" wirkt die neue Scheibe von ABORTED ein wenig gesichtslos. Versteht mich nicht falsch, "Strychnine.213" ist ohne Zweifel eine solide Platte. Aber ABORTED haben in der Vergangenheit beispielsweise mit Songs wie 'The Inertia' gezeigt, dass eben auch beides geht. Ultrabrutale Knüppelei ist dort perfekt mit genialen Gitarrenmelodien verknüpft, ohne an Härte oder Tiefe zu verlieren. Auf "Strychnine.213" hat man meistens entweder "Härte" oder "mitreißende Gitarrenmelodien". Nach dem Doppelpack, das einen aufspringen lässt und dazu bringt, irre durch die Gegend zu hüpfen, um irgendwie die Aggression herauszulassen, sucht man hier vergebens. Songs wie 'I35', 'The Chyme Congeries' oder der Opener 'Ophiolatry On A Hemocrite Platter' sind alles solide Death-Metal-Songs, aber es fehlt ihnen am entscheidenden Kick, der die Lieder auf den älteren ABORTED-Scheiben so großartig gemacht hat. Selbst die Blasts wirken stellenweise dünn, das Riffing manchmal fast aufgesetzt, weil man halt irgendwas spielen muss, bis der nächste Tempowechsel oder das nächste Solo kommt.
Produktionstechnisch klingt "Strychnine.213" etwas steriler als "Slaughter & Apparatus: A Methodical Overture". Trotzdem kann man die Produktion getrost als gelungen bezeichnen, der Sound ist wirklich sehr klar. Auffällig ist allerdings, dass die Growls diesmal nicht ganz so fies und tief klingen, wie auf den bisherigen ABORTED-Veröffentlichungen.
Alles in allem ist "Strychnine.213" eine akzeptable bis gute Scheibe. Das mag für andere Bands ein Ziel sein, das sie sehr gerne erreichen würden, aber für ABORTED ist das meiner Meinung nach nicht gut genug. Die Belgier haben schließlich oft genug gezeigt, dass sie zu Recht eine der Speerspitzen im brutalen Death Metal sind und über die nötigen Fähigkeiten verfügen, die Hörerschaft ohne Umschweife auf links zu ziehen. Auf "Strychnine.213" gelingt das nur vereinzelt, es fällt mir sogar schwer, einen einzelnen Song direkt herauszustellen. Fast alle Songs haben die eine oder andere mitreißende Passage, aber durchgehend perfekt ist leider keiner. Am ehesten verdient noch 'Avarice Of Vilification' dieses Prädikat. Vielleicht hätte man sich einfach noch sechs Monate Zeit nehmen sollen, um aus "Strychnine.213" den Killer zu machen, zu dem man sicherlich fähig ist.
Anspieltipps: Avarice Of Vilification, Pestiferous Subterfuge, A Murmur In Decrepit Wits
- Redakteur:
- Hagen Kempf