ÄERA - Phantast
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/24
Mehr über Äera
- Genre:
- (Atmospheric) Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Vendetta Records
- Release:
- 04.10.2024
- Kosmos
- Empor
- Schattenkreuz
- Fleisch und Knochen
Starker, sehr dynamisch produzierter, atmosphärischer Post-Black-Metal.
Das erste Lebenszeichen von ÄERA erblickte bereits 2019 das Dunkel der Nacht, als die Westfalen ihr Debütalbum "Schein" über Crawling Chaos Records veröffentlichten, das bereits sehr ordentliches Feedback im schwarzmetallischen Untergrund und darüber hinaus erhielt. In der Folge kamen dann einige Singles, doch leider nur auf Vinyl oder gar nur in digitaler Form, so dass der CD-Freund am Ende fünf Jahre auf Nachschlag zu warten hatte. Doch nun ist es so weit: Inzwischen hat die Band mit Vendetta Records ein neues Label an der Seite und mit "Phantasm" auch ein zweites Studioalbum im Gepäck, das sich mit philosophischen, multiperspektivischen Reflektionen übers innere und äußere Sein befasst, die nach Angabe der Musiker unter anderem von Christian Morgensterns "In Phantas Schloss" inspiriert sind.
Wenn euch also der Sinn nach dem Eintauchen in mannigfaltig interpretierbare Lyrik stehen sollte, dann dürft ihr euch schon deshalb vertrauensvoll an ÄERA wenden. Doch auch und vor allem solltet ihr dies tun, wenn ihr einfach nur atmosphärischen Black Metal zu schätzen wisst. Denn die vier ausladenden, durchschnittlich etwa zehnminütigen Kompositionen decken schon zum Einstieg mit 'Kosmos' vom rasenden, flirrenden Strumming und raubvogelartig keifenden bis dunkel grollenden Gesang, über sphärische, ambiente Akustik bis hin zu schleppendem, winterlichem Schwarzdoom die volle Bandbreite des Genres ab. Gerade das zweite Stück 'Empor' legt entsprechend reduziert los, in fast archetypischer Weise, mit verhallter Zupfgitarre und windwaberndem Synth, bevor das Ganze mächtig Fahrt aufnimmt, die sphärischen Keyboards jedoch auch in die schwarzmetallische Raserei mitnimmt.
Damit können die Jungs aus Nordrhein-Westfalen zwar das Rad nicht neu erfinden, denn die moderne Black-Metal-Landschaft bietet sehr vielen Bands mit ausgeprägter Leidenschaft für auslandende, atmosphärische Kompositionen Platz. Doch mal ehrlich, wer kann das schon, gleich welcher schwarzmetallischen Provenienz er entstammt? Die Frage ist also vielmehr, ob die Band ihre Sache gut macht, und das kann fraglos bejaht werden. Sowohl die Anhänger aktuellerer Schwarzkunst aus deutschen Landen können sich hier zu Hause fühlen, wenn diffuse Riffs dich wie Schleier umfangen, während ein eindringliches, grimmiges Rezitativ auf dich nieder geht, als auch die Freunde der kaskadischen Schule, die sich freuen dürfen, wenn die Melodiefühlung und der hallende Sound einen Hauch von Naturmystik mit sich bringen, der letztlich auch den Bandnamen reflektiert, der an ein altdeutsches Wort für die Erde angelehnt ist.
Für die nötigen schillernden Facetten, um sich aus der grauen Masse zu erheben, sorgen Feinheiten wie das Spiel von Glocken am Ende von 'Empor', das schön ausgearbeitete zweistimmige Akustikgitarrenspiel mit einem leicht folkigen Flair am Anfang zum epischen Viertelstünder 'Schattenkreuz', das auch bei BATHORY oder BORKNAGAR gut aufgehoben wäre ('Twilight Of The Gods', anyone?). Oder aber das herrlich angezerrte Bassbreak, welches das letzte Drittel dieses ausladenden Stücks einleitet.
Bemerkenswert und vor allem beim Finale mit 'Fleisch und Knochen' sehr spürbar ist die tolle Dynamik des Albums. Die Band hat also guten Grund in ihrem Infoblatt ihren Produzenten Markus Stock aus der Klangschmiede E besonders zu erwähnen, denn ihm gelingt es vortrefflich, einen solch vielschichtigen, wuchtigen Black Metal in ein atmendes, dynamisches, nicht übersteuertes oder komprimiertes Klanggewand zu kleiden. Leider heute Selbstverständlichkeit, was besonders der aktuelle Soundcheck wieder ohrenfällig werden ließ. Dazu gibt es ein tolles Artwork von Timon Kokott und eine eindeutige Empfehlung an alle Freunde des postrockigen, atmosphärischen Black Metals, hier mal ein Ohr zu riskieren.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle