AMBERIAN DAWN - Innuendo
Mehr über Amberian Dawn
- Genre:
- Symphonic Pop Metal
- ∅-Note:
- 5.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 23.10.2015
- Fame & Gloria
- Ladyhawk
- Innuendo
- The Court of Mirror Hall
- Angelique
- Rise of the Evil
- Chamber of Dreadful Dreams
- Knock Knock Who's There
- Symphony Nr. 1, Part 1 – The Witchcraft
- Your Time – My Time
ABBA-Metal?
Ich geb’s ja zu, bei manchen Metal-Bands habe ich komische Vorlieben. Mein favorisiertes ANTHRAX-Album ist zum Beispiel "The Greater Of Two Evils", wo John Bush die alten Gassenhauer singt. Ähnlich ist es bei AMBERIAN DAWN: "Re-Evolution" ist auch eine Best-Of-Scheibe, auf der die damals neue Sängerin Capri die alten Songs performt. Das Album ist ein Freudenfest ohne Ausfälle und erzeugt seit 2013 regelmäßig erhöhte Endorphin-Pegel bei mir.
Das erste "richtige" Album mit Capri, "Magic Forest" war dann ein derbe Enttäuschung. Gruseliger Sound, flache Songs, und wenn man mich heute fragt, welchen Song von diesem Album ich gerne noch auf "Re-Evolution" hätte, währe die Antwort: keiner.
Und wie verhält sich dies auf dem verheissungsvoll "Innuendo" betitelten sechsten Album?
Ich mach’s kurz: auch keiner! Der ganz schlimme 80er-Jahre-Keyboard-Sound ist zwar ausgemerzt und insgesamt ist die Produktion auch deutlich voluminöser, aber wenn man mich beim ersten Durchlauf des Longplayers gefilmt hätte, wäre das ein lustiges Filmchen geworden. Anfangs voller Euphorie und Zuversicht, dass "Magic Forest" nur ein Zwischentief gewesen sein möge, ist mein Gesicht von Song zu Song länger und länger geworden und verformt sich später von Enttäuschung zu Wut. Und dann folgt auch noch der Kommentar eines Kollegen: "Mensch, was hörst Du denn da? So poppig? Klingt wie ABBA, oder? Oh, jetzt hör ich sogar ein bisschen Metal!". Ich habe ihn gebeten, einfach die Schnauze zu halten...
Okay, der Opener 'Fame & Gloria' ist wieder ganz nett, also der große Bruder von (ihr wisst schon), aber das Ganze verdünnt sich bis zum vierten Song 'The Court Of Mirror Hall' zu nur noch in homöopathischen Mengen nachweisbaren Ansätzen guter Musik. Man stelle sich vor, ABBA (ich mag ABBA!) würde Jingles für Waschmittel-Werbung machen, die dann nicht einmal im Ohr hängen bleiben. Gruselig. Zumindest gibt es immer noch ein paar sehr virtuose Gitarrensoli von Toumas und auch Capri hat nach wie vor eine Stimme zum Verlieben, aber was nützt das alles, wenn einem beim Hören vieler Songs zumute ist, den Kopf gegen die Wand zu hauen zu wollen?
Doch es gibt ein paar Lichtblicke, Momente, bei denen sich AMBERIAN DAWN aus dem Pop-Korsett zu bewegen scheint. Das zwar kitsch-triefende aber doch irgendwie berührende 'Angelique' erzeugt Breitwand-Kino-Feeling und das schnelle 'Rise Of Evil' erinnert an frühere Melodic-Speed-Metal-Tage, auch gegen Ende hin zeigt man durchaus Ambitionen in Richtung cinematischer Epik, die passagenweise sogar packend sind. Songs wie 'Knock Knock Who’s There' überschreiten dann aber wiederum die Schmerzgrenze der Beliebigkeit. Und wenn ich dann noch auf dem Promo-Zettel Vergleiche zu einem anderen Album namens "Innuendo" lesen muss, fängt etwas tatsächlich an, innerlich in mir zu brennen. Großer Gott, wird hier Potential vergeudet.
- Note:
- 5.00
- Redakteur:
- Thomas Becker