ANDERSON, IAN - Homo Erraticus
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2014
Mehr über Anderson, Ian
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Kscope (Edel)
- Release:
- 11.04.2014
- Doggerland
- Heavy Metals
- Enter The Uninvited
- Puer Ferox Adventus
- Meliora Sequamur
- The Turnpike Inn
- The Engineer
- The Pax Britannica
- Tripudium Ad Bellum
- After These Wars
- New Blood, Old Veins
- In For A Pound
- The Browning Of The Green
- Per Errationes Ad Astra
- Cold Dead
Kammerspiel für Genießer.
Es gibt Neues von JETHRO TULL. Oder sagen wir lieber von IAN ANDERSON, denn der Brite veröffentlicht seinen neuen Streich "Homo Erraticus" unter seinem Namen, nicht mehr unter dem seiner ehemaligen (und von ihm maßgeblich gesteuerten) Band. Konsequent, denn mit der Band, die Meilensteine wie "Aqualung", "Thick As A Brick" oder "A Passion Play" einspielte, hat die Besetzung des Flötenmeisters nur noch bedingt etwas zu tun. An der Qualität der Musik ändert das glücklicherweise nichts, nur die Innovationskraft seines früheren Schaffens wird Anderson anscheinend nicht mehr erreichen.
Die Segel streichen wollen wir an dieser Stelle natürlich nicht. Nur weil der "Homo Erraticus" etwas entspannter tönt als der Vorgänger "Thick As A Brick 2", handelt es sich dabei noch lange nicht um ein langweiliges oder schlechtes Album. Das Anderson-typische Songwriting gibt es nämlich auch hier in Reinkultur, die Flöte scheint quietschfidel und seinen Humor hat der Chef-Flamingo auch nicht verloren. Gute Voraussetzungen also für eine Stunde anspruchsvoller Rockmusik, die mehr entspannt als fordert, aber durch ihren kultivierten Gestus immer noch faszinierend für mich ist.
Den Wettkampf um abenteuerliche Instrumentierungen, Griffbrett-Orgien oder Genre-Weitsprung hatte Ian Anderson noch nie nötig, und seine Stärken sind demzufolge auch woanders zu suchen. Vor allem in der Nase für griffige Melodien und der Freude an den kleinen Dingen. Das sind mal Unisono-Läufe von Bass, Glockenspiel und Gesang, mal pfiffige Schlagzeugbreaks oder Andeutungen von Choralgesang. In seinem folkig-kauzigen Umfeld fühlt er sich wohl, und da spielt sich auch der Großteil des "Homo Erraticus" ab. Mit viel Platz für die einzelnen Instrumente im Mix, einer gesunden Portion an Ausdauer, was Arrangements angeht, und dem richtigen Riecher für kurzweilige Songs.
Wie Kammerspiele wirken die kompakten und kurzen Songs auf mich, wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Für viele Kollegen aus dem Soundcheck scheint diese Zeit lange abgelaufen, für mich ist IAN ANDERSON aber immer noch ein Musiker, der ein ganz ausgezeichnetes Händchen für grandiose Musik besitzt. "Homo Erraticus" mag nicht die Spitze seines Schaffens sein, langweilig wird es mir mit der Platte aber noch lange nicht. Absolute Kaufempfehlung für Fans!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Nils Macher