ASTRIAAL - Renascent Misanthropy
Mehr über Astriaal
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Aftermath Music
- Release:
- 26.03.2004
- The Funeral Procession
- Ritual Hate Construct
- Revere The Labyrinth
- Glories Of The Nightsky
- Ode To Antiquity
- Arborescence
- Acquisition Of The Stars
- Reaper Of Dark Ages
- The Halls Of Perdition
Alle, die getrauert haben und zumindest mental den Weltuntergang miterlebten, als sich EMPEROR auflösten, dürfen nun Zeuge einer echten Wiedergeburt werden. Auch, wenn die mit einem Grabesmarsch beginnt. 'The Funeral Procession' heißt das Intro zu “Renascent Misanthropy” – dem Debütalbum der Australier ASTRIAAL, welches bereits im Sommer 2003 das Licht der Sonne “down under” erblickte und nun noch mal als Digipack erscheint. Ganz schön schwarz, die Sonne dort unten, mitunter tödlich und höchst erregend für alles, was da Sinne hat. In nördliche Gefilde transferiert, könnte man auch erst mal bescheiden von einem Guss aus norwegischem Black Metal und schwedischem Death Metal, durchflossen von heidnischen Melodien reden. Aber Bescheidenheit passt natürlich nicht zu diesen Genres, schließlich geht es hier um Menschenhass und Wagnerianischen Größenwahn in Form von Musik, wahre Poesie nach aristotelischen Prinzipien aus Chaos geboren und die neoklassizistische Wiederaufarbeitung des antiken Bildes vom Übermenschen, Schönheit und das All in aller Unendlichkeit, welches schon kleinen Kindern Angst macht, weil sie sich weder ein abruptes Ende der Milchstraße vorstellen können noch das Fehlen eines solchen.
Den Auftakt zu ASTRIAALs kosmologischer Nonalogie liefert der DAGAARD-Meister Tharen mit einer Ouvertüre, die zu den energetischen Feldern eines zeitlosen Raums entführt. Da kann das Chaos nicht mehr fern sein. Eine Stimme kündet den Sturm nach der trügerischen Ruhe an: 'Ritual Hate Construct'. Aus heiterem Himmel bricht ein Gitarrenwirbel wie ein Orkan hernieder, während Keifer Arzarkhel die Menschenrasse als verloren meldet. So intensiv und brachial dröhnen die Gitarren ins Ohr, wühlt sich das Schlagzeug von der Zehenspitze bis zur Halswirbelsäule vor, dass einem wieder kalte Schauer über den Rücken laufen und dieser plötzlich ganz starr wird, wie es manch einem eben früher beim Hören der “Anthems To The Welkin At Dusk" von EMPEROR erging. Und dieser Zustand der Lähmung und des Staunens hält an. Der Song geht nahtlos in den nächsten, 'Revere The Labyrinth', über. Und wahrlich, man findet sich nicht wieder. Die zartbitteren Akustikparts und Leadmelodien, wie sie eben nur DISSECTION kreieren konnten, machen das auch nicht besser. Hier droht die Abschaffung der Fesseln des Verstandes. Mit dieser Absicht huldigen ASTRIAAL sieben Minuten lang den 'Glories Of The Nightsky'. Wahrlich sind die Parallelen zu einem gewissen “In The Nightside Eclipse”-Album unüberseh- und hörbar. So schön werden alte Geister wiederbelebt und in diesem Requiem für die dunkelste aller Seelen in den Abgründen des Unbewussten gewühlt - ohne Unterlass wie auch in 'Ode To Antiquity'. Dieser Song ist ein einziges gewaltiges Wiegen und Wogen, wie in griechischen Wellenschlachten, und der Untergang ist gewiss. Doch ist Wasser auch das Elixier des Lebens, die Quelle aus der der ewige Baum des Lebens schöpft. 'Arborescence' lässt Hoffnung keimen. Rau und lebensdurstig geht es auf den Stahlseiten die Tonleiter hoch und runter, ein einziges Auf und Ab auf der Strickleiter des Lebens, wie ein Molekül mitschwingend in jener aperiodisch kristallinen Struktur der universellen Helix im Meer jeder Zelle. In Pagan-Metal-Manier führt dieser Song direkt wieder zurück in den Schoß der Natur. Noch spürbarer wird ihr Atem in 'Acquisition Of The Stars', ganz sanft klingen auf einmal die gezupften Saiten und glasklar schwirrt jeder Ton im Raum umher, als auf einmal die Elektrogitarre wieder einen satten Rhythmus vorgibt, der sich ganz wortlos zu einem echten Pagan-Metal-Instrumental entwickelt. Noch einmal ertönt die Akustikgitarre, dann meldet sich Arzarkhel wortgewaltig in 'Reaper Of Dark Ages' mit einem mächtigen Schrei zurück, rasen die Gitarren entgültig und unerbittlich der Dämmerung einer neuen Ära entgegen. Das Zeitalter der Dunkelheit hat begonnen. So schön kann der Untergang sein. Am Ende bleiben kalte kristallene Klänge im schwere- und lichtlosen Raum, in dem sich das Outro 'The Halls Of Perdition' bewegt und schließlich verliert. Ruhe.
“Renascent Misanthropy” ist eines jener Alben, welche bezwungen werden müssen. Beim ersten Hören wirkt der bombastische Sound erst mal wie der Einschlag eines Kometen im Ohr. Schuld daran trägt wohl auch Australiens bekanntester Sound-Ingenieur Lachlan Mitchell, welcher das Album im Sony-Studio von Sydney mixte. Darin unterscheiden sich ähnlich pompöse Versuche symphonischen Black Metals, wie ihn die französischen ANOREXIA NERVOSA auch gar nicht mal so schlecht auf “New Obscurantis Order” lieferten oder auch die iberischen SIRIUS, welche mit ihrem astronomischen und kompromisslosen Sound ebenfalls in der Reihe moderner Black,Metal-Bands zu nennen wären. Alles große Werke, aber leider soundtechnisch nicht so schön gemastert wie ASTRIAALs "Renescant Misanthropy". Dennoch, wer sich von diesem Album hier angesprochen fühlt, kann sich auch ohne großes Überlegen mal diese anderen beiden Bands reinziehen.
Anspieltipps: 'Glories Of The Nightsky' reicht schon. Da gibt’s nur totale Begeisterung oder ignorantes Naserümpfen.
Wiebke Rost
- Redakteur:
- Gastautor