BAD RELIGION - True North
Mehr über Bad Religion
- Genre:
- Punk Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Epitaph / Indigo
- Release:
- 18.01.2013
- True North
- Past Is Dead
- Robin Hood In Reverse
- Land Of Endless Greed
- Fuck You
- Dharma And The Bomb
- Hello Cruel World
- Vanity
- In Their Hearts Is Right
- Crisis Time
- Dept. Of False Hope
- Nothing To Dismay
- Popular Consensus
- My Head Is Full Of Ghosts
- The Island
- Changing Tide
Zu alter Stärke!
In den Neunzigern haben BAD RELIGION neben lediglich zwei bis drei weiteren Bands quasi nach belieben die amerikanische Punkszene dominiert. Legendäre Alben wie "The Gray Race" und "Stranger Than Fiction" sind Meilensteine im Punk Rock. Die ersten beiden Alben im neuen Jahrtausend ("The New America" und "The Process Of Belief") deuteten an, das die Band diesen Schwung durch die Jahrtausendwende tragen würde. Aber nach dem 2002er "The Process Of Belief" waren Fans und Kritiker doch ein wenig überrascht über die herrschende Kreativlosigkeit, über den fehlenden Biss (besonders auf "New Maps Of Hell" und "The Dissent Of Man"). Das waren keine schlechten Alben, aber von ihren Glanztaten doch ein ganzes Stück entfernt. Dieser Umstand ändert sich jetzt endlich, mit "True North" treffen die Jungs um Charmebolzen Greg Graffin wieder voll ins Schwarze.
Auf "True North" stimmt fast alles, lediglich ein, zwei schwächere Songs in einem Gesamtpaket von 16 Punk-Krachern, verteilt auf knapp 35 Minuten. Die Fans lechzen, die Szene freut sich. Gesellschaftskritische, wie gehabt bissige Texte von Greg und die fetzigen, oft wie Flakfeuer gezockten Riffs der Herren Gurewitz, Hetson und Baker sowie donnernde Schallwellen der Rhythmusfraktion. Die Songs werden einem nur so um die Ohren gepustet und ohne Pause folgt ein Biest dem anderen, bis die 35 Minuten um sind und die letzte Note von 'Changing Tide' verklingt. Repeat! Und der ganze Spaß von vorn.
Weil sich die Band treu geblieben ist und es überwiegend unter Drei-Minuten-Songs zu genießen gibt, lässt sich das Album perfekt zwischendurch konsumieren. Tatsächlich gibt es nur einen Song, der die Drei-Minuten-Marke überschreitet ('Hello Cruel World’). Und wenn man auf mehr steht, setzt man das Ganze eben auf Repeat. Die Songs sind dabei wieder recht einfach, aber sehr effektiv geschrieben. Live dürften daher einige "True North" Rocker die Setlist bereichern und ins Standardrepertoire wechseln.
Greg klingt gesanglich oft wie direkt aus den Neunzigern. Der Opener und Titeltrack 'True North' hätte sogar seinen Platz auf "Recipe For Hate" finden können. Greg kann außerdem wieder Gänsehautmelodien, wie die Einleitung auf 'Past Is Dead' zeigt, bevor die Riffs den Hörer an die Wand drücken. Unnötig, an dieser Stelle die gelungene Produktion zu erwähnen. Die frickeligen, kurzen Solofetzen in den Songs leisten ihren Beitrag dazu, das Tempo enorm hoch zu halten und gleichzeitig so enorm eingängig zu sein. Schon nach dem zweiten oder dritten Durchlauf summt man die Melodien mit und kurze Zeit später sitzen auch die ersten Textzeilen. Eine Sache, die BAD RELIGION und die TOTEN HOSEN gemeinsam haben.
Bei der Entscheidung, welcher Song als erste Single ausgekoppelt werden sollte, wäre ich gerne dabei gewesen. Aus der Einheit "True North" irgendwas auszugsweise rauszupicken, gleicht einer Sisyphosarbeit. Die Größe des Albums erschließt sich erst durch den Zusammenhalt und das Zusammenspiel der Songs. Man sollte das Album von Anfang bis Ende hören, die Zeit vergeht ohnehin wie im Flug und am Ende könnte man fast denken, man habe nur einen langen Song gehört. Um auf die Single ('Fuck You') zurückzukommen: ein recht aggressiver Song in den Strophen und gewohnt hymnenhaft im Refrain. Gefühlt ist 'Fuck You' außerdem der schnellste Song des Albums. 'Dharma And The Bomb' beeindruckt vor allem durch verdammt coole Gitarren während der Strophen und einer irren Gitarre zu Beginn, die wild durch die Luft sägt. Musikalisch erinnert der Song sehr an THE OFFSPRING zu "Americana"-Zeiten. Nicht der schlechteste Vergleich. Wenn man mit aller Macht ein Highlight aus dem starken Material picken will, ist das wohl 'Hello Cruel World', das schleppend, schwer und für BAD RELIGION-Verhältnisse fast depressiv vor sich hin seufzt. Die vermeintlich ruhigeren Töne bringen ein klein wenig Abwechslung und das Solo ist das schönste des ganzen Albums. Unspektakulär, aber so passend zum Rest wie kein anderes Solo der restlichen 15 Songs. Die Dichte an wunderschönen aber mächtigen Melodien ist außerdem insgesamt so hoch wie schon lange nicht mehr. Stark.
Was bleibt? BAD RELIGION liefern ihr bestes Album seit elf Jahren ab. "True North" ist dabei ähnlich stark wie "The Process Of Belief". Fans werden entzückt sein. Man kann’s nicht immer allen recht machen, BAD RELIGION sind aber nahe dran. Fans greifen also blind zu, Punk-Rock-Genießer mit einem Faible für charismatischen Gesang und gesellschaftskritische Texte (wo gibt's die im Punk denn mal nicht?) dürfen auch beide Ohren riskieren.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Dennis Hogrefe