BAROCK PROJECT - Skyline
Mehr über Barock Project
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Artalia / Just For Kicks Music
- Release:
- 10.07.2015
- Gold
- Overture
- Skyline
- Roadkill
- The Silence Of Our Wake
- The Sound Of Dreams
- Spinning Away
- Tired
- A Winter's Night
- The Longest Sigh
Ein italienisches Wunderwerk.
Album Nummer vier, aber der Bandname ist auf diesen Seiten völlig unbekannt? Erstaunlich, vor allem wegen des Musikstils der vier Italiener. Denn "Skyline" besteht aus völlig eigensinnig zusammengesetztem und erfrischendem Prog Rock, wie er nicht oft vorkommt. Dabei hatte ich wegen des dämlichen Bandnamens (und des sehr bunten Covers) kaum gute Erwartungen, die aber schon beim ersten Hören völligst vom Tisch waren.
Zwar weiß ich immer noch nicht so genau, warum BAROCKPROJECT um Sänger Luca Pancaldi eben so heißt, denn weder klingt die geniale Musik sonderlich barock, noch handelt es sich bei einer Band mit vier Alben im Katalog um ein Projekt, doch "Skyline" hat sich inzwischen einen festen Platz in meiner Playliste erkämpft. Denn da steckt so viel Eigensinn, so viel kompositorische Größe drin, dass immer wieder Erinnerungen an andere tolle Musiker aufkommen. So klingt das eröffnende 'Gold' nach den viel zu unbekannten Juwelen von HEART OF CYGNUS, bevor uns 'Overture' auf eine instrumentale Reise Richtung EMERSON, LAKE & PALMER einlädt. Der Titelsong 'Skyline' beginnt folkig-verträumt wie JETHRO TULL, zieht aber nach und nach weitere Pfeile aus dem Köcher. Da gibt es Streicher, instrumentale Abfahrten, natürlich Querflöte, URIAH HEEP-Orgel, Metal-Groove - alles eingepackt in ein 10-minütiges Meisterwerk, das eben nicht künstlich zusammengebaut wirkt, sondern das alles perfekt zu integrieren weiß.
Und so geht es weiter. 'Roadkill' klingt modern wie RIVERSIDE und überzeugt durch Refrain, Riff, plötzlichen Groove und zarten Streichereinsatz. Man merkt die vier Jahre, die die Band an dem Album gewerkelt hat, zu wirklich jeder Minute. Die Detailverliebtheit der Italiener sorgt dafür, dass auch der zehnte Durchgang von "Skyline" spannend ist. Der zweite Zehnminüter heißt 'The Silence Of Our Wake' und offenbart nach herrlichem Akustik-Gitarren-Intro, dass Mastermind, Keyboarder, Bassist und Backing-Sänger Luca Zabbini auch den Sounds von SAGA nicht abgeneigt zu sein scheint. Zwar nicht ganz so zappelig, sondern eher episch aufgestellt und mit feinen Klavierpassagen und durch den zerbrechlichen Gesang von Kampagnon Pancaldi, geht es auf eine weitere Traumreise. Man schließt die Augen und lässt sich von den schier endlosen Melodien ganz weit weg tragen.
Passenderweise setzt auch das kurze 'The Sound Of Dreams' ganz auch Klavier und Akustikgitarre. Hier werden in guten zwei Minuten mehr Ideen verbaut, als auf manch ganzem Album der Konkurrenz. Doch - wie schon zuvor - es ist nie überladen, man entdeckt die Tiefe mit der Zeit. Aus den Träumen reißt uns das folgende 'Spinning Away', das mit Tribal-Trommeln und verzerrter Gitarre auf uns lauert. Hier geht es wieder Richtung Los Angeles, Richtung HEART OF CYGNUS, was ganz sicher auch an der Stimme Pancaldis liegt. Das jazzige Intermezzo zaubert aus dem Song aber wieder ein ganz eigenes Ding.
Mit 'Tired' folgt der dritte und letzte Zehn-Minuten-Song. Und hier geht es tatsächlich zunächst barock zu. Luca Zabbini zeigt hier seine ganze Klasse und klingt wie ein Konzertpianist, bis ein ganzes Orchester einzusetzen scheint. Trotz des schläfrigen Songtitels versteckt sich auch hier ein geniales Jahreshighlight. Überzeugender habe ich die Verbindung aus Orchesterklang und verzerrter Gitarre noch nie gehört! Hört nur diesen grandiosen Refrain. Logisch, dass der Song nicht so episch aufgestellt bleibt, sondern zum drölfzigsten Mal die Variabilität der Truppe zeigt. Es gehen mir langsam die Worte aus, das Treiben zu beschreiben, aber wie schon zuvor nimmt uns das BAROCKPROJECT mit auf eine ganz spezielle Reise, zeigt uns aber gänzlich andere, neue Bilder.
Und nein, hier ist immer noch nicht Schluss! Die zerbrechlich-traurig-schöne Ballade 'A Winter's Night' setzt zusammen mit den Reinkultur-Progger 'The Longest Sigh' ein letztes, dickes Ausrufezeichen. "Skyline" ist mit guten 70 Minuten also voll bepackt. Doch - und das hört man öfter als es stimmt - die Zeit vergeht tatsächlich wie im Flug. Wieder und wieder zieht mich das BAROCKPROJECT in seinen Bann, wieder und wieder rauschen die Stunden nur so an mir vorbei. Ich möchte jedem einzelnen die Hand schütteln, der es per Crowdfunding ermöglicht hat, dass dieses Album hier und heute vor mir auf dem Schreibtisch liegt. Danke für diese Lehrstunde, die unsterblichen Melodien und das zurückgegebene Vertrauen in ein verloren geglaubtes Genre.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Marius Luehring