BEHEMOTH - The Satanist
Mehr über Behemoth
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 03.02.2014
- Blow Your Trumpets Gabriel
- Furor Divinus
- Messe Noir
- Ora Pro Nobis Lucifer
- Amen
- The Satanist
- Ben Sahar
- In The Absence Ov Light
- Oh Father Oh Satan Oh Sun
Glorreiche Rückkehr in neuem Gewand
Knappe fünf Jahre nach dem letzten in meinen Augen grandiosem, aber auch sehr kontrovers aufgenommenen, Album "Evangelion", war es klar, dass doch unweigerlich etwas passieren musste. Es wäre redundant und wenig selbstreflektiert erschienen, einfach so eine weitere Death/ Black-Prügelorgie zu veröffentlichen. Zumal sich Nergal, der kreative Kopf der Polen, nach seiner schweren Leukämie-Erkrankung und dem aufreibenden Heilungsprozess als veränderter, verinnerlichter Mann gibt, der nicht ruhiger geworden ist, sondern noch fokussierter die Dinge anpackt, dabei aber eine neue Gelassenheit ausstrahlt. Dieser Neuanfang musste eigentlich auch im neuen BEHEMOTH-Album deutlich werden, nimmt man die Band ernst in dem was sie tut. Es war nur die Frage, wie. "The Satanist" gibt die Antwort.
Am Anfang steht das Wort. Der Albumtitel - ein Berg. So kann man es zumindest sehen, wenn man die Band ernst nimmt, ganz gleich, wie man zu den Inhalten steht; wenn man etwas von der beschwörenden Theatralik, die die Band auf jeder Ebene bestimmt, nachfühlen kann. Dann wird man auch das Herunterbrechen auf das Wesentliche erkennen, eine bewusste Simplifizierung und teilweise auch Rückkehr zu den Wurzeln. Das Endergebnis klingt (zum Glück!) nicht wie eine logische Forsetzung des letzten "reinen" Black-Metal-Albums der Band, "Grom" (1996). Viel eher bietet "The Satanist" eine neue Perpektive. Schon lange haben die Polen ihren eigenen, unverkennbaren Stil gefunden: Immer erhaben und mit unterschwelligen, majestätischen Melodien gekrönt, egal in welchem Tempo die Band gerade brillierte. Dabei hatte man sich dem auf den letzten sechs, sieben Alben, bekanntermaßen eher von einer Death-Metal-lastigen Seite genähert. Das sieht heute ganz anders aus: Ich finde hier fast keine reinen, typischen Death-Metal-Parts, aber sehr viel, was seine Wurzeln tief im Black Metal hat - oder woher sonst sollen die Singlenote-Leads am Ende des Titelstücks kommen, woher sonst kommt dieser mörderisch-zerberstende Riff in der zweiten Hälfte von 'Ora Pro Nobis Lucifer'? Hinzu kommen ganz neue Elemente, wie ein sehr entspannter Saxophon-Teil mit polnischem Rezitativ und dezente Akustikgitarren in 'In The Absence Ov Light', der zwischen dem heftigsten Gemetzel aus Tremmolopicking und Blastbeats für etwas Etspannung sorgt. Generell habe ich den Eindruck, dass sich die Band um eine größere dynamische Spannbreite und Abwechslung bemüht. Es wird nicht alles direkt von den mörderischsten Blasts von Drummer Inferno (der ein weiteres mal einen superben Job macht) zerfetzt, sondern man geht immer wieder etwas subtiler zu Werke und lässt den Stücken Zeit, sich zu entfalten. Ohne dabei aber an Brutalität zu verlieren, wozu der Sound eine Menge beiträgt. Vielen war gerade 'Evangelion' zu getriggert, zu steril und künstlich.
'The Satanist' zeigt sich hier von einer gänzlich anderen Seite: Der Sound ist angenehm natürlich, nicht glatt gebügelt, sondern mit Tiefe gesegnet. Dabei macht man keine Abstriche in Sachen Produktionsstandards. Im Gegenteil, selten hat man bei BEHEMOTH alle Instrumente so transparent gehört. Am meisten gewinnt dabei die Stimme Nergals. Der Mann ist nicht erst seit gestern eine der besten und brutalsten Stimmen des Death und Black Metal. Um diese Brutalität noch zu steigern, wurden in der Vergangenheit gerne mehrere Gesangs-Spuren übereinander gelegt. Das hatte - zumindest in meinen Ohren - aber auch den Effekt, dass der Gesang nicht drückender, sondern eher verwaschener rüberkam. Heute besinnt man sich auch hier aufs Wesentliche und lässt die Stimme so wie sie ist - brutal. Hinzu kommen, z.B. im Überhit 'Oh Father Oh Satan Oh Sun', einem der besten Songs, den diese Band je fabriziert hat, schwebende Hintergrund-Gesänge, die dem Stück eine gewisse sakrale Tiefe verleihen.
Reinheit im Rohen, Unbearbeiteten finden - BEHEMOTH ist es zehn Jahre nach ihrem ersten Karrierehöhepunkt "Demigod" gelungen, sich noch einmal neu zu definieren und das auf einem höheren Niveau. Die andere Seite der Medaille glänzt statt mit einer ultrapolierten Zukunft, mit archetypische Einfachheit, die den Krieg mit einer neuen Innerlichkeit führt.
Anspieltipps: Oh Father Oh Satan Oh Sun; Ora Pro Nobis Lucifer; The Satanist; Blow Your Trumpets Gabriel
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Christian Schwarzer