BEOWüLF - Westminster & 5th
Mehr über Beowülf
- Genre:
- Punk Rock/Hardcore
- Label:
- I Scream Records/SPV
- Release:
- 07.09.2007
- NASCAR Fan
- Soaked
- Tilt
- Mission
- Stoney Otis
- Ghetto Billy
- The Splendor
- Gina Lynne
- Got An Itch?
- Shall Arise
- Tick, Tick, Tick
- Rough Night (Rough Life)
- Hitting On Hard Times
- Is What It Is
- The Auction
- Westminster & 5th
Es gibt nach wie vor nicht wenige Bands, die sich nach langjähriger Abstinenz wieder zurückmelden, weil sie es "noch mal wissen wollen". Schlagen wir nun also ein weiteres Kapitel in diesem Buch auf, denn BEOWÜLF sind wieder da, weil man offenbar noch einmal "Blut geleckt" habe. Die Truppe spielte in den Achtzigern den so genannten "Venice-Rock" (oder auch "Venice-Core"), was in gängigen Schubladen gesprochen punkigem Rock mit Hardcore- und Thrash-Anleihen entspricht.
Der Begriff "Kult-Band" wird zwar sehr inflationär gebraucht und hier und da auch in Verbindung mit BEOWÜLF benutzt, dennoch muss man einmal festhalten, dass die Kalifornier auch in den Achtzigern nicht die richtig große Nummer waren. Unter dem Namen BEOWÜLF brachte man 1995 das insgesamt vierte und für lange Zeit letzte Album "2 Cents" heraus. Als dann Bassist Paul Yamada an einer Überdosis Drogen starb, machte Bandboss Dale Hendersson unter anderem Namen (KOOL-WHIP) und mit leicht verändertem Stil (mehr in Richtung Hard Rock) weiter.
Nun hat man sich wieder unter dem Namen BEOWÜLF zusammengefunden und mit "Westminster & 5th" einen neuen Rundling am Start. Von den damaligen Mitgliedern ist allerdings nur noch Bandkopf Dale Hendersson dabei, ansonsten setzt sich das Line-Up aus Namen zusammen, die an keinem der früheren BEOWÜLF-Alben mitgewirkt hatten. Das sorgt zumindest schon für einen leicht schalen Beigeschmack, wäre allerdings nicht so tragisch, wenn denn die Musik stimmen würde.
Doch da könnte das Urteil kaum eindeutiger ausfallen: Das Material auf der neuen Scheibe ist kein Vergleich zu den früheren vier Alben, besonders gegen die rohe Power von "Beowülf" (1986) und "Lost My Head" (1988), aber auch gegen die etwas griffiger ausgefallene "Un-Sentimental" (1993) kann "Westminster & 5th" zu keinem Zeitpunkt anstinken. Zudem ist die anno dazumals vorhandene, sehr vorteilhafte Nähe zum Thrash nicht mehr herauszuhören, diese rohe und ungehobelte Note im Sound von BEOWÜLF ist komplett verschwunden.
Die 16 neuen Stücke lassen weitestgehend ganz einfach den nötigen Pepp vermissen. Alles in allem haben wir es hier mit unspektakulärem Punk Rock zu tun, der recht melodisch gehalten ist und bei dem der Fuß auch schon mal vom Gas genommen wird. Nun will ich die für Punk-Verhältnisse teilweise gemächliche Gangart (so gibt es mehrere Nummern, die die Bezeichnung "Halbballade" verdienen) keineswegs verurteilen, aber so oder so fehlt den Songs einfach das gewisse Etwas, es bleibt kaum mal ein Stück im Gedächtnis hängen.
Somit kristallisiert sich als Hauptkritikpunkt auf jeden Fall heraus, dass die Qualität der Songs einfach nicht stimmt (wenn man mal die noch ganz gelungenen Nummern 'Soaked' und 'Tick, Tick, Tick' ausklammert), was schon etwas verwunderlich ist, denn das hätte man von so einem alten Hasen wie Dale Hendersson anders erwarten können. So drängt sicher allerdings das Gefühl auf, dass man es mit einem halbgaren Aufguss zu tun hat. Entweder hat sich der musikalische Background der Beteiligten (bzw. von Dale Hendersson) zu stark verändert, oder die Pause von BEOWÜLF war einfach zu lang. Das Ergebnis ist aber auf jeden Fall, dass dieses Comeback nicht zu den essentiellen seiner Art gehört.
Abgesehen davon, dass das Album zu wenig Spannendes bietet für eine Gesamtlänge von 56 Minuten (abzüglich der sieben Minuten Stille vor dem "Hidden Track") und dadurch irgendwann ziemlich langgezogen wirkt, hätte auch die Produktion durchaus mehr Druck vertragen können, ein richtiges Pfund hört sich definitiv anders an. "Westminster & 5th" klingt merkwürdig uninspiriert und sorgt für wenig prickelnde Momente. Schade, dass sich BEOWÜLF für ein Album reformieren mussten, das niemand wirklich braucht und das für die Fans von damals durchaus eine herbe Enttäuschung darstellen könnte. Da ist man gerade mit den ersten drei Alben der Band deutlich besser beraten, wenn man richtig starkem "Venice-Sound" lauschen möchte.
Anspieltipps: Soaked, Mission, Tick, Tick, Tick
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer