BLEEDING - Universe 25
Mehr über Bleeding
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Eigenpressung / Eigenvertrieb
- Release:
- 01.10.2022
- Opening
- Universe 1
- Once It Began
- Phase A: Social Adjustment
- Little Creatures
- Phase B: Rapid Growth
- The Cure
- Only The Architects
- Out Of Pathology
- Phase C: Stagnation/The Beautiful Ones
- Death²
- Phase D: Death Phase
- Another Killing
- Come To The Universe
Der Herbst startet progressiv blutig!
Fünf Jahre nach dem atemberaubenden Zweitwerk "Elementum" schickt das norddeutsche Proggel-Quintett BLEEDING endlich den heiß ersehnten Nachfolger ins Rennen. "Universe 25" lautet dieses Mal die Überschrift über den 14 Songs, die textlich ein Thema behandeln. "Hui!" höre ich da aus den Ecken, denn so genannte Konzeptalben liegen gern mal etwas schwer im Magen oder müssen erarbeitet werden. Wer sich aber grundsätzlich bislang schon für BLEEDING interessiert hat, sollte nicht zwingend auf "easy-couching-music" stehen. Ich kann allerdings bereits während des ersten Durchlaufes Entwarnung geben, denn so zugänglich war das blutige Notengeflecht noch nie. Das heißt allerdings glücklicherweise nicht, dass die Band ihre progressiven Pfade verlassen hätte. Es ist vielmehr eine angenehme Wärme beim Anhören zu verspüren, ein durchgehender Fluss, der abrupte Zickzack-Rhythmen der Vergangenheit außen vor lässt. Trotzdem klingt es sofort nach BLEEDING. Da ist man wohl progressiv innerhalb des eigenen Kosmos. Vielleicht ist dies auch ein Grund dafür, dass "Universe 25" als Eigenpressung und nicht mehr bei Pure Prog Records erscheint. Aufmachung, Detailverliebtheit und Qualität haben darunter auf jeden Fall nicht gelitten. Ganz im Gegenteil.
Nachdem der Begriff Detailverliebtheit schon gefallen ist, will ich nun auch nicht länger um den heißen Brei herumschreiben und ein bisschen konkreter auf die Musik eingehen. Inhaltlich geht es um ein mir vorher nicht bekanntes Experiment von John B. Calhoun. In diesem Versuch wurden Mäuse mit allen Notwendigkeiten im Überfluss versorgt, sodass theoretisch 4000 Mäuse friedlich miteinander hätten leben können. Bei einer Maximalanzahl von etwas über 2000 Tieren kam es aber jedes Mal zur kompletten Auslöschung. Die Texte beleuchten die Rückschlüsse aus diesen Experimenten. Parallelen zur menschlichen Lebensweise eingeschlossen.
Musikalisch hat man im Hause BLEEDING beinahe alle Parallel-Bezüge zu früheren Vorbildern so weit abgeschüttelt, dass man diese nur noch in Songfragmenten nachhören kann. So wird man allein durch Hayes' Stimme immer wieder gern an selige DEPRESSIVE-AGE-Zeiten erinnert und auch der bandnamengebende große Bruder PSYCHOTIC WALTZ schimmert nur noch in Form der einen oder anderen flirrenden Gitarre durch. Ansonsten agiert die Band um die beiden Gitarristen Marc Nickel und Jörg Von Der Fecht in einem sehr eigenen Universum.
Wer es gern etwas härter mag, dem sei das hackende 'Little Creatures' ans Ohr gelegt. Eine flotte Nummer mit einer heimtückischen Gitarrenmelodie, deren fiepsende Läufe ich tagelang direkt nach dem Aufstehen gesummt habe. Von ähnlicher Qualität ist das schleppend-schwere 'The Cure', in welchem Haye Graf mit balsamierender Sangeskunst das Ohr verwöhnt. Auch in dieser Nummer wird allerdings beim Chorus wundervoll hackend das Tempo angezogen. Die immer wieder grandios eingeflochtenen ruhigen Passagen sorgen außerdem dafür, dass es kontinuierlich spannend bleibt. Kurze Longtracks sozusagen.
Völlig überraschend bricht das rasant-bösartige Anfangsriffing von 'Out Of Pathology Comes Progress' über den Hörer herein, bevor es im weiteren Verlauf der Nummer in etwas sanftere Fahrwasser übergeht. Das Rhythmusgespann Heiko Spaarman (Bass) und Andreas Tegeler (Drums, beide auch bei POVERTYS NO CRIME zu bestaunen) zeigt hier wunderbar, dass auch in norddeutschen Proberäumen der Frosch mit dem Lockenstab bearbeitet wird. Immer songdienlich, aber gleichzeitig auch mit ausreichend eigenen Freiräumen. Ganz, ganz toll.
Für die Freunde der hektischen Progachterbahnfahrt wird dann 'Death' die ultimative Vollbedienung sein. Hier dreht die Band völlig frei und zaubert einen übersprudelnden Wunderbrunnen voller Notenfolgen aufs Parkett, welcher sofort zu begeistern versteht. Zu viele Noten, in zu kurzer Zeit? Gibt es nicht!
Zum krönenden Abschluss gibt es mit dem langen 'Another Killing' einen wunderschönen Ausklang, der alle zuvor erwähnten Boni dieser Ausnahmeband zusammenfügt.
Wer sich sputet bekommt einen der sehr liebevoll aufgemachten Digipacks ab. Auch hier zeigt die Band, wie so etwas auszusehen hat.
Also: Ran an die Tasten und bestellen! Jetzt!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Holger Andrae