BLESSINGS - Biskopskniven
Mehr über Blessings
- Genre:
- Crust / Punk / Hardcore
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Pelagic Records
- Release:
- 21.05.2021
- The Hound
- Strings Of Red
- A Belly Full Of Stones
- The Whip Hand
- Komskottsknallen
- Iron Heel
- Old Bones
- Allting Aer Jaettebra
- Black Vestals
Deprimierend gut.
Es gibt Alben, die nicht unbedingt Spaß machen, und dennoch mit übersprudelnder Kreativität begeistern. Die alles andere als eingängig sind, aber trotzdem hängen bleiben. Die weh tun, und es einem trotzdem unmöglich machen, sich ihnen zu entziehen. Voilà – der schwedische Vierer BLESSINGS serviert uns mit "Biskopskniven" eine eben solche Scheibe: eine lärmige Mischung aus Post Hardcore, Crust, Punk, Sludge und Noise, mit zahlreichen Kreativausflügen in weitere Sparten.
Die leichte Dissonanz, die das Eröffnungsriff von 'The Hound' mit sich bringt, die nur angecrunchte statt fett verzerrte Gitarre, der schmerzlich verzogene Gesang – so beginnt der Sog, den der kompakte Neun-Tracker in Nullkommanix entfaltet. Aber der knackige Opener könnte leicht über die Komplexität des restlichen Albums hinwegtäuschen. Schon das folgende 'Strings Of Red' beginnt unerwartet verstörend, mit beinahe unhörbaren Bassschlägen und einer Choreinlage aus dem Gruselkabinett, ehe sich crustige Stahlsaiter in den Vordergrund arbeiten. Dissonanz und Lärm bleiben die Hauptmerkmale im Sound der Göteborger, auch wenn immer wieder punkig-leichte Licks als kurze Lichtblicke auftauchen; ein klein wenig Hörvergnügen im ansonsten ziemlich bedrückenden Klangbild der Skandinavier. Vor allem die Vokalarbeit schmerzt dem Hörnerv beträchtlich. Crust war nie roher, die Punk-/Hardcore-Perspektive auf Welt, Gesellschaft und Leben nie deprimierender als auf "Biskopskniven." Gelegentlich überspannen die vier Herren den Bogen, wenn beispielsweise bei 'A Belly Full Of Stones' ein und dasselbe Thema in Endlosschleife abgespult wird und kakophon quietschend ausfranst. Dann gibt es aber auch wieder etwas klarer strukturierte Knaller wie 'Iron Heel' oder 'Old Bones', die auch weniger experimentierfreudige Hörerinnen und Hörer durch eine angenehm erhöhte Dosis an melancholischer Melodik zurück ins Boot holen – nur um sie mit schmerzhaften Kracheinlagen wie 'Komskottsknallen' wieder ins Meer zu stoßen. Der Ausklang 'Black Vestals' schließlich ist so schwermütig und bedrückend wie endlose Tage im Zwielicht des nordischen Winters.
BLESSINGS steht für – vorsichtig ausgedrückt – anspruchsvolle Rockmusik und wirft mit "Biskopskniven" einen harten Brocken in den Ring, der erst einmal verdaut werden will. Nicht zufälligerweise nennt die Band selbst CONVERGE oder AT THE DRIVE IN als Referenzen; dabei werden die ohnehin schon durchlässigen Grenzen des Post Hardcores hier wie beiläufig platt getreten. Neben einer angenehm erdigen, zugleich aber wunderbar klaren Produktion und dem intelligenten Songwriting sei noch die scheinbar spontan-improvisatorische Arbeit jedes Instrumentalisten genannt, die zugleich so irre pointiert ausfällt, dass einem gelegentlich die Spucke wegbleibt.
Von meiner Seite aus lautet das Fazit: Hier wartet eines der anspruchsvollsten Werke in Sachen Crust, Punk und Post Hardcore auf euch, das wahlweise enorm spannend oder furchtbar anstrengend ausfällt. Starke Nerven und ein gefestigtes Weltbild sind hier gefragt, denn die Schweden können mit ihrem neuesten Werk stimmungsmäßig durchaus den schönsten Sommertrag vermiesen. Da das Vergnügen für mich bei den Schweden etwas zu kurz kommt, gibt es trotz ihrer sehr spannenden Arbeit "nur" sieben Punkte.
Anspieltipps: The Hound, Old Bones, Black Vestals
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause