BöHSE ONKELZ - Adios
Mehr über Böhse Onkelz
- Genre:
- Punk 'n' Roll
- Label:
- regel23 / SPV
- Release:
- 26.07.2004
- Feuer
- Immer auf der Suche
- Superstar
- Sowas hat man ...
- Ja, ja
- Lass mich gehn
- Fang mich
- Einmal
- Kinder dieser Zeit
- Hass-tler
- Onkelz vs. Jesus
- Überstimuliert
- Prinz Valium
- Ihr hättet es wissen müssen
- A.D.I.O.Z.
Da ist sie nun, die letzte ONKELZ-Scheibe. Und schon bevor auch nur ein Ton vernommen wurde, kommen Lobeshymnen von allen Seiten, weil die CD angeblich wieder den alten Charme besitzt. Keine Frage, den Zenit hatten sie mit "Heilige Lieder" und "Weiß/Schwarz" erreicht. Nach meiner persönlichen Enttäuschung "Ein böses Märchen..." konnte man auch mit dem sehr verspielten "Dopamin" nur teilweise punkten, obwohl letztere Scheibe mein persönlicher Favorit aus der Neuzeit ist. Auf "Adios" verzichten die Frankfurter auf Samples oder Computerspielereien, was vielen Fans Freude bereiten wird.
Kommen wir zum neuen Material. 15 Songs auf CD, ein Videoclip, ein 5.1-Mix, ein Interview und ein Making-of (alles auf DVD), das alles für den normalen CD-Preis. Die ONKELZ rund um Bandkopf Stephan Weidner wollten sich anständig verabschieden und nicht in Trauer verfallen. Fast bei allen Songs wird Gas gegeben, Balladen sucht man meist vergebens. Doch der Reihe nach:
'Feuer' ist ein Opener-Kracher erster Sahne, vergleichbar mit anderen ONKELZ-Openern wie 'Firma' oder 'Lieber stehend sterben'. Besonders der Refrain ist aufgrund von Effekten besonders energiereich!
Für mehr Diskussionsstoff sorgt 'Immer auf der Suche', ebenfalls im Uptempo gehalten, dennoch zeigen bei mir der Standardrefrain und der zum Teil seltsame Text keine Wirkung, eine eher überflüssige Nummer.
Dagegen ist 'Superstar' ein saucooler Midtempo-Song mit einer echten Aussage. Kritisiert werden Alexander, Elli und Co. - muss mehr gesagt werden?
Weiter geht es mit der Halbballade 'Sowas hat man...', bei der die Tradition alter ONKELZ-Songs wie 'Ich bin in dir' hoch gehalten wird. Was mir allerdings bei den letzten CDs schon aufgefallen ist: Weidner singt immer mehr und ist in diesem Song sogar teilweise der Leadsänger (wie bei 'Regen' vom "E.I.N.S."-Album) und zumindest mir geht die authentische, unvergleichbare Stimme von Kevin ab. Dennoch ist besonders der verzerrte Refrain äußerst gelungen und erzählt mal wieder von der Straßenvergangenheit der Jungs.
Was ich mit 'Ja, ja' anfangen soll, weiß ich bis heute nicht genau. Eine Standardnummer à la 'Danke' vom "Bösen Märchen" ohne großen Ideenreichtum. Wenn die ONKELZ nur noch solche Songs schreiben würden, wäre es im Prinzip gar nicht so schlecht, dass sie sich auflösen.
Aber es gibt ja noch Songs wie 'Lass mich gehen', die zum einen die verbesserten Instrumentalisten (außer Gonzo natürlich, der schon immer genial war) hervorzeigen, zum anderen, dass die ONKELZ weiterhin unglaublich ergreifende Songs schreiben, die unter die Haut gehen und gleichzeitig rocken. So geht's, ein echter Hammer!
'Fang mich' ist eine weitere Selbstverherrlichung im Uptempo, leider etwas zu normal. Auch hier merkt man den vier Jungs an, dass ihr Zenit ein paar Jahre zurückliegt.
'Einmal' allerdings ist einer der balladesken Songs, die wiederum überzeugen. Aber wie bei den meisten anderen Songs fällt einfach auf, dass der letzte Tick zu Überhammern wie 'Nichts ist für die Ewigkeit', 'Erinnerungen' und andere fehlt. Klar ist der Refrain äußerst ungewöhnlich und gefällig, aber der letzte Schuss Atmosphäre fehlt.
Mit 'Kinder dieser Zeit' folgt wieder ein weiterer Rocker, in dem Kevin alle seine Stärken auspackt und nochmal an alle ONKELZ-Fans appelliert: "Weiter, immer weiter gehen".
Eine letzte klare Ansage an die rechte Fraktion wird mit 'Hass-tler' (Hass + Hitler) abgegeben, vom Rhythmus her erinnert er etwas an 'Stolz', irgendwie grotesk ... Natürlich kann man den Text nur unterstützen, musikalisch fehlen aber auch hier ein paar originelle Ideen. Kein Vergleich also zu 'Deutschland im Herbst'.
'Onkelz vs. Jesus' sollten mittlerweile sowieso fast alle kennen. Anfangs konnte ich das Teil gar nicht ausstehen, mittlerweile sehe ich es als absolute Bereicherung. Endlich mal wieder was Innovatives von den ONKELZ, alles andere als abgedroschen! Saucooles Teil, das zum Teil in Richtung THE WHO und 70er-Jahre-Rock geht. 'Überstimuliert' zeigt anfangs Vergleiche zu langsameren ONKELZ-Songs auf, bald wird aber klar, dass sie sich auch hier viel haben einfallen lassen. Viele Tempiwechsel, Ohrwurmrefrain und Kevin mit einer cleaneren Stimme. Das klingt nach den ONKELZ in Bestform!
Da es mit 'Prinz Valium' abwechslungsreich (habt ihr die Instrumentalisten je so verspielt gehört?) und sehr kurzweilig (saucooler Text!) weitergeht, kann man von einem besonders starken letzten Drittel der CD sprechen.
Die Hessen schließen mit 'Ihr hättet es wissen müssen' und 'A.D.I.O.Z.' ihre Karriere ab, die beide vielleicht bald Klassiker der Band werden (schon alleine wegen des Abschiedsgedanken im Text).
'A.D.I.O.Z.', das abschließende Instrumental, kann es locker mit 'Baja' und 'Panamericana' aufnehmen. Das ist die wahre ONKELZ-Atmosphäre. Ein echtes Highlight am Schluss!
Viele, viele Hochs und ein paar Tiefs, aber im Endeffekt ein mehr als nur beachtliches "Adios" der ONKELZ. Alle Fans werden das Teil sowieso schon haben, alle anderen sollten auf alle Fälle reinhören. Die ONKELZ haben auch mit ihrem letzten Album kein bisschen an Autorität oder Authenzität verloren und verabschieden sich mit einem Knaller!
Die zwei, drei uninspirierten Songs überhöre ich einfach mal und spreche eine uneingeschränkte Empfehlung aus, denn alleine die Anspieltipps wären das Geld wert, nicht zu vergessen die Bonus-DVD und die geniale Digipak-Aufmachung. Adios, ihr Könige für einen Tag!
Anspieltipps: Superstar, Lass mich gehen, Kinder dieser Zeit, Onkelz vs. Jesus, Überstimuliert, Prinz Valium, Ihr hättet es wissen müssen, A.D.I.O.Z.
- Redakteur:
- Christian Hubert