BöHSE ONKELZ - Viva Los Tioz
Mehr über Böhse Onkelz
- Genre:
- Deutsch-Rock
- Label:
- rule 23 / Virgin Records
- Matapalo (parte uno)
- Viva los Tioz
- Leere Worte
- Weit weg
- Das Geheimnis meiner Kraft
- Scheiße passiert
- Terpentin
- Ohne mich
- Der Platz neben mir (Part I+II)
- Der Preis des Lebens
- Bin ich nur glücklich wenn es schmerzt
- Wenn Du wirklich willst
- Matapalo (parte dos)
Ob der Gassenhauer 'Mexico', das Instrumental 'Baja' oder Stephan Weidners Grundstück in Zentralamerika: Das Faible der ONKELZ für latino-artige Dinge war schon lange offenkundig. Umso näher lag es, dies mit einem spanischen Albumtitel zu unterstreichen: "Viva Los Tioz". Ein unerwartet experimentell ausgefallenes Album, das auch prompt von den ersten Kommerz-Vorwürfen begleitet wurde. Manche sprachen von "RAMMSTEIN-Effekten", aber ganz so weit entfernten sich die ONKELZ trotz einiger Samples dann doch nicht von ihrer ureigenen Mischung aus Hard Rock, Metal und Punk Rock.
Passend zum spanischen Titel - "es leben die Onkelz" - begann das Album mit "Pulp Fiction"-artigen Gitarren, gefolgt von einer spanischen Radio-Ansage - und dann dem vielleicht schwächste Titelsong der Bandgeschichte, zumindest der neueren. Vor allem der Refrain von 'Viva Los Tioz' klang eintönig und wenig inspiriert. Ein Gegensatz, der seltsamerweise das gesamte Album durchzog: Einerseits Sound-Experimente und viele frische Ideen, andererseits aber stellenweise auch weniger bahnbrechende Gitarren- und Gesangsmelodien. Auf der positiven Seite standen sicherlich Songs wie 'Leere Worte' samt einem genialen Duett von Kevin und Stephan, der Dauerohrwurm 'Terpentin' sowie 'Ohne mich', einem Song gegen Links- wie Rechtsextremismus, unterlegt mit Elektro-Samples, Doublebass und Wahwah-Gitarren. Wer den ONKELZ anschließend immer noch einen Hang zum rechten Lager vorwerfen wollte, hatte u. a. folgende Textpassagne verpasst, welche die ONKELZ ausdrücklich an die "rechte Adresse" richteten: "...ich hasse euch und eure blinden Parolen, fickt euch in Knie, euch soll der Teufel holen ... ihr habt verschissen, eure Führer sind tot."
Auf der musikalisch negativen Seite standen hingegen Songs wie 'Scheiße passiert', 'Der Preis des Lebens' oder 'Wenn du wirklich willst'. Zwar boten Klavierklänge, mehrere Refrains pro Song und tiefer gehende Texte für Abwechslung, allerdings klang das ganze phasenweise recht dröge und in die Länge gezogen. Ebenfalls langatmig, aber minutenlang Gonzos Können an der Gitarre beweisend, war 'Der Platz neben mir - Part I + II', der erneut den Tod von Bandfreund Trimmi behandelte. Ehrwähnenswert auch die Ballade 'Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt', in der es die ONKELZ im Gegensatz zum anderen ruhigen Stück 'Weit weg' schafften, eingängig und ergreifend zu klingen.
Unterm Strich blieb ein Album, das sicherlich eine ganze Menge mehr zu bieten hat, als ONKELZ-Kritiker klischeehafterweise der Band zutrauen. "Viva Los Tioz" ist vielleicht sogar d a s Album, das sich jene als erstes zu Gemüte führen sollten, die die Band nur für rüpelhafte Krachmacher halten. Für eingefleischte Fans hingegen war das Album ein zweischneidiges Schwert. Nicht zu unrecht blieb in den Jahren darauf nur 'Terpentin' in der Live-Setliste hängen, und auch Stephan Weidner gab im Nachhinein zu, nicht ganz zufrieden mit dem Album zu sein. Dem Erfolg von "Viva Los Tioz" tat dies jedoch keinen Abbruch: Erstmals in der Bandgeschichte schoss eine Scheibe in den Deutschen Albumcharts von 0 auf 1.
- Redakteur:
- Carsten Praeg