BöHSE ONKELZ - Weiß
Mehr über Böhse Onkelz
- Genre:
- Deutschrock
- Label:
- Bellaphon Records / SPV
- Lieber stehend sterben
- Entfache dieses Feuer
- Das Wunder der Persönlichkeit
- Fahrt zur Hölle
- Alles F. A. M.
- Willkommen
- Für immer
- Deutschland im Herbst
- Es
- Sie hat ’nen Motor
- Tribute to Stevie
- Schöne neue Welt
Ying und Yang, Gut und Böse, Schwarz und Weiß: Zwei passendere Titel konnten sich die BÖHSEN ONKELZ kaum für ihre beiden Konzeptalben einfallen lassen. Zwei Jahre nach GUNS'N'ROSES' "Use Your Illusion 1 & 2" und ein Jahr, nachdem die ONKELZ erstmals mit "Heilige Lieder" in den Deutschen Charts gelandet waren und einen Herbst lang durch die Klatschpresse und Fernsehshows gereicht wurden. Als angebliche Speerspitze einer politschen Szene, mit der die Frankfurter Ex-Skins schon seit Jahren nichts mehr zu tun hatten. Entsprechend viel gab es zu sagen, das alles nur auf zwei Alben Platz haben konnte. Während das "Schwarze Album" vermehrt über den Sinn des Lebens sinnierte und eher düster angehaucht war, strahlte das weiße Gegenstück eher mit späteren Live-Hits. Und wagte sich vermehrt an gesellschaftskritische Themen heran, wodurch "Weiß" das wohl politischste Album der neueren ONKELZ-Zeit wurde, ohne jedoch explit eine bestimmte Richtung zu ergreifen. Es sei den, man begreift "geradeaus" als politische Richtung.
So wurden etwa mit 'Entfache dieses Feuer' rassistische US-Polizisten und der Bürgerkrieg in Jugoslawien gegeißelt (wohlgemerkt: Wir schreiben das Jahr 1993). 'Schöne Neue Welt' dehnte das Thema Bürgerkrieg noch weiter aus und forderte, im sich damals neu formierenden Osten Europas und Vorderasien die Waffen niederzulegen. 'Deutschland im Herbst' richtete sich klar gegen rechte Dumpfbeutel, in einem Sample wurde auf die Brandanschläge im Osten eingegangen. Zudem bezogen die ONKELZ in 'Lieber stehend sterben' und 'Fahrt zur Hölle' Stellung gegen jene, die sie in nie enden wollenden Diskussionen zu instrumentallisieren versuchten. 'Das Wunder der Persönlichkeit' und 'Es' (über einen möglichen Gott) gaben darüber hinaus einen Vorgeschmack auf das philosophischere zweite Album. Natürlich durfte auch ein provozierender Titel nicht fehlen, den die ONKELZ mit 'Alles Fotzen außer Mutti' über einen kranken Frauenmörder lieferten.
In musikalischer Hinsicht stellten "Weiß" und "Schwarz" die zum damaligen Zeitpunkt experimentellsten Alben der vier Frankfurter dar, wobei auch hier wieder das zweite Album ausgefeilter war, während das erste Album eher geradlinig verlief. So rockte 'Lieber stehend sterben' ONKELZ-typisch geradeaus, während 'Entfache dieses Feuer' über einen klasse Refrain mit klarem Melodiebogen verfügte. In 'Fahrt zur Hölle' ließ man es eher Metal-lastig angehen, in 'Willkommen' eher punkig. Experimente fanden sich aber auch hier: Der rhythmische Beat in 'Schöne neue Welt' hätte auch aus einem MICHAEL JACKSON-Song stammen können, während Gitarrist Gonzo in 'Tribute To Stevie' seiner Rock-'n'-Roll-Ader freien Lauf ließ. Und selbst Sänger Kevin röhrte nicht nur mit seiner Reibeisenstimme: In 'Alles F. A. M.' versuchte er es zur Abwechslung mal mit einer krank quäkenden Stimme, während er in der Akustik-Ballade 'Für immer' fast durchgängig klar zu hören war. Aber auch Basser und Bandkopf Stephan ließ immer öfter seine charismatisch-tiefe Stimme erklingen.
Mit "Weiß" und "Schwarz" stellten die ONKELZ die ersten Grundpfeiler für ihre experimentelleren Alben Ende der Neunziger. Mit klaren Aussagen, einer glasklaren Produktion und Einfällen, die mancher nie von dem Quartett erwartet hätte, ließen sie einige Kritiker verstummen. Nicht grundlos wären auch diese beiden Konzeptalben beinahe wieder in den Top 10 gelandet.
Anspieltipps: Entfache dieses Feuer, Deutschland im Herbst, Schöne neue Welt
- Redakteur:
- Carsten Praeg