BURZUM - Sôl Austan, Mâni Vestan
Mehr über Burzum
- Genre:
- Ambient
- Label:
- Byelobog / Plastic Head
- Release:
- 24.05.2013
- Sôl Austan
- Rûnar Munt þû Finna
- Sôlarrâs
- Haugaeldr
- Feðrahellir
- Sôlarguði
- Ganga at sôlu
- Hîð
- Heljarmyrkr
- Mâni Vestan
- Sôlbjörg
Ein Ambientwerk, das hoffentlich nicht die angekündigte endgültige Abkehr vom Metal ist.
Es ist kein großes Geheimnis, dass mich BURZUMs Rückkehr überrascht und gefesselt hat wie kaum ein musikalisches Ereignis der letzten zehn Jahre. Gerade das Comeback "Belus" und der Nachfolger "Fallen" waren für mich sehr ergreifende und tief emotionale Werke, die ich nie mehr missen möchte. Auch die Neueinspielung einiger Klassiker danach, und das letzte reguläre Studioalbum "Umskiptar" hinterließen einen bleibenden Eindruck, und so war ich sehr gespannt als Varg Vikernes ankündigte, nun, im Frühjahr 2013 nach langer Zeit wieder ein Ambientalbum aufzunehmen.
Auch wenn ich die - mutmaßlich aus der Gefängnissituation geborenen - früheren Ambientwerke "Dauði Baldrs" und "Hliðskjálf" in ihrer perseverativen Monumentalität durchaus zu schätzen weiß, ist es mir im Grunde doch deutlich lieber, wenn Varg die Stimme erhebt und die Saiten flirren, surren und singen lässt. Doch, dies mag man dem Skalden nicht absprechen, war BURZUM schon seit den frühen Anfängen immer ein durchaus ambient orientiertes Projekt, das in allen Phasen rein elektronische Stücke in seine Alben integrierte und auch das metallische Schaffen des Herrn Vikernes hatte immer seine gen Ambient schielenden Ansätze. Somit ist "Sôl Austan, Mâni Vestan" für BURZUM mitnichten ein Stilbruch, und auch wenn der Moment und die Umstände etwas unerwartet erscheinen mögen, ist es schlüssig, zum jetzigen Zeitpunkt ein solches Album zu veröffentlichen.
Dies vor allem deshalb, weil das Album ganz im Zeichen des kürzlich von Varg und seiner Ehefrau Marie veröffentlichten Films "ForeBears" steht, dessen Soundtrack es zum großen Teil darstellt. Ähnlich wie der Film setzt auch die Musik nicht auf hastige musikalische Effekte und ein kurzweiliges Festival der Motive, sondern es setzt auf Sphären, auf Perseveration, auf Atmosphäre. Der Kritiker mag sagen, auf gepflegte Langeweile. Die meisten Stücke sind indes nicht allzu lang, sondern sie bewegen sich zwischen drei und fünf Minuten Spielzeit, sodass das perseverative Element nicht allzu sehr in den Vordergrund rückt und doch ein gewisser Abwechslungsreichtum aufblitzt. Die musikalischen Bilder sind beschaulich, und sie wirken, obwohl rein elektronisch erzeugt, doch relativ organisch und naturverbunden. Die Perkussion ist rhythmisch, schamanistisch, die Klänge des Synthesizers spiegeln die Geräusche der Natur und der Zivilisation wieder, wie wir sie in unserer Vorstellung der Steinzeit zuweisen. Manche Synthparts klingen nach akustischen Gitarren, andere nach Luren und wieder andere Flöten und Harfen. Man mag die sprudelnde Quelle im schimmernden Licht des Sonnenaufgangs im Osten wahrnehmen, man mag sich ausmalen, wie der Protagonist Zweige schneidet, Runen ritzt und Klingen vom Feuerstein abspaltet. Oder, wenn man den Film nicht gesehen hat, mag man auch sanft und entspannt entschlummern und von einer Reise ins Dunkel und einer Rückkehr ins Licht träumen.
Laut Vargs eigenen Angaben ist das neue Album wie schon seine Vorgängeralben ein Konzept über ein heidnisches Initiationsritual, und als Soundtrack zu einem ebensolchen ist "Sôl Austan, Mâni Vestan" kein spannendes Album, kein Album das den Hörer die Faust recken lässt, oder das ihn mitreißt, wohin auch immer. Es ist ein Album, das zum Zurücklehnen, zum Meditieren und zum Entspannen einlädt, dabei aber doch einen archaischen Reiz versprüht, der es verhindert, dass Langeweile aufkommt. Zumindest dann, wenn man wie ich auch zu BURZUMscher Ambientästhetik einen Zugang gefunden hat, und auch mit den beiden bisherigen Ambientalben des Herrn Vikernes klar kommt. Zum Konzept, zur begleitenden Lyrik und zur optischen Umsetzung kann ich leider von den Promotracks her noch nichts sagen, außer so viel, dass es wieder ein schönes Artwork zu bestaunen gibt. Ob die zwiespältige musikalische Angelegenheit durch die künstlerische Umsetzung gewinnt, bleibt abzuwarten. Nach den Erfahrungen mit "Dauði Baldrs" und "Hliðskjálf" rechne ich jedoch fest damit.
Ansonsten bleibt als Fazit, dass Interessierte, die Vargs Schaffen aufgrund seiner metallischen Neigungen und seiner Rolle für die Entwicklung des Black Metals schätzen, um "Sôl Austan, Mâni Vestan" entweder gleich einen großen Bogen machen, oder zumindest vorher genau Probe hören sollten, worauf sie sich einlassen. Wer indes BURZUM wider alle stilistischen Wandlungen die Treue hielt und wer sich von Vargs Schaffen jenseits metallischer Grenzen angezogen fühlt, der mag auch das neue Album in sein Herz schließen. Über seinen YouTube-Kanal hat Varg einige weitere instrumentale Stücke aus den Aufnahmesessions und aus dem Soundtrack zu "ForeBears" zur Verfügung gestellt, die nicht ganz in das vorliegende Ambient-Konzept passen wollten. Dort teilt er am Rande auch mit, dass es für ihn momentan so aussieht, als habe er den Metal einmal mehr, und zwar dieses Mal endgültig, hinter sich gelassen. So sehr ich seine künstlerische Freiheit respektiere, so sehr hoffe ich dann doch, dass er sich einmal mehr umentscheiden wird. Denn so gut mir auch dieser neuerliche Ausflug in Ambient-Sphären gefallen mag, so sehr würde ich es doch bedauern, von Vikernes nie wieder neue Alben wie "Belus" oder "Fallen" zu hören zu bekommen. Diese ganz spezielle Art des Gitarrenspiels, und die Art und Weise wie er seine Texte singt, bewegen mich emotional doch nochmal ungleich mehr, als die hier gemalten Klanglandschaften östlich der Sonne und westlich des Mondes.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle